Auf dem Totenbett

Lange schon habe ich nun gelebt,
eine Familie habe ich gezeugt und ernährt,
wurde älter, als ich je gedachte zu werden,
dachte, jetzt könne ich in Ruhe sterben.

Doch grausame Gedanken quälen mich diese Nacht,
seit ich aus jenem Traume erwacht'.
Ohne Ziel, ohne Halt sah ich ihn rennen,
ohne den Grund dafür zu kennen,
rennen,
weil alle rennen.
So beobachtete ich mit Spott und Hohn,
wie er rannte, ohne Lohn,
wie er rannte, und doch keine Strecke zurücklegte,
bis ein grausamer Gedanke sich in mir regte.
Sowie ich aufwache, vergrösserte er sich,
und der Gedanke vernebelt mir die Sicht.
War das... ich?

Bin ich denn je zu einem Halt gekommen,
habe ich mir je Zeit genommen,
um wirklich nachzudenken,
meine Schritte selbst zu lenken?
Habe ich mich je gefragt nach dem Sinn des Lebens,
nach dem Grunde all meines Strebens?
Habe ich die wahren Gedanken nicht aus Bequemlichkeit gemieden,
habe ich sie nicht mit andauernder Ablenkung vertrieben?

Schon spüre ich meine Kräfte schwinden,
ich vermag nicht, meine Schmerzen zu lindern.
Ist es nicht des Schicksals eiskalte Ironie,
dass ich meinte, ein langes Leben liege hinter mir,
dass ich dachte, es sei Zeit, in tiefen Schlaf zu fallen nun,
dass ich stets der Zeit nachlief, und die Zeit mir jetzt läuft davon?
Erst jetzt bin ich erwacht,
und so gehe ich dahin, in dieser Nacht...


Inspiration by Vio