Ergebnis 1 bis 20 von 182

Thema: Schnelle Gedichte, Ultrakurzgeschichten, Ideensammlung und Gedanken #1

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    "Bla"

    „Bla“ ist ein unglaublich guter Name für eine Datei auf dem Desktop - speziell, wenn es eine Word-Datei ist. „Bla“ ist kein Titel. „Bla“ ist eigentlich nicht mal wirklich ein Name, denn eigentlich könnte jede Datei „Bla“ heißen, und es hat in diesem Computerleben auch tatsächlich schon so einige Dutzend Dateien gegeben, die „Bla“ hießen. Natürlich könnte man sie auch einfach „ jkahfl“ oder „kjehwe“ nennen, und gelegentlich geschieht auch genau das… Aber „Bla“ ist mehr.
    Bla sagt zwar nichts aus, aber es ist ein Riss. „Bla“ ist ein gewaltiger Durchbruch unserer Seele, durch die zersplitternden Dojo-Wände unseres Unterbewusstseins, unserer Fassaden, unserer Worte, unseres wahren Charakters, unseres Fleisches und unserer routinierten Finger. Nichts von all dem bleibt über in „Bla“.
    „Bla“ könnte zu einem „Unter dem Baum“ werden, zu einem „Legenden aus Aralgaia“, zu einem „Bombig, Nase“, zu einem „Kikos Geschichte“, zu einem „AAARGH“ (oft nur zeitweise) und häufiger auch mal zu einem leeren Fleck auf dem Desktop. Die genannten Titel könnten je nach Geschichte nett sein, aber sie sind immer eben das: Titel. Nicht mehr, nicht weniger.
    „Bla“ dagegen ist das Wahre, das man will und sucht und fürchtet. Der Moment, nach dem eine Idee ihren Weg aus den Erfahrungen und Wahrnehmungen in den Geist findet, nach dem sie geordnet, beschnitten und letztendlich umbenannt wird, nach dem sie eine Gestalt kriegt, nach dem man sie benutzen kann, um es etwas zu verarbeiten oder um Geld zu verdienen.
    „Bla“ ist nicht sonderlich beliebt. Es macht Angst, es fühlt sich schwach an, pur und so leer. Jeder hasst „Bla“, und doch ist es der Moment, in dem alles zusammen kommt. „Bla“ geht vorüber, und das ist gut so. Würde eine Geschichte „Bla“ heißen, hätte sie mit „Bla“ schon nicht mehr das Geringste zu tun.

  2. #2
    Was ich wollte, liegt zerschlagen,
    Herr, ich lasse ja das Klagen,
    Und das Herz ist still.
    Nun aber gib die Kraft zu tragen,
    Was ich nicht will!
      
    hab gerade in einem Buch gelesen. find traurig und nachdenklick.

  3. #3
    Ich hab vor längerer Zeit mehrere Vierzeiler geschrieben, hier ist einer:

    Regentanz

    Hinter meinen Augenfenstern, hinter meiner Seelenschlucht,
    da tanze ich vor Freude, tanze hin und her vor Liebessucht,
    ich tanz im lauten Regen voller Spaß und voller Wonne,
    hier draußen ist die Sonne los, doch in mir scheint die Sonne.

    @Bla: extrem wahr, damit kann ich mich identifizieren.

  4. #4
    Dieser eine besondere einzige Moment:
    Blitz und Donner kommen gleichzeitig.

  5. #5
    Eines meiner Gedichte:


    Und dann

    Dreht sich ein Windrad in meinem Rücken
    Und klappert und rattert schwingt hin und her
    Der Wind reißt am Rad um es zu pflücken
    Als gelbe gestählte Blume saftleer

    Das Rad kreist im Wind mit Blütenspeichen
    Und schneidet und zerreißt dem Wind die Finger
    Zum bluten selber gelber farbenreichen
    Geschwaden in Chaos Kreis und Schimmer

    Und das Rad schlägt sich schnell immer wieder
    Entschiedener knatternd selbst gelbst voran
    Und dann in Rauschen und Brausen kniet er
    Vor der gelbigsten im Orkan und dann

  6. #6
    @ Mordechaj:


  7. #7
    רוח

    Einsam steht ein Schilfhalm.
    Umweht vom weiten Winde.
    Knickt er dessen Rinde?
    Erfüllt mit Geist sein Kinde?

    Lässt er Regen fallen?
    Ihn so empor erwachsen?
    Lässt er Flammen wallen,
    ihn schmezhaft zu umfassen?

    Schenkt er fruchtbar Erde,
    die Pflanze zu erstärken,
    dass sie kräftig werde?
    Und führt sie doch zum Sterben?

  8. #8
    Jerome, mein Lieber, ganz ehrlich: Das ist hervorragend. Ich bin wirklich beeindruckt.

    Die erste Stufe des Bildes funktioniert in der dritten Strophe leider nicht ganz, dass der Wind Erde ranträgt, ist nicht sonderlich wahrscheinlich oder bildlich zu verwirklichen. Vielleicht fällt dir dafür noch etwas anderes ein. Das Ruach-Motiv ist aber an sich total toll verwirklicht. Ist die Doppelnotation im Begriff bezogen auf das Gedicht gewollt? Hat sich dein Gottesbild so stark gewandelt?

    Gefällt jedenfalls sehr gut. Ich weiß nicht, ob du die stylistischen Abweichungen geplant hast, sie wirken ziemlich zufällig und dem tragenden Sinn geschuldet (was sehr toll ist, es kommt ja erst Inhalt und Sinn, dann die Form), jedenfalls wissen sie zu wirken; grade und beispielsweise 'erwachsen' auf 'umfassen' - das ist sicher nicht gewollt gewesen, aber der unreine Reim schafft eine sehr schöne, passende Diskrepanz.

  9. #9
    Danke sehr :-)

    Hmmm ... Die Idee war, dass der Wind über die Wolken die er herbeiträgt (-> Regen) die Erde fruchtbar macht ...
    Aber ja, ich sehe ein, dass es etwas missverständlich ist. Werde mal schauen, ob und wie mir da etwas einfällt.

    Zum übertragenen Sinn: Am Anfang stand "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen."
    (Jesaja 42,3) - Einerseits gefiel mir die darin enthaltene 'Gott-als-Schreiberling' Metapher für dieses Gedicht nicht, zweitens wollte ich bewusst fragen ob und inwiefern er das denn wirklich nicht tut.
    Während dem Schreiben kam mir dann die Idee den Ruach/HLG/das Wirken/das Immanente an Gottes Transzendenz mit rein zu bringen, - Und Wegen der Doppelbedeutung bot es sich halt an ihn als Wind/Hauch gegen das Schilfsrohr anblaßen zu lassen.
    War nur noch in folge die Frage welcher Windstärke er es aussetzt. Beantworten wollte ich diese aber, frei nach Hiob und frei nach Karl Barth, nicht.

    Die Abweichungen - nun ... hmmm ... da fiel mir jeweils nichts besseres ein, was dennoch gepasst hätte ...
    Außer die bei Schilfhalm ... der sollte ganz bewusst da alleine ohne Reim dastehen ...

    Was mein gottesbild angeht, da habe ich jetzt, sowie hier, nicht die Lust groß etwas dazu zu schreiben. Überhaupt würde ein Text dazu denke ich ... hmmm...
    evtl. schicke ich dir bei Gelegenheit dazu ein auf privat geschaltetes Video dazu ... weiß aber noch nicht ... Jetzt auf jeden Fall nicht ...

    Geändert von Jerome Denis Andre (03.06.2011 um 14:42 Uhr)

  10. #10
    Das ist okay. Ich wollte dich jetzt auch nicht zu irgendeiner Aussage drängen.

    Und nochmal: Das Ruach-Motiv in Verbindung mit der Jesaja-Textstelle: Brillant.

    Mir gefällt es jedenfalls, dass du mit der Schrift so kreativ und reflektierend umgehst. Das tut deinem Motivkosmos auf alle Fälle gut und, wenn ich mir diese Bemerkung herausnehmen darf, deiner Beziehung zum Glauben auch. Man merkt, dass du daraus etwas machen kannst, dass es sich schlüssig denken lässt.

    Wie wäre es mit
    "Schenkt er fruchtbar Erde[?]" zu "Macht fruchtbar er die Erde?"
    Das ließe sich im Bild zumindest denken. Ganz intakt wäre es durch die enorme Verkürzung immer noch nicht, aber es würde zumindest funktionieren.

    Geändert von Mordechaj (03.06.2011 um 14:50 Uhr)

  11. #11
    Ich hab mich heute ausradiert
    Von Grund auf neu erschaffen
    Radikal evolutioniert
    Vom Einzeller zum Affen

    Geändert von mhm (05.06.2011 um 21:28 Uhr)

  12. #12
    Mir ist heute angelsächsisch-bardisch zumute. Mein Englisch ist natürlich erste Sahne und völlig spitze und klasse und überhaupt nicht schlecht und unzureichend.


    There was a poem to be summoned
    for whom who wrote the Fly;
    if William Blake was a woman,
    this'd be my reply:

    If life thy thought art
    and strength and breath,
    then think for me
    and not of death;
    For I shall call thee
    my watershed,
    my eyes converted
    at the day we met.
    Be thought thy life, dearest
    then thy thought to me,
    for thoughts be thoughts
    and mine fairest thought
    thine thought shall be.

  13. #13
    So.. das Wetter und meine Stimmung hat mich heute mal wieder veranlasst zu dichten:
    [...]
    Sorry, verschoben in eigenen Thread:
    http://www.multimediaxis.de/threads/...-Silberschweif
    und noch gleich 2 weitere ältere Werke veröffentlicht:
    http://www.multimediaxis.de/threads/131845-Lyrik-Allein
    http://www.multimediaxis.de/threads/...-meines-Lebens

    Geändert von fedprod (13.06.2011 um 04:13 Uhr) Grund: Verschoben

  14. #14
    Kon

    Es tanzen Spielzeuge um
    das Feuer
    und sehen wie meine Zeit verrinnt.
    Bis in ihnen ein Funke
    das kalte Leben
    mechanisch auseinandernimmt.

  15. #15

    MGP Gast
    Kleines Gedicht von einem Schulprojekt meinerseits.

    Integration

    Geduckt saßen wir, im kleinen Keller.
    Alles um uns herum zerbrach, wie ein Porzellanteller.
    Es bombte, die kalten und blutigen Wände zitterten,
    gefolgt von glasigen Splittern,
    hörte man den Teufel auf der Welt gewittern.
    Wir liefen hinaus, denn es traf auch unser Haus.
    Weg, so weit weg.
    So weit entfernt und die eigene Heimat aufgegeben.
    Alles neu, alles so gut, alles so rein.
    Getragen im heilen Lichte hinein,
    doch letztendlich ist’s nur ein kleiner Schein.
    Leben in einer anderen Welt,
    die keiner von uns kannte und kennt.
    Vorurteile, Mobbing, Unterdrückung ein Leben lang.
    Bitte Herr! Gib uns das, was uns keiner und jedes Geld geben kann.
    Sind wir denn in ihren Augen keine Menschen?
    Ihr habt uns vergessen, langsam werden wir euch vergessen.
    Dargestellt, als kriminell, unerzogen und dumm.
    Oder Sachlich formuliert, nennt man dies Integration.

  16. #16
    U and I will never get closer than on a keyboard and even there be surrounded by the question Y and a dolefully whispered O.

    Ja, es ist ein bisschen überschnulzt und belanglos, deswegen schmeiße ich es auch einfach so raus.

    Geändert von Mordechaj (28.07.2011 um 00:55 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •