Sorry für den Doppelpost, aber der nächste Teil ist fertig.
Bitte wieder um Kritik
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Anscheinend war hier ein und das selbe Möbelhaus am Werk, denn das Pult, welches in Mitten einer Masse Wolken stand – der ganze Ort war irgendwie voller Wolken, überall kam dieses beißende Licht her, das goldene Tor glänzte auch die ganze Zeit fröhlich vor sich und (das Tor kam mir extrem protzig vor) ein allgegenwärtiger Chorgesang trieb mich fast in den Wahnsinn! – sah exakt genau so aus, wie das Pult, hinter dem der Knetwichtel gesessen hatte. Als ich mich langsam dem Pult nährte – etwas anderes blieb mir nicht übrig, denn bis auf dieses Pult und das protzige Tor gab es hier weit und breit nichts und zurück in den Schacht mochte ich auch nicht klettern, so verlockend er auch sein mochte – rechnete ich mit einem weiteren dieser Wichtel und nahm mir vor, mal zu fragen, in welches überdimensionale Kinderzimmer er, sie, es oder wasauchimmer geraten war, dass man nun so aussah. Aber statt eines Knetwichtels blickte ein bärtiger, in einen weißen Stofffetzen gekleideter Kerl mit leuchtendem Kranz auf dem Kopf vom Pult auf mich herab. „Sei gegrüßt mein Sohn. Endlich bist du hier.“ sagte der Mann mit einer Stimme, wie aus einem schlechten Pornofilm. „Warum nennst du mich Sohn? Du bist nicht mein Alter und wenn du es wärst. hätte ich dir erst mal eine getellert, da hätte der Rauschbart aber Kirmes gehabt.“ sagte ich freundlich und bekam ein freundliches Lachen vom Bärtigen zurück, der mich ein wenig an den netten Herrn erinnerte, mit dem ich kurz vor meinem Ableben einen kleinen Disput hatte. Ob seine Oberarme auch so extrem stark bemalt waren? Vielleicht stand auf seinen Armen nicht „Mutti“ und „Tot“, sondern „Maria“ und „Himmel“. Möglich wäre alles…
„Wir sind doch alle Kinder des einen, allmächtigen Vaters oder?“ fragte der Bärtige Mann mit der Pornostimme freundlich und setzte eines dieser Lächeln auf, die man in einem der Schnellrestaurants aufsetzen musste, wenn einem ein Kunde die matschigen Pommes um die Ohren schmiss. „Was? Was laberst du für kryptischen Unsinn? Ich hab echt keine Lust auf dieses Getue.“ gab ich dem netten Herrn in der weißen Robe höflich zu verstehen. „Ich bin nach diesem Tag echt nicht in der Stimmung, mir das Gesülze eines Kerls anzuhören, der wohl grad aus der nächsten Klapse ausgebrochen ist, nicht nach diesem Tag! Willst du wissen, wie der war?“. Der Bärtige lächelte weiter sein Lächeln und war kurz davor, sich dafür ordentlich eine aufs Fressbrett bei mir abzuholen. „Ich kenne den Verlauf deiner letzten 8 Stunden sehr genau, Mike Jameson.“ sagte der Bärtige wieder mit seiner verfluchten Stimme und legte in sie noch so einen Unterton hinein, den ich lange nicht mehr gehört hatte… etwas… wie hieß das noch mal?

Mitfühlend! Genau, das war’s! Er sagte diesen Satz mit einem mitfühlendem Unterton, dass meine Aggression ihm gegenüber, auch wenn ich das nicht wollte, sich in Rauch auflöste. Dafür blieb meine Aggression gegenüber diesem verdammten Chor! „Kannst du dann wenigstens mal dieses verdammte Gekreische abstellen, wenn du schon weißt, wie mein Tag bisher war? Ich krieg dabei echt einen zuviel!“ bat ich den Bärtigen höflich und er blickte mich das erste Mal seit unserem Gespräch nicht freundlich an, sondern verdutzt. „Gekreische? Das sind die himmlischen Chöre der Engel, die ein immerwährendes Hosianna und Lob auf unseren Herrn und seinen Menschensohn singen. Das kann man nicht einfach… ’abstellen’“. Na toll… bis eben war’s im Jenseits noch gar nicht so schlecht, abgesehen von dem Lift, dem stecken gebliebenen Lift, die verbrannten Hände (die noch immer wie Sau schmerzten) und der Kletterpartie mit diesen Händen in einem muffigen Schacht. Hatte mich echt schon mit dem Gedanken an ein Leben nach dem Leben eingerichtet, aber dann musste der Bärtige mir das Ding mit der Musik beipulen. Irgendwer in dieser Gegend schien mich nicht zu mögen…
„Wie dem auch sei… der Knetwichtel da unten hat mir gesagt, ich sollte mit dem Lift hierher fahren. Hier bin ich, was nun?“ fragte ich den Bärtigen, nachdem ich meine Ernüchterung betreffend der musikalischen Dauerbeschallung runtergeschluckt und für einen anderen, passenden Augenblick in meiner Galle verstaut hatte. Der Kerl hinter dem Pult setzt wieder sein Lächeln auf – wenn ich ein Frittenverkäufer gewesen wäre, ich hatte ja schon wegen dieses Lächelns gekündigt… ich glaube sogar, ich war mal Frittenverkäufer und habe wegen dieses Lächelns gekündigt! – und begann einen gewaltigen Wälzer von Buch aufzuklappen und darin zu suchen.
Irgendwie fand ich es lustig zu sehen, wie der Typ in dem dicken Buch sich einen Wolf nach meinem Namen oder wasauchimmer zu suchen schien, obwohl im Zuge der Technologisierung langsam auch mal der Computer bis ins Jenseits vorgedrungen sein sollte. Na ja, spätestens wenn Bill Gates stirbt, würde dies geschehen und das Jenseits könnte sich mit all den Freuden des Computers und all den Leiden, verursacht von Windows© erfreuen. Ob Bill Gates dann zum reichsten Mann im Jenseits werden würde und sich mit seinem Geld erstmal das gesamte Himmelreich kaufen würde? Oder hätte er einen Platz im Kellergeschoss bei Luzifer und seinen lustigen Genossen vorreserviert und entsprechend schon Aktienanteile an der Hölle in seinem Aktienfundus drin? Vielleicht sollte ich mich mal mit den Finanzexperten hier zusammensetzen – vielleicht die Leute, die seit dem schwarzen Freitag hier sind? Die kennen sich sicherlich damit aus – und die dazu befragen…
„Ah, hier haben wir dich ja, Mike.“ frohlockte der Bärtige in einer Weise, wie sie mir in dieser Form noch nie begegnet war; ich wusste nicht, ob ich mich mit ihm freuen oder doch lieber in die Ecke kotzen sollte. Ich entschied mich für keine der beiden Optionen, sondern versuchte gespannt drein zu blicken, in Erwartung, was nun passieren würde. Aber aus einigen schlechten Filmen wusste ich, was nun passieren würde: der Bärtige würde ein wenig Blabla über mein Leben loslassen, mir meine Fehler vorhalten und mich dann endlich rein lassen. Dann hätte ich endlich meine Ruhe!

Aber irgendwie sollte alles ganz anders kommen… der Bärtige las einige Zeit in dem Buch herum und sein Gesicht wirkte dabei, hätte er nicht die Lippen beim Lesen mitbewegt, wie ich das in der Grundschule zuletzt getan hatte – Warum konnte ich bloß nicht von den Lippen lesen, verflucht noch mal? – wie eine dieser Steinköpfe in Rom oder den alten griechischen Städten, die ich immer nur im Fernsehen gesehen hatte; wie hätte ich bei einem Gehalt, von dem ich nicht mal die Kakerlaken meiner Küche ernähren konnte, mir eine Reise nach Europa leisten können?
Wie ich den Bärtigen so beobachtete, fiel mir auf, dass sich etwas an dem goldenen, protzigen Tor tat. Von der anderen Seite des Tores nährten sich weitere weiß gekleidete Kerle, es mussten so drei oder vier gewesen sein, von denen mindestens zwei so etwas wie ein Schwert trugen. Waren wahrscheinlich so ein paar Kreuzritter, die im Namen des Herrn die „Ungläubigen“ nieder geschlachtet und deren Frauen vergewaltigt hatten. Dass denen damit ein Platz hier sicher war, hätte ich mir denken können. Bestimmt hat der Kerl hinter dem Pult bei denen nicht so lange gebraucht, bis er mal den Mund aufgemacht hat. Der hat sicher nur ihre Namen gehört und sie rein gelassen; schließlich haben sie ja im Namen des Herrn gedient.
Unweigerlich stelle ich mir vor, wie ich die Taten der Kreuzritter in meinem alten Leben wiederholte: Ungläubige an jeder Ecke der Stadt abmurksen und deren Frauen… na ja, dafür hätte ich eher einen Platz in der nächsten Nervenheilanstalt oder Todeszelle sicher gehabt, anstatt einen Platz im himmlischen Teil des Jenseits. Die Zeiten haben sich seit der guten alten Tage der Kreuzzüge gewaltig geändert und in der heutigen Zeit wäre man sogar eher niedergeschossen worden, wenn man einen Ungläubigen „im Namen des Herrn“ seiner gerechten Strafe zugeführt hätte. Das Leben konnte schon hart, gemein und ungerecht sein, aber mir konnte ja nun egal sein, da ich tot war!
Die vier Herren, die sich jenseits des Tores immer weiter genährt hatten, waren nun am Tor angekommen und riefen den Bärtigen an. „Petrus! PETRUS!“. Der Bärtige reagierte nicht sofort, aber nachdem die Herren am Tor es geschafft hatten, den nervigen Chor zu übertönen, reagierte der Kerl. „Was ist? Seht ihr nicht, das ich arbeite?“. Ich verkniff mir die Frage, ob da jemand leicht gereizt war; ich befürchtete, Petrus würde dann auch mich losgehen oder mir ein nicht all zu nettes Schicksal zuschreiben und ich hatte keine Lust, den Rest der Ewigkeit kopfüber in einem Pfuhl aus brodelndem Blut zu verbringen (nein, ich habe „Die Göttliche Komödie“ nie gelesen…). Daher beobachtete ich nur die Szenerie, die sich vor meinen Augen abspielte mit dem Interesse, mit dem ich früher die Fugen zwischen losen Kacheln in meinem Bad gezählt hatte. „Petrus, ist er endlich angekommen? Wir haben echt nicht mehr viel Zeit. Die andere Seite zieht schon seine Truppen zusammen. Ihr Gesandter leistet echt verdammt gute Arbeit da unten. Immer mehr sind schon durch ihn gestorben.“ begann einer der Typen mit dem Schwert zu erzählen. Plötzlich fiel mir auf, dass der Sprecher so etwas wie Flügel am Rücken hatte. Entweder war er das glücklich geratene Ergebnis einer Liebschaft zwischen Mensch und Schwan oder er war das, was im Volksmund – jedenfalls im Volksmund jener, die an dieses Zeug glaubten, zu denen ich nun nicht gerade gehörte. Ich meine, ich war so Bibelfest wie der Paps ein Black Metal Fan war – als Engel bekannt war.
„Ich weiß, Gabriel. Die Kobolde da Unten beklagen sich jetzt schon über die Sonderschichten, die sie schieben müssen, nur weil das Kellergeschoss meint, einen lustigen Polterabend auf der Erde veranstalten zu müssen. Und das nur, weil wir ihnen unsere Aula nicht überlassen wollten.“ grummelte Petrus und schien mich vollkommen vergessen zu haben. Kein Problem. Ich bin tot, ich hab Zeit und kann warten. Eine ganze Ewigkeit, wenn’s denn sein muss! „Ja, der Chef hätte sich da ruhig diplomatischer ausdrücken können…“ pflichtete ein anderer Beflügelter Petrus bei. Gabriel schien das ganze nicht zu gefallen und wies die beiden höflich zurecht. „Nun macht mal den Kopf zu, ihr beiden! Unsere Meinung interessiert hier so viel, als wenn der da Unten einen fahren lässt. Wichtig ist nur, ob jetzt endlich unser Kandidat hier ist. Langsam wird die Zeit knapp.“.
Plötzlich schien ich wieder zum Thema zu werden, denn Petrus wandte sein bärtiges Antlitz wieder meiner Wenigkeit zu; was für eine Ehre, endlich wieder beachtet zu werden, ich hätte vor Freude nen Salto schlagen können. „Das ist euer Kandidat.“ sagte Petrus und zeigte mit dem Finger auf mich; alles schien ihm der „Heiland“ damals beigebracht zu haben, nur nicht, dass man mit nacktem Finger nicht auf andere Leute zu zeigen hat. Toller Heiland, der nicht mal seinen Anhängern die Grundregeln der Erziehung beibringen konnte…
Aber wie war das? Ich, ein Kandidat? Wofür? Ich erinnerte mich nicht daran, bei einer Jenseits-Tombola teilgenommen zu haben. Daher blickte ich Petrus unverhohlen wie ein Auto an und wartete auf Erklärung; auf die Erklärung warte ich bis Heute, denn die vier Kerle jenseits des Tores richteten allesamt ihre Blicke auf mich und starrten mich nun an, wie ich zuvor Petrus angestarrt hatte: wie ein Auto.
„Das ist er? Bist du dir sicher?“ fragte einer der Engel etwas zögerlich und ein anderer setzte hinzu: „Na ja, ich hatte mehr als dieses Würstchen erwartet, aber wie war das noch mit den Wegen des Herrn undsoweiter?“. Schon als ich am Leben war, liebte ich es, wenn in meinem Beisein über mich gesprochen wurde, als wäre ich nicht anwesend und seit meinem Tode hatte sich nicht wirklich viel daran geändert. Daher machte ich meiner Missgunst dahingehend angemessen Luft: „Pass auf, wen du hier Würstchen nennst, du Federvieh oder ich klatsch dich so, dass man aus dir nur noch ein Kissen machen kann, klar?“. Der angesprochene Engel veränderte seinen Blick – nun glotzte er wie der Esel vorm Berg –, sagte jedoch nichts. Stattdessen rief der Engel, der Gabriel genannt wurde, Petrus zu: „Mach das Tor auf und lass ihn rein. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!“: Ohne Worte tat der Kerl hinter dem Pult, wie ihm geheißen und schwebte zum Schloss des goldenen, protzigen Tors hinunter, in welches er einen ebenso goldenen und noch protzigeren Schlüssel steckte. Es machte „klack“ und das Tor schwang leicht wie eine warme Briese, die den Gestank vom Müll vor der Haustür in meine Wohnung weht, auf. Ohne die Zeit zu haben, eine Reaktion auch nur vorzubereiten, wurde ich plötzlich links und rechts von zwei Engeln am Arm gepackt, hochgehoben und mit geschliffen. Meinen Protest, der mir alles andere als unangebracht vorkam (Verdammt noch mal, lasst mich los, sonst setzt es was!), ignorierte man gekonnt; die schienen so etwas öfters zu machen. Mit einem letzten Blick auf Petrus, der irgendwie schuldig aus der weißen Robe schaute, wurde ich durch das Tor gezogen und von den Engeln kreuz und quer durch eine weiße, wolkige Landschaft geflogen – der Chor schien hier noch lauter zu sein, als beim Tor! –, bis wir schließlich wieder landeten.

Nachdem ich meine Entrüstung über dieses rüde Verhalten und die Frechheit, mir nicht zu sagen, worum es bei dem Firlefanz eigentlich ging, in Worte gefasst hatte (Was fällt euch ein, mich einfach so anzupacken, durch die Gegend zu zerren und dann wie einen Sack Kartoffeln fallen zu lassen? Ich bin zwar tot, aber das gilt nur für meinen Körper! Was mache ich hier überhaupt? ICH WILL DOCH NUR MEINE RUHE!!), blickte ich mich um, da die Engel es nicht für nötig hielten, mir die geforderten Informationen zu geben.
Irgendwie erinnerte mich der Ort, an dem ich mich befand, an die Sporthalle meiner alten Schule; nicht, weil der Platz eine gewaltige, rechteckige Fläche hatte und es irgendwie nach Sporthalle roch, nein! Er erinnerte mich deshalb an die Halle, weil dort auch immer Mädels in engen Trikots rum gelaufen sind und rhythmische Gymnastik geübt haben; zur Freude der Jungs und unseres alten Sportlehrers will ich meinen.
Als jedoch Gabriel nur seine Hand in die Luft hielt, stoppten die Frauen ihre Übungen und verschwanden so schnell, dass mir nicht einmal mehr Zeit blieb, mir die abschwirrende Meute genauer anzusehen. Ich konnte Gabriel jetzt schon nicht ausstehen…
„Also, da wir nicht viel Zeit haben, machen wir es kurz. Dein Name lautet?“ fing Gabriel an und erinnerte mich nun an den Offizier, der bei uns an der Schule die Leute für die Army rekrutieren wollte; ich wollte mich melden, aber sie meinte, dass sie Soldaten nun doch nicht so nötig hätten. „Mike Jameson. Aber was…“ sagte ich, wurde aber rüde unterbrochen. Ich habe es schon immer gehasst, wenn mir dazwischen gesprochen wurde und tot ging mir das noch mehr auf den Sender. „Gut, Mike. Du weißt sicher, warum du hier bist, oder?“ fragte Gabriel und in dem Moment, als ich zu einer Antwort ansetzen wollte (Natürlich weiß ich, warum ich hier bin. Deswegen habe ich die ganze Zeit auch gefragt, was das hier alles werden soll, du Blitzbirne!), redete der Engel schon wieder weiter. Und was er mir im Folgenden erzählte…

… will ich lieber kurz fassen, sonst sitze ich Morgen noch hier; ich habe mir schließlich nur mein Mittagessen mitgebracht und nicht noch mehr (wäre ja auch noch schöner). Gabriel – oder wie auch immer dieser Kerl, der sich in meinen Augen für etwas zu wichtig hielt – eröffnete mir, dass ICH vom Himmel ausgesucht worden war, die Erde zu retten und gegen einen Diener der Hölle anzutreten. Ziemlich irre, was? Im einen Moment noch Tellerwäscher in einer Bruchbude, die bei der nächsten Inspektion eh hätte schließen müssen und nach dem Tod „PENG!“, ist man auf einmal ein Bote des Himmels und soll die Welt retten. Im ersten Augenblick habe ich echt gedacht, der Typ hätte einen Nasenzug zu viel genommen und schiebt deswegen solche Filme, aber ich wurde eines Besseren belehrt; oh ja, das wurde ich, und wie…
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DJ n