Als Shiro erwachte, geschah dies plötzlich, als hätte man ihn mit Gewalt aus seiner Ohnmacht geholt. Und wie es nach einem so schnellen Wechsel von der Bewusstlosigkeit zum Wachen üblich war, nahm er alles um ihn herum mit klarem Verstand auf. Seine Sinne waren nicht benebelt und er fühlte sich eigentlich sogar erstaunlich gut. Seine Hand tastete nach der Tätowierung über seinem Herzen, während seine Augen etwas sahen, dass ihn vor Ehrfurcht erschauern ließ: Den titanischen Wüstenkoloss und die Fassade des Geistertempels.
Ein Bildnis, für dessen Anblick viele den Tod in der Wüste in Kauf nahmen, ein Ort, von dem in allen Nachbarländern mit Ehrfurcht und Faszination geredet wurde. Und wie um dem Anblick für Shiros Augen perfekt zu gestalten, der Leib eines Shiekah, von zahlreichen Sandspeeren durchbohrt und an die Wand festgenagelt.
Shiro sah sich nach seinem Meister um und fand ihn hinter sich stehend. Er schien weit in die Wüste hinaus zu sehen und obwohl Shiro selbst nichts erkennen konnte, umspielte Villons Lippen doch ein Lächeln, so als ob er etwas gesehen hätte, womit er zufrieden war und was seinen Erwartungen entsprach. Erst nach einem kurzen Augenblick drehte er sich zu seinem Diener um.
" Shiro, wie ich sehe bist du wieder zu dir gekommen?"
Shiro, beugte sein rechtes Knie und verbeugte sich tief. " Das bin ich. Habt Dank Meister, dass ihr die Verbindung unterbrochen habt. Tiran hätte mich fast umgebracht."
Villon sah schmunzelnd zu der Leiche des Shiekah Tiran hinüber. " Ja, das hätte er. Ich dulde es nicht, dass ein Shiekah meinen Diener umzubringen versucht. Du bist auf deine Art ziemlich nützlich, das muss man dir lassen. Und ich muss sagen, dass ich auch sehr gespannt war, wie sich dieser Shiekah gegen mich wehren würde. Wie enttäuscht ich doch war. Ich hätte mehr von ihm erwartet, als er mir bot."
" Ihr seid einfach zu mächtig, als dass man euch einfach so zusetzen könnte, Meister. Tiran konnte nichts gegen euch ausrichten, er konnte ja nicht einmal etwas gegen mich ausrichten, als ich von eurer Macht erfüllt war." Für den Bruchteil einer Sekunden zog ein Schatten über Shiros Gesicht, als er von jener unglaublichen Macht sprach, die ihm wieder genommen worden war. Doch so schnell der Augenblick kam, so schnell war er wieder vergangen und es keimte kein Groll gegen seinen Meister auf, wie Villon bemerkte. Shiro sah nachdenklich auf die Leiche des Mannes, der die letzten königsgetreuen Shiekah angeführt hatte. " Das ist nun endgültig der Untergang der Shiekah, wie er kommen musste. Tiran war der letzte Mächtige, ein Schatten vergangenen Glanzes und nun ist er tot. Und mit ihm sind die Shiekah gestorben." Villon begab sich in Richtung des Einganges des Geistertempels.
" Ja, das sind sie. Die Shiekah sind nun endgültig untergegangen. Macht dich das nicht zornig?", fragte er Shiro. Dieser schüttelte den Kopf. " Nein, ich habe bereits erkannt, dass die glorreiche Rasse der Shiekah schon lange tot ist. Was heute noch auf dieser Welt wandelt ist weniger als die Schatten die zu kontrollieren mein Volk sich immer rühmte. Ich ziehe es vor als einer dieser Schatten in euren Diensten wieder zu Ruhm und zu Macht zu gelangen. Ihr habt mir die Glorie eurer Zukunft gezeigt und für die Verwirklichung dieser Vision werde ich alles geben, was ich habe." Villon schien nicht von der Inbrunst in Shiros Worten überrascht zu sein und schwieg. Als sie die Stufen zum Eingang erklommen blieb Shiro noch einen Moment stehen.
" Du hast versagt Tiran, du hast jämmerlich versagt. Du bist in den Abgrund gestürtzt, vor dem du unser Volk immer schützen wolltest und hast es nicht einmal vollbracht mich zu töten. Ich gebe zu, du hast mich überrascht mit diesem unerwarteten Schachzug, dieser magischen Verbindung in meiner Tätowierung. Wer hätte gedacht, dass die Shiekah schon so weit gesunken sind und ihr eigenes Volk mit magischen Tätowierungen hintergehen und überwachen. Ihr hättet mich damals töten sollen, damals als mein Attentat auf den König gescheitert ist. Ihr hättet mich töten sollen, wie ihr meine Schwester in den Tod geschickt habt."
Ein Funke Interesse glomm in Villon dunklen Augen auf und er forderte seinen Diener wortlos auf weiterzureden. " Das war der Grund, wieso ich nach Stärke trachtete und meine Vorfahren verehrte: Der Tod meiner Schwester. Die Shiekah des Königs sind immer im Einsatz und müssen sich oft auf auf schwierige Missionen begeben, doch teilen die Führer unseres Volkes ihnen diese je nach ihren Fähigkeiten zu. Wenn ihre Schüler dabei umkamen, dann war es auch deren Schuld. Bei meiner Schwester war es anders. Sie war für eine Shiekah nicht besonders begabt, eher mittelmäßig. ich war immer derjenige der stark sein musste, für uns beide. Sie wurde auf eine Mission geschickt, die viel zu schwer für sie war. Dabei kam sie ums Leben.
Von da an hasste ich die Shiekah, von denen ich umgeben war und am allermeisten hasste ich den König, für den wir uns so erniedrigten. ich beschloss Rache für meine Schwester zu nehmen und wollte diesen jämmerlichen Menschen töten. Doch leider wra er zu gut von den übrigen Shiekah bewacht und ich scheiterte. Bevor man mich bestrafen konnte floh ich aus Hyrule und verbrachte lange Zeit In termina. Ich fing an alle niederen Lebewesen zu verachten und hasste aber auch mein eigenes Volk. Nur meiner Vorfahren, die Shiekah von einst, gedachte ich mit Respekt. Sie hätten es niemals zu so etwas kommen lassen. Noch immer ist dieser hass in mir, ich spüre es ganz deutlich, doch meine rache hat ihre Bedeutung verloren. Die Shiekah haben verloren und ich bin noch am Leben und diene einem höheren Ziel, dem höchsten seit der Erschaffung der Welt."
Und mit dieser schlichten Zusammenfassung verschloss Shiro seine Vergangenheit. Einen letzten an Gedanken an seine tote Schwester war alles was er sich noch gönnte und dann verschloss er seine gedanken und konzentrierte sich auf die Gegenwart. Er sollte fortan kein Shiekah und kein hasserfüllter Bruder mehr sein. Die einzige Aufgabe, die er jetzt noch hatte, war Villon zu dienen.
"Meister, was genau tun wir hier? Ich erinnere mich, dass ich bei eurer Aura bei unserer ersten Begegnung gespürt hatte, dass ihr aus der Wüste kommt. Wart ihr nicht schon in diesem Tempel?"
" Ich lebte hier für viele Jahre, doch das ist unwichtig. Es gibt noch etwas, was ich in diesem Tempel zu erledigen habe, bevor die Krieger des Lichts hire auftauchen. "
" Sie sind also schon auf dem Weg hierher?",fragte Shiro überrascht. Eine solche Schnelligkeite hätte er ihren Gegnern nicht zugetraut.
" Ja, die meisten von ihnen sind bereits hier. Sie haben es geschafft Vasté zu besiegen und ich erinere mich noch gut an ihre Entschlossenheit und ihre Stärke."
" Sie sind im Besitz einer Macht, die auf die eure reagiert. Als ich gegen einen von ihnen gekämpft habe setzte er sie gegen mich ein und schwächte die Macht, die ihr mir gabt ab. Es waren eine Art ....Splitter, glaube ich."
" Wenn ich richtig mit meiner Vermutung liege, sind es sogar Splitter von einem der Triforcefragmente, doch das ist egal. Sie können nicht gegen mich ankommen. Vor allem nicht hier. Warte hier!"
Und als Villon im Dämmerlicht des tempels verschwunden war, erkannte Shiro etwas an seinem Meister, was ihm vorher nie aufgefallen war.
Er erkannte, dass Villon der Weise der Geister war....