Zu ihrem eigenen Bedauern stach es ein wenig, als Thelon ihr winkend den Rücken zuwandte und auf die Stadt zulief. Auch Lenjia drehte sich um und lief durch den Schnee in die entgegengesetzte Richtung. Vielleicht war dieses Stechen einer der Gründe, weshalb sie die Leute gemieden hatte?
Weiter vorne konnte sie die Umrisse einer Farm erkennen, doch hatte sie nicht vor, dahin zu gehen. Als Thelon und Farun miteinander geplaudert hatten, hatte sie etwas von einem See aufgeschnappt. Er soll weiter entfernt von Kakariko liegen, man könne ihn in ein paar Stunden erreichen. Den Mantel etwas enger zuknöpfend setzte sie sich in Bewegung.

Ihre Füße schmerzten und die Nase lief wie verrückt, als sie zwei Stunden lang durch den Schnee gestolpert war. Warum musste es auch in Hyrule schneien?
Wenigstens hatte sie bis jetzt keine weiteren Behinderungen getroffen. Auch Thelon war nicht mehr aufgetaucht. Lenjia ertappte sich dabei, dass sie sich ein wenig einsam fühlte ohne den jungen Mann. Sie sah auf den Ring runter. Er blitzte kurz auf, als das Sonnenlicht auf die glatte Oberfläche hinunterschien.
Nun kam sie an einem kleinen Zaun vorbei, der zu der Farm hinführte. Sie stieg - den Durchgang weiterentfernt ignorierend - über das alte Holz hinüber und stieg dann den Hügel hinunter. Wie weit war es wohl noch bis zum See?
Einzelne Bäume und Sträucher kamen in Sicht. Für einen Moment glaubte Lenjia etwas graues zwischen zwei dicht nebeneinander stehenden Bäumen gesehen zu haben. Da es jedoch nicht noch einmal auftauchte, glaubte sie, sich geirrt zu haben. Sie zog die Nase hoch. „Hoffentlich erkälte ich mich nicht“, murmelte sie und knetete die Hände. In diesem Moment wurde sie von vielen hungrigen Augenpaaren beobachtet.

Endlich, es war bereits dunkel, erreichte sie den Eingang zum See. Erleichtert seufzend machte sie einen Schritt nach vorne, als sie ein leises Knurren hörte. Sie stoppte und verharrte in ihrer Pose. Das Knurren wurde lauter, dazu kam das Geräusch von schweren Pfoten, die eilig durch den Schnee auf sie zurannten. Blitzschnell wandte sie den Kopf und entdeckte eine Gruppe von grauen Wölfen. Ihr Magen verknotete sie merkwürdig und ihre Hände zuckten unruhig, als sie die gebleckten Zähne der Wölfe entdeckte. Lange gelbe Beißer, von denen schon Speichel tropfte. Bevor sie einen Schritt machen konnte, machte der erste Wolf einen gewaltigen Sprung auf sie zu. Erschrocken sprang sie einen Meter nach hinten und entging den gefährlichen Fangzähnen des Tieres. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust und kalter Schweiß perlte von ihrer Stirn. Trotzdem griff sie mit zitternder Hand nach ihrem Bogen und dem Lederköcher, die hinten am Gürtel hingen. Schnell spannte sie einen Pfeil auf und zielte auf die Stirn des Wolfes, der sie angefallen hatte. Dabei übersah sie die anderen Wölfe, die sie umkreisten und einen besonders zotteligen Wolf, der sie von hinten ansprang. Sie schaffte es auszuweichen, doch wurde ihr Umhang an der linken Seite zerfetzt. Schnell nahm sie ihre Pose zum Schießen ein und zielte auf einen der Wölfe. Der Pfeil zischte durch die Luft und traf den Wolf in der linken Schulter. Mit einem Jaulen knickte er ein. Nun rückten die restlichen 5 Wölfe heran und knurrten bedrohlich. Bereits den nächsten Pfeil aufspannend wandte Lenjia sich dem Tier zu, dass sie als erstes angegriffen hatte. Eben jenes sprang ihr mit einem mächtigen Satz entgegen. Die großen Pfoten stießen gegen ihre Brust und sie stürzte zu Boden. Das Gewicht des Wolfes drückte Lenjia die Luft aus den Lungen und der Bogen entglitt ihrer kalten Hand. Der Wolf riss das Maul auf und stürzte auf ihren Hals zu. Abwehrend hob Lenjia ihren linken Arm. Bevor der Wolf in ihr Fleisch eindrang, stieß eine große Flamme aus dem Ring hervor. Jaulend fiel der Wolf in den Schnee zurück.
Vorsichtig öffnete sie die Augen. Statt dem Wolf schwebte vor ihr eine große Flamme in der Luft. Sie blinzelte. Langsam nahm die Flamme eine Form an. Ein geflügelter Dämon hockte nun auf dem Boden vor ihr im Schnee, die krallenbesetzten Hände um die Knie geschlungen, mit einem wilden Blick in den flammenden Augen.
“Ha“, war alles, was sie rausbrachte. Woher kam dieses... Ding? Ihr Blick wurde von dem Ring angezogen, der nun seine Farbe verloren hatte und weiß und durchsichtig war. Aus dem Ring? Sie hob ihn näher ans Auge. Erst jetzt bemerkte sie die vielen Schnörkel und Zeichen auf dem Ring. Es sah aus wie ein Bannspruch.
Vorsichtig setzte sie sich auf und beobachtete den Dämon, der nun anfing, die Wölfe zu attackieren. Vielleicht brachte sie keinen Ton heraus, weil sie von der blutrünstigen Art geschockt war, mit der der Dämon die Tiere zur Strecke brachte, vielleicht fand sie auch keinen Grund, nun etwas zu sagen. Sie stand schwankend auf und rieb sich die schmerzende Brust, auf der der Wolf gelandet war.
Als der Dämon jeden einzelnen der Wölfe in seine Einzelteile auseinandergenommen hatte, wandte er sich Lenjia zu. Erschrocken wich sie zurück, als der Dämon seine flammenden Schwingen ausbreitete und auf sie zuflog. Statt sie anzugreifen, wurde er als immer kleiner werdende Flamme in den Ring gesogen, bis sich dieser wieder rot verfärbt hatte. Schaudernd sah sie vom Ring auf und betrachtete den Schnee, der vom vielen Blut der Wölfe rot verfärbt war. Die entstellten Leichen zu ignorieren versuchend, hob sie ihren Köcher und den Holzbogen vom Boden auf und eilte dann durch das Tor zum Hylia-See.