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Eine Studie belegt, dass Männer intelligenter sind als Frauen. Wer sich peinlich berührt fühlt, bittet um Verzeihung. Zu klären wäre noch: Sind Männer auch höflicher?
Der Befund war allen etwas peinlich. Zwar berichteten die Zeitungen rund um die Welt von der wissenschaftlichen Studie, die bewies, dass Männer im Schnitt intelligenter seien als Frauen. Aber sogleich wurde betont, dass Frauen dafür ganzheitlicher dächten, bei gleichem IQ effizienter arbeiteten und überhaupt der Intelligenztest einseitig und männerorientiert sei. Auch die Verfasser der Studie übten sich in politischer Korrektheit. «Ich bin eigentlich Feminist», verkündete Paul Irwing, Psychologieprofessor in Manchester, «aber die Resultate sind eindeutig.»
Ziemlich eindeutig war auch die Sunday Times in ihrer Beurteilung der Studie. «It’s not the IQ, stupid», titelte sie. Dabei waren die Forschungsresultate nicht revolutionär. Es wurde festgestellt, dass es bei den Hochbegabten mehr Männer als Frauen gibt, ebenso jedoch bei den besonders Dummen. Männer neigen zu Extremen.
Eine ähnliche Aufregung wurde laut, als Larry Summers, Präsident der Harvard-Universität, sich fragte, warum es in Mathematik und Physik immer noch so wenig Professorinnen gebe. Vielleicht liege es unter anderem an unterschiedlichen angeborenen Fähigkeiten von Mann und Frau, antwortete er sich gleich selbst. Obwohl sich Summers mit seiner Aussage im Mainstream der Neuropsychologie bewegt, war er gezwungen, sich im Nachhinein zu entschuldigen.
Wäre bei der IQ-Studie herausgekommen, Frauen seien intelligenter als Männer, hätte sich kaum eine Zeitung bemüssigt gefühlt, die Resultate dermassen zu relativieren; und niemand hätte «Sexismus» gerufen.
In Nature erschien ein Artikel, dass X-Chromosomen mehr genetisches Material enthalten als Y-Chromosomen. Da Männer ein XY anstelle des weiblichen XX aufweisen, haben die Frauen mehr DNA als Männer. Die Kolumnistin Maureen Dowd schrieb darauf in der New York Times, die Studie beweise, dass Frauen generell komplexer seien, als sich Wissenschaftler jemals vorgestellt hätten, während Männer die simplen Geschöpfe seien, als die sie erschienen. Die Argumentation ist absurd, denn die Menge an genetischem Material hat nichts mit Differenziertheit zu tun (am meisten DNA-Material hat der Afrikanische Lungenfisch).
Aber es gab keinen Sturm der Entrüstung. Sexismus scheint es nur auf die eine Seite zu geben. Man schaue sich in einer Buchhandlung bei den Bestsellern um. «Männer und andere Katastrophen», «Trau niemals einem Mann», «Männer machen Frauen dick». Und alle finden’s witzig. Man tausche in den Titeln einmal «Mann» durch «Frau» aus: «Nur eine tote Frau ist eine gute Frau», «Was tun mit nutzlosen Frauen», «101 Gründe, ohne Frauen zu leben», «Artgerechte Frauenhaltung». Klingt nicht mehr so lustig, eher etwas degoutant, nicht?
Für einige Männer war die Meldung von ihrer «höheren Intelligenz» Balsam. «Ich bin das Männer-Bashing leid», kommentierte ein BBC-Hörer. «Es ist schön, einmal etwas anderes zu hören.»
Aber die IQ-Studie taugt schlecht zur Hebung der Männermoral. Sie besagt nur: Falls du im Dunkeln auf einen Schachgrossmeister oder einen Superdeppen triffst und nicht weisst, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt – es ist wahrscheinlich ein Mann. Aber dafür braucht man keine Studien; eine Taschenlampe tut’s auch. Falls man sich bei der eigenen Beurteilung unsicher ist, hilft die Faustregel: Hältst du dich für ein Genie, bist du eher ein Mann, hältst du dich für einen Idioten, eine Frau. Denn, auch das hält eine Studie fest: Frauen tendieren zur Selbstunterschätzung, Männer zur -überschätzung. Aber vielleicht ist das, siehe die Buchhinweise oben, inzwischen auch nicht mehr so.
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