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Engel
Diese Geschichte ist für jene gedacht, die sich fragen, wie Tario es geschafft hat, an einen Kokiri-Bogen zu bekommen, oder was das Kokiri-Mädchen beim Bogenschieß-Wettbewerb gemacht hat. Viel Spaß beim Lesen, auch wenn der Text etwas länger ist.
Der Kokiribogen
Kakariko
Im inneren des Gebäudes war es so dunkel, dass er erstmal einen Moment die Augen schließen musste, um wieder etwas erkennen zu können. Als er die Augen wieder öffnete, bot sich ihm der bekannte Anblick: Regale voller Kräuter, Fläschchen mit Heiltränken, oder anderen, weniger bekömmlichen Inhalten, und einige Dinge, über deren Bestimmungszweck oder Herkunft er nicht einmal Vermutungen anzustellen wagte. So selten er auch hier herkam, so schien sich doch trotzdem nichts zu verändern, als Stünde hier drinnen die Zeit still. Einzig die Person, die sich nun hinter dem Tresen aufrichtete, und einen Blick auf ihren neuesten Besucher warf, schien jedes Mal noch älter und hässlicher zu werden.
„Hallo Tario, eigentlich hatte ich schon vor einigen Tagen mit dir gerechnet.“, krächzte ihn Korta, Kakarikos berühmte (oder berüchtigte, je nachdem, wen man fragte) Kräuterhexe an.
„Was soll das heißen, du hast mich erwartet?“
„Tu doch nicht so unschuldig. Jedes Jahr kommst du zur selben Zeit hierher, weil du wieder einmal ein Preis für deinen Wettbewerb brauchst.“
Als ob sie ihn daran erinnern müsste. Immer wieder hatte er das Pech, nicht auf anderem Weg an interessante Preise zu kommen, und da die Preise einer der Gründe waren, warum sein Bogenschieß-Wettbewerb so beliebt war, setzte er sich sogar der Qual eines Besuchs bei Korta aus. Dabei schien er diesmal sogar schon ein wirklich gutes Geschäft in Aussicht zu haben, bis sich der angebliche Raritätensammler als ausgemachter Schwindler entpuppte. Ein Splitter des Triforce, das er nicht lachte. Für wie blöd hielt ihn der Kerl? Er seufzte. Nein, er kam wirklich nicht gerne hierher, und das nicht nur, weil er jedes Mal das Gefühl hatte, das Korta ihn über den Tisch zog.
„Wenn du schon weißt, wieso ich hier bin, kannst du mir ja bestimmt auch sagen, ob du etwas Passendes im Angebot hast.“
„Nun, ich hab da tatsächlich etwas, das dir gefallen könnte. Es ist eine Fee.“
„Eine Fee?“ Tario war enttäuscht. Feen waren zwar in der Regel schwer zu fangen, aber wirklich selten waren sie nicht. Manchmal versuchten sogar einige seiner Gäste mit selbstgefangenen Feen zu zahlen (was in der Regel bedeutete, dass derjenige erst gesoffen, und hinterher seine Barschaft kontrolliert hatte).
„Och, das ist keine gewöhnliche Fee. Die hier ist etwas ganz besonderes Tihihi.“ Kicherte Korta zur Entgegnung.
„Okay, dann lass sie mal sehen.“, stöhnte Tario, bereits jetzt von der Hexe entnervt.
Korta fasste in ein Regal direkt hinter sich, zog eine verkorkte Flasche heraus, und stellte sie vor sich auf den Tresen. Tario warf gespannt einen Blick hinein. Tatsächlich, eine Fee war darin, die sich ängstlich in der Mitte der Flasche hielt, aber....
„Die Fee leuchtet ja grün. Was hat das zu bedeuten?“ fragte er überrascht.
„Du Tölpel, hast du etwa noch nie von dem berühmten Kokiri-Feen gehört?“
„Du meinst diese seltenen Feen, die angeblich Diener des Deku-Baums sind, und bei den Kokiri leben?“
„Ganz genau. Diese Feen heilen ihren Besitzer zwar nicht, haben aber dafür viele andere Fähigkeiten. Zum Beispiel kann man in ihrer Begleitung den Kokiri-wald betreten, und ihr Wissen über die Monster von Hyrule ist unübertroffen.“
„Na schön, und wie viel willst du dafür?“
„300 Rubine!“
„Bist du verrückt? Für den Preis könnte ich mir ja einen kompletten Feen-Brunnen bei mir zuhause einrichten!“
„Und wo wolltest du die Feen dafür hernehmen? Obwohl... wenn du gut zahlst... ich hab schon lange über einen neuen Beruf nachgedacht... Nur die Flügel und das Feenkleid fehlen mir noch... hehehe.“
Allein bei dem Gedanken, die alte verschrumpelte Hexe in einem hautengen Kleid zu sehen, lief es Tario eiskalt den Rücken herunter. Um die entsetzliche Vorstellung zu verdrängen, machte er schnell sein Gegenangebot: „Hundert Rubine, und keinen einzigen mehr!“
„Spinnst du? Das entspricht ja nicht mal meinem Einkaufspreis. 250 Rubine.“ Keifte Korta.
„Wo du gerade von Einkauf sprichst, wo hast du die Fee eigentlich her?“ fragte Tario mit einem eisigen Lächeln.
„Na gut, na gut, 200 Rubine. Aber nur weil du einer meiner Stammkunden bist.“
„Na also, ich wusste doch, dass wir uns einig werden würden.“ Meinte er, während er langsam die Rubine aus seinem Geldbeutel holte, und vor Korta auf den Tisch legte. Korta betrachtete die Rubine argwöhnisch, als würde er versuchen, sie mit Falschgeld zu bezahlen, und schob ihm schließlich das Glas über den Tisch zu.
„Und lass dich bloß nicht so schnell wieder hier blicken!“ rief sie ihm noch zum Abschied hinterher.
„Als ob ich das freiwillig machen würde...“, murmelte er vor sich hin, während er aus der Tür trat. Prompt konnte er deutlich freier atmen. Trotzdem konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass die alte Hexe ihn schon wieder betrogen hatte. Mürrisch stapfte er in Richtung seiner Taverne davon.
Ein leises Geräusch riss ihn aus dem Schlaf. Erschrocken setzte er sich auf. Was...? Einbrecher? Benommen schüttelte er den Kopf. Nein, keine Einbrecher, dies war ein anderes Geräusch. Er horchte genauer hin. Es kam von dem Regal in der Ecke. Was zum... Vorsichtig stand er auf, und ging zu dem Regal hinüber. Jetzt konnte er das Geräusch eindeutig erkennen. Es war ein Schluchzen, und es kam aus der Flasche, die er heute gekauft hatte. Es war die Kokiri-Fee. Sie saß zusammengekauert in der Flasche, und weinte leise vor sich hin. Tario, der nicht recht wusste, wie er sich verhalten sollte, beugte sich hinunter.
„He, Fee, was ist denn los?“
Mit rotgeweinten Augen blickte die Fee zu ihm hoch. „Was los ist?“ schluchzte sie. „Ich bin entführt worden, bin dann einige Tage in dieser seltsamen Hexenküche festgehalten worden, und jetzt sitze ich bei dir rum, und weiß nicht, was mich erwartet. Was denkst du denn, wie ich mich fühle?“ Entführt? Also hatte die Hexe ihn tatsächlich betrogen. Blitzschnell überlegte er sich, sein Geld zurückzuverlangen, kam aber zu dem Schuss, dass Korta sich für diesen Fall wahrscheinlich ausreichen abgesichert hatte.
„Bitte,“ wandte sich die Fee wieder an ihn,„kannst du mich nicht rauslassen?“
„Damit du auf und davonfliegst? Von wegen, weißt du, wie viel ich für dich zahlen musste?“
„Bitte...“ Sie fing wieder an zu Heulen. „Bitte lass mich gehen, ich werde auch dafür sorgen, dass du belohnt wirst.“
Tario wandte sich ab, weil er das Elend der kleinen Fee nicht mehr mit ansehen konnte. „Vergiss es, wenn ich dich freilasse, sehe ich dich wahrscheinlich nie wieder!“
„Aber...“
„Halt endlich die Klappe, ich lass dich nicht raus!“
Entschlossen ging er zu seinem Bett zurück.
Nachdem er sich eine Stunde hin- und hergewälzt hatte, zweifelte er schon an seinem Entschluss. Nicht nur das ständige Geschluchze der Fee, sondern auch sein eigenes schlechtes Gewissen hielten ihn wach.
Nach einer weiteren Stunde hatte er eine Entscheidung getroffen.
Er trat wieder vor das Glas hin: „Hey Fee, sei still! War das vorhin mit der Belohnung ernst gemeint?“
Prompt wurde es still im Glas. Die Fee blickte hoch. Eine vage Hoffnung begann sich auf ihrem Gesicht abzumalen, als sie vorsichtig nickte.
„Okay, dann geh in drei Ganons Namen. Dieses Geplärre ist ja nicht auszuhalten.“ Mit diesen Worten zog er den Korken aus der Flasche. Die Fee zögerte keine Sekunde, uns schoss so schnell sie konnte aus der Flasche heraus, bevor der Kerl es sich doch noch anders überlegte.
„Danke, danke, danke. Ich werde es wieder gutmachen, das verspreche ich dir!“
„Jaja, jetzt verschwinde endlich, bevor ich meinen Entschluss noch bereue.“
Glücklich, und zum abschied winkend verschwand die Fee durch das Fenster.
„Zweihundert Rubine, ich muss verrückt sein,“ meinte er noch zu sich selbst, während er zu seinem Bett zurückging. Er rechnete nicht damit, die Fee noch einmal zu Gesicht zu bekommen.
Er hoffte nur, dass niemand das Leuchten, das aus seinem Fenster gekommen war, gesehen hatte. Wenn sich herumsprach, was er getan hatte, wäre sein ruf in Kakariko wohl ein für alle Mal ruiniert, und niemand würde ihn mehr ernst nehmen.
Kokiri-Wald
Wie schon die letzten Tage über, saß Lilia in ihrer Hütte und schluchzte vor sich hin. Tränen kamen inzwischen keine mehr, die hatte sie schon alle verbraucht. Nur weil sie so unvorsichtig gewesen war, in der Nähe des Waldrands zu spielen... Auf einmal hatte sie einen Schlag auf den Kopf bekommen, und als sie wieder zu sich gekommen war, war Tayla, ihre Fee, verschwunden gewesen. Natürlich hatte sie nach ihr gesucht, aber sie hatte sie nicht wiederfinden können. Wahrscheinlich war sie entführt worden. Sie schluchzte lauter. Noch nie war so etwas passiert. Sie wusste, sie hätte eigentlich zum Deku-Baum gehen, und es ihm melden müssen, aber sie brachte einfach nicht die Kraft dazu auf.
Wahrscheinlich würde der Deku-Baum sie verbannen, wie er es erst kürzlich mit dem armen Milo getan hatte. Doch schlimmer als der Verlust Taylas konnte das auch nicht sein. Alle, die sie hatten besuchen wollen, hatte sie wortkarg wieder weggeschickt. Bisher wusste niemand, was ihr wiederfahren war.
Wenn sie die Augen schloss, meinte sie fast Taylas Stimme zu hören, wie sie ihren Namen rief.
„Lilia... Lilia... Mensch Lilia, jetzt mach doch endlich die Augen auf!“
Überrascht riss Lilia die Augen auf. Sie konnte es nicht glauben. Vor ihr in der Luft schwebte tatsächlich Tayla. Ungläubig begann sie zu stammeln „Aber wie... was... ?“
„Ich erzähl’s dir später genau, aber im Moment will der Deku-Baum dich sprechen. Gehen wir?“
Vor Freude schreiend sprang Lilia auf. Wenn Tayla nicht zu klein dazu gewesen wäre, hätte sie sie in die Arme geschlossen. Sie wusste, mit Tayla an ihrer Seite würde sie jede Strafe durchstehen, die der Deku-Baum für sie bereithalten mochte.
„Hallo Lilia“, begrüßte der Deku-Baum sie. „Tayla hat mir schon erzählt, was passiert ist. Warum bist du nicht sofort zu mir gekommen, als es passiert ist?“
Von der mächtigen Autorität des Baumes, den selbst die Kokiri selten zu sehen bekamen, eingeschüchtert, brachte sie nur ein hilfloses stammeln heraus.
„Eigentlich müsste ich dich ja bestrafen, weil du mir nicht Bescheid gesagt hast, aber ich denke, die letzten Tage dürften für dich schlimm genug gewesen sein.“
Lilia nickte glücklich. Anscheinend kam sie nun doch ohne Strafe davon.
„Aber ich habe trotzdem noch eine Aufgabe für dich. Du musst dazu den Wald verlassen.“
Aber hatte er eben nicht gesagt, er würde sie nicht bestrafen? „Heißt das, dass ich verbannt werde?“
„Nein, du sollst lediglich einen Botengang erledigen. Der Mann, der Tayla freigelassen hat, hat sich eine Belohnung verdient, und du sollst sie ihm bringen. Danach kommst du natürlich wieder zurück.“
Aufmerksam hörte Lilia zu, was der Deku-Baum von ihr wollte.
Kakariko
Tario hatte die Taverne heute früher geschlossen, da er noch einige Vorbereitungen für den morgigen Wettbewerb treffen musste. Es ärgerte ihn immer noch, dass er nun als dritten Preis einfache Rubine anbieten musste, aber auf die schnelle hatte er keinen neuen Preis bekommen können, und zur Hexe konnte er auf keinen Fall gehen, da die sich wahrscheinlich kaputtlachen würde, wenn sie erführe, was mit der Fee geschehen war. Er grummelte vor sich hin, während er noch einige Gläser schrubbte.
Plötzlich ging die Tür auf.
„Wir haben geschlossen!“ rief er nach vorne.
„Na das ist ja mal nett. Begrüßt man so alte Freunde?“
Tario konnte nicht glauben, wer da plötzlich vor ihm schwebte. Es war die Kokiri-Fee.
„Was machst du den hier, Fee?“
„Ich habe doch gesagt, dass ich dir eine Belohnung bringen würde! Und nenn mich nicht mehr Fee, mein Name ist Tayla. Lilia, du kannst reinkommen!“ Den letzten Satz hatte sie in Richtung der Tür gerufen. Dort trat jetzt ein kleines, grüngekleidetes Mädchen ein. Sollte das etwa eine der legendären Kokiri sein?
„hallo, ich bin Lilia, und Tayla ist meine Fee. Sie hat mir erzählt, was du für sie getan hast.“ Plötzlich griff sie auf ihren Rücken, und holte einen langen Bogen hervor. Tario riss erstaunt die Augen auf. Dies war einer der am kunstvollsten geschnitzten Bögen, die er sein Leben lang gesehen hatte.
„Wow, ist der für mich?“
„Ich halte meine Versprechen!“ antwortete die Fee. „Aber du könntest jetzt mal so freundlich sein, und Lilia ein Zimmer anbieten. Wir sind mehrere Tage gewandert, um hierher zu kommen.“
„Irgendwie warst du weniger vorlaut, als du noch in dem Glas gesessen hast. Sei schön artig, sonst sperr ich dich gleich wieder ein.“
„Als ob ein grober Klotz wie du auch nur den Hauch einer Chance hättest, mich zu erwischen!“
„Pass bloß auf, du wärst nicht das erste Insekt, dass diesen Raum nicht lebend verlässt!“
„Insekt? Was fällt dir ein? Nicht nur, dass du durch mich diesen Bogen bekommen hast, noch dazu beleidigst du meine edle Abstammung, die...“
Auf Tarios Gesicht machte sich ein Grinsen breit. Auch Lilia lächelte. Wahrscheinlich würde Tayla noch den halben Abend weiter über ihre Vorfahren quatschen, wenn er sie nur lies.
„Ok, ok, ihr beide kriegt ein Zimmer auf Kosten des Hauses. Morgen ist übrigens der große Bogenschieß-Wettbewerb. Wenn ihr wollt, könnt ihr dabei zusehen.“
„Was meinst du?“ wandte sich Lilia an Tayla.
„Hmm, der Deku-Baum hat zwar gesagt, dass wir sofort zurückkommen sollen, aber ich denke, auf einen Tag wird es nicht ankommen, und das wird sicher spannend. Also gut, wir schauen zu.“
Lilia schien sich zu freuen.
„Also gut, hier sind die Schlüssel, es ist das letzte Zimmer auf der rechten Seite.“ Er deutete einen Flur hinunter.
„Na also, warum nicht gleich so?“ Tayla stemmte die Fäuste in die Hüften, beeilte sich dann aber, hinter Lilia her in Richtung Zimmer zu fliegen.
Tario schwenkte noch drohend das Glas, das er poliert hatte, hinter ihr her.
Bevor sie ins Zimmer schwebte, hielt Tayla noch einmal in der Luft an, und Tario hätte, obwohl er es auf die Entfernung natürlich nicht erkennen konnte, schwören können, dass sie ihm die Zunge rausstreckte.
Er seufzte innerlich. Warum musste er eigentlich immer an so vorlaute Gören geraten. Naja, immerhin schien die Kokiri ganz nett zu sein...
Er betrachtete den Bogen. Eigentlich hätte er ihn gern behalten, aber immerhin hatte er jetzt die Möglichkeit, den Teilnehmern des Wettbewerbs einen interessanten Preis zu verleihen. Vielleicht würde er Lilia vor ihrer Abreise noch fragen, wie er an einen weiteren solchen Bogen kommen könnte...
Inzwischen deutlich besser gelaunt, machte er sich wieder an die Arbeit.
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