Zitat von Chroniken eines Zimmermannes
Es ist dunkel und die Götter scheinen heute ein berauschendes Fest zu feiern, dass es hier auf Erden donnert und blitzt, dass die Menschen sich in ihren Häusern einschließen und das Vieh im Stall vor Angst wahnsinnig wird. Für einen Reisenden wie mich, der au der Durchreise mitten in irgend einem fremden Wald unterwegs ist, sind das nicht die optimalen Vorraussetzungen, doch ich hatte mir mein Schicksal selber gewählt und stehe dazu, auch wenn ich nicht damit gerechnet hatte jemals so nass zu werden.
Und da ich meine Reise fortsetzte, obwohl das Wetter es mir unmöglich machte ein fröhliches Lied zu spielen, zeigten sich die 12 gnadenvoll und führten mich zu einer Siedlung die Keilersfurth hieß.
Unweit des Weges, am Rande der Siedlung stand ein Schild an einem Haus „Zum goldenen Keiler“. Hier also hörte meine Reise vorerst auf.
Als ich die Taverne betrat, war diese alles andere als leer, doch trotz der Masse war es unglaublich still. Ich hörte lediglich meinen eigenen Atem. Ich glaube nicht, dass ich der Dorfgemeinschaft einen Schrecken eingejagt hatte, es war etwas anderes: Die Gesichter der Menschen waren erfüllt von tiefer Trauer. Bestimmt war etwas passiert. Doch ich war erst einmal froh, einen starken Schnaps und eine warme Mahlzeit zu bekommen. Was hatte ich doch gleich noch an Finanzen? Achja: 4 ganze Heller. Das reichte mit etwas Glück immerhin für den Schnaps…
„Woher kommen sie, Fremder?“ fragte ein älterer Mann an der Bar.
Ich wollte nicht lügen, die Menschen aber auch nicht mit einer langen Geschichte quälen. „Ich bin ein einfacher Flötenspieler auf der Durchreise.“, sagte ich, “Doch meine Geschichte ist lang und meine Knochen kalt und nass. Ich suche nur eine Mahlzeit und ein Lager für die Nacht. Ich aknn nämlich nicht besonders gut schwimmen!“
Ein Schmunzeln war in einigen Gesichtern zu erkennen. Wirklich erheitern konnte man diese armen Hunde nicht. Was war wohl passiert?
„Darf ich fragen, wie sie ihren Aufenthalt bezahlen werden?“ fragte ein Herr, einige Jahre jünger als ich, der anscheinend eine Art Wirt war.
Ich gestand leise, dass ich nicht gut bei Kasse war und zeigte dem äußerst jungen Wirt den Inhalt meines Geldbeutels: Ein Tuch, 6 bunte Würfel und den paar Münzen.
Dann wurde die Tür aufgestoßen. Ein Söldner in teurer Rüstung und mit guten Waffen ausgerüstet betrat die Schenke.
- "Was kostet mich eine Nacht hier, Herr Wirt?"
- "In diesen grauen Tagen 7 Heller, fremder Wanderer."
- "7 Heller? In einer Spelunke wie dieser? Das ist eine Frechheit!"
- "Sie dürfen gerne wieder gehen und draußen übernachten. Das ist in der Regel umsonst."
Die Gäste schauten auf und die warteten gespannt auf eine Antwort.
- "Für die anderen scheinen Getränke und Schlaflager umsonst zu sein. Ist das denn vor den Göttern gerecht?"
- "Das sind Menschen aus der Gegend. Freunde von mir."
- "Achja? Der blonde hier mit der komischen Halskette, der ist sicherlich nicht aus der Gegend!"
- " Der hier hat bereits bezahlt. Also bleiben sie?"
Verärgert legte der Krieger einen Silbertaler auf die Theke und ging bebend vor Wut in den Schlafsaal.
"Was hängt da um ihren Hals, Fremder?" fragte mich der junge Wirt.
- "Das sind Flöten. 2 davon habe ich selber geschnitzt. Und das hier, das ist eine Okarina. Eine Tonflöte."
"Können sie nicht ein Lied spielen?" meldete sich einer der Gäste zu Wort, dem die gedrungene Stimmung sichtbar nicht gut bekam.
"Ich stehe in eurer Schuld. Ich werde mein bestes geben.", antwortete ich ehrlich und begann damit, meine Instrumente mit dem Tuch zu trocknen. Ich spielte eine ruhige melancholische Melodie auf der Okaria. Einige erkannten sie: Es war eine Melodie der Heldengesänge von Prinz Gero dem Wagemütigen, der um seinem gefallenem Freund trauerte. Obwohl die Melodie sehr einfach war, ging sie den Menschen doch sehr nahe und ich schaffte es, die Aufmerksamkeit der Menschen im schwarzen Keiler auf mich zu ziehen. Sie fanden Gefallen an dem Lied, obwohl es traurig war. So bemerkten sie nicht, dass ein weiterer Reisender die Schenke betrat. Er war gut gekleidet und schien ein reisender Adliger zu sein, denn seine Haare und sein Bart waren ordentlich geschnitten und er schien viel Wert auf sein Äußeres zu legen. Außerdem hatte er eine Laute dabei.
- "Willkommen im schwarzen Keiler, werter Barde. Für jeden Barden ist eine Übernachtung heute Abend frei, vorausgesetzt, sie spielen uns ein fröhliches Lied!"
Der Fremde stellte sich der Runde als Davio di Khayothan vor und ich bemerkte, dass ich diese Geste völlig vergessen hatte und tat es ihm gleich.
Nachdem er einen Schnaps getrunken hatte um sich zu wärmen fing er an auf seiner Laute zu spielen und dabei das Lied von der wunderschönen Wirtin von Harben zu singen, die den Gästen schöne Augen machte, sie abfüllte und dann vor die Türe warf. Bereits nach kurzer Zeit klatschten die Gäste im takt mit. Er war ein guter Musiker, dass erkannte ich sofort, doch für ein Lied wie dieses war seine Stimme nicht passend. Nachdem Davio mit seinem Lied fertig war stimmte ich das Lied über die Trinkgewohnheiten der Zwerge an, welches ich selbst gedichtet hatte. Nach jeder Strophe spielte ich eine muntere Melodie auf einer Flöte. Diese Runde ging wieder an mich, denn das Bier schien bei diesem Lied enorm schneller zu fließen, sowohl aus dem Fass, als auch die Kehle der Gäste hinunter.
Nach diesem beinahe endlosen Lied stimmte Davio das Lied der Rumschmuggler ein, die mitsamt ihrer Rumfässer auf einer einsamen, unfruchtbaren Insel strandeten und nun die letzte Feier ihres Lebens feierten. Die Strophen waren eine sängerische Meisterleistung, aber der Refrain war leicht und selbst ein besoffener Ork hätte ihn mitsingen können, also grölte die ganze Taverne mit...
So vergingen mehrere Stunden und selbst wir Musikanten hatten es vor lauter Alkohol schwer, die eigenen Instrumente oder die Stimme zu halten.
Plötzlich wurde es still. Der Krieger, der bei diesem Lärmpegel natürlich nicht schlafen konnte stand neben mir und Davio und sah uns ernst an.
- "Ich habe alles gehört. Für Spielmänner umsonst! Das ich nicht lache! Ich will sofort mein Geld wiederhaben, sonst könnt ihr was erleben!" drohend ho er einen funkelnden 2Händer. Durch Schnäpse, Bier und den Rausch der Feier erkannte ich den Ernst der Lage nicht.
- "Wissen sie einen Degen zu führen?" fragte ich kurz und knapp.
- "Jede Waffe, mein Herr. Für dich reicht ein Brotmesser."
- "Dann fordere ich sie heraus!"
Nach 2 Minuten standen wir Duellanten im Regen vor der Taverne.
- "Ich warne euch!" sagte der Krieger, "Ich bin Alrik Mauerbrecher aus der Bruderschaft der Hammerfäuste! Mich hat noch keiner besiegt"
- "Angenehm. Ich bin Belagor der Zimmermann"
An die nächsten Minuten kann ich mich kaum erinnern. Alrikwar ein erfahrener Krieger, doch ich trug keine Wunden davon. Instinktiv und von den Zwölfen unterstützt parierte ich seine mächtigen Hiebe und ließ meine stählerne Klinge im Regen tanzen. Es muss sehr lange gedauert haben, bis meine Arme müde wurden und Alrik die Oberhand gewann, doch noch hatte er nicht gewonnen. Die kurze Waffe in meiner linken Hand bewahrte mich vor seinen wüsten Versuchen, mich wie ein Ferkel aufzuspießen. Er hatte mit einem schwächeren Gegner gerechnet. Lachend versuchte ich ihn zurückzudrängen, dann verlor ich mien Linkhand. Jetzt sah es schlecht für mich aus. Alrik drängte mich mehr und mehr zurück und schließlich landete ich auf dem Boden. Natürlich landete ich nicht im Matsch, ich war trotz der wilden Fechterei meines Gegners imstande, rückwärts in die Richtung einer Scheune zu gehen. Eine Landung im Stroh war angenehmer, als eine Landung auf dem lehmigen Boden.
Als ich jedoch sah, wie Alrik ausholte und mir trotz meiner eindeutigen Niederlage noch nach dem Leben trachtete, vergaß ich jedes noch so kleine Gefühl für Humor. Doch Alrik sollte mich in diesem Augenblick nicht umbringen: Er fiel einfach um.
Davio hatte ihm seine Laute über den Schädel gezogen, eine Aktion, die mir zwar das Leben rettete, aber dafür seine Laute für immer zum Schweigen brachte.
Der Krieger wurde in den Schlafsaal getragen und der Wirt erlaubte mir und Davio die Nacht in der Scheune zu verbringen, wenn wir am nächsten Morgen Keilersfurth so früh wie möglich verlassen würden. Alrik würde er sagen, dass sie in der Nacht Hals über Kopf geflohen wären. Warscheinlich hoffte er, genau wie ich, dass Alriks erwachen noch einige Zeit andauern würde, doch die Chancen dafür waren schlecht.
Und so verbringe ich diese Nacht, oder zumindest das, was von ihr übrig geblieben ist, mit diesem fremden Barden in einer Scheune. Ich hoffe, dass wir zwei zusammen weiterreisen werden. Es ist mir egal, wo er hin möchte, denn ich habe kein Ziel, außer dir, meinem Vater, dieses irgendwann fertige Buch auszuhändigen und dem Barden, der sich selbst Davio nennt eine neue Laute zu kaufen.
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