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Er sah irgendwie verwegen aus, wie er da über die Felder streifte, über der Schulter seine Tasche. Brodi tat Schritt um Schritt in Richtung Midgar. Nicht mehr lange und er würde all dem auf die Spur gehen und herausfinden was es mit seinen Visionen oder Träumen oder was auch immer sie waren auf sich hatte. Er malte sich die unterschiedlichsten Szenarien aus, in denen dort nur irgendjemand geisteskrankes saß und sich krank vor Lachen auf dem Boden wand, als Brodi schließlich in Sektor 2 ankam. Eine andere Idee war eine reiche hübsche Frau die auf ihn wartete und mit ein wenig Geld wedelte, Brodi sah ja nun auch nicht unbedingt schlecht aus.
Er hatte ja auch überhaupt keine Ahnung was ihn in Wirklichkeit dort erwartete in diesem unterirdischen Labor in , dem schon viel zu viele Menschen ihr Leben lassen mussten, nur um die Begierden eines Hirnverbrannten zu bedienen.
Er wusste nicht, dass ein junger Mann als mordendes Monster geendet war, dass dort ein kleines Mädchen blutig geschlagen wurde, dass dort Studenten vollendeter Perversion zum Opfer fielen. Er konnte es nicht wissen. Woher?
Er war bisher nur ein abseits stehender Statist in dieser Aufführung, die die Zukunft prägen sollte. Er war hier und da aufgetreten, hatte seine zwei Zeilen gesagt und die eine oder andere schauspielerische Meisterleistung abgeliefert wenn er gelegentliche Träume und Visionen für den Zuschauer nachvollziehbar machte. Er hatte ja noch nicht einmal wirklich gehandelt, er lag ja nur in einem Bett…..
Brodi war sich immer noch nicht im Klaren darüber, was real war und was fiktiv. Der Mann aus den Slums verdiente früher sein Geld damit anderen Menschen Träumereien auszureden oder sie von ihren Wahnvorstellungen zu befreien. Und nun hatte er selber welche. Aber das war es ja nicht einmal. Die Ungewissheit, ob es nun Wahn oder Wahrheit war, das ihn schweißgebadet durch die Gegend rennen ließ. Das ihn zwang Häuser zu verbrennen.
Er trat über etwas höheres Gras, es war bereits gelb geworden und wogte langsam im Wind. Nicht mehr lange und er würde nur noch auf kaltem Stein und kahlem Sand laufen, seit jeher hatte sich Midgar einen „wunderschönen“ Gürtel aus Dürre und Kargheit zugelegt, und jedes Jahr wurde dieser breiter. Es schien als würde alles verdörren rundherum um das große hässliche, schwarze Reagenzglas in dem bereits das nächste Verbrechen an diesem Planeten angerührt werden würde. Vielleicht war Brodis Ansicht leicht paranoid, aber er wurde schon viel zu oft bestätigt in seinem Denken.
Wieso würden die Menschen in Kalm lügen und ihm erzählen, er hätte dort seit drei Tagen gelegen? Geld. Kalms Bürger waren arm. Es wäre ein leichtes gewesen sie alle zu bestechen, er würde es ihnen ja auch gar nicht übel nehmen, es war verständlich.
Er konnte also nicht viel geben auf das, was sie sagten. Aber wie sollte er denn von der Chocobo-Farm hierher gekommen sein? Es stand nicht fest, wie lange er denn wirklich geschlafen hatte, vielleicht hatten sie ihn von dort hierher geschafft. Sie hätten ihn betäuben können! Das musste es sein. Nachdem er die Farm niedergebrannt hatte, fanden sie ihn hier und um ihn…. Ja wieso überhaupt? Wieso sollten sie ihn denn in eine heile Welt setzen? Er war ein Verbrecher und hatte einen Menschen…. Brodi fiel auf die Knie und hielt sich die Hände vors Gesicht, er war ein Mörder. Er hatte einen Menschen den Flammen überlassen. Und das alles aus Gründen, die er selbst nicht erklären konnte, es hatte ihn einfach überkommen! Er war krank!
Das war er wirklich, jedem Außenstehenden wäre es sofort aufgefallen, dass dieser Mensch von den jüngsten Ereignissen hart mitgenommen worden ist. Brodi hatte sich verändert, in einer Art und Weise und mit einer Geschwindigkeit, die auf gar keinen Fall gesund war. Er gestand es sich zwar nicht ein, doch irgendwo in sich selbst wusste er es. Und selbst wenn dieser Gedanke den Weg an die Schale dieses Mannes gefunden hätte, er wäre sofort unterdrückt worden. Brodi hatte etwas um sich aufgebaut, dass aus dem einst so selbstbewussten Menschen eine armselige Gestalt voll von Paranoia, Gewissenskonflikten und einem Quäntchen Schizophrenie gemacht hatte.
Die harte Schale aber trieb ihn weiter. Mittlerweile war es nicht mehr weit, er konnte das alte große Tor schon erkennen. Es stand offen, sehr gut! Er brauchte also niemandem Rechenschaft darüber ablegen, dass er nach Midgar wollte. Normalerweise, gab es dort teils scharfe Kontrollen. Persönliche Fragen zu Familienstand, Gesundheit, Finanzen etc. waren da nichts Ungewöhnliches. Brodi hatte heute wirklich keine Lust mehr sich irgendwelche Lügen auszudenken. Er wollte heute am liebsten noch direkt in den Sektor 2 gelangen, doch er wusste selbst, dass es schon bald dunkel werden würde und er lieber noch einmal schlafen sollte.
Er ging durch den schwarzen Bogen hindurch und blickte sich kurz um. Nun war er also wieder dort angekommen, wo er nie wieder hinwollte. Es war ihm eigenartig zumute. Einerseits kam er sich unglaubwürdig und daneben vor, hatte er doch überall erzählt, dass er nicht in nächster Zeit zurückkehren wollte. Andererseits bestärkte das alles nur, wie wichtig dieser Ruf gewesen war, der ihn hier hergeführt hatte.
Er trat in ein Inn und bezahlte für die Nacht am Empfang, er stieg die Treppe hinauf und packte sein Zeug auf den Schrank neben seinem Bett. Er blickte durch die Wand die sein Zimmer vom Flur trennte. Er sah einen kahlen Kopf durch das Fenster, doch er hörte keine Schritte.
Als der Mann die Tür öffnete, war ihm alles klar. Der Mann schwebte. Er hatte eine große Brille auf und eine Jacke die viel zu lang war, sie hing über seinen Armen. Brodi wurde schummrig. Bugenhagen!

wieder da in alter frische ^^