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Thema: Schnelle Gedichte, Ultrakurzgeschichten, Ideensammlung und Gedanken #1

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  1. #1
    HOCHWASSER!
    Gestern kam es zu starken Überschwemmungen im gesamten Nildelta. Der Fluss trat mehrere Meter über die Ufer und überschwemmte die Felder unzähliger Bauern. Experten bezeichnen die Überschwemmung als schlimmste ihrer Art seit mindestens einem Jahr. Ein Sprecher der ortsansässigen Bauern ließ verlauten, das Hochwasser sei etwas völlig Normales, für die Feldfrüchte geradezu nötig und er könne die Aufregung gar nicht verstehen. Führende Psychologen schließen aus solcher oder ähnlicher Aussagen eine kollektive Verwirrung, ausgelöst durch Existenzängste. Europäische Rettungskräfte und Ärzte sind bereits im Land eingetroffen um den Bauern physisch und psychisch beizustehen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

  2. #2

  3. #3

    Perhaps you've heard of me?
    stars5
    Heute im Deutschunterricht mussten wir ein Gedicht zum Thema ''Eingesperrtsein'' schreiben. Die Lehrerin hat mich dafür gelobt:

    Hamster

    Ich laufe stundenlang in meinem Laufrad.
    Habe immer das gleiche Bild vor Augen.
    Stäbe über Stäbe, eine Wand aus Stäben.
    Ich bin es Leid aber was soll ich tun?
    Ach ich lauf einfach noch etwas in meinem Rad herum...

    Was haltet ihr davon? :3

  4. #4
    Zitat Zitat von Aventor Beitrag anzeigen
    Was haltet ihr davon? :3
    Das lustige daran ist, dass man es immer und immer wiederholen könnte.
    Hört sich jedenfalls schwer nach dem Kurzgedächtnis eines Hamsters an. :3

  5. #5
    Zwar nicht kurz, dafür aber nicht sonderlich langlebig und in aller Schnelle erdacht.


    Der Segen der Demokratie

    Ein Mann durchschwamm aus Neugier einmal einen großen See. Da es ein sehr reicher Mann war, stellte das aber keine große Anstrengung dar, denn er musste nicht aus eigener Kraft schwimmen, er hatte Geräte und Leute, die das für ihn taten.
    Als er das Gewässer durchquert hatte, kam er in einem fernen Land an und stellte irgendetwas fest. Zu klären, was das jetzt im Detail war, das überlassen wir den großen Denkern oder jenen, die sich dafür halten. Jedenfalls führte die Feststellung dazu, dass der reiche Mann ein gewisses Interesse für das Gebiet entwickelte und irgendwie auch ein bisschen für die Menschen, die dort lebten. Auffällig war, dass das ferne Land ein Königreich war und damit etwas isoliert und rückständig. In der Heimat des reichen Mannes gab es schon längst die Demokratie und den freien Markt. Und weil die Menschen auch nicht so glücklich dreinblickten, schloss der Mann, dass es sie wohl kränken würde, wenn er nachfragte, was sie bedrücke. Er beschloss aber, wohl aus großer Gutherzigkeit heraus oder aufgrund dessen, was er zuvor festgestellt hatte, den Menschen zu helfen. Und das ging so:

    Weil der Mann reich war, war es ziemlich leicht, den König zu stürzen und aus seinem Palast zu jagen. Der Mann aber stellte sich noch am gleichen Tag auf den Balkon, von dem aus der König immer seine Reden gehalten hatte, und verkündete den Menschen, dass der König nun gestürzt sei und dass von nun an alles besser werden würde. "Ihr habt in Unmündigkeit gelebt und in Elend", sagte der reiche Mann, "und ich habe euch befreit. Euer Leben lang hat man euch immer gesagt, was ihr tun und lassen sollt, man hat euch nie gefragt, was ihr wollt. Ich bin der erste, der für eure Interessen einzutreten wagt."

    Ziemlich zufrieden mit sich selbst ging der Mann vom Balkon und führte die Demokratie im fernen Land ein. Da er ein reicher Mann war, ging das sehr schnell und einfach und da in seiner Heimat die Demokratie bereits praktiziert wurde, brauchte er auch nicht lange nachzugrübeln, wie sie sich durchsetzen ließe.

    Zu wundern begann er sich erst, als am nächsten Morgen Feuer überall im Land brannten und Aufstände und Protest und Gewalt aufrührten. Er war ziemlich enttäuscht darüber, dass die Menschen des fernen Landes nun kaputt machten, was er über Tage hinweg für sie aufgebaut hatte. Kulturlose Meuterer waren das. Aber der reiche Mann war fest überzeugt von seiner Idee und weil er sehr, sehr reich war, gelang es ihm mühelos, die Aufstände klein zu halten, die Brände zu löschen und die Gewalt zu kontrollieren. Aber das verschlang viele seiner Mittel und noch mehr die Mittel des fernen Landes, denn schließlich konnte er nicht alles aus eigener Tasche zahlen und schließlich waren es diese Meuterer, die für Ärger sorgten.

    Nach und nach verstummten die Proteste. Das dauerte sehr lange, aber weil der Mann sehr, sehr, sehr reich war, hatte er die Situation sehr gut im Griff. Und als die Demokratie schließlich etabliert war, gab es keine Meuterer mehr, sondern nur noch unscheinbare Bürger, mit denen der reiche Mann nicht viel anzufangen wusste. Letztendlich zog er sich zurück, machte sich auf den Weg nach Hause in seine Heimat, um dort vom fernen Land zu berichten. Er ließ alle Verantwortung der demokratisch gewählten Regierung, die das schon händeln würde.

    Die Regierung aber wusste mit der Demokratie auch nicht wirklich viel anzufangen, denn sie war sehr langsam und unhandlich und so beschloss sie Gesetze, um sie zügiger und besser zu handhaben zu machen. Und dann noch mehr. Und die nächste Regierung nutzte diese Gesetzesänderungen, um sich etwas mehr Macht zu verleihen, denn schließlich muss ja irgendwer regieren, der auch die Macht dazu hat. Über kurz oder lang fiel der Regierung aber auf, dass ohnehin niemand die Gesetze kontrollierte. Die Menschen waren viel zu sehr damit beschäftigt, mit der neuen Situation zurecht zu kommen und die Schulden, die der reiche Mann während seines Aufenthaltes verursacht hatte, abzuarbeiten. Und deshalb verschaffte sie sich noch ein bisschen mehr Macht, denn irgendwer musste die Verantwortung ja übernehmen. Und die nächste Regierung verstand das auch und wollte noch ein bisschen mehr Macht, allerdings hatten sie inzwischen Oppositionelle, die ihnen mächtig die Macht vermiesten. Also mussten sie die Opposition los werden.

    Aber wie ging das? Der reiche Mann war nicht nur reich, sondern auch schlau; er hatte Beobachter im fernen Land gelassen, die überschauen sollten, dass auch ja die Wahlen ordnungsgemäß abgehalten werden. Also konnte man gegen die Wahlen nichts machen, sie nur ein bisschen manipulieren, dass die Opposition nicht so viel Stimmen erhielt. Aber die Menschen waren inzwischen mächtig unzufrieden mit ihrer Regierung und ließen sich von den Versprechungen der Opposition überzeugen. Also mussten die Oppositionellen weg, und das ging recht einfach, weil die Regierung dazu ja genug Macht hatte.

    Als die Oppositionellen weg waren, lief alles wieder ziemlich gut. Man musste zwar hier und da die Wahlergebnisse noch etwas bearbeiten, damit auch die richtigen Leute gewählt wurden, aber alles in allem war das eine richtig demokratische Regierung. Und weil sie demokratisch legitimiert war, durfte sie auch Macht besitzen, deshalb nahm sie sich auch noch ein bisschen mehr. Und das fiel nicht wirklich auf, denn die Bürger waren ja sehr beschäftigt und die Beobachter, die vielleicht hätten hellhörig werden müssen, waren mächtig beeindruckt davon, wie die Regierung das alles händelte. Und das erzählten sie auch dem reichen Mann, der stolz gleich einige sehr nützliche Güter sandte, um die demokratische Regierung zu unterstützen und in ihrer Position zu festigen.

    Es verhielt sich nun so, dass dieses ferne Land nämlich zwischen zwei großen Seen lag, dem einen, den der reiche Mann einst durchschwommen hatte, und einem anderen von einer ähnlichen Gewaltigkeit. Über den kam eines Tages, viele Jahre nach dem reichen Mann einst, ein stattlicher Prinz geschwommen. Auch der war reich und hatte Einfluss. Und er kam an in einer Diktatur und schüttelte erst einmal den Kopf. Dann aber sah er, dass die Regierung ziemlich Probleme mit der Bevölkerung hatte und kostspielige Dinge benötigte. Und anders als der gutherzige reiche Mann roch er hier vor allem Profit und war sich nicht zu schade, das auch zu zeigen. Also schloss er viele Handelsabkommen mit dem fernen Land, bei dem wohl auch Waffen Teil der Vereinbarungen waren.

    Ich habe nun nicht mehr viel von dem Land gehört, nur dass seit einiger Zeit wohl viele Menschen durch die großen Seen schwimmen wollen und einige dabei ertrinken, ihnen das aber immer noch lieber ist, als von einer zu mächtigen Regierung unterdrückt und bedroht zu werden. Seit einer Weile spricht man in den Nachrichten auch über ethnische Säuberungen, aber ich weiß nicht so recht, was das ist, woher auch, bei uns gab es sowas ja noch nicht. Aber es wird der Demokratie schon dienlich sein.

    Geändert von Mordechaj (10.02.2011 um 03:24 Uhr)

  6. #6
    Aktualitätsrelevante Thematik, aber nicht gerade sehr subtil, muss ich sagen. Not bad though.

  7. #7
    Frühling

    Die Sonne scheint vom Himmel
    Doch die Luft, die Luft ist kalt
    Ich ging an der Sonne spazieren
    Durch Wiesen und Felder und Wald

    Als dann am späten Abend
    Die Sonne niedersank
    Gedachte ich der kalten Luft
    Und wurde krank


    @Aventor: Gute Idee für die Thematik. Die Umsetzung ist unspektakulär, aber in Ordnung. Nur die letzte Zeile passt nicht in das Schema und durchbricht die Gleichförmigkeit des Hamsterlebens, um das es hier ja schließlich geht. Hättest du vielleicht eleganter lösen können.

    @Mordechaj:
    Schreibstil wie gewohnt tadellos. Aber hättest du den Inhalt nicht ein wenig komprimieren können? Ich sehe nicht, wieso die Aussage (soweit ich es verstanden habe) solche Textlänge erfordern sollte.

  8. #8
    Danke euch beiden für das kurze Feedback. Mehr komprimieren hätte ich es nur mit Verlust dieses "Weil doch und warum und so"-Effektes können, der diesen ziemlich beschränkten Eindruck von komplexer Verkettung von Umständen zu eigentlichen Berechenbarkeit des Vorgangs auflösen will. Auch Subtilität hätte der Thematik nur Abbruch getan: Es ist ja eben eine große klatschende Rampensau, die man gern als unvorhersehbar sieht, die aber einfach nicht zu übersehen ist. Es soll ja gerade ins Gesicht springen und das von Anfang an.

    @faucon
    Der "Knick" im Metrum am Ende, um die Idylle zu brechen, funktioniert nur, wenn du das Metrum auch einigermaßen einhältst. Das passiert aber im dritten Vers nicht, bereits da brichst du die metrische Harmonie. Reparieren könntest du das sehr einfach so: "Spazieren ging ich an der Sonne"
    Ansonsten wieder ziemlich gut pointiert, gefällt.

  9. #9
    @Mordechaj:
    Dankeschön Du hast Recht. Ich habe es gleich mal in meinen Unterlagen geändert.

    Noch ein kurzes:

    Eine Tube Vaseline
    Möchte ich dir schenken
    Wenn ich in die Ferne gehe
    Sollst du an mich denken

  10. #10

  11. #11
    Wenn du sagst, dass dein einziger Wert die Wertebefreitheit ist, und du es sagst,
    als würde das Antlitz der Welt entzwei gehen, wenn das nicht so ist, dann muss
    ich lachen. Denn du stehst mitten im Knicks, den das Paradoxon in die Erdscheibe
    geschlagen hat, und meinst deshalb, für dich sei es eine Kugel.

  12. #12
    Ich hab auch wieder ein Mal ein Gedicht geschrieben... Ist aber nur recht kurz und recht cliché, und da ich sowieso keinen Thread habe, wo ich das sonst hineingeben könnte, kommt das erstmal hier her. Feedback etc. ist trotzdem erlaubt und erwünscht.

    Herbsttod

    Wisperwind und Flüsterhauch,
    hörst du die toten Blätter auch,
    wie sie raschelnd zu dir sprechen
    von des kalten Grabs Versprechen;
    wie sie tanzend nach dir greifen
    lockend deine Beine streifen
    bis du stolperst, fällst und liegend
    nun des Todes harrst, der, wiegend
    dich in seinen Blätterarmen,
    hinüberführt zur ewig warmen,
    ewig stillen Todesruh'?

    Wenn die Blätter dich bedecken,
    deinen kalten Leib verstecken,
    leise flüsternd ihn umfliegen,
    immer schwerer auf ihm liegen,
    Marmor gleich das Grab verschließen
    bis im Frühling Blumen sprießen;
    wenn sie Totenwache halten,
    rauschend Blätterhände falten
    und mit kalten Raschelstimmen
    deinen Grabgesang anstimmen,
    sag mir, Freund, wo bist dann du?

    Geändert von Aenarion (04.03.2011 um 00:24 Uhr)

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