Ich muss mal klarstellen, dass ich schon wieder zuhause bin. Mein gesamtbudget für die Reise waren 1700 Euro, von denen ich etwa alle zwei bis drei Tage 40 000 Yen abhob. Ausgegeben habe ich schlussendlich 1400 davon. Ich hatte nicht geplant, andere Städte zu besichtigen und um diese Zeit konnte man, wie ich von einem Mitreisenden gehört habe nur noch die Hälfte des Fuji besteigen. Irgendwo in unseren Unterlagen vom Studium standen die genauen Zeiten...ich muss aber noch nachsehen. Ende August ist auf jeden Fall schon alles beim Fuji geschlossen.Zitat von chinmoku
Fressaline kosteten mich etwa 500 Yen am Morgen für eine Handvoll Onigiri und 200 Yen am Abend für eine Packung Instantnudeln. Merchandizing, bei mir primär secondhand-Manga kostete mich bei jedem Einkauf irgend etwas zwischen 4000 und 20000 Yen. Für die Zugfahrten muss ich am Tag etwa 600 Yen oder mehr ausgegeben haben, aber da habe ich nie mitgezählt. Wie viel ich insgesamt für Merchandizing ausgegeben habe, kann ich erst sagen, wenn die Pakete ankommen.
(8)
Samstag war der Tag der Verwirrungen. Zwei Tempel und zwei Grabstätten wollte ich aufsuchen, doch keine einzige habe ich gefunden. Am Morgen verließ ich mich zum ersten mal auf den Reiseführer, der mir einredete, dass die Gräber der 47 Ronin nahe an der Yamamoto-Line liegen würden. Also stieg ich als das leichtgäubige Individuum, welches ich nun mal bin solange es sich nur um Fußmärsche handelt in die Bahn und fuhr bis Shinagawa und ging beim Ausgang Takanawa hinaus. Blick auf die nächste Karte - nixe Tempel. Gehe ich einfach mal los, gehe und gehe durch die Gegend, vorbei an irgend einem Amt und sehe auf der nächste Tafel, ah, da oben ist irgend ein Tempel...gehe weiter, vielleicht fünfhundert Meter während die Sonne ohne den üblichen Filer von Dunst und Smog auf mich herniederbrennt und komme zu dem Tempelchen (das übrigens wie ich schon von Anfang wusste, anders benannt war.). Kein Schild oder so, dass mir die nächste Richtung weisen könnte und auf meiner Scheißkarte ist dieses Viertel nicht mehr eingezeichnet. Einzig positiv lässt sich vermerken, dass ich auf dem Rückweg einen Automaten mit Calpis gefunden habe.
Jemand hat sich vor Ewigkeiten im "Süchtig nach Softdrinks"-Thread im Sumpf positiv über dieses Zeugs geäußert und bei der allgegenwärtigen Hitze verlangte es mir nach einer Erfrischung.
Calpis sieht farblich aus wie Milch oder Molke und schmeckt sehr fruchtig, ein bischen Zitrone, ein bischen Orange und einen Schuss Süßungsmittel um die Säure der beiden Früchte auszugleichen. Das Äquivalent zu geschnittenem Brot auf dem Softdrinkmarkt könnte man mindestens daraus machen, ich würde euch allen schwer empfehlen, beim Kombini gleich bei eurer Ankunft eine Flasche zu erwerben. Gutes Zeugs.
Bei der darauf folgenden Rückfahrt zum Hotel zwecks besserer Planung des nächsten (in Retroperspektive ebenfalls erfolglos verlaufenden) Vorstoßes in die Gräberlandschaft Tokyos sah ich zumindest den größten Golfball meines Lebens und ein paar Hausboote auf einem Kanal. Zweitere wurden für Photos vorgemerkt.
Wikitravel erwies sich als sehr hilfreich, da es fast alle Linien, Stationen und Haltestellen des Tokyoter Verkehrsnetzes kennt und somit war es kein Problem, die Verbindung nach Gokokuji zu finden und mich von einer U-Bahn direkt vor dem Eingang des Tempels absetzen zu lassen.
Ich hatte vor, Hearn posthum zumindest ein wenig zu beleidigen, da er, der er sein Leben lang kein anständiges japanisch gesprochen hatte zu einem bedeutenden Teil mitverantwortlich für die bizarre Weise ist, in der wir heutzutage Japan betrachten. Er quetschte ein Land mit seinen populärwissenschaftlichen Schriften über das "mysteriöse japanische Lächeln", das "mysteriöse japanische Verhalten" und das "Mysterium der japanischen Pfütze" in eine Ecke der Geistesgeschichte, in der er eine quasi-religiöse Oberherrschaft über die Wahrheit über Japan für sich reklamieren konnte. Er erklärte sich durch die korrekte Anwendung religiöser Meme zum Papst seiner eigenen Religion, die da "Japan verstehen" hieß und erklärte das Verständniss gleich auch noch zu einem Geheimiss des Glaubens Hearn. Die wundervolle Strategie machte ihn im englischen Sprachraum zu einem unumgänglichen Fixpunkt des populären Diskurses und setzte die Arbeiten früherer Besucher, wie der ganzen Jesuiten und Händler herab, welche pragmatischer an die Sache herangingen. Natürlich fuhr er auf derselben Linie, wie die ersten Besucher, die nichts besseres zu tun hatten, als Japan als "Schatten" Europas am anderen Ende der Kugel zu sehen, wo alles gleich aber Spiegelverkehrt ist aber irgendwie hätte man eine etwas originellere Perspektive erwarten können, wenn man so lange in Japan lebt wie Hearn es getan hat.
Wie auch immer, der Tempel ist eigentlich relativ hübsch und soll nach Aussagen von Wikitravel einen Talisman verkaufen, der vor Blitzeinschlag schützt - sollte ich einen solchen für unseren Server erworben haben?Der Friedhof ist groß und gefüllt mit Krähen und Zikaden. Die Gräber der Kaiserfamilie sah ich diesesmal noch nicht, nur ein paar faulenzende Friedhofskatzen, ein Totempfahl und ein Käfig, in dem sich jemand Krähen hält fiel mir ins Auge. Als ich am Fuße der Eingangstreppe pausierte, gesellte sich eine Katze zu mir und begann miauend zu betteln und ich hätte sie wohl noch gefüttert, wenn ich noch ein Onigiri übrig gehabt hätte.
Abendprogramm habe ich wieder mal keines, ich verbringe ihn hier schreibend nach meinem Bad. Der Akku meiner Kamera hat nebenbei zum erstem mal seit meiner Ankunft den Dienst verweigert, gerade als ich nach dem Bade ein sexy Yukata-Photo von mir machen wollte.
Im Bad selbst sind noch ein paar unterhaltsame Dinge passiert. Es scheint, als wäre um vier herum Stoßzeit, denn es waren insgesamt FÜNF(!!!!) Personen in der Zeit anwesend, die ich für mein Bad benötigte. Die witzigsten beiden waren zwei Amerikaner, die hereinkamen und sich normal duschten, dann wieder zu den Schließfächern im angeschlossenen Vorraum gingen und sich BADEHOSEN überzogen, bevor sie in die Wanne stiegen.Soetwas habe ich das letzte mal mit elf oder zwölf im Sportunterricht gemacht.