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Thema: Retrofantasy

Baum-Darstellung

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  1. #1

    Retrofantasy

    Kennen sie das Geräusch, wenn ein durch die Luft sausendes Gehirn von einem Ventilator erfasst
    wird und dann wie eine überreife Tomate zerplatzt? Genau dieser markant makabere Sound weckte
    Drew Murbingham am Morgen des zweiten Dienstags im Monat. Geblendet von Müdigkeit sprach er
    in den dunstigen Raum. »Was'n los-?« Im selben Moment merkte er aber dass Niemand da war um ihm
    zu antworten. Er ging taumelnd in die Küche und brühte sich einen Kaffee auf. Türkisch. Dafür
    nahm er eine Starbuckstasse. Ein Werbegeschenk. Eigentlich besaß er keine richtige Tasse, nur
    diese eine von Starbucks. Eigentlich besaß er nichts, was er wirklich gekauft hätte, er besaß
    nur Werbegeschenke. Da war neben der Tasse das Radio, der Fernseher, die Waschmaschine, der
    Kühlschrank, scheisse, alles waren nur Werbegeschenke. Aber das war immerhin bequem, auch wenn
    durch die Winzigkeit der Sachen in dem großen sonst leeren Raum keine wirkliche Bequemlichkeit
    aufkommen mochte. Er zog sich an, warf sich seinen Trenchcoat über und ging aus dem Haus. Drew
    war Privatdetektiv und hatte gestern einen Anruf bekommen, aus einem naheliegenden Dorf und da
    er keinen Wagen besaß musste er gezwungenermaßen den Bus nehmen. Den galt es jetzt noch zu
    erwischen, ansonsten würde er Stunden zu spät kommen und in der Zeit konnte der Klient es sich
    anders überlegen, das wollte Drew natürlich nicht. Er drehte sich aber vor dem Losgehen noch
    schnell eine Zigarette. Er sucht seinen Tabak, er schaute auf der Kommode nach, nichts. Shit,
    wo war der Tabak? Er kramte und wühlte in sämtlichen Schubladen, doch fand nichts, dann machte
    es Klick bei ihm und er ging zu seinem Werbekühlschrank. In einer Plastikdose eingeschlossen
    lag der Tabak. Er nahm die Dose und öffnete sie, im selben Moment stieß ihm der frische Geruch
    Tabaks entgegen, ein herrlicher Duft. Jetzt musste er nur noch drehen. Also, wie ging das noch
    gleich? Er hielt das Blättchen in der rechten Hand und packte ein klein wenig Tabak drauf, er
    verteilte den Tabak ungleichmäßig, er hatte erst letzte Woche mit dem Drehen angefangen und
    dementsprechend sah auch seine Zigarette aus, überall Löcher und Huckel. Scheisse, dachte er,
    klemmte den wulstigen Stengel in seinen Mundwinkel und verließ das Haus. Die Bushaltestelle
    war nicht weit entfernt und innerhalb von 15 Minuten erreichte er sie, der Bus stand schon da.
    Gerade noch so, feixte Drew und stieg erleichtert ein. Der Busfahrer trug eine alte Herrenmütze
    und blickte drein als ob ihm Jemand in den Kaffee gepisst hätte. Was Drew nicht wusste, war
    dass dem Busfahrer wirklich Jemand in den Kaffee gepisst hatte. Er wollte sich nicht lange mit
    dem Busfahrer beschäftigen, da er ihm seine gute Laune verderben könnte, kaufte ein Ticket und
    setzte sich nach ganz hinten. Ausser ihm war Niemand im Bus und so dachte er über seinen
    Klienten nach. Da wird mal wieder ein schöner Batzen Geld abfallen, überlegte er freudig.
    Drew war unkonventionell was diese Angelegenheiten betraf, bei Geldbeträgen sprach er nie von
    einer genauen Summe, sondern immer nur von einem Batzen Geld oder einer Handvoll Geld, er
    wusste nie so recht wieviel Geld er gerade besaß und wenn er etwas bezahlen musste, nahm er
    stets ein Bisschen oder ein Bisschen mehr, je nachdem. Drew dachte, dass jetzt bestimmt ein
    guter Moment wäre seine Zigarette anzuzünden und holte sein Zippo hervor, er entflammte es und
    hielt es nah an seine Kippe.
    »Hier wird nicht geraucht.« brummte der Busfahrer.
    »Aber sie rauchen gerade jetzt eine dicke Zigarre.« Das stimmte wirklich und Drew bemerkte den
    wallenden Qualm, der sich wie Milch in Kaffee ausbreitete und den ganzen Bus in einen fetten
    bläulichen Dunst zog.
    »Zigarre ist erlaubt. Zigarette nicht.« lachte der Busfahrer brummend.
    »So eine Schei-.« Er sprach besser nicht weiter und ließ sein Zippo zurück in seinen Mantel
    gleiten. Das war ziemlich verquer, aber egal, denn der Bus bog nun bei der nächsten Haltestelle
    ein und hielt. Ein paar Leute stiegen ein und setzten sich still auf ihre Plätze, da Drew
    Privatdetektiv war, beobachtete er die Leute nur so zum Spaß und versuchte zu erraten, was sie
    für Menschen waren und wo sie hinwollten. Das zu erkennen war zum Teil sein Job und daher war
    eine Busfahrt für ihn stets eine Art Übung die Sinne zu schärfen und Spiel zugleich. Da war zum
    Einen eine Nonne, die mit gesenktem Blick Trübsahl schob. Wahrscheinlich hatte man sie aus
    ihrem Kloster geschmissen? Nonnen waren normalerweise freundlich und gut gelaunt, wegen
    irgendeinem scheiss Bibelspruch, den sie in einem Pancake entdeckt haben. Oder so, sprach Drew
    in sich selbst hinein. Zwei Reihen weiter hinten saß eindeutig ein Zuhälter, er war schlaksig,
    hatte eine Glatze und trug eine dicke Sechtziger Pornobrille mit Herzen als Gestell, er trug
    einen blauen Armanianzug und einen karrierten Schlips. Er legte lässig die Beine hoch und
    starrte an die Decke, seine Schuhe waren aus Krokodilsleder. Erst jetzt bemerkte Drew, dass der
    Typ am Knöchel einen Halfter inklusive einer entsicherten Beretta trug. Scheisse, hoffentlich
    tickte der Typ nicht allzu bald aus. Panik drang in dem Schnüffler hoch, Waffen und vor allem
    Schußwaffen machten ihn nervös, das war ein Manko an ihm, denn eigentlich müsste er sämtlichen
    Gefahren kühn entgegenblicken müssen, aber Knarren bereiteten ihm Unbehagen, er wusste selbst
    nicht warum, aber so war es nun einmal. Und dann war da noch ein halbwüchsiger, kleiner
    schwarzer Mann. Also er war nicht wirklich schwarz, aber er hatte etwas dunkles, schwarzes an
    sich. Seine Aura schien schwarz, er trug schwarze Klamotten und ein Schatten verdeckte sein
    Gesicht, dabei war es hell am Tag. Obwohl es ein wenig nach Regen aussah. Und Minuten später
    goss es auch aus Kübeln, als ob Gott persönlich 15 Kästen Bier geleert hätte und sich jetzt
    über der Erde ergoß. Dazu kam noch der schreckliche Nebel, der langsam aber bestimmend die Welt
    ins Undurchdringliche hauchte. Die Strecke des Busses führte über eine kleine Landstraße, und
    hier war der Nebel noch schlimmer. Wie ein dunkles Netz erstreckte sich der Nebel hoch oben
    durch die Bäume und spannte sich wie ein Dach über den Bus, aber es schien kein schützendes
    Dach zu sein. Drew dachte an einen Film, den er mal gesehen hatte, ein alter Film aus Kanada
    in schwarzweiß, wo ein Mann in einem kleinen Raum vergeblich an die Wände hämmerte während die
    Decke über ihm ganz langsam runterkahm. Welch schreckliches Szenario, er schüttelte sich.
    Beruhig dich, Mann. Das hier ist nicht Kanada, und schon gar nicht schwarzweiß. Der Bus hielt.
    Was war los? Laut seiner Uhr müssten sie noch ein Weilchen fahren. Dazu muss erwähnt werden,
    dass Drew auch hier ziemlich unkonventionell dachte, es war eine halbe Stunde, für ihn war das
    ein Weilchen. Der Zuhälter machte ein unverständliches Gesicht, aus dem Niemand schlau wurde.
    »Ey, Pops! Sind wir schon da, oder was is' hier los?!«
    »Irgendetwas stimmt nicht.« Die Stimme des Busfahrers war zwar immernoch brummig, doch jetzt
    lag eine leicht verdutzte Verdutztheit in ihr. »Die Straße...«
    »Was soll denn mit der Straße sein, Alter?!« Mister Zuhälter ging in einem harschen Tempo nach
    vorne und blickte aus dem Fenster. »Was zum-?!« Drew bekam ein mulmiges Gefühl in der
    Hodengegend, das kam vor allem davon, dass er die ganze Zeit auf einer Kante gesessen hatte. Er
    schlurfte nach vorn und sah ebenfalls auf die Straße. Moment, welche Straße denn? Da war keine
    Straße, da war- ZEUNG!!!- Niemand wurde gewarnt, Niemand hatte es kommen sehen, dieser
    verdammte Niemand, ständig sieht er alles und er sagt auch immer alles, doch trotzdem kann man
    es nicht verhindern, dieser Niemand ist nutzlos. Irgendetwas ist durch den Bus gegangen. Genau
    dort wo die Nonne sitzt, im selben Moment krachte es- KRRRFFFCHHHH- Was ging hier vor? Der Bus
    sank in der Mitte nach unten, Irgendetwas hatte den Bus und die Nonne sauber zerschnitten,
    dunkelrotes Blut ergoß sich dort wo der Bus in den Boden sank, die Nonne hatte die ganze Zeit
    auf ihrem Platz gesessen, irgendwie saß sie noch immer da. Aber ihr Hinterkopf, ihre
    Wirbelsäule, ihre Rücken und ihr Hinter flädderten in den Hinteren Teil des Busses, während
    ihr Gesicht, ihre Vorderseite und ihre Beine sitzen blieben. Grausig rutschten ihre Gedärme aus
    dem Bus raus, dort wo er zerschnitten wurde, und versanken im Nebel, welcher sich langsam in
    den Bus schlich. Eimerweise Blut verteilte sich auf den ebenfalls zerschnittenen Sitz und Drew
    glaubte, den Verstand zu verlieren und sah erschrocken und verwirrt auf das morbide Schauspiel,
    welches sich ihm soeben bot. Der Zuhälter schrie und zog seine Waffe in die Luft.
    »Was- Was ist das hier für 'ne Scheisse, Mann?!« Er packte den ebenfalls vollkommen verstörten
    Busfahrer am Kragen und hielt seine Waffe an die Schläfe des in die Jahre gekommenen Mannes.
    »In was für eine verdammte Scheisse hast du uns gefahren, Alter?!« Drew nahm seinen ganzen Mut
    zusammen und schlug dem Zuhälter die Beretta aus der Hand.
    »Bleiben sie mal ganz geschmeidig, sehen sie sich ihn an, er weiß selbst nicht, was hier
    gespielt wird!«
    »Oh, aber du scheinst zu wissen, was hier los ist?!« Er zückte ein geschliffenes Küchenmesser
    und hielt es Drew entegegen.
    »Lassen sie das. Ich weiß genauso wenig wie-« Was war los? Wieso konnte er nicht
    weitersprechen? Er stand da wie aus Stein. Dasselbe war mit dem Busfahrer und dem Zuhälter
    passiert, sie waren mitten in der Bewegungen regungslos stehen geblieben. Der Zuhälter hatte
    eine fürchterlich verzerrte Fratze und sah aus, als ob er gerade schreien wollte, nein, als ob
    er gerade schrie, ein kleines Stück grüner Auswurf kam gerade aus seinem weit aufgerissenen
    Mund und war mitten in der Luft sausend stehen geblieben. Das Ganze sah aus der sicheren
    Entfernung und nüchtern betrachtet bestimmt ziemlich dämlich aus, da Drew selbst auch nur einen
    Schritt nach hinten wagend taumelnd auf einem Bein stand und ein fragendes Gesicht aufgelegt
    hatte. Doch das konnte er jetzt nicht mehr ändern. Der Busfahrer hatte die Hände vors Gesicht
    geschlagen und seine Zigarre, die ihm vor dem Bruchteil einer Sekunde aus seiner Zahnlücke
    gefallen war, war ebenfalls mitten im Fall zum Stillstand gekommen. Nicht so der Qualm, die
    Zigarre qualmte noch. Jedenfalls auf den ersten Blick. Nur mit Insiderwissen konnte man wissen,
    dass es eigentlich der Nebel war, der sich noch weiter ausbreitete und den Bus verschluckte.
    Der Bus verschwand allmählich im Nebel, schien aus dem Leben herausgerissen, zurück blieb nur
    der kleine Mann, dessen Aura so schwarz war, er blickte zur Seite und ging einfach los, nach
    5 Minuten kam er an seinem Ziel an und sah die ihm vertraute Bushaltestelle.
    »Immer so ein Stress, wenn die Busse nicht an meiner Haltestelle vorbeifahren und nicht halten
    wollen.« Er hatte den roten Knopf, auf dem 'Bei Haltebedarf drücken' stand, schon immer recht
    nützlich gefunden.

    Geändert von M-P (13.04.2006 um 12:42 Uhr)

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