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Thema: Interactive Storytelling

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Meiner Meinung nach braucht man in jedem Spiel ein bestimmtes Ziel, auf das man hinarbeiten muss. Insofern sollten die verschiedenen Stränge schon irgendwie wieder zusammenführen. Morrowind, beispielsweise, erlaubt es dem Spieler, eine riesige Spielewelt zu erkunden und sich auf verschiedene Weise dort zu profilieren. Man kann selbstständig bestimmen, ob man sich irgendwo in einer Stadt ein Haus schnappt (dafür muss man den Besitzer allerdings still und leise entsorgen), dort seinen Besitz unterbringt und sich in einer Gilde behauptet, oder ob man als Vagabund durch die Spielewelt zieht, nicht mehr besitzt, als das, was man am Körper trägt und hier und da ein paar Aufträge annimmt. Trotzdem muss man ein Ziel haben, sonst fragt man sich irgendwann, warum man das eigentlich alles macht.

    Ein großes Problem beim IS ist in meinen Augen, dass der eigentliche Spielprozess ja eigentlich einem bestimmten Muster folgt, das unveränderlich ist. Bei einem Rollenspiel verbringe ich die Zeit damit, zu kämpfen und meine Charaktere zu trainieren, um voranzukommen. Selbst die meisten Sidequests bestehen meistens aus Kämpfen. Natürlich ändert sich die Art der Kämpfe mit der Zeit und wenn ich die Story in verschiedene Wege aufspalte, dann kämpfe ich eben mit anderen Waffen gegen andere Gegner. Aber am eigentlichen Spielprinzip ändert sich nichts.
    Ich kann nicht plötzlich sagen, dass ich lieber ein ruhiges Leben als Landwirt führen möchte (wie z.B. bei Harvest Moon). Ich habe nicht die Möglichkeit, mir irgendwo Land zu kaufen und es zu bewirtschaften. Dafür müsste man bei der Spieleentwicklung ein eigenes System schreiben, das wäre unheimlich aufwendig.
    Genausowenig kann ich bei einem Rollenspiel beschließen, mit einem Schiff in See zu stechen, mir irgendeine unbewohnte Insel zu suchen und dort eine Zivilisation aufzubauen (wie bei allen möglichen Wirtschaftssimulationen). Auch hier müsste man ein wieder ein spezielles System programmieren.

    Diese verschiedenen Grundkonzepte (kämpfen und trainieren wie im Rollenspiel, anbauen und handeln wie bei Harvest Moon (z.B.), organisieren und optimieren wie in Wirtschaftssimulationen (Anno-Reihe), ...) müssen auf völlig verschiedene Art entwickelt werden. Für ein Spiel, das der Spieler alleine spielt, lohnt sich das einfach nicht, zumal er letztendlich ja doch nicht alle Wege gehen kann. Vielleicht baut er im Sommer des Spiels Sachen auf seinem Bauernhof an und zieht im Winter los, um ein wenig von der Welt zu sehen, oder nutzt die kalte Jahreszeit, um im naheliegenden Dorf soziale Kontakte zu knüpfen (was ebenfalls für jeden Charakter/NPC der Spielewelt speziell programmiert werden müsste). Aber er wird eben niemals mit dem Schiff auf irgendwelche Inseln fahren, er wird niemals Armeen befehligen und vielleicht wird er während des gesamten Spiels nur einen Bruchteil der gesamten Spielewelt sehen. Der größte Teil der Entwicklungsarbeit des Spiels ist also vergebens.
    Spiele mit so vielen Möglichkeiten sind nur dann sinnvoll, wenn an sie mit mehreren Spielern gemeinsam spielen kann, so dass jeder Weg, den man durch das Spiel wählen kann, auch gegangen wird. Problematisch ist nur, dass einige Wege (z.B. das Profilieren in einer Gilde und trainieren der eigenen körperlichen Fähigkeiten) sehr beliebt sein werden, während andere Wege (z.B. das Leben als Landwirt) kaum gewählt werden. Denn mal ehrlich, wer will schon sein ganzes Leben an einem Ort verbringen und nicht weiter als bis zur nächsten Stadt reisen? Außerdem könnte jeder, der den Weg eines Kämpfers gewählt und sich ein bischen hochgelevelt hat, beim Bauern ankommen und ihm seine Sachen stehlen, ohne dass der Bauer allzuviel dagegen tun könnte. Es wäre sicher interessant, so ein Spiel einfach mal laufen zu lassen, um zu sehen, inwieweit sich dort Kriminalität entwickelt und ob es vielleicht sogar irgendwelchen raubenden Gruppen bzw. "Gangs" gelingt, in der Spielewelt Fuß zu fassen und die anderen Spieler zu terrorisieren und auszunutzen. Vielleicht erleben wir dann ja sogar so etwas wie das dritte Reich in virtueller Form. Man müsste das Spiel einfach Laufen lassen und sehen, was die Menschen bzw. die Spieler daraus machen.

    In jedem Fall würde alles auf ein Spiel hinauslaufen, dass sich vollkommen mit der Wirklichkeit deckt. Aber vermutlich auf einem niedrigeren moralischen Niveau, weil es eben doch nur ein Spiel ist und man Entscheidungen treffen kann, die man im wirklichen Leben nicht treffen würde.

    Geändert von derBenny (14.01.2006 um 21:48 Uhr)

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