Zitat von MagicMagor
Ein toller Thread Kelven \o/
Klischee ist ein Denkmuster
Unser Gehirn arbeitet mit Stereotypen (der Begriff kommt übrigens aus der Psyschologie), da die Einordnung neuer Personen oder Dinge in bereits bestehende Schubladen ungleich einfacher ist, als das Erstellen eines völlig neuen Bildes. Stereotypen sind daher auch ein Grund, warum Menschen so anpassungsfähig sind.
Ein Klischee funktioniert ähnlich wie ein Stereotyp. Wenn der Leser/Spieler auf bestimmte, ihm bekannte Begriffe stößt, verbindet er sie mit einer bereits bestehenden Vorstellung in seinem Kopf, dem Klischee. Zu dem Klischee-Zwerg gehört die geringe Körpergröße, der muskulöse Körperbau, der Bart, das Saufen und die Lust zum Raufen. Der Leser/Spieler findet sich in der Geschichte viel leichter zurecht, weil er schon sofort ein Bild von dem Charakter im Kopf hat, obwohl nur gesagt wurde, daß er ein Zwerg ist, ohne daß irgendwelche anderen Beschreibungen gegeben wurden.
Klischee ist ein Werkzeug
Das Klischee hilft dem Leser/Spieler sich ohne großen Aufwand in der Story zurecht zu finden. Sie dienen als Haltepunkte und Wegweiser in dem Dschungel der Handlung, der der Leser/Spieler folgen will.
Der richtige und moderate Einsatz von Klischees ist daher ungeheuer wichtig für eine gelunge Story. Der Fundus an Klischees, den uns die Literaturgeschichte und die Sagenwelten zur Verfügung stellen, dient uns dazu ein Grundgerüst der Geschichte zu entwerfen. Diese Grundgerüste oder "Master Plots" ähneln sich natürlich sehr oft.
Was sich aber immer unterscheidet (oder unterscheiden sollte), ist der Teil zwischen den Wegweisern. Wenn ich einen Charakter erstelle und ihm zu einen Zwerg mache, habe ich ein Grundgerüst. Ich füge dann Persönlichkeit, Vorlieben etc.. hinzu um den Charakter zu füllen. Dabei kann ich natürlich das Klischee etwas dehnen und den Zwerg zu einem Antialkoholiker machen, aber gerade bei der Abweichung vom Klischee darf man es nicht übertreiben. Wenn ich den Bart wegnehme und die Körpergröße erhöhe, werden mir alle Leser/Spieler vorwerfen, dies sei kein Zwerg. Und sie hätten Recht damit.
Der Füllstoff zwischen den Klischees, oder das was man auf die Klischees an Varianz und eigenen Ideen draufpackt, macht die Einzigartigkeit und Orginalität jeder Geschichte aus. Die Grundstruktur des Plots und die Klischees scheinen natürlich durch, aber eher wie ein Hintergrundrauschen.
Bei Anfängergeschichten ist es oft so, daß der Füllstoff dermaßen dünn ist, daß die Klischees das einzige sind was ins Auge fällt. Die Geschichte ist ein nackter Wald voller Wegweiser, aber ohne Bäume. Statt zu raten die Wegweiser zu kürzen, sollten wir lieber raten, mehr Bäume zu pflanzen =).
PS: Ich hoffe das war jetzt nicht zu theoretisch und jemand, der das gelesen hat, hat es auch verstanden.
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