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Original geschrieben von Lysandros
edit: Mich würde jetzt aber interessieren, wie man hier die Verbindung zum Anders denken sehen könnte.
Nun ja... ich denke, je höher man in unserer Gesellschaft aufsteigen möchte, desto mehr muss man sich anpassen. Zumindest auf den vorgezeichneten, normierten Wegen. Da hat man nicht so gerne Leute, die aus der Reihe tanzen, denn sie gelten als unberechenbar. Ich spüre diesen Konformierungsdruck in der Uni auch ganz beträchtlich.
Interessanterweise haben aber immer Leute etwas bewegt, die sich nicht an alle Regeln gehalten haben und sich auch mal trauten, verrückt zu sein.

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Hier sehe ich insofern ein Problem, da wir selbst das System sind; ich meine damit, wenn wir es nicht irgendwie wollen würden, gäbe es diese auch nicht, sonst hätte sich das ganze schon einmal hochgeschaukelt und wäre kollabiert, was vielleicht noch kommen wird. Es sind bis jetzt alle großen Zivilisationen untergegangen, einschließlich der Babylonier und der Römer und vielleicht steht beim nächstenmal die ganze Menschheit auf dem Spiel.
Das hört sich aber nicht sehr optimistisch an.
Der Unterschied zu den von dir genannten Zivilisationen ist folgender: Dort gab es offensichtliche Missstände. Menschen wurden versklavt, ein riesiges Reich musste verteidigt werden (zumindest bei den Römern). Unser System ist da perfider. Auch hier gibt es IMO Versklavung, doch sie ist nicht seelischer, sondern geistiger Natur. Eine Art der Kontrolle ist es auf jeden Fall. Nur ist sie viel schwerer zu erkennen und noch schwerer zu durchbrechen. Es kommt immer darauf an, wie stark du eingebunden bist. Wenn du Glück hast, merkst du es nicht mal.
Dieses Thema ist in einigen Filmen ja schon ganz schön thematisiert worden, z.B. Pleasent Ville, Matrix... Da gabs noch einen guten, in dem sich die Welt nachts veränderte. Am nächsten Morgen hatten die Menschen andere Berufe und Namen(?), auch die Häuser hatten sich verändert. Und nur ein Mann war nachts wach und konnte erkennen, was da passiert (und geriet deswegen in Gefahr). Weiß jemand, wie der hieß?
Zu dem Punkt "Wir sind das System" passt schön die Henne-Ei-Frage. Gabs zuerst das System oder die Menschen, die darin geboren wurden? Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Mensch ausbricht, der mit den im System anerkannten Wertmaßstäben und einem vorgefertigten Bild erzogen wurde, wie die Welt zu funktionieren hat? Niemand kann sich eine objektive Sichtweise aneignen. Man fühlt sich nur manchmal mies, ist down und weiß nicht, wieso. Wenn es heißt "Da muss es doch mehr geben." oder "Ich hab doch alles. Was vermisse ich nur?"
Dass sich irgendwas ändern sollte, ist diffus jedem klar. Nur was und wie? Meiner Meinung nach ist das Ergründen des menschlichen Selbst ein verdammt wichtiger Prozess, der in unserer Gesellschaft total ausgeblendet wird. Die Jungen werden in der Schule mit Wissen vollgestopft, damit sie später in der Arbeitwelt gut funktionieren, einen Job finden und Geld verdienen können. Über sich selbst nachzudenken wird ihnen aber nicht nahegelegt. Sowas wie "Selbstkunde", eine Mischung aus Psychologie und Philosophie zum Beispiel. Individualität scheint einfach nicht gefragt zu sein. Aber wer hat denn in unserer schnelllebigen Gesellschaft überhaupt noch Zeit dazu, über sich nachzudenken. Man könnte ja was verpassen. Und Selbsterkenntnis kann sehr zeitraubend und frustrierend sein. Also warum sich das antun? Ist doch viel lohnender, sich der Masse anzuschließen, Spaß an dem zu haben, an dem alle Spaß haben, sich zugehörig zu fühlen. Man ist stark als Gruppe, aber schwach als Einzelner.
Ein kleiner Lichtblick sind vielleicht die ganzen Bücher über Selbsterkenntnis, die verstärkt in den Regalen landen. Wenns das Angebot gibt, muss es auch Nachfrage geben. Hoffentlich ist es den Leuten auf Dauer nicht zu anstrengend, nach dem tieferen Sinn ihres "Dahinlebens" zu buddeln. Wenn nicht, könnte das tatsächlich ein Zeichen dafür sein, dass die Menschen mehr wollen, als bloß zu Existieren. Die einzelnen merken vielleicht was, die breite Masse ist aber träge. Dauert verdammt lange, bis sich etwas in der Gesellschaft durchsetzt (vor allem etwas, das eher auf Widerstand stößt). Wäre zwar schön, wenn ich das zu Lebzeiten noch mitkriege, aber ich glaub nicht wirklich dran...