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Veteran
Tiran verbrachte nach Arreths Abreise noch einige Stunden bei den Goronen und kaufte sich unter anderem endlich die lang ersehnte Goronenrüstung. Wenn er jetzt noch die Schlossbibliothek aufsuchen würde, hätte er alles, was er benötigte um seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Dann konnte er in den tiefen des Todeskraters endlich magische Objekte schmieden und mit der Zeit seine Fähigkeiten verbessern.
Als er wieder in Kakariko war, musste er sich jedoch um das gewöhnliche Schmiedehandwerk kümmern, denn er hatte viele Aufträge aufgeschoben, die sein Lehrling noch nicht übernehmen konnte. Also nahm er seinen Hammer und die Instruktionen der Kunden und verbrachte die meiste Zeit bis Arreths Ankunft in der heißen Luft seiner Schmiede. Rhythmisch hallten die Schläge des Hammers durch das Haus, begleitet von dem steten Zischen des von Ren betätigten Blasebalgs. Es war für beide harte Arbeit und nachts waren sie vor Erschöpfung und der Hitze der glühenden Esse noch immer schweißgebadet, was im Kontrast zu den dick eingehüllten Gestalten vor den Fenstern stand. Während der vier Tage, die Tiran auf den Söldner wartete, fiel neuer Schnee. Der Wind heulte durch die Straßen und ließ Fensterläden klappern. Der Schmied und sein Lehrling waren bei solchen Wetterverhältnissen schon dankbar für die wohlige Wärme ihres Zuhauses, denn die Glut in der Schmiede wurde nie kalt, zu oft wurde das Feuer beansprucht.
Tiran schmiedete und gab seinem Lehrling Anweisungen. Er zeigte ihm, worauf es zu achten galt und machte ihn auf die Besonderheiten des Eisens aufmerksam. Rens Eifer war lobenswert und schon bald hatte er den Wunsch selbst mehr als nur Nägel oder Ähnliches zu erschaffen, doch noch war es für ihn nicht an der Zeit. Obwohl er wirklich verblüffend schnell und effizient lernte, wie sein Meister einräumen musste. Aus ihm würde ein würdiger Nachfolge werden, zumal er noch die unvergleichliche Gelegenheit hatte, zusätzlich direkt das magische Handwerk zu erlernen, die hohe Kunst, die so wenige nun beherrschten.
Nach vier Tagen langen Wartens kam Arreth endlich mit dem begehrten Gestein. Freudig nahm der Schmied es entgegen, den kleinen Brocken und den größeren Fels, den er zunächst im Vorratsraum unterbrachte. Dann zahlte er den Söldner aus. Es hatte ihn viel gekostet, um ehrlich zu sein hatte er mit siebenhundert Rubinen (dreihundert für die rote Rüstung) in so kurzer Zeit mehr Geld ausgegeben, als er es hätte tun sollen. Alles was Tiran an Reserven und Notgroschen noch übrig hatte war nun dahin, und obwohl er nicht wenig verdiente, befürchtete er, dass der Eifer der Leute bald abnehmen könnte und sich die Leute aus Hyrule nicht die Mühe machen wollten den längeren Weg nach Kakariko auf sich zu nehmen. Und bald würde er wieder neues Eisen benötigen, dachte er mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. Nun, zumindest würde er das des königlichen Visums nicht verhungern müssen.
Zur Feier des Tages lud Tiran Arreth und Gordo zum Essen und natürlich Trinken ein, doch der Gorone machte sich lieber sofort wieder auf den Weg nach Goronia. Der Söldner hingegen nahm dankend an und zusammen mit Ren verbrachten sie einen fröhlichen Abend mit ofenfrischem, weißem Brot, einem saftigen Braten mit eingelegten Rüben und viel gutem Wein. Tiran verbot seinem Schüler mehr als drei Becher zu trinken, so dass dieser die zweite Hälfte des Abends über mürrisch in seinem Stuhl saß. Tiran glaubte zwar nicht, dass das Visum für drei Personen galt, ja er war sich sogar sicher, dass es bestimmt nicht für mehr als zwei gelten konnte, doch da er damit durchkam beließ er es dabei.
Arreth erzählte von seinen früheren Aufträgen und dem Leben auf dem Todesberg, und der Schmied berichtete von seinen Reisen, von den fernen Ländern und ihren Wundern. Er erzählte von seinem Interesse an der magischen Schmiedekunst und von dem Fehler den er bei seinem Klingenstab gemacht hatte. Zur Untermauerung zeigte er ihm die vielen Narben auf seinem Arm.
Schließlich schenkte er Arreth noch einmal ein, sich selbst jedoch nicht mehr. Auf den fragenden Blick seines Gegenübers entgegnete er:
„Ich höre immer auf, bevor ich wirklich betrunken bin. Ein Mann sollte immer Herr seiner Sinne sein, meinst du nicht auch?“
„Hm, wahrscheinlich hast du Recht…“, grinste der Söldner mit dem Becher an den Lippen.
Tiran lachte.
„Du gefällst mir Junge!“, meinte er.
„Junge?“, fragte Arreth mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Das Recht des Älteren.“, schmunzelte der Schmied. Dann, mit einem Blick auf die schon fortgeschrittene Nacht, stand er auf und schüttelte seinen eingeschlafenen Lehrling wach.
„Komm, wir müssen gehen. Ich will morgen zur Schlossstadt und du kommst mit mir.“ Ren war noch zu verschlafen, um irgendwas von dem Gesagten gebührend zur Kenntnis zu nehmen, also nickte er nur. Er erhob sich und ging raus. Tiran jedoch sah nachdenklich auf Arreth herab, der Anstalten machte sich zu verabschieden.
„Es könnte sein, dass ich morgen in der Bibliothek wieder etwas finde, wofür man eine Reise antreten muss. Ich bin jedoch ein viel beschäftigter Mann…“
Der Söldner merkte natürlich, worum es ihm ging und sagte:
„Ich hoffe doch du bist außerdem jemand mit ausreichenden Finanzen?“
„Das wird sich zeigen. Wenn ich dir anbiete für einige Zeit bei mir zu wohnen und du statt Miete zu zahlen einige Aufträge für mich erledigst, würdest du dann zusagen? Es muss doch auf Dauer teuer sein, in so einem Wirtshaus zu übernachten, vom Essen ganz zu schweigen. Wein wird da schon zum Luxus…“
„Es kommt natürlich auf die Aufträge an, so etwas wie beim letzten Mal wird dich schon noch was kosten, aber gegen kleinere Arbeiten…wieso eigentlich nicht? Dieses Visum ist schon ziemlich praktisch muss ich sagen!“
Tiran fuhr sich erleichtert über den Bart. Arreth könnte ihm eine große Hilfe sein.
„Es war auch nicht leicht zu bekommen. Gut, dann ist es abgemacht: Du wirst jetzt erst einmal bei mir und Ren unterkommen. Dann würde ich sagen, dass es Zeit ist nach Hause zu gehen.“, schloss er freundlich und zusammen verließen sie das Wirtshaus.
Am nächsten Tag schloss Tiran seine Schmiede und alle drei begaben sich nach Hyrule. Die meisten Arbeiten waren erledigt, es stand nur noch wenig an, da er in den letzten Tagen nichts Neues mehr angenommen hatte. So konnte er beruhigt in die Schlossstadt reisen.
Der Weg war angenehm und ruhig. Sie begegneten kaum Reisenden und zwischen den Wolken ließ sich ab und zu die Sonne blicken.
Die Schlossstadt selbst war aber natürlich wieder voller Leute: Reisende aus allen Teilen des Landes, Händler, Einwohner und viele, viele Straßenköter. Die größte Stadt des Landes, der Ort an dem das Schloss und die Zitadelle der Zeit standen, lockten viele Besucher an. Alle drei gaben auf dem Weg zum Schloss gut Acht auf ihre Taschen. Tiran versuchte nicht zu häufig nach seinem wertvollen Hammer oder dem Brocken des ebenfalls kostbaren Erzes zu greifen. Viele Blicke folgten ihnen, oder vielmehr ihren ungewöhnlichen Waffen: dem großen schwarzen Schwert und dem seltsamen Klingenstab, der nicht so recht zu dem stämmigen Mann passen wollte.
„Wenn wir im Schloss fertig sind, möchte ich euch zwei Freunde von mir vorstellen. Ren, ich hoffe du machst einen guten Eindruck auf sie, denn der eine wird dich später hoffentlich mit Eisen und Ausrüstung beliefern und der andere Kunde von deinen Fähigkeiten verbreiten. Also sie zu, dass du nichts falsch machst! Und du, Arreth, wirst vielleicht an den Waffen des einen interessiert sein. Er führt ein gutes Sortiment und du kannst ja etwas in meinem Lager aufbewahren, solange du bei mir wohnst.“ Der Söldner war in der Tat neugierig, obwohl er sich höchstens einen Dolch oder etwas in der Art kaufen würde. Sein mächtiges Obsidianschwert, das zurzeit über seinem Rücken hing, und seine Parierklinge waren ihm genug.
Während sie die vollen Straßen entlanggingen, erhaschte Tiran den einen oder anderen magischen Hauch. Es gab mehrere Magierläden in der Schlossstadt und deshalb zollte er dem kaum Beachtung, doch als sein Blick auf dem Marktplatz auf eine Gestalt fiel, wurde das anders. Er blieb stehen und sah sie sich an, ohne auf Rens und Arreths überraschte Fragen zu achten.
Es handelte sich bei ihr um eine junge Frau, wobei er ihr Gesicht nicht genau erkennen konnte, da darüber die Kapuze ihres dunkelvioletten Umhanges gezogen war. Sie wurde von zwei Wachen begleitet, weshalb er sie für eine Adlige hielt. Bei ihr selbst konnte er nichts spüren, was nicht auf diese Entfernung nichts Ungewöhnliches war, doch hatte sie eindeutig etwas Magisches bei sich, was seine Neugier wachrief. Er glaubte es seinen zwei Dinge, doch waren sie sich so ähnlich, um nicht zu sagen identisch, dass es auch nur ein einzelner Gegenstand sein mochte. Die ausgestrahlte Magie war sehr ungewöhnlich, Tiran hatte noch nie etwas Derartiges gespürt. Er konnte die Macht nicht eindeutig einer Richtung zuweisen. Sonst ließen sich Zauber und magische Gegenstände stets in elementare Kategorien einteilen, doch was er hier spürte war anders. Es wirkte irgendwie…grundsätzlicher. Mächtiger.
Er entschloss sich die Unbekannte anzusprechen, seine Neugier war einfach zu groß. Ren warf Arreth einen fragenden Blick zu, doch dieser konnte nur die Schultern heben und Tiran folgen.
Dieser war sich inzwischen mit jedem Schritt, der ihn näher an die Frau brachte, sicherer, dass sie zwei Gegenstände dabei hatte. Sie konnten nicht besonders groß sein, dachte er. Vage ordnete er sie nun auch der Lichtmagie zu, denn damit schien die von ihnen ausgehende Macht noch am meisten gemein zu haben, auch wenn sie noch immer anders wirkte. Rein und kraftvoll pulsierte sie, und doch…hatte Tiran das Gefühl, dass etwas fehlte. Dass das, was er da spürte nur ein Teil eines Ganzen war.
Die Wachen hatten seine zielstrebigen Schritte bemerkt und versperrten ihm den Weg. Er sah nun, dass es sich dabei um Gardisten handelte. Die Frau schaute ihn unbeteiligt an, was Tirans Eindruck von Adel erhärtete. Adlige kümmerten sich im Allgemeinen nicht um ihnen niedriger gestellte Personen. Tiran hob die Hände und lächelte freundlich, wobei er klug genug war gebührenden Abstand zu halten, um die beiden Waffenträger nicht zu reizen. Die Stadtwachen wurden sehr schnell misstrauisch.
„Entschuldigen Sie bitte, edles Fräulein, ich wollte sie gewiss nicht stören. Es ist nur…sie haben da etwas bei sich, dass mich interessiert.“ Noch immer tauchte auf ihrem Gesicht keine Gefühlsregung auf und so fuhr der Schmied hastig fort:
„Wie unhöflich von mir, ich habe mich nicht vorgestellt, bitte verzeihen Sie. Mein Name ist Tiran und ich bin Schmied in Kakariko. Vielleicht haben Sie schon von mir gehört. Ich kann mich, ohne falsche Bescheidenheit, eines gewissen Rufes erfreuen. Jedenfalls interessiere ich mich auch für Magie, insbesondere magische Gegenstände und ich fühle, dass sie zwei solche Objekte bei sich tragen. Mein Spürsinn ist recht gut ausgebildet, müssen Sie wissen, deshalb kann ich das sagen. Natürlich verstehe ich es, wenn sie etwas derart Wertvolles nicht einem Fremden zeigen wollen, doch es ist lediglich ein Blick darauf, denn ich erbitte, mehr nicht. Es ist sozusagen berufliches Interesse. Würden sie mir diese Freude machen oder macht es Ihnen etwas aus?“
„Es macht mir etwas aus.“ Endlich hatte die Frau gesprochen und ihre Stimme klang zwar freundlich, ließ jedoch auch etwas wie unterschwelligen Kummer vermuten. Tiran war überrascht, er hatte sich so höflich verhalten, wie er es für angebracht hielt.
„Oh…ich verstehe. Nun, das ist schade.“ Sie schaute seine ungewöhnliche Waffe an und er fühlte sich dazu genötigt zu erklären, dass dies ein selbstgeschmiedeter Klingenstab aus einem der Südlande sei, den er allein mit Magie gefüllt hatte. Dann bemerkte er wie ihr Blick an ihm vorbei glitt und spürte Arreths Schwert hinter sich. Er stellte den Söldner und seinen Lehrling kurz vor, entschuldigte sich für die Störung und verabschiedete sich. Keiner von den dreien bekam mit, wie die Frau ihnen mit ihrem unbeteiligten Blick hinterher schaute.
Tiran erzählte unterdessen seinen Begleitern von dem, was er gespürt hatte und wie die Frau ihm einen Blick darauf verweigert hatte. Nun, was sollte man machen. Erst im Nachhinein wurde dem Schmied jedoch klar, was merkwürdig gewesen war. Sie hatte nichts ausgestrahlt. Absolut gar nichts. Dies war nicht nur ungewöhnlich sondern nahezu unnatürlich. Normalerweise strahlte jeder etwas aus, wenn nicht Magie dann ein bestimmtes Gefühl, eine Regung, was auch immer. Die Unbekannte hingegen hatte jedoch nur wenig davon gehabt und das Wnige an ihr hatte widersprüchlich und gegensätzlich gewirkt. Hätte sie nicht den einen Satz gesprochen, wäre Tiran ernstlich beunruhigt gewesen, ohne wirklich sagen zu können, wieso. Grübelnd setzte er den Weg mit Ren und Arreth fort.
Als sie an der Garnison vor dem Schloss ankamen, wurden sie angehalten und nach ihrem Begehr ausgefragt.
„Ich möchte mit meinen Begleitern die Schlossbibliothek aufsuchen. Hier ist ein königliches Visum, welches mir das Eintrittsrecht zusichert.“ Der wachhabende Gardist untersuchte das Schreiben gründlich danach, ob es eine Fälschung war, doch das Siegel war eindeutig.
„Also gut, dies scheint in Ordnung zu gehen. Ich weise euch aber darauf hin, dass ihr eure Waffen werdet abgeben müssen.“
„Natürlich“, antwortete der Schmied und man ließ sie passieren. Am eigentlichen Schlosstor dann wurden ihnen ihre Waffen abgenommen, mit Nummern versehen und weggeschlossen. Mürrisch blickte Arreth seinen Klingen nach und auch Tiran fühlte sich unwohl ohne den Klingenstab oder das Gewicht seines Langschwertes.
„Ein Söldner sollte nicht ohne seine Waffen sein…“, knurrte Arreth.
„Ja, ich fühle mich auch unwohl dabei, aber ich kann daran nichts ändern. Schließlich sind wir ja im Schloss und der König muss geschützt werden, aber…na ja. Wir sind zu dritt, es wird also hoffentlich nicht so lange dauern.
Ein Bediensteter geleitete sie durch einige mit hübschen Teppichen ausgelegte Gänge, vorbei an verschlossenen, schweren Eichenholztüren mit imposanten, vergoldeten Schlössern und Gemälden, die irgendwelche wichtigen Persönlichkeiten alter Zeiten darstellten.
Schließlich traten sie durch ein geöffnetes Tor in einen weiten und hohen Raum. Große Fenster ließen die Sonnenstrahlen herein, die sich durch die brüchige Wolkendecke verirrten, dazu hingen mehrere Leuchter mit angezündeten Kerzen an der Decke und den Wänden. Über drei Etagen erstreckte sich die königliche Bibliothek, zu der nicht viele Eintritt hatten. Zwei Dutzend Arbeitstische standen in der untersten Etage herum und Männer mit langen weißen Bärten saßen an einigen von ihnen und blätterten in dicken Wälzern herum.
Ihr Eintreten blieb nicht unbemerkt. Ein älterer Herr in einer langen blauen Robe trat an sie heran und begrüßte sie freundlich.
„Willkommen in unserer Bibliothek. Ich bin der Bibliothekar und Archivar. Wenn ihr irgendwelche Fragen zu Büchern oder Inhalten habt, dann wendet euch bitte an mich. So bleibt euch langes Suchen erspart.“
„Ich suche Bücher und Schriften, die sich mit magischer Schmiedekunst befassen.“
„Ich verstehe. Schwieriges Thema. Nicht viele befassen sich damit.“ Er ließ seinen Blick zur höchsten Etage schweifen, die über mehrere hohe Wendeltreppen zu erreichen war.
„Mal sehen, alles an sachlichen Texten, die sich mit Magie befassen, befindet sich in der obersten Etage. Werke zur magischen Handwerkskünsten findet ihr auf der rechten Seite, wenn ihr diese Treppe dort hochgeht.“ Er deutete auf besagte Treppe und fuhr fort:
„Auf der rechten Seite also, drei Regale direkt an der Wand. Wollt ihr auch fiktive Texte, die sich mit dem Thema befassen? Also Geschichten, Erzählungen, Dichtungen…“
Tiran dachte einen Moment lang nach. Mit solchen Büchern war es immer schwierig, das meiste davon war ausgedacht und doch wurde oft auch einiges an Wissen verwertet…
„Also gut. Wo finden wir diese Werke?“
Der Bibliothekar deutete auf die zweite Etage und beschrieb den Weg dahin. Tiran bedankte sich und wandte sich dann an seine Begleiter.
„Also gut, da wir zu dritt sind teilen wir uns auf. Ren, du übernimmst die fiktiven Texte. Such alles heraus, was dir nicht ganz und gar erfunden erscheint. Du hast ja schon Erfahrung damit. Arreth und ich wir teilen uns die oberste Etage. Sagen wir, wir treffen uns in drei Stunden hier unten mit allem, was brauchbar erscheint.“
Zusammen gingen sie zur Treppe. Ren verließ sie, als sie an der mittleren Ebene vorbeikamen und der Schmied und der Söldner traten ganz oben heraus. Sie eilten vorbei an verschiedenen Aufschriften und sahen einige Gestalten zwischen den Regalen herumgehen. Tiran nahm an, dass es Magier oder Zauberadepten waren. Als sie ihr Ziel gefunden hatten fingen sie sofort an zu suchen. Da gab es Bücher, die Tiran schon kannte, einige nützlich andere vollkommen ohne brauchbare Informationen. Er blätterte in Katalogen herum, die Abbildungen von magischen Gegenständen zeigten und auf ihre Wirkungen hinwiesen, jedoch nichts darüber verrieten, wie sie hergestellt worden waren. Dennoch machte sich Tiran die eine oder andere Notiz zu bestimmten Wirkungsweisen. An Inspiration mangelte es ihm zwar nicht, aber konkrete Anwendungsbereiche waren doch immer nützlicher als Träumereien. Einige Male zeigte Arreth ihm ein Buch, doch aus den meisten konnte Tiran nichts Nützliches entnehmen außer hier und dort einige in Nebensätzen vermerkte Kleinigkeiten: Namen von magischen Materialen und dass man in magischem Feuer bessere Ergebnisse erzielen konnte (was Tiran fürwahr schon gewusst hatte, doch es wurde noch etwas genauer auf Drachenfeuer, blaues Feuer und heraufbeschworenes Feuer eingegangen). Ratschläge zur mentalen Vorbereitung und Hinweise auf Tücken bestimmter magischer Richtungen. Alles in allem fand Tiran nur einen einzigen wirklich zufrieden stellenden Text, den er noch nicht kannte. Er behandelte den Zusammenhang von Länge, Dichte und Zusammensetzung einer Waffe und der ihr innewohnenden Magie und wie sich dies auf Wirkung und Effektivität auswirkte.
Etwas enttäuscht von der königlichen Bibliothek begab sich der Schmied mit Arreth wieder nach unten. Der Tempel der drei Einheiten war um einiges nützlicher gewesen.
Unten wurden sie bereits von Ren erwartet. Er hatte einen kleinen Stapel loser Pergamentblätter und zwei Schriftrollen vor sich liegen, die Tirans Herz höher schlagen ließen.
„Du hast etwas gefunden?! Ich hatte es ehrlich gesagt nicht erwartet bei dieser Abteilung.“
Ren funkelte ihn böse an.
„Wieso hast du mich dann überhaupt dahin geschickt? Naja, ist ja jetzt auch egal, wie du sehen kannst hab ich tatsächlich etwas gefunden. Die Bücher waren, wie zu erwarten war, vollkommen unnütz. Da stand höchstens mal, dass der Held ein magisches Schwert hatte oder dass irgendwo Runen eingraviert waren, doch das war auch schon alles. Interessanter wurde es dann bei den Gedichten und Epen, insbesondere den wirklich alten. Also, ich habe vier Gedichte gefunden, die mir nützlich erschienen. Dieses hier behandelt den Kampf eines namenlosen Mannes mit einem Drachen. Als er den Drachen erlegt hat, nahm er sein Schwert und legte es in des Monsters Maul, wo noch immer Feuer züngelte. Anschließend kühlte er es im Drachenblut und bekam damit ein unzerstörbares Schwert, mit dem er die Schwachen verteidigte, berühmt wurde und so weiter. Es ist zwar nichts großes, aber die Information über die Wirkung von Drachenblut erschien mir durchaus verwertbar. Ich habe außerdem in einem Geschichtsbuch nachgeschlagen. Es gab in Hyrule tatsächlich einmal einen Krieger, der in seinem ganzen Leben nur eine einzige Klinge geführt hat und schließlich mit ihr begraben worden sein soll.
Dann hab ich hier ein Gedicht über einen Ritter in grüner Rüstung. Wenn er sich ins Gras legte, oder im Wald wandelte soll er für niemanden zu sehen gewesen sein und damit ist nicht gemeint, dass er einfach nur gut getarnt war, sondern dass er wirklich ganz und gar unsichtbar wurde. Er konnte Tiere verstehen und mit ihnen sprechen und wurde zum Wächter der Wälder und urteilte über alle, die der Natur schadeten. Als er spürte, dass er dem Tode nahe war, grub er ein Loch und legte sich hinein. Die Tiere des Waldes sollen es dann wieder mit Erde gefüllt haben und bald wuchs an der Stelle der Schössling eines Baumes inmitten von Blumen. Eine hübsche Geschichte aber das Interessante ist, die letzte Strophe. Dort heißt es, dass die Bestandteile der Rüstung sich alle in dem Baum vereinigten: Gras, Baumrinde, Blätter verschiedener Bäume, Blumen und selbst Tierhaare. Meint ihr nicht auch, dass all das wirklich in der Rüstung eingearbeitet worden sein könnte? Natürlich mitsamt der Waldmagie?“
Tiran legte die Stirn in Falten und überlegte laut:
„Ich habe noch nie davon gehört, dass lebende Dinge in eine Rüstung eingearbeitet wurden und Pflanzen sind nichts anderes als Lebewesen. Die Frage ist, ob sie, von Stahl umschlossen, starben und ihre Energie oder ihre Seelen die Rüstung nicht verlassen konnten oder ob sie innerhalb der Rüstung am Leben blieben und sie auf diese Art mit einer seltsamen Macht erfüllten? Ich wette, der Dekubaum könnte mir eine Antwort darauf geben, ob es einen solchen Baum irgendwo auf der Welt gibt. Einen Baum mit Blättern aller nur erdenklichen Bäume und wandelbarer Rinde. Ein Baum, der inmitten eines bunten Blumenmeeres steht und den verschiedene Tiere bewohnen.“ Er seufzte ergeben und lehnte sich auf dem harten Holzstuhl, auf dem er saß, zurück.
„Schade nur, dass wenn ich den Wald betrete ich zu einer Pflanze werde. Möchtest du das nicht übernehmen Arreth?“, scherzte der Schmied und der Angesprochene schien tatsächlich einen Moment lang zu überlegen bevor er lächelnd den Kopf schüttelte.
„Ich kenne leider keine Möglichkeit zum Dekubaum vorzudringen ohne seiner Magie zu erliegen, tut mir leid. Du wirst wohl mit den Worten des Gedichtes auskommen müssen.“
Tiran seufzte noch einmal und sah sich dann Rens restliche Funde an.
Das dritte Gedicht handelte von einem Mann, dessen Liebste auf tragische Weise verstarb. In seiner Verzweiflung gönnte er keinem Lebenden mehr Glück und schloss so seinen Kummer und sein Leid in Pfeile ein, die er wahllos auf der ganzen Welt verschoss und fremder Wesen Leben zerstörte, so wie sein eigenes auch zerstört war. Wann immer ihm die Pfeile ausgingen, machte er neue, denn seine Gefühle änderten sich nicht und sein Leid schien ewig zu sein. Unglück überzog da die Welt und erst als man ihn stellte und umbrachte, konnten seine Opfer wieder glücklich werden.
Tiran hatte schon von der Möglichkeit gehört Gefühle und Empfindungen in Objekten einzuschließen, doch Ren hatte dies natürlich nicht wissen können, da er es nirgendwo zwischen seines Meisters Unterlagen zu dem Thema gelesen hatte.
Das letzte Gedicht war gleichzeitig das kürzeste und interessanteste. Es beschrieb das Leben der Shiekah, ein Leben zwischen dieser Welt und der der Schatten. Unter anderem wurde dort in einem Vers erwähnt, dass das Schattenvolk in der anderen Welt Gegenstände von machtvoller Art herzustellen gepflegt hatte.
Er wusste um die Existenz anderer Dimensionen und Ebenen des Seins, doch der Gedanke, dass sie Einfluss auf das Schmieden haben könnten, war ihm bis jetzt noch nicht gekommen. Der hylianische Tempel des Lichts lag in einer anderen Sphäre der Welt, das wusste Tiran. Diverse Möglichkeiten schossen ihm in den Kopf…
Das letzte, was sein Lehrling vorzuweisen hatte, war ein langer Epos aus alter Zeit. Er hatte ebenfalls die Shiekah zum Thema, genauso genommen das Leben eines ganz bestimmten. Ren blätterte einige Seite vor und zeigte dann auf die Stelle, die ihm ins Auge gefallen war. Über mehrere Seiten hinweg wurde genau beschrieben, wie der Held sich ein magisches Schwert, einen Bogen und einen Umhang anfertigte. Tirans Herz frohlockte, als er dies sah, denn danach hatte er lange gesucht. Eine detailgetreue Beschreibung. Es war zwar fraglich, ob alles dort Geschriebene richtig war, aber zumindest auf den ersten Blick sah es schon ziemlich gut aus. Er dankte Ren überschwänglich und machte sich dann sofort ans Kopieren aller Schriften. Obwohl Arreth und Ren ihm dabei halfen, vergingen mehrere Stunden und die Sonne ging unter. Bis zum letzten noch erlaubten Augenblick blieben sie in der Bibliothek und schrieben so schnell sie konnten, ohne dabei etwas auszulassen. Sie wurden rechtzeitig fertig und verabschiedeten sich vom alten Bibliothekar, der ihnen neugierig hinterher blickte. Da sie müde und hungrig waren, beschlossen sie die Nacht in einem Wirtshaus zu verbringen, wofür sie dank Tirans Visum nichts zu zahlen hatten. Unterwegs meinten Arreth und Tiran Daru, Links Enkel, gesehen zu haben, doch sie waren zu erschöpft um zu ihm zu gehen, zumal nicht einmal sicher war, ob er es gewesen war. Am nächsten Tag erst wollte der Schmied seine beiden Begleiter seinen alten Freunden vorstellen bevor sie nach Kakariko zurückkehrten. Die undurchsichtige Frau vom Mittag hatten sie alle drei zunächst vergessen.
Geändert von Sephe (13.08.2007 um 19:01 Uhr)
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