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Drachentöter
"Dank Euch nochmal!", rief Brin Renan dem Bauern auf dem Kutschbock zu, als er von dessen Kutsche sprang - und damit offiziell seinen ersten Fußtritt in Punin tat. Aus irgendeinem Grund, den sich Brin nicht erklären konnte, fühlte er sich, als wäre er in einen großen Misthaufen getreten. Mit hochgezogenen Augenbrauen und skeptischem Blick wanderten die Augen des jungen Mannes aus Havena über die Hauptstraße von Punin.
Zwischen den Ständen, in denen Händler ihre Waren feil boten, dominierten die Läden mit magischem Zubehör und anderem arkanem Firlefanz besonders. Am Ende der Straße erkannte Brin einen riesigen Tsa-Tempel, dahinter noch riesigere Türme, die er aber nicht so recht zuordnen konnte. Das eifrige Geschnatter der Kaufleute und das illustre Geschwätz der Passanten wurde gelegentlich von fernen Schreien übertönt, die Brin als Rufe aus einem Imman-Spiel identifizieren konnte.
Und schon bereue ich, dass ich meinen Korkball daheim gelassen habe, dachte sich Brin und schritt voran. Zwar hatte ihm sein Vater eine Wegbeschreibung zum Haus seines Onkels gezeichnet, doch wusste der junge Mann aus Havena nicht so recht, wie er sie lesen sollte. Er orientierte sich am Tsa-Tempel, der den Bau der Stadt offensichtlich dominierte, drehte die behelfsmäßige Karte mehrere Male und sah sich mehr oder weniger verwirrt um, bis er glaubte, die Karte richtig zu halten und einen entsprechenden Orientierungspunkt gefunden zu haben. Zunächst unsicher, dann immer schneller, schritt er voran, bis er sein Ziel erreichte.
Das Haus seines Onkels war klein, aber durchaus geschmackvoll und stand im Schatten der Magier-Akademie (die als anspruchsvollste Aventuriens gelten sollte, erinnerte sich Brin recht). Nun erkannte Brin auch die Zugehörigkeit der riesigen Türme von vorhin - sie ragten aus der Magier-Akademie wie mahnende Finger und flößten Brin ein Gefühl ein, von dem er sich nicht eingestehen wollte, dass es so etwas wie Ehrfurcht war. Gerade wollte er das Türchen des Gartenzauns öffnen, als er zögerte und ein paar Schritte weiterging, so als hätte er sich in der Tür geirrt.
Würde er dieses Haus betreten und seinen Onkel, den er noch nie zuvor gesehen hatte, kennenlernen, würde sich vermutlich sein ganzes Leben ändern. Oder überdramatisierte er die Lage gerade? Oder ...
Brin verpasste sich selbst einen Schlag mit der Handfläche und schüttelte den Kopf, um sich wieder zu fassen. Beruhige dich, alles ist gut. Er ist nur ein alter Mann, mehr nicht. Mit so einem wirst du doch fertig!
Er warf sich seinen Rucksack über die Schulter, schwang das Gartentürchen auf und trat durch den Vorgarten, der - und Brin pflegte nicht zu übertreiben! - den Dschungel der Mohas an Wildwuchs und Blütenpracht noch übertraf. Nicht, weil ihn jemand sorgsam pflegte und die Pflanzen dort gedeihen ließ, im Gegenteil - der Besitzer des Gartens, im dem Fall Brins liebwertester Onkel, schien seinen Vorgarten wohl überaus zu vernachlässigen. Vermutlich spielte sich ein Großteil des Lebens seines Onkels auf der anderen Seite der Haustür ab, vor der Brin gerade seinen Rucksack fallen ließ.
Er hob die Faust, zögerte kurz, dann pochte er entschlossen an die Tür.
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