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Deus
Klischees in Makerspielen
Es gibt wohl kaum einen Newbie, der bei seiner Spielvorstellung vom Vorwurf verschont geblieben ist, klischeehafte Charakter und Storyelemente zu benutzen und auch die meisten Charakter- und Storyguides betonen, dass alles was in Richtung Klischee geht unbedingt vermieden werden muss. In den Diskussionen über Klischees wird zwar schon gesagt, dass keine Story völlig frei von ihnen sein kann, aber trotzdem stehen diese Klischees dann meist bei der Kritik doch im Mittelpunkt.
Daraus ergibt sich für mich die Frage, ob Klischees denn wirklich automatisch schlecht sind und man sie deswegen am besten ganz vermeiden sollte. Die Antwort ist ein klares Nein und ich möchte nun mal ausführen, wieso ich so denke.
Klischees in der Weltliteratur
Seit in der Antike die Barden durch die Gegend zogen und von Heldengeschichten sangen, gibt es wohl schon Klischees. Charakter werden vereinfacht dargestellt, Konflikte auf einen leicht nachvollziehbaren Kern reduziert und bestimmte Storyelemente wie der Kampf zwischen Gut und Böse immer wiederholt. Ob das nun die alten Heldengeschichten sind, die Grimmschen Märchen oder Tolkiens Herr der Ringe; man findet überall Klischees und trotzdem sind diese Geschichten sehr beliebt und werden ohne zu zögern für ihre Qualität gelobt. Also müssen Klischees ja anscheinend doch unter bestimmten Umständen ein völlig zulässiges Stilmittel sein.
Klischees sind Vereinfachungen
Versteht man unter Klischee das Wiederkehren von altbekannten Elementen und das Benutzen von stereotypen Charaktern, lässt sich so etwas in jeder Geschichte wiederfinden, wenn man sie nur stark genug vereinfacht. So gibt es z.B. nach Ronald B. Tobias nur 20 "Master plots", mit denen sich jede Story beschreiben lässt. Ähnliches entdeckte Vladimir Propp, der russische Märchen auf ihre Formelhaftigkeit untersucht hat und dort am Ende auf 25 "basic plot events" gekommen ist, aus denen sich jedes dieser Märchen zusammenbauen lässt. Diese Formalisierung läßt logischerweise die Details ausser acht; zeigt meiner Meinung nach aber auch, dass Klischees oft genau dadurch entstehen, dass man vereinfacht. Diese Vereinfachung kann einerseits aus der Sicht des Betrachters geschehen und ist dann eine Fehlinterpretation, andererseits aber auch vom Autor der Story selber vorgenommen werden. Bei letzterem kann es dann passieren, dass die Handlung oder Charakter zu flach wirken; jedoch muss das nicht immer so sein. Woran liegt es also, dass die Vereinfachung manchmal funktioniert und manchmal so wirkt, wie wir uns im negativen Sinne Klischees vorstellen? ( rhetorische Frage ).
Klischeehafte Charakter die funktionieren
Es gibt in der Spieleszene ( und nicht nur dort )meiner Meinung nach genug Beispiele für funktionierende klischeehafte Charakter. Zwei meiner Lieblingsrpg's - Skies of Arcadia und Grandia 1 - besitzen Protagonisten, die den klassischen optimistischen und unerschütterlichen Helden darstellen. Trotzdem sind die beiden unglaublich sympathisch und wirken ( zumindest für mich ) im Rahmen der Handlung nie unglaubwürdig. Das liegt vor allem daran, dass auch die Handlung selber mit der Darstellung der Charakter harmoniert. Auch in bekannten Märchen, Filmen oder Büchern findet man Figuren, die man eigentlich als klischeehaft bezeichnen könnte, die aber trotzdem nicht störend wirken.
Ein ähnliches Beispiel - diesmal auf der Seite der Antagonisten - sind Wahnfried aus UiD und die Elras aus VD 2. Sie sind zwar eigentlich die klassischen Bösewichte, die scheinbar motivationslos Böses tun, aber passen doch perfekt in die Handlung der beiden Spiele und erhalten vielleicht gerade durch ihre vereinfachte Darstellung genau die diabolische Wirkung, die auch schon die Bösewichte in den Märchen hatten.
Daraus ergibt sich für mich, dass die Wirkung von Klischees stark davon abhängt, wie man sie einsetzt und wie die Story insgesamt aussieht.
Östliche Charakter und westliche Charakter
Die Charakter aus östlichen Spielen unterscheiden sich oft grundsätzlich von denen aus westlichen. Sie sind meist sehr stark überzeichnet, oftmals mit fast schon comichaften Zügen und sind daher mit realen Menschen kaum zu vergleichen. Das macht die Figuren aber nicht schlechter, als ihre realen Gegenstücke, da die Vereinfachung ihrer Persönlichkeit auf bestimmte Grundmuster ein zulässiges Stilmittel im Genre der östlichen Spiele, Animes, Mangas usw. ist. Gerade solche Figuren sind in dem Sinne absichtlich so vereinfacht. Anders sieht es bei westlichen Spielen aus, bei denen eine Überzeichnung der Charakter oftmals im Widerspruch zu der im Vergleich zu östlichen Spielen realitätsnäheren Welt und Handlung steht. Vielleicht fallen hier Klischees dann auch viel stärker negativ auf.
Warum stören uns dann vor allem die Stories vieler Newbies?
Ich denke, das Problem sind hierbei gar nicht mal die Klischees, sondern deren falscher Einsatz bzw. der Eindruck, dass die Story völlig konzeptlos erstellt wurde. Viele nehmen einfach Storyelemente, die ihnen besonders gefallen haben, kopieren ihre Lieblingsspiele und -figuren, verfeinern das mit ein paar Features und vermischen das alles zu einer Idee, die durch die fehlende Planung sehr unausgegoren wirkt. Wie man das nun vermeiden kann, möchte ich hier nicht weiter ausführen; das machen die Storyguides schon gut genug. Mir geht es nur darum eine Lanze für die Klischees zu brechen, die oft zu unrecht verteufelt werden und außerdem den Newbies zu sagen, dass sie ihre Ideen nicht sofort verwerfen sollten, nur weil ihnen das Benutzen von Klischees vorgehalten wird. Es liegt wie gesagt meist nicht an den Klischees selber, dass die Story so "schlecht" wirkt.
Das alles spiegelt natürlich nur meine Meinung wieder, aber ich denke es bietet schon mal eine Diskussionsgrundlage und deswegen würde ich gerne,falls ihr Lust habt, eure Meinung dazu hören.
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