Ein unangenehm stechender Geruch drang durch die Dunkelheit, die sie umschloss, zu Lenjia durch. Kaum merklich zuckte ihre Nase und ihr Mund öffnete sich ein wenig. Die Lippen waren furchtbar trocken, sie fuhr mit der Zunge drüber.
Ihr ganzer Körper fühlte sich wie ausgetrocknet an, merkwürdig rau und...erhitzt.
„Lenjiaaa...“
Woher kam das? Sie drehte den Kopf nach links, noch immer war es dunkel um sie.
„Endlich zu dir gekommen?“
„Uhhh.“
„Ich nehme das als ein ‚Ja’ hin“, fuhr der Drache, leicht beleidigt, fort. „Es ist doch wirklich unfassbar; kaum probiert man mal was mit dir aus, kippst du sofort um.“
„Was? Wieso ist es so dunkel?“
„Das legt sich wieder. Stell dich erst einmal hin. Vorsichtig aufsetzen... Ja, richtig! Jetzt streck die Hände aus und stütz dich an der Wand ab. Langsam.“
Lenjia befolgte die Anweisungen des Drachen und rappelte sich so langsam auf die Beine. Sie fühlten sich verspannt an und schmerzten, wie nach einem langen Lauf. Doch kaum war sie aufgestanden, wurde ihr Blick klarer. Nach und nach nahm sie das Licht wahr, dass sie umgab, endlich auch die Farben. Als ihr Blick vollständig klar war, bemerkte sie, dass sie noch immer in der Saggasse stand. Doch wo war der Räuber?
Sie drehte den Kopf und sah zu ihren Füßen hinunter. Da lag etwas, doch konnte sie nicht erkennen, was es war. Von dem Ding ging der stechende Geruch aus und eine Menge Qualm. Lenjia würgte, als sie schließlich den langen spitzen Gegenstand entdeckte, den das Ding umklammerte. Es war das Messer, das der Räuber bei sich getragen hatte. Damit hätte sich schon einmal die Frage geklärt, wo der Mann hin war.
„Was...“, krächzte sie. Vorsichtig bewegte sie sich von der qualmenden Leiche weg und lehnte sich gegen die Wand eines Gemäuers, dass neben der Mauer gebaut war.
„’Was ist passiert’? Es ist ganz einfach: Du wurdest sauer, hast Gebrauch von meinen Kräften gemacht und hast den Kerl in die Hölle befördert.“
Lenjia sank auf dem Boden in sich zusammen. Leise murmelte sie: „Deine Kräfte?“
„Natürlich. Eine der Vor- oder eben Nachteile der Ringe“, erklärte ihr Glaurung und gab sogleich ein missachtendes Schnauben von sich. „Von einem Menschen ausgenutzt werden, wie peinlich!“
„Aber... Ich habe doch gar nicht... Wieso?“, stammelte sie ungläubig. Das kam ihr alles unwirklich vor.
„Die meisten Fähigkeiten werden vom Hass gesteuert, oder zumindest die ‚negativen’. Das Feuer steht angeblich für Temperament und, unter anderem, auch für den Hass und den Zorn. Außerdem bin ich ein... Nun ja, böser Drache. Zu den negativen Gefühlen zählt die Wut. Du wurdest wütend, hast damit deine, bzw meine Kräfte entfesselt und im Rausch Gebrauch davon gemacht.“
Lenjia stützte sich an der Wand ab und machte ein paar taumelnde Schritte. „Ich muss hier weg...“
„Das empfehle ich dir, ich kann schon die Wachen hören“, sagte Glaurung. So schnell wie es in ihrer momentanen Verfassung ging, machte Lenjia sich auf den Weg. Sie selbst schien keine Wunden von dem Vorfall davon getragen zu haben, aber ihre Sinne waren wie vernebelt. Kaum nahm sie ihre Umgebung wahr und mehr als einmal drohte sie zu stürzen. Den Beutel vergas sie in der Saggasse...