Er musste echt ein kompletter Vollidiot sein! Der Inbegriff der Naivität! Ein Musterbeispiel für einen waschechten Ober-n00b! Wie war er nur auf diese Schnappsidee gekommen, im Alleingang in Soheils Residenz einzudringen? Seit Stunden schon lief er die leeren Gänge der kaum genutzten Kellergewölbe des Ostflügels ab und es war relativ offentsichtlich, dass er sich hoffnungslos verirrt hatte. Er hatte das große Glück, dass sich die meisten Wachen entweder gegenseitig under die Tische zechten oder damit beschäftigt waren, den südlichen Flügel nach dem entflohenen Wohanski zu durchkämmen.

Jetzt irrte er verzweifelt die dunklen Gänge ab, nach der Suche nach irgendwas, was nach einer Tür aussah. Was gäbe er darum, wieder in den heimischen Atelier-Gefilden in einem bequemen Bett zu liegen, aber davon war er sehr weit entfernt. Und selbst wenn er es tatsächlich schaffen würde einen Ausgang zu finden und sich bis zum Lager durchzuschlagen, wäre seine Lage kaum besser. Er hatte in Missachtung seiner Befehle zu warten auf eigene Faust gehandelt und sich auch noch ohne zu fragen Waren aus einem Versorgungszelt gekrallt. Teeren und federn wäre für solche Vergehen in Kriegszeiten noch das mindeste aber unter solchen Umständen würde es der Generalsstab sogar noch fertigbringen, ihn für seine gnadenlose Dummheit aus den Reihen der Maker zu verbannen, fürchtete er. Aber es war leider schon geschehen, was nicht mehr rückgängig zu machen war und daher gab es für ihn nur zwei Optionen: Siegen oder Sterben!

Endlich endete der Korridor mit einer Treppe, die in einem luxuriös hergerichteten Gang mündete, dessen große Fenster den Gang mit mattem Mondlicht fluteten. Einmal mehr verschlug es Trial dem Atem. Er hatte noch nie die Gelegenheit gehabt ein Schloss dieser Größe einmal von innen zu betrachten, da Besitzer großer Schlösser für gewöhnlich eine natürliche Abneigung gegen niederes Fussvolk innerhalb ihrer Mauern hatten. Die geisterhaften Schatten, die auf den gigantischen Zierrüstungen links und rechts von ihm stetig und in unerklärlichem Rhythmus ihre Form änderten faszinierten ihn so sehr, dass er um ein Haar die Wache übersehen hätte, die mitten auf dem Gang stand. Hastig und geschockt versteckte er sich hinter einer Rüstung und versuchte verkrampft seinen Atem zu beruhigen, was ihm nur sehr langsam gelang. Er wagte einen verstohlenen Blick aus seinem Versteck um zu sehen, was der Wächter eigentlich bewachte, schreckte jedoch sofort zurück, als er hörte, dass sich von hinten eine Reihe an Schritten rasant näherte.

"He, Schlafmütze, aufwachen und mitkommen!" fuhr der Anführer der angerückten Truppe den Wächter an, der mit einem Satz aus seinem Halbschlaf aufschreckte.
"A-A-Admiral Jones! Ich bitte vielmals um Verzeihung, Sir..."
"Keine nutzlosen Reden schwingen, über ihr Disziplinarverhalten können wir später reden, wenn wir diesen Wohan wieder eingefangen oder erledigt haben! Also angetreten!"

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren eilten die Soldaten weiter, die Wache mit gesenktem Kopf hinterher. Erst als die letzten Schritte in der Ferne verhallt waren, wagte Trial es, sein Versteck zu verlassen. Schnell erkannte er, was die Wache bewacht hatte, denn die große, prunkvoll verzierte Tür war kaum zu übersehen. Irgendwas sagte ihm, dass hinter dieser Tür jede Mange Ärger lauern könnte, wärend eine andere innere Stimme ihn davon überzeugen wollte, dass eine solche Gelegenheit nie wieder kommen würde. Unentschlossen besann er sich wieder seiner Lage und erinnerte sich daran, dass spätestens nach Sonnenaufgang seine Lebenschancen rapide sinken würden, wenn ihn eine Wache entdecken würde. Und er hatte keine Lust, sich dann Vorwürfe zu machen, weil er gestorben ist, ohne herauszufinden, was hinter dieser Tür liegen könnte.

Und so besiegte einmal mehr die Neugier die Vernunft und lies ihn mit einem unbeschreiblichen Gefühl der Taubheit die Klinke nach unten drücken...