Zitat Zitat von es
Wenn ich lüge, sage ich nicht die "wahrheit" richtig?
Also wiederspreche ich der allgemeinen auffassung von wahrheit, oder auch realität.
Damit ist das bewußte Nichterwähnen der Wahrheit doch auch schon eine Lüge, oder ? Wenn ich etwas verbal so verpacke, dass es mein Gegenüber ersteinmal anders interpretiert, als es gemeint war... ist das wirklich schon Lüge ? Oder hätte der andere nur "besser zuhören sollen" ?
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(lüge: "Da drüben liegt eins tein, der aussieht wie ein schwein ohne rüssel"
realität: da liegt gar kein stein.)
wenn ich jetzt aber diesen stein da hinbringe, wenn derjenige meint,d as er sich das morgen mal angucken will, ist es vollkommen egal, ob ich "gelogen" habe....schließlich habe ich dafür gesorgt, das die wahrheit sich an meine lüge anpasst....
Solange ich das kann, kann ich doch eigentlich so viel lügen wie ich will, oder?
Kannst Du, natürlich. Niemand wird Dich entlarven, es sei denn, der Freund schaut mitten in der Nacht, vielleicht auf dem Nachhauseweg, zufällig vorbei und Du legst den Stein erst bei Morgengrauen hin. Was sagst Du ihm dann, wenn er Dich darauf anspricht ? "Guck, da ist er doch. Musst wohl blind gewesen sein."
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Um das thema weiterzuführen.
Ist die realität auf lügen aufgebaut?
Dazu fällt mir ein Ansatz bezüglich des Themas ein, der (glaub ich) noch nicht erwähnt wurde. Was ist, wenn Du Dich nicht mehr richtig erinnern kannst und einfach eine Begebenheit Deiner Vergangenheit zum Fakt erklärst, obwohl es vielleicht nur ein Traum oder ein Missverständnis war. Ich hing jahrelang der überzeugten Meinung an, dass meine Uroma neun Kinder gehabt hätte, bis meine Oma (ihre jüngste Tochter) mir sagte, dass sie nur zu viert waren. Woher hatte ich diese Zahl ? Ich weiß es bis heute nicht. Aber eine Zeitlang war das meine Realität. Dass ich irgendwo acht Großonkel oder -tanten habe...

Wie lang kann eine Lüge Realität sein ? Bis man tot ist und alle Betroffenen es vergessen haben ? Bis "Gras über die Sache gewachsen" ist ? Oder irgendjemand es zufällig herausfindet ? Wie weit zurück müssen Ereignisse liegen, damit man sie neu definieren kann, ohne dass irgendjemand die Möglichkeit hat, sie zu überprüfen ?
Zitat Zitat von Vio
So: Fühlst du dich - umgangssprachlich - scheiße dabei, deine Familie zu belügen? ^^
Auch wenn's jetzt keinen mehr interessiert, nagt das nicht irgendwo tief in dir drin?
Natürlich. Außer... man schafft es tatsächlich diese Lüge in seinem eigenen Unterbewußtsein zur Wahrheit zu wandeln. Es gibt Menschen, die das können.
Und da fällt mir nur dieses indianische Sprichwort-irgendwas-Dingens ein: Mein Gewissen ist wie ein Dreieck in meinem Herzen. Wenn ich etwas Falsches tue, wackelt es und bohrt sich schmerzhaft in die Wände. Wenn ich aber zu oft wackle, werden die Ecken stumpf und ich spüre es nicht mehr...
In dem Zusammenhang: ich fühle mich auch mies, wenn ich aus Pietät einen Menschen anlüge. Es mag sein, dass man kurzfristig Unannehmlichkeiten umgeht, aber auf lange Sicht... nunja. Kommt wohl darauf an, ob man den Menschen irgendwann mal wiedersieht. Ich muss der Bäckerin im Bahnhof nicht ins Gesicht sagen, dass ihre Pickelzerfressene Hackfresse mein ästhetisches Empfinden stört. Aber ich könnte ihr trotzdem nie glaubhaft versichern, dass sie toll aussieht... sollte sie mal fragen...