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Krieger
Mika drehte sich auf dem Absatz um und kletterte wieder nach draußen. Der spinnt doch!
Der Sandsturm hatte nicht nachgelassen, doch Mika war es egal. Zornig stampfte er zu einem großen Stein hinüber, rutschte daran runter und zog sein Hemd über Mund und Nase. Irgendwie hatte Alukath sich verändert... nur ein bisschen, aber doch...
Er starrte in die Ferne, während er sich noch einmal an die vergangenen Wochen und Tage zurückerinnerte. Als Dodorion noch lebte...
Seine Augen füllten sich wieder mit Tränen, doch unterdrückte er sie einigermaßen.
Der große, freundliche Gorone fehlte ihm, auch wenn er wusste, dass es ihm bestimmt gut ging. Sein Vater hatte ihm immer gesagt, dass es albern wäre, an das Leben nach dem Tod zu glauben, doch er hatte den Glauben nicht verloren. Es beruhigte ihn zu wissen, dass es seinen Freunden gut ging, obwohl sie tot waren.
Er hob den Kopf gen Himmel, doch entdeckte er kaum Wolken. Alles wurde vom Sand verdeckt. Er hob kurz die Arme und schüttelte sie, um den liegengebliebenen Sand loszuwerden. Gerudowüste war für ihn der Innbegriff für Hölle! Er schlang den Mantel enger an sich und schloss die Augen. Leo, der sich ihm genähert hatte, bemerkte er nicht.
Geräuschlos setzte sich der Kokiri neben ihn und zog die Knie an.
„Auf Dauer könnt ich hier nicht leben“, meinte er plötzlich, „mich macht der ganze Sand echt kirre.“
Mika schlug die Augen auf und sprang von Leo weg. Leo sah ihn verwundert an. Mika atmete erleichtert aus.
„Schleich dich doch nicht so an“, murmelte er und kam wieder etwas näher.
Leo lachte.
„Was ist daran so witzig?“, fragte Mika verstimmt und hockte sich etwas entfernt neben den Kokiri. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen.
Leo musterte ihn.
„Zoras sind schon merkwürdige Wesen“, meinte er und betrachtete die Flosse, die mit Mikas Kopf verbunden war. Mika öffnete das rechte Auge und schielte ihn damit an.
„Kokiris sind nicht besser. Wer altert nicht?“
„Kokiris!“, rief Leo und lachte abermals. Mika schwieg. Ihm war nicht nach lachen zumute.
Er stand auf und schlurfte davon.
„He, wo willst du hin?“, rief Leo und sah ihm verwundert hinterher.
„Ich komm schon wieder“, antwortete Mika und schob mit seinen Füßen den Sand aus dem Weg.
Leo starrte ihm noch kurz hinterher, dann schüttelte er den Kopf. „Komisches Kerlchen...“
In der nächsten Taverne nahmen sich alle bis auf Mika und Leo einen Krug Bier.
“Seit wann trinkst du Bier, Tupan?“, fragte Mika verwundert.
“Langsam komme ich auf den Geschmack!“, war die fröhliche Antwort des Dekus.
“Übertreib’ es aber nicht, du bist noch ein Alkoholfrischling“, lachte Dodorion.
“Darf ich probieren?“, fragte Leo schüchtern und schielte auf Alukath’s Krug, den er vor sich hingestellt hatte.
“Besser nicht, du bist noch ein Kind... Obwohl, du bleibst ja immer ein Kind!“
Alle bis auf Leo lachten.
“Menno!“, grummelte Leo und ließ sich tiefer in die Bank sinken.
Mika blieb stehen und setzte sich in den Sand. Der Sand hatte Leo bereits verschluckt, doch das war ihm relativ egal. Der Kokiri nervte nur...
Er stützte den Kopf in die Hände und lehnte sich etwas nach hinten. Dabei spürte er den Druck seines Schwertes auf dem Rücken. Er hob eine Hand und tastete nach dem leichten Griff des Schwertes. Er ertastete schließlich den mit Leinen umwickelten Griff und zog das Schwert aus der Scheide.
Vorsichtig legte er es auf seinen Schoss. Viele Erinnerungen trug dieses Schwert. Er erinnerte sich noch daran, wie Ziffer es ihm geschenkt hatte...
Mika blinzelte.
Das Schwert sah jetzt anders aus:
Es war dünn und leicht und doch unheimlich scharf und stabil.
“Diese Schwertart kommt aus den Wäldern und man kann damit etwas schneller schlagen. Du wirst sehen, es ist perfekt!“, rief Ziffer.
Alukath baute sich vor ihm auf.
“Warum hast du es verändern lassen? Und was hast du eigentlich mit den Wäldern am Hut?“, fragte er und sah herausfordernd auf seinen ehemaligen Lehrmeister hinab.
Ziffer's Blick wurde eiskalt und er musterte Alukath geringschätzig.
“Es gab Zeiten, da warst du wie mein Sohn...“, murmelte er.
“Warum du das Schwert verunstaltet hast, habe ich gefragt!“, donnerte Alukath und ballte die Hände zu Fäusten.
“Ich habe es nicht verunstaltet und um deine Frage zu beantworten: Der Schwächling hätte das andere Schwert niemals tragen können und, wie ich dir mal erzählt habe, ich lebte mal im Wald und dort fand ich so ein Schwert!“, war die nicht leisere Antwort.
Dodorion stellte sich nun zwischen die Streithähne und sah beide ernst an.
Tupan rutschte auf seinem Sitz hin und her und Mika murmelte: „Es ist sehr leicht, Alukath. Ich werde damit vielleicht wirklich besser umgehen können.“
“Siehste!“, rief Ziffer triumphierend.
Alukath riss Mika das Schwert aus der Hand und versuchte es zu zerbrechen. Es ging nicht.
Er war sichtlich erstaunt darüber, versuchte es jedoch vor Ziffer zu verbergen.
“Nicht einmal zehn Klingen auf einmal könnten dieses Schwert zerbrechen! Es ist stabil und leicht und für den Jungen gerade richtig! Ich habe meine Aufgabe erfüllt. Ich muss ihn nicht unterrichten, das lernt er schon selbst. Ansonsten, Alukath... bist du für den Sprössling zuständig! Wenn er wieder kommt will ich, dass er ein richtiger Schwertmeister ist und erst dann, Alukath ,mein Schüler, wirst du deine Lernzeit beendet haben!“, sagte Ziffer.
Mit diesen Worten verließ er die Taverne und ließ einen zornigen Alukath und einen überraschten Mika zurück.
Ja und dann waren da noch die harten Trainingsstunden mit Alukath...
Leo kaute auf einem Grashalm herum und beobachtete Mika und Alukath, die sich gegenüber standen und jeweils ein Schwert in der Hand hielten.
Mika keuchte, Alukath hatte das Schwert lässig in den Boden gesteckt und sah ihn herausfordernd an.
Mika's Kleidung hatte an Ärmeln und Beinen Risse und er machte somit eine nur noch kläglichere Figur.
Plötzlich machte er einen Satz nach vorne und hob sein Schwert.
Alukath wich jedoch aus und zog rasch sein Schwert aus dem Boden und schlug mit der Vorderseite Mika hart auf die rechte Schulter.
Mika's Knie knickten ein und er blieb keuchend liegen.
“Ich denke, ich habe gewonnen“, meinte Alukath und steckte sein Schwert zurück in die Scheide.
Mika rappelte sich auf und nickte.
“Glaub' ich auch...“, nuschelte der Jüngere und klopfte sich den Dreck von den Sachen.
Schmunzelnd fuhr sich Mika über die Schultern und fummelte an einem der vom Training entstandenen Löcher.
Es war eine Menge Zeit vergangen, deutlich zuviel für Mikas Geschmack und viel zu schnell... Es hatte sich soviel geändert.
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