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Ehrengarde
Irgendwo, fern der Steppe Hyrules, im Herzen der Wüste, erschienen Shiro und Villon aus dem Nichts. Der Wind hatte sie getragen und mit altertümlicher Kraft vor ihren Feinden beschützt, und ohne Umwege, die für Wind so oder so keine wirklichen Probleme darstellten, zu ihren Ziel gebracht: der Wüstentempel. Gemischte Gefühle stiegen in Villon auf, als dieser seine schwarzen Augen auf den gigantischen Koloss vor sich richtete und langsam seine Umgebung in sich aufnahm. An diesen Ort hatte er viele, vielleicht auch zu viele, Jahre verbracht, ständig über dieses und jenes gegrübelt und hatte versucht herauszufinden, warum er anders war als die anderen. Im Lauf der Zeit war es ihm möglich, einige bedeutende Fragen der Gerudos zu erklären, mit vielen Hinweisen darauf, dass die meisten Antworten von alleine kommen würden, wenn man nur den Glauben an die Göttinnen aufrecht erhält und den Geistern der verstorbenen Gerudos weiterhin ehrt, indem man mit den alten Traditionen fortfuhr und den Weisen der Geister nicht ständig mit irdischen Fragen von seiner Arbeit abhält, die doch um so vieles Wichtiger war. Irgendwann hatte Villon dann eingesehen, dass Angst in verschiedenen Formen auftaucht und durchaus lukrativ ist. Villon war geradezu geschockt gewesen, als man ihn Gold, Geschmeide und dergleichen darbot, nur damit er ihre Fragen beantwortete und ihnen somit Sicherheit versprach. Es dauerte ein Weile bis der Weise diese Arbeit auch als einen Teil seiner Aufgaben akzeptierte und fortan immer bereitwilliger die Sorgen und Ängste der Frauen mitanhörte und mehr oder minder guten Rat verteilte. Bei solchen Gelegenheiten lernte Villon auch was es heißt, Macht zu haben. Des weiteren erkannte er unterschiedliche Nuancen der Macht, die jeweils mit der Stellung des Einzelnen verknüpft zu sein schien: je höher dein Ansehen und deine Stellung in der Gesellschaft, desto mehr kannst du machen.
Wie gesagt: in der Wüste ist man abgeschottet von der übrigen Welt.
Doch die Frage, warum er wirklich anders sei als andere, konnte keiner bisher beantworten. Phrasen wie „Es ist halt so“ oder „Das wissen nur die Göttinnen“ waren kein Trost und mit der Zeit fand er sich einfach damit ab.
Mit einem Lächeln schüttelte Villon die Erinnerungen ab und blickte sich um. Es war wichtig sich immer einen überblick zu verschaffen, sollte man einen schnellen Fluchtweg finden müssen. In Villons Fall war es jedoch die Suche nach möglichen Plätzen für Fallen, die Suche nach Opfern und, besonders jetzt, nach Schatten. Shiro war immer noch bewusstlos. Zumindest ging Villon davon aus, denn sein Diener atmete noch, was wiederum ein Zeichen von Leben war, wenn sich der Weise der Geister nicht täuschte. Shiro wurde von Villons Stab gestoßen und gab gurgelnde Laute von sich. Überzeugt von der Unversehrtheit seines Dieners richtete Villon abermals den Blick auf den Wüstentempel, der nun, da war er sich sicherer als er es je für möglich gehalten hatten, als Schauplatz seines letzten Kampfes dienen würde. Hier, an diesem geheiligten Ort, an dem die Magie des Weisen der Geister am Stärksten war und er eindeutig Heimvorteil hatte, würde er die Krieger des Lichts empfangen und einen nach den anderen den Qualen eines wahren Alptraums ausliefern. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, bei diesem Gedanken und das Dreieck auf seinen Handrücken schien zu frohlocken, der Gräueltaten die bald geschehen würden.
Plötzlich, und das war der beste Ausdruck für diesen Moment, erwachte Shiro und setzte sich aufrecht in den Sand. Abwesend klopfte er sich Staub und Schmutz von seinem Mantel, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und streckte sich sogar. Fasziniert beobachtete Villon, wie Shiro aufstand, sich kurz umblickte und dann an Villons rechte Seite trat und dort stehen blieb. Die Blessuren des Kampfes hatte er scheinbar völlig vergessen, denn er kratze sich sogar an einer noch offenen Wunde. Villon wollte nicht weiter darauf eingehen. „Hier wird der letzte Kampf zwischen Villon und den Kriegern des Lichts stattfinden. Bei dieser Auseinandersetzung wirst du dich im Hintergrund halten und nur dann eingreifen, wenn ich es verlange, verstanden?“ Shiro nickte nur leicht und sein Blick war merkwürdig trüb, weit in die Ferne gerichtet und auch hatte es den Anschein, er höre nur mit einem Ohr zu. Shiros Meister setzte sich in Bewegung und Shiro folgte ihm, ohne dabei auf seinen Weg zu achten. Er hielt einen gemessenen Abstand, wie es für einen Diener angebracht war, stolperte jedoch über beinahe jeden Stein, fiel aber nicht. „Shiro, verdammt noch mal. Was ist denn los?“ fragte Villon, doch Shiro antwortete nicht, sondern stürzte einfach nach vorn. Man musste keine hellseherischen Fähigkeiten besitzen um zu erraten, was Shiro nun durchmachen musste, doch überraschte es Villon, mit welcher Hartnäckigkeit der Schmerz von Shiro Besitz ergriff. Der Shiekah war nicht schwach, weder körperlich noch seelisch, doch diesem Schmerz war er schutzlos ausgeliefert und egal welches mentale Training man absolviert haben könnte, es reichte nicht.
Mit gerunzelter Stirn beugte sich Villon zu Shiro herunter und suchte nach der Ursache für die Krämpfe, die Shiro an den Boden fesselten, ihn zur Bewegungslosigkeit verdammten. Das schwarze Triforce erwies sich dabei wieder einmal als Wegweiser und führte Villon geradewegs zu einem Anhaltspunkt. Enorme Hitze strahlte von Shiros Brust und Villon erkannte, dass etwas nicht mit rechten Dingen vorging. Er legte Shiros Brust frei und blickte auf eine Triforcetätowierung knapp über seinem Herzen. [color=darkblue]„Herr der Shi…. Argh! Tiran….”[color] keuchte Shiro und Villon wusste, was gemeint war. Er legte seine Hand flach auf die Tätowierung und lies seinen Geist durch sein eigenes Triforce in das, auf Shiros Brust gleiten. Sofort sah er eine Verbindung, die mit normalen Augen nicht zu erkennen war, doch nun wie ein leuchtendes Band nach Hyrule führte. Mit einem geisterhaften Lächeln folgte Villon dieser Verbindung und erreichte innerhalb von Sekunden deren Ursprung. Er hörte Worte gemurmelt, die gewaltige Mächte im Gleichgewicht zu halten versuchten und gleichzeitig auf einen Punkt zielten. Die Worte verstand Villon nicht, doch sie machten ihn mehr als Zornig. Verschwommen nahm er Bewegungen wahr, sah einen Schemen vor sich und versuchte sich auf ihn zu konzentrieren, doch das Wesen, welches den Zauber aufrecht hielt, hatte Villon bemerkt und nutzte nun jede Möglichkeit, Villon im Bann zu halten. Villon musste zugeben, dass es ein mächtiger Zauberer war und er Mühe hatte, sich von dem Bannspruch zu befreien, ja sogar klar zu denken.
Auch der Bann veränderte sich langsam. War er am Anfang aus einer Farbe, verwoben sich nun die einzelnen Worte und Beschwörungen miteinander, hießen weitere Zaubersprüche willkommen und formten schnell ein Netz aus verschiedensten Gedankengängen, Farben und Facetten.
Magie besteht nicht, wie die meisten denken, aus mystischer Energie, die irgendwo im Kosmos ihren Ursprung hat und mit unverständlich gemurmelten Worten in Form gebracht wird. Diese Vorstellung ist Blödsinn, denn es würde bedeuten, dass Magie leicht zu brechen wäre. Magie besteht zum grössten Teil aus viel Schweiss und zerbrochenen Stühlen und Tischen, umgeworfenen Tintenfässern und Bergen aus Pergament oder Papier. Magie ist im Grunde genommen nicht anderes, als die Summe aller Erfahrungen und Wissen, welches man sich aneignete. Oder anders: Magie besteht aus Gedankengängen, Schlussfolgerungen und, das trieb die meisten Magier in den Wahnsinn, aus viel Glück.
Aus diesem Grund suchte Villon nach einem bestimmten Faden, der das Netz aus Bannsprüchen zusammenhielt, dem Ganzen Stabilität schenkte und letztendlich die Schwachstelle des Bannnetzes war. Es dauerte glücklicherweise nicht lange und Villon fand eben diesen Faden, der sich durch glänzendes Gold verriet und psychische Äquivalente von Funken sprühte. Villon zerriss diesen Faden und spürte, nicht ohne eine gewisse Genugtuung, wie das Netz riss und der Magier auf der anderen Seite von der Wucht zurückgeschleudert wurde. Villon schnappte nach dem zerrissenen Ende des Gedanken, band ihn fest an sich und verlies diese Ebene des Seins. Villon stand auf, der Wind zerrte an seinen Gewändern, Shiro rührte sich nicht, schien zu schlafen und mit einer abfälligen Geste schnappte sich Villon den goldenen Faden aus der Luft. Er riss daran und hielt wenige Sekunden später den verantwortlichen Shiekah am Kragen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der alte Mann den Teufel vor sich ins Gesicht. Er blickte in Augen, so schwarz, wie es selbst die tiefste Nacht nicht hätte sein können, und wusste, dass seine Zeit abgelaufen war. Tarin versuchte nicht einmal sich zu wehren, wusste er doch, wen er vor sich hatte. Auch wenn er immer gewünscht, darum gebetet, ja sogar gefleht hatte, dass dieser Augenblick niemals kommen möge, stand er doch nun einem Übel gegenüber, welches die Shiekah kannten, fürchteten und bekämpft hatten. „Du bist der Grund! Du bist Schuld daran, dass die Shiekah bis auf wenige ausstarben! Ich verfluche dich und bete, dass die Göttinnen dich strafen werden!!“ Mit ausdruckslosem Gesicht starrte Villon den alten Mann an, der sich weder wand noch sich wehrte. „Ich? Oh nein. Meine Schwestern waren es, die euch dazu brachten, auszusterben. Leider nicht gründlich genug... Und sie sollen ruhig kommen. Ihre Zeit war schon vor langer Zeit vorbei und meine soll erneut beginnen. Im Glanze der Finsternis wird diese Welt enden. Immer währender Winter wird einfallen und keinen Platz für Liebe, Sicherheit oder Freundschaft lassen. Die Shiekah., sofern es noch weitere gibt, werden jedoch weit aus schlimmeres erleben, als nur den Tot, den ich dir gnädigerweise schenke.“ Mit diesen Worten bohrten sich Speere aus Sand in den Körper des Shiekahs, rissen ihn aus Villons Hand und hefteten ihn an die Außenmauer des Tempels.
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