Haruki Murakami - Mister Aufziehvogel
Der leidige Alltag, wem ist er nicht bekannt; doch was geschieht, wenn man seiner Arbeit kurzerhand entsagt, die finanzielle Belastung auf den Schultern der Frau - einem Sack Kartoffeln gleich - den Gesetzen der Schwerkraft überlässt und als Hausmann fungiert? Murakami bringt dem Leser seine avantgardistische, von okkulten sowie Absonderlichkeiten durchtränkte Interpretation einer derartigen Situation in einer überaus bildreichen, sowie unkomplexen Sprache näher, dass dieses fünfte Werk seinerseits über einen nicht zu unterschätzenden Suchtfaktor verfügt. Ist der Auslöser das Verschwinden des gemeinsamen Haustieres - einen Kater - von Toru Okada, einem ehemaligen Versicherungslaufburschen in den Mittdreißigern sowie seiner Frau, welche ihn nach seiner Kündigung mit ihrer Redaktionsarbeit über Wasser hält, folgt darauf eine Reihe kurioser Ereignisse, welche zur Folge haben, dass man die hauchdünne Grenze zwischen Realität, Traum und Illuision beinahe minütlich schwinden sieht. Nachkriegssoldaten, die detail - sowie bildreich das Häuten eines mongolischen Kriegsgefangenen schildern, sexuelle Phantasien, welche mitten im Traum zur Realität mutieren, eine Sechszehnjährige, die augenscheinlich mehr Ahnung vom Leben zu haben scheint als manch "Erwachsener", das Verweilen auf dem Grund eines Brunnens und eine Palette verschrobener, doch absolut nachvollziehbarer und zu keiner Zeit allzu absurd wirkender Charaktere werden dem werten Leser geboten - der - zuerst langsam und schleichend, dann jedoch vortexgleich - in das skurille Leben des Toru Okada gesaugt wird und beginnt, das Leben durch die Augen einer Ex - Alltagspersönlichkeit zu betrachten, welche beginnt, tatsächlich zu leben.