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Thema: Yesterdays Tomorrow - Ein Rollenspielsystem

  1. #21
    Im Anfangspost steht der Einleitungstext für die veränderte Welt!!


    Zitat Zitat
    Die Zahlen sind so niedrig, da kann man gar keinen ordentlichen Schwanzvergleich machen.
    Richtig erkannt! Was ist ein RP-System? ?_?
    "Woah! Mein Charakter greift mit mehr Würfeln an, als ich in einer Hand halten kann."
    Kauf dir halt kleinere Würfel. -.-"

    Die Archetypen kommen definitiv in Form einer Kurzgeschichte und mit Darstellung der darin verwendeten Charaktere wie im SR-Regelbuch. Ich schreib grad an den Regeln, bin aber fast fertig. Dann kommt die Geschichte. Im ersten Post steht ja schon die Einleitung, aber auch die verändert sich gewiss nochmal.

    Grundriss der Weltkarte wäre allerding svollkommen daneben, der Reiz des Spiels liegt ja unter anderem in den vielfältigen Möglichkeiten, etwas zu entdecken, benennen und einzunehmen. Es wird durchaus nicht unmöglich sein, dass eine Spielergruppe vielleicht ihre eigene kleine Siedlung aufbaut. Dann wäre das Hauptaugenmerk schon wieder von Kampf auf Ökonomie verlegt, und das ist das Interessante, weil wirklich fast jeder bedient wird. (Nur keine Powergamer )

    @Daen: Die Regeln kommen... übermorgen, sag ich mal so. ich werds hier auch schonmal mit Freunden antesten, aber über weitere Testrunden wär ich natürlich hocherfreut. Und die Beta gibts dann auf der NATO oder CT.

    Das mit den Staaten ist so eine Sache. Im Einleitungstext wird schon klar, dass mit Staaten noch nicht soviel ist, und ich will auch nicht alles festlegen, wie bei Shadowrun, so, dass der Spielleiter auch noch problemlos seine eigenen Ideen einbringen kann.

    Verbesserungen für die Einleitung werden gern angenommen.

  2. #22
    Brauchst du denn noch ein bisschen Hilfe oder kommst du alleine gut zurecht?

  3. #23
    Nur das keiner denkt, die Sache wär gestorben, ich arbeite grad mit Daen an der Verbesserung des Systems. Wenns in einem annehmbaren Zustand ist, wird er es dann mal hochladen.


    Aus purer Langeweile hier eine kleine Geschichte. (bzw. deren Anfang. )





    *** Prolog ***


    Dieser Traum, dieser schreckliche, immer wiederkehrende Traum. Vor seinen glasigen, kalten Augen die bläuliche Flüssigkeit, nur von dünnen Kabeln durchbrochen, welche die Chemikalien in seine Venen pumpten. Kein Schlaf, keine Ruhe, kein Frieden, nicht einmal mehr der Tod. Vor ihm, an der Scheibe das Gesicht eines Kindes, das Gesicht seines Sohnes mit den kurzen schwarzen Haaren und den runden, besorgten Augen. Neben ihm die Doktoren. Er konnte nicht sprechen, die Kraft reichte nicht aus, außerdem war die Flüssigkeit überall in dem Gefäß. Aber er hörte, was sie sagten.
    „Sein Körper hat es nicht verkraftet. Der Lebenswille ist enorm, er wird es überstehen, aber er wird nie wieder…“
    Die Stimmen verstummten, als eine junge Frau die Abgrenzung durchbrach und mit Tränen in den Augen auf das gläserne Gefängnis zustürmte. Er wollte weinen, denn seine einzige Liebe hatte Tränen auf dem Gesicht, Zeichen einer Trauer, die ihm fremd war. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, traurig zu sein. Der Körper der Frau drückte sich an die Scheibe, als wäre es sein eigener Körper.
    „Halt!“, schrieen die Wissenschaftler, „Er ist genetisch verändert! Es ist zu riskant!!“
    Doch sie hörte nicht. Niemand hatte den Mut, so nah an die Kuppel heranzutreten. Plötzlich spürte er etwas. Es war das erste Mal seit Monaten, dass er überhaupt etwas fühlte. Ein Hauch von Stärke schien in seinen Körper zurückzukehren, aber gleichzeitig schmerzte sein Kopf. Dann sah er das Entsetzen in den Augen seiner Angetrauten, als sie zusammenbrach. Nur ihre Hand klebte noch an dem Glas der Scheibe. Nun kochte Wut in seinem Körper, denn er spürte, wie die Kraft der Frau in seinen Gliedern empor kroch.
    „Was… habt ihr mir angetan…?“
    Seine Lippen bewegten sich, auch wenn die Worte nicht die bläuliche Flüssigkeit durchdrangen. Dann fühlte er sich mächtig, aber zugleich hilflos, denn die Haut seiner am Boden liegenden Frau war alt und faltig geworden, obwohl sie kaum erwachsen gewesen war. Sein Sohn stand zitternd daneben und starrte die Leiche der Mutter an, Ihre Haare fielen ihr vom Haupt und die Glieder wurden dünn und schrumpelig. Als ihre Knochen zum Vorschein traten, begann der Vater mit Schreien. Dieser Schrei erreichte die Ohren der drei Wissenschaftler, als die Scheibe zerbarst und die Flüssigkeit den Raum bedeckte. Er sprang aus dem Kegel und landete weich auf dem Boden. Die Scherben unter seinen Füßen schien er kaum zu merken, und sein ganzer Körper fühlte sich an wie zu seinen besten Zeiten. Der kleine Junge konnte den Blick von der toten Mutter losreißen und rannte mit Tränen in den Augen auf ihn zu. Als sein winziger Arm die Schulter des Mannes berührte, spürte dieser eine weitere Woge der Macht, die sich einen Weg durch seinen Körper suchte. Die Versuchung war groß, aber er stieß das schreiende Kind beiseite. Als er ihm nachschaute, erkannte er, dass am Arm seines Sohnes eine Spur aus braun-schwarzen Geschwüren hinauf gekrochen war. Als auch das Kind realisierte, was geschehen war, begann es mit Kreischen, denn sein Arm zerfiel wie eine Sandburg unter einem Wasserfall. Der Mann spürte eine Erregung, irgendwo zwischen hoffnungsloser Verzweiflung und endloser Wut, als er seine Hand um den Hals eines Wissenschaftlers legte und durch die offene aus dem Raum schnellte, den bemitleidenswerten Forscher in seinem kräftigen Arm. Panisch blickte er sich um, aber die weißen Gänge schienen in die Unendlichkeit zu führen. Plötzlich verlor seine Hand den Griff, als auch der Wissenschaftler vertrocknete und schließlich zu Staub zerfiel.
    „Was… was bin ich?!“, schrie er und blickte seinen nackten Körper herab, dann rannte er wahllos in eine Richtung. Er rannte einfach nur, er wollte nicht nachdenken, er wollte nicht wissen, was diese Menschen aus ihm gemacht hatten, er konnte nicht verstehen, warum seine Familie deswegen sterben musste. Er rannte immer weiter, bis der Gang schließlich endete. Es war eine breite Pforte, doch ihm war egal, wohin sie führte, Hauptsache weg von hier. Er drückte den Knopf, und plötzlich pfiff ihm ein eiskalter Wind entgegen. Dieses Portal führte in die freie Luft, weit unter sich konnte er den Ozean erkennen. Die Böen spielten mit seinen nassklebrigen Haaren, als ihn die Schritte der Wissenschaftler in seinen Gedanken unterbrachen.
    „Warten sie, Herr Valentino! Tun sie das nicht!“
    Die Männer kamen näher, und hinter ihnen hatte eine Staffel der Sicherheitseinheit Aufstellung genommen.
    „Überlegen sie sich gut, was sie tun, mein Herr!“, rief einer der beiden verbliebenen Forscher, „Das Experiment ist misslungen, aber sehen sie doch ihre neue Fähigkeiten an! Sie können unsterblich sein!“
    Unsterblichkeit… Der Grund, wegen dem er sich für dieses Experiment bereitgestellt hatte. Fähigkeiten? Die Fähigkeit, alles zu vernichten, was er berührte? Der Mann lächelte, ein leeres Lächeln, das Grinsen eines Menschen, der den Verstand verloren hat. Doch die Forscher verstanden diese Geste nicht, denn sie kamen immer näher.
    „Außerdem kann uns ihr Körper einen unglaublichen Vorteil für die Wissenschaft bringen, wenn sie damit einverstanden sind!“
    Er blickte dem Kittelträger ins Gesicht und entdeckte kein Bisschen Ironie, das Gesagte war vollkommen ernst gemeint. Er begann, sich zu hassen. Die Veränderung, die seinen Körper zerstört hatte, die Wissenschaft, die seine Familie vernichtet hatte. Er trat einen Schritt zurück und war schon am Fallen, als die Wissenschaftler seine Hände ergriffen. Narren. Er lächelte sie noch einmal mit weit aufgerissenen Augen an, als sich ihre Hände und Körper in Staub verwandelten, dann verloren seine Füße den Halt, als er aus der Höhe stürzte. Der Boden war noch fern und er würde den Aufprall mit Sicherheit nicht überleben. Er hasste sie dafür. Die Forscher, die Wissenschaft, und letztendlich auch sich selbst. Er spürte den kalten Wind, der seinen kraftvollen Körper streichelte Die Sonne brannte in dieser Höhe auf seiner Haut, und er lächelte noch immer, als der Ozean immer näher kam.






    Yesterdays Tomorrow

    *** Die Kreuzritterin ***



    Das sanft flackernde Kerzenlicht in Valencias Zimmer war nur schwach, aber die grünen Augen des Mädchens glitten über die Seiten des Heftes. Sie hatte sich unter ihrer Decke verkrochen und las das seltsame Buch, wie sie es schon so oft getan hatte. Dennoch war es an diesem Tag ein anderes Gefühl. Ihre silberne Brustplatte lag auf den weißen Gewändern neben dem alten Holzbett, auch der metallene Streitkolben lehnte an der steinernen Zimmerfassade. Die Frühlingsluft lag angenehm warm im Zimmer. Die letzte Seite. Valencia hatte gewusst, dass dieser Tag einmal kommen würde, aber sie hätte nicht gedacht, dass er sie beinahe zu Tränen treiben würde. Dieses Buch hatte sie im Kindesalter irgendwo in einer Ruine gefunden, und es war ihr ans Herz gewachsen, auch wenn sie nicht einmal wusste, was es eigentlich war. Jemand hatte unzählige Bilder gemalt und ein wenig Text dazu geschrieben, Valencia hatte schnell bemerkt, dass diese Galerie in Buchform sogar eine kleine Geschichte erzählte. Aber es war nicht ein Buch mit Bildern, wie man es des Öfteren fand, eher war es eine Menge Bilder mit einer kleinen Geschichte darin. Es war einfach faszinierend. Das Buch gehörte zu ihrer Seele wie ihr Glaube, aber an diesem Tag würde sie eines von Beiden begraben müssen, und nach beinahe zwei Jahren Ausbildung im neuen Vatikan war ihr die Entscheidung nicht sonderlich schwer gefallen. Sie schlug sich eine warme Decke um den Körper und verließ ihr Zimmer. Der Gang war so tief in der Nacht wie leer gepflegt, aber trotzdem achteten die zarten Füße des Mädchens darauf, keine Geräusche zu verursachen. Vor einer jener Fackelschalen, welche die ganze Nacht durch brannten, machte sie Halt und sagte ein Gebet auf, bevor sie das Heft den Flammen übergab. Die Seiten verkohlten langsam, eine nach der anderen und eine Träne lief über Valencias Gesicht. Dennoch war sie glücklich, denn am nächsten Tag würde sie die Weihe des Silberblutes vollziehen und sich mit neunzehn Jahren endlich ihren großen Traum erfüllen. Valencia Locarno würde den Silberfaustrittern beitreten und im Namen Gottes ihre Waffe erheben. Die Eltern hatten dem Mädchen stets davon abgeraten, eine junge Dame sollte nicht in den Kampf ziehen, sie hätte doch Priesterin werden können, außerdem würde sie sich nur ihren zarten Körper verschandeln. Valencia lächelte. Ihre Eltern hatten Recht gehabt, denn abgesehen von den unzähligen blauen Flecken und Narben hatten ihre einst zierlichen Arme und Beine ordentlich an Muskelmasse zugelegt und sie zu einer beinahe jungenhaften Erscheinung werden lassen. Die hellbraunen langen Haare fielen allerdings noch immer lockig über ein zartes, mädchenhaftes Gesicht, welches die Zweifel an Valencias Geschlecht wohl komplett widerlegte. Sie stand noch einige Zeit so da und beobachtete den Sternenhimmel, dann dankte sie dem Herren noch einmal für seinen Segen und ging zurück auf ihr Zimmer, um sich zu Schlafe zu legen. Die Erinnerung an das verbrennende Buch verfolgte sie noch ein wenig, aber als Silberfaustritterin würde sie sich an den Geruch von brennender Literatur gewöhnen müssen. Aber es war richtig so, denn diese Erzeugnisse waren ebenso Teile der alten Technologie wie die gefährlichen Schusswaffen oder noch unerklärlichere Dinge. Valencia hoffte darauf, ihren Teil zur Läuterung dieser Welt beitragen zu können. Denn der Teufel hatte die Menschen dazu verführt, ihre Welt an den Rand des Ruins zu bringen. Die Silberritter waren der Orden, der dafür sorgen würde, dass sich so etwas nicht wiederholen konnte.


    Für den nächsten Tag war eine große Prozession geplant, denn die zwanzig Anwärter, welche in diesem Jahr dem Orden des Silberblutes beitreten würden, sollten angemessen empfangen werden. Der neue Vatikan war auf einem alten, erloschenen Vulkan erbaut worden und bediente sich daher unzähliger Treppen aus Marmor, um eine Verbindung bis in sein Innerstes, bis ins Heiligtum zu schaffen. Die neuen Paladine hatten bereits Aufstellung genommen, als Valencia den kleinen, mit Blumen und Gold geschmückten Platz erreichte. Ihre Haare waren mit einem grünen Stirnband zurückgehalten, das lange, weiße Gewand einer Priesterin war rein und sauber, auch der glänzende Brustpanzer darüber hatte nie mehr geglänzt. Das Mädchen hatte ihre beschlagenen Sandalen zusätzlich dreimal am Unterschenkel festgebunden, um einem peinlichen Fehltritt zu entgehen, und trotzdem war sie nervös. Als sie den Festplatz beinahe erreicht hatte, legte sich eine breite Hand auf ihre Schulter. Es war ein riesiger Mann von gewiss zwei Metern mit einer routinierten Miene und einer silbernen Hellebarde in der Hand. Die päpstliche Garde. Einen Moment lang stieg Panik in dem Mädchen auf, hoffentlich hatte man sie in der Nacht zuvor nicht beobachtet.
    „Valencia Locarno?“, fragte die feste Stimme des Ebenholzschrankes vor ihr.
    „Ja, genau die.“, meinte sie, so überzeugend wie möglich, „Auf dem Weg zu ihrer Weihe, ich hoffe, ihr habt einen guten Grund, mich aufzuhalten.“
    Der Gesichtsausdruck des Gardisten änderte sich nicht, als er antwortete.
    „Ich denke, ein päpstlicher Befehl ist ein Grund, der gut genug ist.“
    Das Herz des Mädchens rutschte ein Stück tiefer, und sie musste schlucken. Langsam nickte sie und folgte dem Mann. Ihre Gedanken überschlugen sich, als das ungleiche Paar sich immer weiter vom Platz der Prozession entfernte. Ein päpstlicher Befehl war eine gewaltige Ehre und würde gewiss nicht einer zu Teil werden, die als Ketzerin verdächtigt wurde. Aber wieso jetzt, am wichtigsten Tag ihres Lebens? Der Gardist führte sie durch eine Menge großer Türen und Portale, die extra für die Beiden geöffnet wurden. Sie waren tatsächlich auf dem Weg zu einer päpstlichen Audienz. Sie war froh, dass sie wegen der Prozession gut aussah, denn dem heiligen Vater sollte man nicht in dreckiger Übungskleidung entgegen treten. Dennoch wusste sie immer noch nicht um den Grund dieser Ehre. Einige Momente später befand sich Valencia im Audienzzimmer des Papstes und bekam kaum noch Luft, denn bis auf seine nächsten Angestellten hatte kaum jemand den heiligen Vater auch jemals nur gesehen. Papst Leo XV war bereits seit über einem halben Jahrhundert das Oberhaupt der Kirche und hatte die Institution immer sehr gut geleitet. Als er sein Amt antrat, war er fünfzehn Jahre alt gewesen, ein Wunderkind, zu dessen Gunsten sogar die Kirchenregeln geändert worden waren. Valencia wusste, dass der Papst bereits an die einhundert Jahre alt sein musste, und sie bereitete sich auf den Anblick vor, während sie wartete. Der Ebenholzschrank war verschwunden und sie befand sich nun alleine in dem großen Raum, dessen Wände mit rotem Samt und goldenen Ornamenten geschmückt waren. Endlich vernahm sie ein lautes Knarksen von der Hintertür des Raumes, als diese sich langsam öffnete, nur einen Spalt breit. Niemand trat hindurch, nur ein Schimmer hellen Lichts fiel durch den Schlitz.
    „Mädchen?“, erklang plötzlich eine jungenhafte Stimme aus der Tür, „Bist du da?“
    Valencia war ein wenig entrüstet darüber, Mädchen gerufen zu werden, zudem sich der Sprechende nicht zeigte. Ein wenig verwirrt bewegte sie sich auf die Tür zu.
    „Komm rein!“, rief die Stimme, „Es wird kalt hier drin.“
    Sie fasste sich ein Herz und betrat den Raum. Zweifellos, sie war in den päpstlichen Gemächern. Die samtroten Vorhänge hingen an den Wänden und an einem riesigen Himmelbett herab, zudem war hier mehr Gold auf einer Stelle versammelt, als sie je zuvor in ihrem Leben gesehen hatte. Das Zimmer war äußerst spärlich beleuchtet, nur zwei Kerzenständer am Eingang warfen Licht in die Schatten. In der Mitte stand ein kleiner Tisch, auf dem eine Obstschale stand, zudem zwei Stühle. Auf einem der goldenen Sitzplätze saß jemand, von den Schatten der Dunkelheit eingehüllt.
    „Der Wind zieht durch!“, meinte die Person mit einer grazilen Geste auf die Tür, „Und bring einen Leuchter mit!“
    Valencia bekam den Mund kaum zu und schloss die Tür hinter sich. Langsam ging sie auf den Tisch zu. Auf dem Stuhl saß ein junger Mann, höchstens zwanzig Jahre alt, der ein weiß-rotes Gewand mit einem goldenen Saum trug. Seine wirren, blonden Haaren lagen ohne Ordnung auf dem Kopf, aber die stechenden schwarzen Augen blickten tief in Valencias Seele. Es kam ihr vor, als würde sie in das Gesicht einer anderen Person sehen.
    „Wer seid ihr?“, brach es aus ihr hervor, als sie die Fassung nicht mehr halten konnte, „Und was tut ihr hier?“
    Der Mann lächelte, als sie den Kerzenständer neben dem Tisch abstellte.
    „Was glaubst du denn, wer ich bin? Der Hofnarr des heiligen Vaters? Setz dich doch bitte.“
    Valencia schwieg, aber das Lächeln des Fremden verunsicherte sie, denn es war ein Lächeln, welches ein Großvater seinem übereifrigen Enkel schenkt. Langsam ließ sie sich auf dem Stuhl nieder.
    „Im Ernst, Valencia Locarno, wer bin ich wohl, wenn ich dich hierher rufen lassen kann, in den heiligsten Teil des ganzen Vatikans?“
    „Ihr könnt nicht der Papst sein!“, argumentierte Valencia, wenn auch ihre Überzeugung Risse bekommen hatte, „Der heilige Vater Leo XV ist bereits über 90 Jahre alt!“
    „Richtig, meine gute Ritterin.“, lächelte er, „Ich sehe, dass deine Ausbildung selbst in der Mathematik lückenlos verlaufen ist. 124 Jahre, um genau zu sein.“
    Die angehende Silberritterin schickte ein Stoßgebet an den Himmel und entschloss sich, dem „jungen“ Mann zu glauben. Die Tatsache, dass er hier war, war eigentlich schon Beweis genug, auch wenn ihr Verstand dagegen ankämpfte.
    „Entschuldigt bitte meinen fehlenden Glauben, heiliger Vater, ich wollte euch nicht beschämen.“
    „Keine Sorge!“, lachte Leo, „Ich würde mir auch nicht glauben, denn selten sieht man den Segen Gottes so deutlich hervortreten, nicht wahr, mein Kind?“
    Natürlich. Sie stand nicht einem gewöhnlichen Menschen entgegen, Valencia hatte eine Audienz beim Papst, bei dem Mann, dem Gott näher stand als irgendeinem anderen. Es war eigentlich zu erwarten, dass er sich von gewöhnlichen Menschen unterschied. Innerlich ohrfeigte sich die Ritterin für ihre Dummheit.
    „Entschuldigt mein Benehmen, aber die Gnade Gottes ist für gewöhnlich nichts, das man mit den Augen wahrnehmen kann.“, meinte sie ehrlich. Wieder dieses Lächeln, ein unberechenbares Lächeln, das kaum etwas Menschliches an sich hatte. Leo bewegte seine dürre Hand langsam zu der Schale mit Obst, zog sie dann aber zweifelnd zurück und antwortete erst nach einer kurzen Pause.
    „Da hast du wohl Recht, junge Lady Locarno. Aber kommen wir zum Grund deiner Audienz. Du hast gewiss gemerkt, dass wir die einzigen hier sind, was an der Wichtigkeit deiner Aufgabe liegt. Ich habe dich aus dem Kreis der neuen Silberritter ausgewählt, weil dein Glaube, so scheint mir, der Unerschütterlichste unter den Schülern ist.“
    „Vielen Dank, eure Heiligkeit, aber ich weiß nicht, ob ich diese Ehre verdiene. Ohne eure Entscheidung in Frage stellen zu wollen, warum habt ihr nicht einen der erfahrenen Ritter ausgesucht?“
    „Nun ja.“, meinte der Papst, „Es ist eine sehr persönliche Angelegenheit, und ich möchte nicht, dass irgendjemand von diesem Treffen oder eurer Aufgabe erfährt. Alle Silberritter sind bei dem Volk beliebt und haben sich einen Namen gemacht, die Anwärter dagegen kennt noch niemand außerhalb des neuen Vatikans, auch wenn sie es natürlich verdient hätten.“
    Valencia schluckte abermals, denn Leo sprach die Wahrheit. Sie würde Teil einer wichtigen Aufgabe werden. Das Mädchen musste ihren Stolz unterdrücken, denn Stolz war eine Todsünde. Aber sie fühlte sich unglaublich gut.
    „Um was geht es?“, fragte sie mit einem dankbaren Lächeln, „Ich würde alles tun, um die Pfade Gottes für seine Schäfchen zu ebnen.“
    „Das ist sehr gut.“, antwortete der Papst zufrieden und zog ein Stück Pergament hervor.
    „Was du hier sehen wirst, ist ein Werk des Teufels.“, meinte der heilige Vater warnend, als er das seltsam glänzende Papierstück in die Mitte des Tisches legte. Dann drückte er die Fingerspitzen aufeinander und beobachtete die Reaktion des Mädchens. Zuerst erkannte Valencia gar nichts, denn das Pergament war vollkommen glatt, aber als sich ihre Augen an den Glanz gewöhnt hatten, sah sie die Umrisse einer Person. Allerdings erschien ihr das Bild kaum gemalt, die Abbildung sah aus wie… echt.
    „Was ist das…?“, fragte sie nur verwirrt und hielt das Papier gegen das Licht, um es besser erkennen zu können.
    „Alte Technologie.“, meinte der Papst mit Abscheu in der Stimme, „Es ist ein absolut perfektes Bild einer Person, mit verdammten Techniken erstellt. Aber darum geht es nicht, sondern um den Jungen auf dem Bild.“
    Valencia erkannte es nun, es war ein schwarzhaariger Junge mit fröhlichem Gesicht, etwa fünf Jahre alt, allerdings fiel ihr auch auf, dass der Teil offensichtlich nur die eine Hälfte des Bildes war, denn am linken Rand verlief eine lange Risslinie, zudem war dort etwa der halbe Körper einer hübschen Frau abgebildet.
    „Die Wege des Teufels sind verführerisch.“, meinte Valencia, als sie das Bild wieder auf dem Tisch ablegte, „Wer ist der Junge?“
    „Ein Ketzer.“, antwortete Leo schroff, „Allerdings ist das Bild schon… sehr alt, er ist heute ein erwachsener Mann.“
    Valencia nickte kurz. Es würde schwer sein, einen Erwachsenen anhand eines Kinderfotos zu erkennen, aber es war besser als nichts.
    „Er nennt sich Skye.“, fuhr der heilige Vater fort, „Und ein Meister auf dem Gebiet der alten Technologie, ein dunkler Magier. Ich möchte, dass du ihn herbringst, am besten lebendig, aber lieber tot als gar nicht. Ich kannte ihn einmal und hoffe, seine Seele nicht erst durch das Feuer läutern zu können.“
    Valencia nickte nur langsam und prägte sich den Namen ein. Skye, ein ungewöhnlicher Name und wahrscheinlich nicht sein richtiger.
    „Zu Befehl, eure Heiligkeit, ich werde den Ketzer hierher bringen, wie ihr es befiehlt.“
    „Danke, mein Kind.“, lächelte er und erhob sich, „Aber nun will ich ein wenig ruhen. Bei dem Gardisten, der dich herbrachte, liegt ein päpstlicher Erlass vor, der dir alle Türen öffnen wird. Ich hoffe, dass du auf deinen Wegen gesegnet bist, denn sie liegen mir am Herzen. Geh mit Gott, Valencia Locarno.“
    Das Mädchen verließ die Gemächer mit gemischten Gefühlen. Sie holte noch einmal das Bildnis des Kindes hervor und betrachtete es. Der Teufel war ein Meister der Verkleidung, denn dieses Kind hatte nichts Bösartiges an sich. Allerdings war es ein altes Bild, nach der Aussage des heiligen Vaters ein sehr altes Bild. Valencia atmete tief durch und sammelte ihren Glauben. Zweifel war nichts, was man benötigte, um ein Silberritter zu werden. Und Valencias Glauben war ihr Trumpf. So war es schon immer gewesen.

    Die Straßen des neuen Vatikan-Staates waren mit pilgernden Gläubigen bevölkert, als sich das Mädchen ihren Weg durch die johlende und betende Menge erkämpfte. Wer das Zeichen der Paladine auf ihrer Brust erkannte, machte der Kreuzritterin ehrfürchtig Platz, allerdings konnte man in einer solchen Menschenmenge nicht erwarten, sich vom Rest der Menschen abzusetzen. Die in dreckige Lumpen gekleideten Kinder saßen am Straßenrand und spielten mit Unrat, aber als sie Valencia erkannten, standen sie lachend auf und liefen ihr fröhlich hinterher. Das Mädchen wusste natürlich um jene Tradition und warf einige Münzen in die Menge. Die Kleinen freuten sich und suchten sich schnell ihren Weg zum nächstbesten Obsthändler oder Bäcker. Valencia war im Vatikan aufgewachsen, und doch faszinierte sie die riesige Menge an Menschen jedes Mal aufs Neue. Es gab alte Greise und jugendliche Damen, die durch die Straßen zogen. Die Männer rauchten Pfeife und säuberten die Fischernetze, hier und da sah man einen Priester in der Menge stehen und aus der Bibel lesen. Die weißen, flachen Gebäude glänzten im Licht der Sonne, aber nur der Ozean selbst vermochte Valencia ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Sie dankte der Schöpfung mit einem kurzen Gebet und betrat dann schon das Hafenviertel der übervölkerten Gottesstadt. Der Gestank des toten Fisches trat ihr in die Nase und sie erkannte auch schon die zahlreichen Fischer, welche gerade mit ihren Fängen heimkehrten, die sie im Morgengrauen hereingeholt hatten. Doch der Kai war nicht ihr Ziel, obgleich sie nicht daran zweifelte, dass sie noch einmal an diesem Tag hierhin zurückkehren würde. Die Schritte ihrer Sandalen führten das Mädchen über die knarksenden Bretter zu einer Schwingtür, die ihr nur bestens bekannt war. Der „Singende Aal“ war nicht nur die beste Lokalität, wenn es um Informationen ging, hierher waren die Anwärter auch gekommen, wenn sie Freigang gehabt hatten. Valencia hatte nicht selten einen ihrer männlichen, und gelegentlich auch eine weibliche Anwärterin zur Vernunft rufen müssen, aber sie nahm es ihnen nicht übel, denn das Leben hinter den Toren der Silberakademie war nicht mit großen weltlichen Freuden gesegnet. Das war der Preis dafür, in Gottes Dienste die Waffe erheben zu können, und Valencia hatte diesen Preis gern gezahlt. Der Raum war zu dieser Tageszeit noch beinahe leer, aber die wenigen Anwesenden erhoben sich ehrfürchtig, als die Silberfaustgeweihte die Taverne betrat, nur der Greis an der Bar grinste sie an. Die Ritterin segnete die Besucher und schritt auf die Theke zu. Der Besitzer war ein alter Mann mit zittrigen Händen, die Servierarbeit erledigte längst ein Mädchen, aber das Gehör des Alten funktionierte noch mindestens ebenso gut wie seine grauen Augen, welche Valencia von oben bis unten abtasteten.
    „Seid mir gegrüßt, Houston.“, meinte sie, seine gierigen Blicke mit einem tadelnden Gesichtsausdruck ihrerseits zügelnd, „Ich suche einen Mann. Und zwar einen bestimmten Mann, um euch den Stoff für eure dreckigen Witze zu nehmen.“
    Der Alte kicherte und blickte ihr in die Augen.
    „So ist das also, wen hat es denn diesmal getroffen, Kleines?“, fragte der Mann unverhindert. Valencia riss sich zusammen und bewahrte Haltung.
    „Einen Ketzer namens Skye, ich muss mich mit ihm unterhalten.“
    „Ha!“, rief Houston aus und stützte sich an der Theke ab, „Unterhalten willst du dich, mit einem Ketzer? Erzähl doch nicht, Mädchen, ich weiß, was ihr mit ihm machen werdet! Und ich soll ihn ans Messer liefern? Bei Gott, ich würde doch gegen das Fünfte verstoßen!“
    Dem Mädchen platzte der Kragen. Der Alte war unverschämt, denn er hatte nichts mehr zu verlieren, Valencia hatte damit gerechnet, aber gelegentlich überkam sie doch die Wut. Sie ergriff den lachenden Greis am Hemd und zog ihn zu ihr heran. Mit der anderen Hand erhob sie den mächtigen Streitkolben und drückte ihn an seine Wange.
    „Mein lieber Houston, die Gebote gelten nur für Menschen, und der, den ich suche, ist ein Ketzer! Wer einen Pakt mit dem Teufel eingeht verliert seine Seele. Und jetzt sagt mir endlich, wo der Schweinehund ist, sonst muss ich meine Wut an einem anderen Ungläubigen auslassen!“
    Der Mann zitterte, aber der fehlende Lebenswille ließ ihn noch immer grinsen.
    „Wut ist eine Todsünde, mein Mädchen!“
    Valencia ließ ihn schroff zu Boden fallen und rollte mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck das päpstliche Edikt über ihm aus.
    „Kannst du noch lesen, Houston? Wenn nicht, les ich es dir halt vor: ‚Valencia Locarno, Silberblutritterin in päpstlichem Auftrag, wird hiermit die Vollmacht erteilt, alles Notwendige zu tun, um das Ziel ihrer Mission zu erreichen.’ Es geht eigentlich noch weiter, aber dieser Teil sollte dir genügen!“
    Houston schluckte und zog sich das Hemd zu Recht.
    „Ist ja gut, Große.“, meinte er mit Blick auf das päpstliche Siegel, „Venedig. Ich hab von Seeleuten gehört, die ihn in Venedig gesehen haben. Aber jetzt lass mich in Ruhe!“
    Valencia folgte seiner Aufforderung nur zu gern und verließ mit stampfenden Schritten die Bar. Ihre Wut war auch bei der Ausbildung das größte Problem gewesen, und obwohl sie das unbeherrschte Temperament, welches sie von der Mutter geerbt hatte, inzwischen recht gut verbergen konnte, gab es ihr Gewissensbisse, die Menschen einschüchtern zu müssen. Dennoch war Houston ein elender Trottel, dem ein wenig Respekt gewiss nicht schaden konnte. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und dem päpstlichen Erlass in der Hand organisierte sie sich ein kleines Schiff am Kai, um Venedig zu erreichen.


    Venedig hatte mit der alten Stadt der Liebe nicht mehr viel gemein, allerdings war es vor 150 Jahren auch die Stadt mit den wenigsten Flutopfern gewesen. Die Umwälzung hatte der Lagunenstadt nur das näher gebracht, was sie früher oder später so oder so erwartet hätte - den Untergang. Die Menschen in Venedig waren allerdings seit vielen Jahrhunderten mehr oder weniger auf diesen Tag gefasst gewesen, und so retteten sie ihre Haut in Gondeln und Hölzern, als die große Umwälzung die Flut höher in die Straßen der Lagune trieb als je zuvor. Heute bestand die Siedlung aus einer künstlich erbauten Insel, die Boote und Bretter, die Spanplatten und verbliebenen Nägel waren verwendet worden, um ein beeindruckendes Ganzes zu formen. Valencia schluckte, denn sie hatte die Stadt aus Schiffen nie zuvor gesehen. Der Komplex, gewiss 100 Meter in Länge und Breite, bestand tatsächlich nur aus verbundenen Holzhütten, die mitten im Ozean schwammen. Unzählige Bretterbrücken bildeten die Verkehrswege, wie es die Venezianer schon seit Jahrhunderten gewohnt waren. Hier und da blickte ein zweites Stockwerk aus der Häusermenge heraus, aber größtenteils bestand die Stadt aus einstöckigen, holzbraunen Hütten ohne Türen, dafür aber mit farbenprächtigen Vorhängen. Ein bezaubernder, aber auch ein verwesender Anblick. Die Mannschaft verabschiedete sich mit übertriebener Freundlichkeit von der Silberritterin, denn die Gelder und das Edikt des Vatikans hatten ihre sonst so tristen Gesichter zum Lächeln gebracht. Das Mädchen trat auf die lockeren Bretter und schaute sich noch einmal genauer um. Es waren nur sehr wenige Menschen auf den hölzernen Brettern und die einzigen beiden Kinder, die sehen konnte, tauchten am Rand der Stadt umher. Aus einem Haus drang eine traurig singende Frauenstimme, aber auch der Gesamteindruck des einst so rauschenden Venedig war eher getrübt. Valencia wusste nicht, wo sie mit ihren Nachforschungen beginnen sollte und schob leise den Vorhang des Hauses beiseite, aus dessen Fenster die Stimme der Sängerin erklang. Die kleine Wohnung war unaufgeräumt und mit Tüchern, Decken und Brettern gespickt, wohin man nur schaute, dazwischen erkannte man hier und dort einen Schrank oder eine kleine Kommode, die wohl in der Bemühung versagt hatten, Ordnung in das Chaos zu bringen. Die singende Frau beendete ihr Lied abrupt, als die Ritterin herein trat und sich vorstellte. Die Venezianerin antwortete in einem gebrochenen Englisch, welchem man den italienischen Akzent mehr als deutlich anmerkte.
    „Ich war nicht auf euren Besuch vorbereitet, My Lady, entschuldigt die Unordnung, aber hier legt man nicht besonders viel Wert auf Beständigkeit.“
    „Das ist kein Problem.“, lächelte Valencia, um das Misstrauen der Dame zu zerstreuen, „Ich bin nur auf einer religiösen Reise an diesen Ort gekommen und eure Behausung erschien mir die Nächste, um ein wenig über diese Stadt in Erfahrung zu bringen.“
    „Nun ja, Venedig ist, was ihr sehen könnt. Eine Stadt, die langsam ausstirbt. Die Alten leben nur noch aus Stolz oder Gewohnheit hier, die jungen Leute sind fort gegangen, um ihr Glück in der Welt zu finden.“
    „Entschuldigt die Unverschämtheit, aber warum bleibt ihr noch hier?“
    Valencia betrachtete einen Spalt zwischen zwei Bodenbrettern, in dem bereits das Wasser glitzerte, die Frau dagegen schien ein wenig verwirrt über die Frage, lächelte dann aber.
    „Ach wisst ihr…“, sprach sie in beinahe flüsterndem Ton, „…es ist der gleiche Grund, der die Venezianer schon immer hier gehalten hat. Es ist einfach unsere Stadt, und wir können sie nicht einfach sterben lassen.“
    Die Ritterin nickte betrübt, auch wenn sie die Gefühle der Einwohner nicht ganz nachvollziehen konnte.
    „Irgendwann werdet ihr gehen müssen…“, gab sie betrübt zum Bedenken.
    „Gewiss.“, lächelte die Frau mit ein wenig Trauer im Gesicht, „Aber bis dahin bleiben wir hier, wie ein Kapitän das sinkenden Schiff nicht verlassen kann, werden wir mit Venedig untergehen.“
    Ein langes Schweigen legte sich in den Raum und eine ungewisse Traurigkeit überkam Valencia. Erst, als die Beiden eine lange Zeit wortlos gegenüber gestanden hatten, erhob die Sängerin wieder die Stimme zu ihrem Requiem. Die Töne ergriffen das Herz der Silberblutgeweihten diesmal stärker als das letzte Mal, eine schreckliche Trauer lag darin, aber auch eine Zufriedenheit, eine gewaltige Ruhe. Valencia erhob sich, um der Melancholie des Augenblicks zu entkommen. Venedig war eine sterbende Stadt, und für ein solches Gefühl war in ihrem Auftrag kein Platz.
    „Vielen Dank, ihr habt mir sehr geholfen.“, meinte sie noch einmal und wandte sich zum Gehen, als sich die dürre Hand der Frau auf ihre Schulter legte.
    „Noch habe ich euch gar nicht geholfen. Sagt mir, warum ihr hier seid.“


    Fortsetzung folgt...

  4. #24
    Hoffentlich hast du noch oft und an vielen Tagen Langeweile

    *Geschichten ansabber*

  5. #25
    Fetttigg!!
    @Dean: Und schonmal über die "neuen" Regeln geschaut?



    Die Kreuzritterin (Teil 2 von 2)

    Valencia bedankte sich später bei der venezianischen Sängerin und verließ das Haus. Sie wusste nun, wo sich der Mann namens Skye aufhielt, jetzt begann der interessante Teil ihres Auftrages. Die Warnung der Frau klang noch in ihren Ohren.
    „Dieser Ort ist Zuflucht für alle, die nicht gefunden werden wollen. Man findet dort den Abschaum der Menschheit versammelt, gebt gut auf euch Acht, My Lady!“
    Ihre Schritte führten die Silberblutgeweihte sicher durch den Brückenwald des neuen Venedigs. Hier und da sah man einen Alten, der faul in der Sonne lag oder eine Fischerin, die ihre Netze einholte. Obgleich es auch eine Handvoll Kinder gab, spürte Valencia nun, was die Venezianerin gemeint hatte, der Verfall und das langsame Elend lagen überall in der Luft. Dann erhob sich das beschriebene Gebäude vor ihr und ein weiteres Gefühl erfasste ihre Seele, als sie die zerstörten Planken und durchlöcherten Pforten sah. Es war Angst, denn jene Furcht sickerte durch alle Ritzen des zusammengehämmerten, zweistöckigen Gebäudes. Die Einschusslöcher und die zertrümmerten Wände waren Zeugen der Kämpfe, die an diesem Platz stattgefunden hatten, zudem meinte die Ritterin auch, hier und dort verkrustetes Blut zu erkennen. Sie verlangsamte ihre Schritte und drückte eine der Türen vorsichtig nach innen. Die Heimlichkeit war eine vollkommene Scharade, denn die Scharniere der Pforte quietschen wie eine sterbende Hyäne. Dieses Asyl war ein Schandfleck, selbst im heruntergekommenen Venedig beschmutzte es die Welt durch seine Anwesenheit, ein Exil für die Gejagten. Als Gedanken wie dieser durch Valencias Hirn flackerten, tat sie den ersten Schritt in das Gebäude und bereute es im selben Moment. Drei Waffenläufe waren auf sie gerichtet, das Mädchen roch sogar den Gestank des Schießpulvers, der in ihre Nase drang. Die Menschen, welche sie bedrohten, waren mit Narben und Wunden nur so übersät, ihre Körper muteten wie lebendige Waffen an. Die Kreuzritterin schluckte, denn eine Inquisitorin gehörte gewiss zu den letzten Dingen, welche jene Tiere nun sehen wollten.
    „Was willst du?“, spie sie ein zu kurz geratener Mann mit einer Hakennase an und drückte den Lauf seiner Winchester weiter an ihre Wange.
    „Ich muss zu Skye.“, antwortete Valencia und versuchte, so wenig wie möglich zu zittern. Der Raum war voll mit heruntergekommenen Gestalten, manchen fehlten Körperteile, andere grinsten die Silberfaustgeweihte wie ein Stück Rinderbraten an. Der Sprecher lachte und rief den Namen des Ketzers in den Raum.
    „Was ist?“, schellte eine Stimme aus einem kleinen Nebenraum, der mit einer purpurnen Decke verhangen war.
    „Ein Paladin! Sie meint, sie ‚sucht’ dich!“, lachte der Hakenmann zurück. Kurz herrschte Stille, dann erklang die raue Stimme noch einmal.
    „Lasst sie rein.“
    Die Verfolgten schienen verwirrt, aber Valencia konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie den Lauf der Schrotflinte mit ihrem Zeigefinger aus dem Gesicht drückte.
    „Ihr habt ihn gehört. Ich will nichts mit euch zu tun haben.“
    Ein allgemeines Gebrabbel erhob sich, als sich die Ritterin mit großen Schritten einen Weg zwischen den zwielichtigen Gestalten bahnte. Sie schob den Vorhang beiseite und trat in den Nebenraum.
    „Seid ihr Skye?“, befragte sie einen vermummten Mann mit schulterlangen schwarzen Haaren, der in einer Ecke hockte und an einer Wasserpfeife zog. Er war der einzige in dem Raum und als er den Kopf anhob, musste Valencia schlucken, denn sein Blick verriet Abscheu.
    „So nenne ich mich hier. Warum sollte ich dich nicht sofort umbringen?“
    „Es gibt keinen Grund für eine Auseinandersetzung.“, argumentierte Valencia und eine Schweißperle rann ihr über die Wange, „Ich habe den päpstlichen Auftrag, euch in den neuen Vatikan zu bringen, wo man euch einen fairen Prozess wegen Ketzerei machen wird, und wenn Gott euch gnädig ist und ihr seine Wege nie verraten habt, wird man euch wieder auf freuen Fuß gehen lassen.“
    Der Mann grinste, ein wissendes Lächeln, welches Valencia schaudern ließ, denn allein seine Miene war eine einzige Blasphemie. Waren seine Taten auch nur im Ansatz so ketzerisch wie seine Mimik, hatte er keine Chance, den Prozess unbeschadet zu überstehen. Skye erhob sich und das erste Mal fiel der Silberfaustritterin der gewaltige Körper auf, der gewiss sieben Fuß in die Höhe schoss, mit Schultern so breit wie ein Amboss. Er war dünn, beinahe ein wenig ausgemagert, sofern man das durch den Umhang und die Muskeln erkennen konnte.
    „Wie ist dein Name?“
    „Valencia Locarno…“, antwortete sie wie in einem Reflex und zog das Bildnis hervor, das sie vom heiligen Vater erhalten hatte. Der Junge darauf war gewiss Skye, die dunklen blauen Augen und die niedrige Stirn waren unverkennbar, allerdings lag eine Wut und eine Trauer in den Augen des Ketzers, die dem Kind noch fremd gewesen war. Plötzlich stoppte Skyes Lachen und er zerrte der Ritterin das Bild aus der Hand.
    „Wo hast du das her?“, spie er sie wütend an und wühlte dabei mit dem rechten Arm in den Tiefen des langen Mantels herum. Valencia gefiel der herrische Ton nicht, weshalb sie nur trotzig „Direkt vom heiligen Vater!“ antwortete. „Er hat mir gesagt, ich soll dich zu ihm bringen, ob tot oder lebendig!“
    Skye lachte wieder und zog seinerseits ein Stück Pergament hervor. Valencia bemerkte, dass er den rechten Arm unter dem Mantel verborgen hielt, konnte sich aber nicht vorstellen, woran es lag. Dann stockten ihre Gedanken, denn sie blickte auf ein Bild, das dem ihren ähnelte, nein, sie erkannte es sogar als den fehlenden Teil!
    „Was…?“
    Der Verhüllte lachte und hielt die beiden Bilder zusammen. Sie ergaben eine kleine Familie, neben dem Jungen auf Valencias Seite zeigt es nun auch noch eine hübsche Frau und einen Mann höheren Alters.
    „Meine Eltern.“, meinte Skye düster und übergab der Silberfaustgeweihten das zusammengesetzte Bildnis, „Man nennt diese Bilder Fotographien, alte Technologie, wie ihr es bezeichnet.“
    Die Ritterin konnte nur auf das Foto starren, als das Gemurmel im Hauptraum der Zuflucht unüberhörbar wurde. Aus irgendeinem Grund glaubte sie, den Vater der Familie schon einmal gesehen zu haben, aber ihr Gedächtnis verbat jeden weiteren Vorstoß.
    „Ich komme mit dir zum Papst.“, meinte Skye plötzlich, „Heißt, sofern wir hier noch lebend herauskommen.“
    „Aber warum…?“
    „Die Aasgeier hier warten nur auf einen Grund, mich abzustechen, und dein Erscheinen hier ist dafür nicht gerade ungeeignet.“
    „Aber warum haben sich dich bisher noch nicht getötet?“
    Skye grinste wieder und schritt auf die Tür zu.
    „Dieser Raum gebührt dem Stärksten unter ihnen.“
    Valencia schluckte, als er den Purpurumhang beiseite zog. Abermals blickten sie in die Läufe zahlreicher Waffen und in die Gesichter unzähliger blutrünstiger Schurken. Diesmal warteten sie nicht.
    Die Kugeln zischten am Körper der Silberfaustgeweihten vorbei, als sie Schutz hinter dem massigen Körper des Ketzers suchte. Sie spürte, wie einige Projektile den Mann trafen und fürchtete schon das Schlimmste, denn auf seinen Tod würde der ihre unweigerlich folgen. Valencias Kehle zog sich zu und sie verfluchte ihre eigene Unfähigkeit, als Skye seinen Umhang beiseite warf. Seine rechte Körperhälfte war mit seltsam metallisch glänzenden Fäden durchzogen und der komplette rechte Arm mutete wie ein Stück Metall an. Die Ritterin erkannte die dampfenden Stellen, an denen die Kugeln in das seltsame Konstrukt finsterer Magie eingetreten waren und realisierte im nächsten Moment, dass die rechte Oberkörperhälfte nicht nur künstlich anmutete, sie war es. Sofort erfasste die Geweihte eine stechende Angst und sie umklammerte ihren Streitkolben noch fester als zuvor. Trotz allem war es dieser Arm alter Technologie gewesen, welcher die beiden gerettet hatte. Die Schurken schienen verwirrt und einige ließen sich mit auf den Kopf gekreuzten Händen zu Boden fallen, andere begannen mit Beten, obwohl sie ihren Gott längst verflucht hatten. Skye nutzte die geschockte Situation, um das Mädchen auf seinen menschlichen Arm zu nehmen und sprintete dann durch die Menge. Der einzige Bandit, der es wagte, sich ihm entgegenzustellen, wurde von dem synthetischen Arm in der Magengrube getroffen, an eine Wand geschleudert und spuckte Blut zu Boden, ohne den Ketzer auch nur zu verlangsamen. Gerade, als die ersten Widersacher zum nächsten Schuss ausholten, brach Skye durch die morsche Tür des Gebäudes, die sich seiner finsteren Macht nicht widersetzen konnte, zu Recht, wie Valencia meinte. Sie selbst klammerte sich an dem aus Metallplatten und breiten, beinahe kettenartigen Fäden zusammengesetzten Rückgrat fest, um nicht den Halt zu verlieren. Die Projektile der wütenden Waffen schossen noch einige Sekunden hinter dem ungleichen Paar her, dann erreichten sie den Hafen. Ohne auf die Bedenken der protestierenden Silberfaustgeweihten zu achten, sprang Skye in einen kleinen Fischerkutter und zerdrückte das gewiss eine halbe Hand breite Seil, welches das Schiff am Fahren hindern sollte. Valencia fand sich mit dem Diebstahl ab, sie würde später Buße leisten. Nun ging es erst einmal darum, zu überleben, und so begab sie sich ans Steuer des Kutters und lenkte ihn weg vom Hafen. Als die ersten Verfolger den Hafen erreichten, verschwand das langsam sterbende Venedig gerade aus dem Blickfeld der Flüchtenden.


    Diese Sonne verschwand gerade im Mittelmeer und Valencia zwang sich, nicht ständig ängstliche Seitenblicke auf den Ketzer zu werfen, der sich an den Bug des Schiffes gesetzt hatte und sogar ein wenig … zufrieden anmutete.
    „Was ist?“, fragte seine raue Stimme und Valencias Herz machte einen Sprung. Der Vatikan war noch weit entfernt, außerdem konnte sie sich nach der Vorstellung im Versteck der Verfolgten beim besten Willen nicht vorstellen, warum er mit ihr gekommen war.
    „Nun ja…“, antwortete sie zögerlich und warf noch einmal einen Blick auf den halben Metallkörper, „Was zur Hölle habt ihr mit eurem Arm getan?“
    Skye grinste abermals und lehnte sich an die Holzplanken.
    „Meinst du, ich wäre einen Pakt mit dem Teufel eingegangen?“
    Valencia konnte sein Lachen nicht nachvollziehen und blickte ihm tief in die Augen.
    „Seid ihr es?“
    Skyes Lachen verstummte bei ihrem ernsten Tonfall und einen Moment lang glaubte sie, Trauer zu entdecken.
    „Ich nicht. Aber der, den ich suche.“
    „Und wen sucht ihr?“
    „Meinen Vater. Wohl der einzige Mensch hier auf der Erde, der den Namen Ketzer wirklich verdient hätte.“
    Valencia dachte kurz nach, was er meinte und zog dann die Fotographie hervor. Abermals übermannte sie ein Schauer, denn sie meinte noch immer, den erwachsenen Mann darauf schon einmal gesehen zu haben.
    „Heute dürfte er jünger sein.“, meinte Skye, ohne sie anzuschauen, „Und ich habe gehört, er soll sehr wichtig geworden sein.“
    Die Silberfaustgeweihte hatte plötzlich eine Eingebung, ohne auf die Worte des Mannes zu hören. Sie kannte den Vater tatsächlich. Allerdings sah er auf diesem Bild … tatsächlich viel älter aus. Es ergab keinen Sinn und sie verdrängte den Gedanken.
    „Hast du schon einmal von der Cloudflower gehört?“
    „Ja.“, meinte Valencia, aus ihren Gedanken gerissen, „Ein Luftschiff, das die Umwälzung überstanden haben soll. Nur ein Gerücht.“
    „Nein. Sie ist meine Heimat.“
    Skye hat sich noch immer nicht bewegt und starrte in den Himmel. Die Ritterin blickte ihm tief in die Augen, erkannte aber kein Zeichen einer Lüge.
    „Und auch die Heimat meines Vaters. Doch heute sind wir beide hier.“
    „Es gibt sie wirklich? Warum sollte ich euch glauben?“
    „Nun ja.“, lachte er, „Du hast gewiss schon das ein oder andere Stück verschollene Technologie gesehen. Aber ich bezweifle, dass irgendjemand von hier unten im Stande wäre, einen Arm zu ersetzen!“
    „Ersetzen…?“, wiederholte sie langsam das Wort, welches ihr im Bezug auf einen Arm schrecklich unpassend erschien.
    „Ja. Mein Vater hat mir meinen echten Arm genommen. Deshalb gab man mir eine Prothese, einen künstlichen Arm.“
    „So wie ein gemaltes Bild also?“
    Skye lächelte.
    „In etwa. Nur mit dem Unterschied, dass man die hässlichen Teile wunderschön gemalt hat. Wie du vielleicht gemerkt hast, ist die Kraft dieses Armes nicht mit der des menschlichen Fleisches vergleichbar.“
    „Ich sehe nichts Gutes daran, wenn der Mensch durch Kunst ersetzt wird. Das ist Blasphemie.“
    Es war nicht schwer, zu erkennen, warum man Skye einen Ketzer nannte, aber das Ersetzen eines Körperteils durch Technologie war einfach krank. Und doch fühlte sich Valencia nicht mehr ängstlich, die Furcht vor dem Fremden verschwand zunehmend, jetzt wo sie wusste, dass er ihr nichts Böses wollte.
    „Das mag sein, Kind. Aber wir haben nicht an Gott geglaubt.“
    Sie schluckte. Gott zu verschmähen war schrecklich. Aber seine Existenz anzuzweifeln?
    „Warum seid ihr dann mit mir gekommen? Ihr hättet mich problemlos überwältigen können! Im Vatikan wird man eure Ansichten nicht gerne hören.“
    Skye grinste und legte den Kopf in die Schultern.
    „Wie gesagt, ich suche meinen Vater. Und ich bin mir sicher, ihn dort zu treffen.“
    Es konnte nicht sein. Valencias Verstand zweifelte noch immer an dem, was ihr eigentlich schon längst klar geworden war.
    „Redet ihr vom heiligen Vater?“
    Skye antwortete nicht, aber die Ritterin verstand, dass ihre Theorie richtig war. Der Mann auf dem glänzenden Bildnis war tatsächlich der Papst, wenngleich er auf dem Bild beinahe 30 Jahre älter aussah. Sie verstand es - und doch wieder nicht. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass sie richtig lag. Und das Skye nicht log.
    „Also ist euer Vater … der Papst?“
    Der Ketzer stand auf und blickte in den Himmel.
    „Ja. Er ist mein Vater. Aber ein rechtmäßiger Papst ist er mit Sicherheit nicht.“
    Valencia atmete tief durch. Eine gute Silberfaustritterin hätte ihm solche Worte unterbunden. Ein guter Mensch hätte diesen künstlichen Arm, diese Blasphemie Gottes, zerstört. Ein guter Christ hätte sich nicht solche Worte über seinen Gott gefallen lassen.
    Aber Skyes ruhige, wissende Sätze ließen Valencia Locarno das erste Mal in ihrem Leben zweifeln. Die Ketzer, die sie bisher kennen gelernt hatte, waren eigentlich immer schreckliche Teufelsfanatiker oder aber Angehörige des Arcadia-Ordens gewesen. Aber niemals hatten sie ruhig über den Herrn gesprochen, zudem hatte noch niemand seine pure Existenz angezweifelt, oder aber gewiss nicht mit einer solchen Selbstsicherheit und mit scheinbar gesundem Verstand. Der Schiffkutter trieb weiter durch die Gewässer der ehemaligen Adria, die gut ein Jahrhundert früher zusammen mit dem Rest Italiens in das Mittelmeer übergegangen war. Die Sonne war längst hinter dem Horizont verschwunden, als das Schiff den Vatikan erreichte.


    Das päpstliche Edikt öffnete der Silberfaustgeweihten selbst im Vatikan alle Türen. Skye, der seinen metallenen Körper mit Leinen verhüllt hatte, trottete hintendrein und versuchte, den wenigen Akolythen und Anwärtern, die sich um diese Zeit noch in den Gängen herumtrieben, nicht aufzufallen.
    „Was werdet ihr tun?“, fragte Valencia, ohne ihm in die Augen zu schauen. Der Ketzer schwieg eine Zeit lang, dann erklang seine tiefe Stimme doch noch, wie das Einwilligen eines Erpressten.
    „Ich werde das tun, was ihr schon vor fast einem guten Jahrhundert hättet tun müssen.“
    „Wie alt seid ihr überhaupt?“, platzte es aus der Silberritterin heraus, ohne das sie auf seine Worte geachtet hatte.
    „Die alte Technologie hat uns viel ermöglicht, Mädchen. Der Tod ist das Einzige, das wir damals nicht kontrollieren konnten, wohl aber die Lebensspanne eines Menschen.“
    Valencia schluckte.
    „Das ist dunkle Magie. Man sollte das Himmelreich nicht verschmähen.“
    „Meinst du?“, lächelte der Ketzer, „Das, was man heute mit ‚Alter Technologie’ betitelt, nannten wir Wissenschaft. Und es war keine schwarze Magie, es war eher wie ein Spiel.“
    „Ein … Spiel?“
    „Ja. Und wir haben verloren, weil wir unsere gewaltigen Einnahmen mit einem einzigen Mal gesetzt haben.“
    Valencia blickte ihn an und schüttelte den Kopf.
    „Was auch immer damals passiert ist, ich habe es schon einmal gesagt, man sollte den Himmel nicht verschmähen.“
    „Hm.“, grummelte ihr Gegenüber, „Solange ich nicht weiß, ob ich in Wahrheit die Hölle verschmähe, bleibe ich doch lieber auf dieser Welt.“
    Skye wandte sich von ihr ab, und bis die großen, rot bestickten und mit Gold beschlagenen Türen der päpstlichen Gemächer vor ihnen erschienen, redeten sie kein Wort miteinander. Niemand war zugegen und Valencia kam zu dem Schluss, dass der heilige Vater die Einsamkeit wohl generell bevorzugte. Sie atmete tief durch, nickte dem Ketzer noch einmal zu und schob das große Portal weit auf. Papst Leo XV schien sich seit ihrem letzten Treffen nicht bewegt haben, denn noch immer saß er lächelnd auf dem goldenen Stuhl, ein wenig Kindlichkeit lag in seinem Gesicht. Als er Skye erkannte, verdunkelten sich seine Augen.
    „Es scheint mir, Valencia, du hast meinen Auftrag durchgeführt?“
    „Ja!“, antwortete sie mit einer festen Stimme, soweit es ihre zitternden Beine zuließen. Der Ketzer trat nach vorne und ließ den Umhang zu Boden gleiten.
    „Hallo, Vater.“, meinte er leise, aber mit einer gewissen Wut in der Stimme, wie die Ritterin bemerkte. Der scheinbar junge Papst lächelte und erhob sich von seinem Sitz.
    „Ich hatte vor einigen Jahrzehnten gehört, dass ein Magier mit einem verhexten rechten Arm aufgetaucht sei… Ich dachte mir gleich, dass du es warst.“
    Der Papst schritt auf die Beiden zu, aber als Skye eine Verteidigungshaltung einnahm, stoppte er verblüfft.
    „Mein Sohn? Was ist los, freust du dich denn gar nicht, deinen Vater zu sehen?“
    „Mein Vater…“, knurrte Skye, „Sollte nicht wie mein eigener Sohn aussehen!“
    Mit diesem Wort schnellte der Ketzer nach vorn und rammte seinem Vater die künstliche Faust in den Magen. Dieser schrie und stürzte vor seinem kleinen Tisch zu Boden.
    „Was tust du? Ich will dir nichts Böses!“, raunte er und spuckte einen kleinen Blutschwall auf den Marmorboden. Valencia konnte nur wortlos zusehen, wie sich die Blicke von Vater und Sohn duellierten. Skye starrte voller Wut auf die Gestalt herab.
    „Du hast mir meinen Arm genommen! Nur, weil du Angst vor dem Tod hattest!!“
    „Das ist … falsch!“, fiel ihm der Vater ins Wort und drückte sich an der Tischkante nach oben. „Ich wollte nur das Beste für euch!“
    Skye warf der Silberfaustritterin einen Seitenblick zu und lächelte hämisch.
    „Hör mir gut zu, Valencia, ich erzähle dir die Geschichte von dem Mann, der sein ganzes Leben der ‚schwarzen Magie’ gewidmet hat!“
    Papst Leo verzog die Mundwinkel, sagte aber nichts.
    „Es war vor vielen Jahrzehnten, da lebten ich, mein Vater und meine Mutter als zufriedene Familie auf der Cloudflower. Und es ging uns gut, bis Leonardo Valentino sich eines Tages entschloss, seinen Körper der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.“
    Valencia blickte zu der schwächlichen Gestalt des Papstes, und obwohl sie nicht alles verstand, was Skye ihr erzählte, war ihr nun unwohl in der Gegenwart des heiligen Vaters.
    „Die Wissenschaftler experimentierten jedenfalls ein wenig an ihm herum, und wir erfuhren erst später, dass er sehr wohl wusste, um was es ging. Denn unser Vater fürchtete sich nie vor irgendetwas, er war ein mutiger Mann! Das einzige, das ihm jedes Mal wieder zum zitternd brachte, war die Erwähnung des Todes. Natürlich, die Technologie war im Stande, die Lebensdauer der Zellen zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen, aber letztendlich würde doch ein jeder Mensch von dieser Welt weichen, und egal, wie man es unten auf der Erde nahm, auf der Cloudflower glaubte niemand an einen Gott.“
    Skye spie das letzte Wort förmlich aus und fuhr mit geballter Faust fort.
    „Das Experiment sollte seinem Körper eine Selbstregenerationsfähigkeit geben, kurz gesagt also die Unsterblichkeit. Doch das Experiment misslang, wie wir schmerzhaft feststellten. Sein Körper war tatsächlich im Stande, die abgestorbenen Zellen zu regenerieren, noch besser, er konnte sogar ihr Wachstum steigern und so seine körperlichen Eigenschaften um ein Vielfaches vergrößern. Allerdings hatten die Wissenschaftler nicht bedacht, dass eine jede Zellregeneration Energie benötigt, und da niemand den veränderten Zellen keine Energiequelle zur Verfügung gestellt hatte, suchten sie sich eine eigene. Die Zellen der anderen Lebewesen.“
    Eine verhängnisvolle Ruhe schlich in den Raum und eine Träne lief über Skyes Wange, ohne das sich sein Gesichtsausdruck weicher geworden wäre. Als er weiter sprach, pendelte seine Stimme zwischen Wut und Trauer.
    „Meine Mutter war die Erste, die unter dem Größenwahn leiden musste. Ich habe gesehen, wie sie neben seinem Körper und vor meinen Augen zu Staub zerfallen ist, erst die Haut, dann das Fleisch, schließlich sogar die Knochen. Ich verstand damals nicht, dass mein Vater dafür verantwortlich war und rannte zu ihm. Er stieß mich zurück, und seine bloße Berührung ließ meinen rechten Arm verdampfen. Ich verlor schreiend das Bewusstsein, und später erzählte man mir, dass er nach dem Mord an den drei verantwortlichen Wissenschaftlern aus der Cloudflower gesprungen sei. Ich hatte schreckliche Angst um meinen Vater, und erst mit der Zeit realisierte ich, dass er tot war.“
    Valencia warf einen Blick in die Augen des Papstes. Sie verkündeten eine gewisse Reue und sahen starr zu Boden.
    „Nach einigen Jahren, man hatte meinen fehlenden Arm mit einer Prothese ersetzt, erhielten wir plötzlich die Nachricht, dass auf der Erde, unter den Wolken, auf denen wir schwebten, ein Leonardo Valentino zum Papst gewählt worden war, und auch seine Beschreibung traf auf meinen Vater zu. Zuerst war ich glücklich, aber dann überkamen mich erste Gedanken. Wieso war mein Vater der Papst, wenn er doch nicht einmal mehr an Gott glaubte? Mit den Jahren verdichteten sich meine Zweifel und schließlich beschloss ich, ihn zur Rede zu...“
    Leo begann so plötzlich mit Kichern, das Valencia erschrocken einen Schritt zurück wich, auch Skye unterbrach seine Rede und starrte den Vater wütend an.
    „Du hast Recht, mein Sohn, es war eine falsche Entscheidung, mich für das Projekt zu melden. Doch ich habe meine Fehler begriffen, Skye, ich habe mich gebessert!“
    Sein Gesicht war ein wenig verzerrt und er streckte seinen Arm nach der Fruchtschale aus, die auf dem Tisch stand.
    „Die Natur ist allmächtig, Valencia Locarno!“, meinte er mit einem Blick auf die Ritterin, „Und Gott ist die Natur! Ich bin nur aus einem einzigen Grund Papst geworden, nämlich um zu verhindern, dass die Menschen sich noch einmal vernichten können…“
    Seine Stimme war wieder ruhig geworden, als er die Hand ausstreckte, um eine Banane zu ergreifen. Die Silberfaustritterin musste mit Schrecken in den Augen beobachten, wie sich die Schale nur in der Anwesenheit seiner Hand alt und faulig von der Banane rollte, um dann langsam zu verkümmern. Als der Papst die Frucht ergriff, zerfiel sie sofort zu Staub. Nun lachte Leo wieder.
    „Ihr hattet die ganze Zeit Recht, Skye, du und deine Mutter! Die Unsterblichkeit ist nichts, nach dem ein Mensch streben sollte, denn sie ist Gott vorbehalten!“
    Skye ballte die metallene Faust und knurrte seinen lachenden Vater an.
    „Aber ihr vergesst, dass ich nun der Papst bin! Ich bin Gott!“
    Skyes Faust traf das Gesicht des lachenden Vaters und ließ seinen Kopf auf den Tisch schlagen. Leo rammte daraufhin seine Hand in die Obstschale und die Früchte verwandelten sich nach und nach in Staub. Valencia atmete schnell, als sie erkannte, dass die Muskeln des heiligen Vaters leicht angeschwollen waren. Sie zog entschlossen ihren Streitkolben, denn der Posten des Ketzers hatte sich gewandelt. Bevor Skye reagieren konnte, nahm Leo einen der goldenen Kerzenständer zur Hand und hob kräftig nach den Knien seines Sohnes, wo dieser mit dem synthetischen Arm nichts ausrichten konnte. Sein Gegner sprang gerade noch rechtzeitig zurück, bevor ihn der Hieb von den Beinen holen konnte.
    „Du bist nicht Gott!“, rief Skye und stürmte ein weiteres Mal auf seinen Vater zu. Dieser duckte sich unter dem Angriff hinweg und schleuderte den wuchtigen Körper des Angreifers über seinen Rücken.
    „Oh doch!!“, lachte er, „Alles vergeht, so wie dieses Obst! Ich bin das Einzige, das ewig währen wird!“
    Valencias Knien schlotterten und auch ihr Arm bewegte sich kaum. Die Ereignisse waren zuviel für sie gewesen. Krampfhaft versuchte sie, ihre Fassung zurück zu gewinnen.
    „In diesem Moment“, rief Leo, „Sind meine Leibwächter auf dem Weg hierher. Du solltest dich beeilen, mein Sohn!“
    Skye sprang gerade wieder auf seine Beine, als zwei bullige Gestalten durch die Tür traten. Valencia sahen sie wahrscheinlich nicht als Bedrohung an, denn die lebenden Schränke passierten die Ritterin einfach, als wäre sie überhaupt nicht da. Schützend umzingelten sie den heiligen Vater.
    „Zu spät.“, raunte der Papst und legte seine Hände irre grinsend auf die Schultern der Leibgardisten.


    Die Silberfaustritterin fiel auf die Knie, als sie sah, wie das Leben aus den mit Entsetzen gezeichneten Gesichtern der beiden Wächter wich. Ihre bulligen Muskeln schienen den Dienst zu versagen, die Haut wurde alt und runzlig, nur um schließlich zu Staub zu zerfallen, der Rest der Körper tat es ihr gleich.
    „Du bist krank … Vater.“, konnte Skye noch hervorbringen, bevor Leonardo sich ein weiteres Mal veränderte. Abermals wuchsen seine Muskeln an, allerdings hatten seine unheiligen heiligen Hände diesmal nicht nur in eine Obstschale gefasst. Die Nerven wurden auf den taillenbreiten Armen sichtbar und der Körper des Papstes wuchs gut einen halben Meter. Gegen diese Aberration hatten die beiden Leibwächter wie bemitleidenswerte Strohhalme ausgesehen. Skye schnappte nach Luft und rollte sich aus einem Instinkt heraus zur Seite, als sein Vater blitzschnell auf ihn zusprang. Die Gestallt riss einen Vorhang von der Wand, und sein samtiges Rot verteilte sich wie Blut auf dem Boden der Gemächer. Valencia war noch immer nicht im Stande, sich zu bewegen, die Angst schürte ihr die Kehle zu.
    „Du kannst mich nicht töten.“, meinte Leonardo seelenruhig zu Skye, als dieser den metallenen Arm in seine Richtung schleuderte. Der Papst fing das Konstrukt mit der offenen Hand ab und grinste. „Ich bin ein Gott!“
    Der Konter verfehlte den Ketzer nur um eine Haaresbreite an der Brust, aber selbst diese Nähe ließ Skye keuchend zu Boden gehend. Mit letzter Kraft stemmte sich der Sohn auf die Beine und lächelte dem Vater ins Gesicht, was diesen sichtbar verunsicherte.
    „Du hast Recht … Vater, ich kann diesen Wahn nicht mehr … aufhalten. Genau so wenig wie du … die Menschen am Fortschritt hindern kannst. Und irgendwann werden sie erfahren, welchen Teufel sie verehrt …haben.“
    „Wir werden sehen.“, lächelte Leonardo und holte zu einem weiteren Schlag aus. Doch Skye wich sofort zurück, ergriff einen Vorhang und riss ihn von der Wand. Keuchend schleppte er sich zu Valencia und nahm ihr Gesicht in die Hände. Das Metall fühlte sich kalt an und weckte ihre Lebensgeister.
    „Ich halte ihn … auf. Heute haben wir versagt.“
    Valencia wollte widersprechen, aber der Ketzer nahm sie einfach in den Arm, drückte ihr den Vorhang in die Hand und küsste sie auf die Stirn. Dann trug er sie zu dem einzigen Fenster.
    „Gut festhalten.“
    Als der Papst wieder begann, sich zu bewegen, realisierte Valencia, was Skye vorhatte. Sie ergriff die Enden des Vorhangs gerade in dem Moment, als seine Arme sie fallen ließen. Für Protest blieb ihr keine Zeit, als sie den Nachtwind spürte, der ihr Haar zerzauste und sie mit dem roten Saum als Fallschirm auf die Klippen zu gleiten ließ. Das Schicksal spielte ihr zu, denn ihr Landeplatz war zwar nicht weich, aber doch recht sicher. Neben ihr schlugen die Wellen gegen die Felsen und viel weiter oben erkannte sie das Kerzenlicht der päpstlichen Gemächer. Dann schluckte sie, denn es tat sich etwas. Sie erkannte Skye, dessen Oberkörper sich mit dem Rücken zu ihr über das Fenster neigte, von einer gewaltigen Kraft hinübergedrückt. Der Papst hatte seine Hand fast um den Hals des Ketzers geschlungen und Valencia bildete sich ein, das Glitzern in den Augen Leonardos zu erkennen. Dann löste sich der noch menschliche Teil an Skyes Körper auf, als wäre es nur ein Gebilde aus Sand gewesen. Wie in Zeitlupe stürzte der Metallarm an der Mauer nach unten und schlug neben Valencia auf. Sie verfluchte die Angst, die sie gerade noch getrieben hatte, aber in diesem Moment verfluchte sie noch etwas anderes. Die Augen der Beiden Überlebenden trafen sich durch die Dunkelheit der Nacht, dann verschwand das hassverzerrte Gesicht Leonardos des Fünfzehnten wieder in seinem Zimmer. Valencia stand noch lange so da, der Vorhang hatte den Felsen scharlachrot wie Blut bedeckt und der einsame künstliche Arm lag in sich gekrümmt neben der Silberfaustritterin. Ihre Augen lagen noch einige Zeit auf dem Fenster, dann wendete sie entschlossen ihren Blick ab.












    *** Epilog ***


    Die Pferdekutsche des heiligen Vaters durchlief eine große Prozession durch die Straßen des Vatikans. Die Menschen winkten dem verschlossenen Gefährt zu, lachten und fielen vor Wehmut auf die Knie. Leonardo fühlte sich unwohl, so in der Menge der Menschen. Der Ort, an den sich der Zug nun begab, lag nicht mehr fern, die große, aus weißem Marmor geschlagene Säule prangte schon hinter einigen Gebäuden in den Himmel.
    „Entschuldigt, eure Heiligkeit, habt ihr schon von den ‚Himmelskriegern’ gehört, eure Heiligkeit?“
    Die Frage des nervigen Sekretärs störte den Papst. Man müsste taub sein, um nicht von ihnen gehört zu haben.
    „Durchaus, Pablo. Aber ich glaube nicht daran. Niemand wäre töricht genug, um mitten im Vatikan eine Geheimorganisation…“
    In diesem Moment erklangen entsetzte Schreie vom Zielort der Prozession und Pablo fuhr zusammen. Der Papst erhob sich und verließ die Kutsche. Die Menschen waren wie Ratten, die sich in ihre Löcher verkriechen, in die Seitenstraßen verschwunden und warteten dort unsicher auf das, was als nächstes passieren würde. Die große Hauptstraße war wie leer gefegt, nur die Überreste der Festlichkeiten und die Häuser, die den Weg markierten, ließen sie noch als solche erkenntlich werden. Leonardo verließ die Kutsche, Pablo trottete zitternd hinter den sicheren Schritten des Papstes her. Es war nicht schwer, zu erkennen, vor was sich die Menschen gefürchtet hatten, denn auf dem Platz, auf welchem die Himmelssäule stand, lagen die von Kugeln durchlöcherten Leichen einiger Silberritter. Aber das Interesse des heiligen Vaters erregte eine andere Sache. Ein rotes Tuch war um die sonst so marmorweiße Himmelssäule gebunden, und als der Papst näher kam, erkannte er auch den Gegenstand, der mit einem gewaltigen Schwert in das Bauwerk gerammt worden war, etwa in zehn Fuß Höhe über dem Boden.
    Es war ein metallener Arm. Und seine Finger zeigten direkt auf den Papst.
    „Wie … töricht.“, meinte Pablo und rückte seine Brille zurecht.
    Leonardo warf ihm einen bitterbösen Blick zu und beobachtete noch einmal die Szene. Beim näheren Betrachten erkannte er das Schwert in der Säule als die Langwaffe der Silberritter. Sie hatte den synthetischen Arm durchbohrt, und genau unter jenem Stück alter Technologie begann das rote Tuch, sich um den Marmor zu winden. Dort, wo es endete, lagen die Leichen der Silberritter.
    „Ich verstehe, Valencia Locarno.“, murmelte er für sich, ohne, dass es sonst irgendjemand hätte hören können, „Ich habe dein Blut vergossen, und jetzt willst meines. Wir werden ja sehen, wer mehr davon hat.“
    Lächelnd zog er das Schwert aus dem Arm und ließ die Prothese wie ein totes Schwein zu Boden fallen.




    Ende...

  6. #26
    Schöne Geschichte. Allerdings ist mir nicht ganz klar, woher Skyes Hass auf seinen Vater kommt. Eigentlich müsste ihm doch klar sein, dass das damals ein Unfall gewesen sein dürfte, oder? Mir fehlt da einfach ein richtiges Motiv.

  7. #27
    Hab ich nicht richtig ausgebaut. ._. Es ist die Tatsache, dass der Vater seinen Hass auf die Wissenschaft an den Menschen auslässt, indem er ihnen sozusagen die Technik verwehrt (Als Papst) und aber behauptet, es sei ein Werk des Teufels, obwohl er nicht an Gott glaubt.

  8. #28
    Yesterdays Tomorrow - Grundregeln

    So, die erste vielfach (*hust*) geteste Version des Rollenspielsystems ist fertig und kann hier runtergeladen werden.
    Über Kritik bin ich sehr dankbar, noch mehr natürlich, wenn sihc vielleihct jemand erbarmen könnte, ne Testrunde zu machen.

  9. #29
    Hab mir inzwischen mal die Regeln durchgelesen (bisher als Einziger?). Brr, jetzt spucken mir schon wieder zwei Charaktere durch den Kopf. Eigentlich recht interessant, aber irgendwie bekomm ich durch die Regel keine Recht Vorstellung vom alltäglichen Leben in der Welt (also solche Personen, an die man schon in unserer Welt keinen zweiten Gedanken verschwendet hätte). Das könntest du eventuell noch ausbauen.

  10. #30
    *Last Samurai OST anmacht*

    Alles durchgelesen und gemerkt das ich für meine Ideen noch SEHR lange brauchen werde,
    da dein System wirklich gut durchdacht ist, leicht zu verstehen ist und die Geschichten mit
    ihren verschiedenen Artefakten, Mythen und Legenden einfach verdammt spannend sind.

    Wir können auf der NATO gerne mal den ersten Testlauf starten

  11. #31
    So, Überarbeitung Nummer 3 ist im vollem Gange. Die Attributstufen werden auf 0 bis 2 runtergenommen (Sorry, Daen, wir wollns leicht halten ), es gibt nur noch die Attribute Körper, Geist und Seele. Jedes hat 5 Fertigkeiten und immer ein wählbares Spezialgebiet (Handwerk, Wissen, Kunst). Die Regeln werden in ein Quick Start Heft mit nur den grundlegensten Regeln sowie einige Zusatzsachen gepackt. Fest geplant ist bspw. "Die verbotene Schrift", mit Regel zur Erschaffung von Genmanipulierten und Androiden. Angezielter Termin ist etwa die Zeit nach den Ferien, ich meld mich dann. Das SPiel wird auch aufgeteilt, so kann man selbst nach festen Regeln einen "Wirtschaftsmodus", einen "Entdeckermodus", einen "Abenteurermodus", einen "Ermittlermodus" sowie einen bunten Mix spielen. Die Namen dafür sind aber noch nicht klar.

    Ihr könnt mir aber helfen. Es geht um eine Fertigkeit, sie ist dem Seele-Attribut zugeordnet und umfasst folgende Tätigkeiten:
    - Lügen durchschauen
    - Emotionen richtig deuten
    - Beziheungen verstehen
    - Bedürfnisse/Sorgen eines Tieres verstehen
    - Reiten
    usw

    Ich hab keine Ahnung, wie ch sie nennen soll..."Menschenkenntnis" schließt die Tiere aus, Verständnis hört sihc nciht gerade nach Lügen entdecken an, Umgang mit Lebewesen klingt wieder nach Redegewandtheitm was eine eigene Fertigkeit ist.


    Und natürlich noch eine neue Kurzgeschichte für die geplante Sammlung, diesmal in Form ienes verbreiteten Kindermärchens.




    Yesterdays Tomorrow

    *** Der brummige Fischersmann ***


    Es war einmal, vor nicht allzu langer Zeit, ein brummiger Fischersmann. Obwohl noch nicht alt, fuhr er einen jeden Tag mit tiefen Sorgenfalten im Gesicht aufs Meer hinaus, und einen jeden Tag kehrte sein kleiner Kutter mit einem vollen Netz wieder heim. Seine Frau war abends nie zu Hause und so saß der Fischersmann von Nacht zu Nacht mit seiner Pfeife auf der Veranda des kleinen Holzplankenhauses und schaute brummig auf das Meer hinaus. „Oh! Was muss ich immer das gleiche Meer sehen!“, rief er gelegentlich aus, und sein Gesicht wurde vor Wut puderrot. Die tiefen Sorgenfalten wuchsen noch weiter an. Und dann, am nächsten Morgen, fuhr er doch wieder hinaus, auf das gleiche Meer, das ihn so sehr störte. Die größte Abwechslung war das Flicken der Netze, wenn sich wieder einmal ein besonders großer Brocken durch die Stränge gefressen hatte, und die Stürme, die es nur selten an dieser Küste gab.

    Doch dann, an einem Morgen, als die Sonne noch nicht über den Horizont ragte, sah der brummige Fischersmann ein schwaches Glimmen, nicht weit weg am Strand. Er lief eine halbe Meile und traute seinen Augen nicht, denn vor ihm fand er einen menschlicher Körper. Ein junges Mädchen lag da, ihre Haut war blau und die Lippen in einem tiefen Azur angelaufen, und so glaubte der gute Fischer, sie sei tot. Mit einem ungläubig aufgerissenem Mund fiel ihm dann jedoch auf, dass sich die Brust des Kindes noch bewegte, ihr Atem ging noch beständig und ruhig! Etwas schreckte den Fischersmann jedoch ab, vielleicht waren es ihre unnatürlich meerblauen Haare, vielleicht aber auf das schwache Glimmen, das von ihrer dünnen Haut ausging. Die Fische, bemerkte er plötzlich, hatten sich am Strand versammelt, und selbst die Glühwürmchen waren dort! Dann drehte das Kind langsam seinen Kopf, und die hellblau glühenden Augen waren auf das Wasser gerichtet. Er nahm sie in die Arme, aus Angst, sie könnte vor Erschöpfung sterben, doch nichts dergleichen geschah. Zurück, Heimat, murmelte sie mit schwacher Stimme und wies mit einem Finger kraftlos auf das Meer. Der brummige Fischersmann schüttelte erst heftig den Kopf, doch dann gab er ihrem Flehen nach und setzte sie behutsam zurück ins Wasser. Einen Augenblick lang musste er nur warten, bis sich das Mädchen plötzlich wieder bewegte und zurück in das kalte Nass sprang, der Fischer sah noch, dass sie Kiemen an den Seiten hatte, wie ein Fisch! Sie lächelte ihm noch einmal zu und war schließlich für immer verschwunden.

    Am nächsten Nachmittag erfuhr die Frau des brummigen Fischers, dass der Kutter ihres Mannes auf See verunglückt war, und so organisierte sie die Beerdigung des Gatten, den sie kaum mehr betrauerte. Doch als sie schließlich seinen Körper in dem Sarg liegen sah, fielen ihr fast die Augen aus den Höhlen, denn der ehemals so brummige Fischer hatte ein zufriedenes Lächeln auf dem kalten Gesicht, und seine Wangen waren lebhaft rot. Stampfend verließ seine Gattin die Trauerfeier.

    Diese Geschichte erzählt nicht vom Tod eines Menschen, denn der Tod selbst ist nicht im Stande, ein Lächeln auf unsere Lippen zu zaubern. Wohl aber das Leben. Der brummige Fischer starb glücklich, und obgleich der Gevatter, den wir Lebenden nicht verstehen können, ihm schließlich alles nahm, war er glücklich gewesen, und dieses Glück überdauerte selbst sein jahrelanges Brummen. Was mit dem Mädchen aus dem Meer war, so hat nie jemand erfahren, wer sie war, oder wohin sie gegangen ist. Aber man erzählt sich, wer das Kind zu Auge bekommt, auf dem lastet ein schrecklicher Fluch.

    Dieses Gerücht mag stimmen. Doch alle, die an die Geschichte des brummigen Fischers glauben, hätten sie doch einmal gerne gesehen.

  12. #32
    Zitat Zitat
    Ihr könnt mir aber helfen. Es geht um eine Fertigkeit, sie ist dem Seele-Attribut zugeordnet und umfasst folgende Tätigkeiten:
    - Lügen durchschauen
    - Emotionen richtig deuten
    - Beziheungen verstehen
    - Bedürfnisse/Sorgen eines Tieres verstehen
    - Reiten
    usw

    Ich hab keine Ahnung, wie ch sie nennen soll..."Menschenkenntnis" schließt die Tiere aus, Verständnis hört sihc nciht gerade nach Lügen entdecken an, Umgang mit Lebewesen klingt wieder nach Redegewandtheitm was eine eigene Fertigkeit ist.
    Wie wärs mit "Kommunikation" oder "Verständigung"? Allerdings passt das Reiten da nicht wirklich dazu. "Umgang mit Lebewesen" klingt doch gar nicht schlecht...

  13. #33
    Das Projekt gilt als offiziell eingestampft. xD

    Die Story ist zu sehr Richtung "Engel", nur schlechter, das Spielsystem ist nicht wirklich was Besonderes. Der einzige Grund, das weiterzumachen, wär die Aufbau- und Seefahrtkomponente. Vielleicht ein guter Ansatz für ein späteres System, man wird sehen.

    Danke an alle für die Unterstützung.

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