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Puppet Vampire
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So, nach einer doch relativ langen Pause geht es weiter; und das mit gleich 2 Episoden unserer Monster-Chronisten Daen vom Clan und CK-2587.
Viel Spass wünschen
Die Chronisten der Unterwelt 
Daen vom Clan:
„Gerne bringe ich dich zu meiner Begleiterin“, sprach Vintal gedehnt und beobachtete aufmerksam die Augen Göflingtons, die freudig aufblitzten ,als er sie erwähnte, „doch zuvorderst ist es meine Pflicht, nach einer weiteren Begleiterin Ausschau zu halten, die in Gefahr läuft, gefangen genommen zu werden.“, schloss er aufgeräumt und wollte sich abermals an Göflington vorbeidrängeln, doch wieder schob sich ihm der Mann in den Weg. „Nein, Nein, du verstehst nicht. Ich will sie jetzt sehen!“, erklärte der Abenteurer mit Nachdruck und Vintal verdrehte seufzend die Augen.
Er wollte eben zu einer wütenden Bemerkung ansetzen, als sich Repko mit aufgeräumter Stimme einmischte: „Nun ist es aber gut! Hier draußen wimmelt es von den Purpurroben und die Stadtwachen scheinen ebenfalls sämtliche Spelunken nach Schurken zu durchkämmen, die sie opfern können, um die Dareos-Heuchler schneller wieder loswerden zu können.“
Vintal sah ihn fragend und abschätzend an und Repko meinte lachend, während er von einem alten Fass sprang, von dessen erhöhtem Standpunkt aus er die Hauptstrasse besser im Auge behalten konnte, „Ja, weißt du denn nicht, das diese Mordbrenner eine Art Quote zu erfüllen haben?“ Göflington seufzte gequält auf und Repko beendete schnell den Spaß: „Nein, Vintal, lass dich nicht zum Narren halten – die Streiter Dareos halten sich an keine Gesetze, sie folgen nur ihrem Instinkt und stechen nieder, was das Pech hat, sich auch nur im Geringsten verdächtig zu benehmen. Diese Streiter sind eine wahre Geißel, denn wo man mit Orken um sein Leben noch feilschen kann, so wirst du bei ihnen keine Gnade erwarten dürfen.“
Vintal nickte ernst und sagte: „Um so wichtige ist es, das ich meine Kameradin in Sicherheit bringe – und danach bringe ich euch zu meiner“ – er schien kurz nachzudenken – „Freundin.“
„Einverstanden!“, meinte Repko schnell und warf Göflington einen schnellen Blick zu, der ihm bedeuten sollte, sich endlich einzufügen und die sinnlose Diskussion und das verbale Säbelrasseln sein zu lassen, schätzte er die Geduld des seltsamen geflügelten Mannes doch auch nicht als unendlich ein.
Nur kurze Zeit später huschten drei gebückte gehende Schatten durch die Hintergärten der kleinen Stadt, wobei Repko die Führung übernahm und seine beiden Kameraden immer wieder wütend zischend zur Ruhe und Vorsicht gemahnen musste, denn Beide schienen von einer inneren Unruhe und Hast erfüllt und fast hätte das der kleinen Gruppe den Kopf gekostet, als sie aus einem baufälligen Haus kletterten und um Haaresbreite einer Streife der Männer in den Purpurroben in die Hände gelaufen wären. Schließlich waren sie schleichender Weise einen großen Bogen um das Haus gelaufen und robbten geduckt durch den Kräutergarten der Hexe, in dem es sinnbetörend nach allerlei Kräutern und Blumen duftete, als Repko Vintal am Bein packte, der gerade nach vorne robben wollte. „Was gibt es?“, zischte dieser – so kurz vor dem Ziel – unwirsch und Repko ließ das Bein sofort los, flüsterte jedoch zurück: „Ich...weiß es nicht, ich habe kein gutes Gefühl dabei. Was soll ich sagen – mein Ohrläppchen zuckt, das ist ein Zeichen für großen Ärger, glaube mir, ich habe ein Gespür dafür.“
„Unsinn!“, zischte Vintal, stand vom Boden auf und wollte soeben vorpreschen um die Hintertür des kleines Häuschens zu erreichen, als er sich urplötzlich wieder zu Boden warf, an einigen kleinen Belmartsträuchern vorbeirobbte und die schwer nach bitterer Frucht duftenden Blätter beiseite schob.
„Heilige Einfalt!“, entfuhr es ihm, als er erkannte, wie Diara seelenruhig im Schatten zweier großer Bürgerhäuser auf das kleine Holzhaus der Hexe zu schlich, während Vintal erkennen konnte, wie sich verstohlen zwei Männer in purpurfarbenen Roben hinter den Fenstern des ersten Bürgerhauses duckten und er schalt sich einen Gedanken einen Narren, nicht daran gedacht zu haben, das die Roben vielleicht das Häuschen überwachen würden, um der - zweifelsohne in ihren Gedanken ketzerischen – „Kundschaft“ der alten Frau habhaft zu werden. Aber die Anwesenheit der zwei Männer – so sponn Vintal den gedanklichen Faden weiter – bedeutete, das Gabrielle mit großer Wahrscheinlichkeit bereits in den Händen ihrer Häscher war und ihre Anwesenheit somit eine große Gefahr darstellte.
Vintal ging im Kopf unzählige Möglichkeiten des weiteren Vorgehens durch und hatte bereits einen Entschluss gefasst. Er würde Repko und Göflington einweihen, dann die Männer im Haus ablenken, indem er an ihnen vorbei rannte, seine Flügel offen zeigte, was die Henker und Verfolger sicherlich als dämonische Male interpretieren würden, und dann über die Dächer einige Gassen weiter fliegen und hoffen, das man ihn verfolgen würde.
In der Zwischenzeit sollten die beiden anderen seine Geliebte nach draußen an das Birgelbacher Tor schaffen, von dort aus würde man dem Birgel bis in den Wald und dem Gebirge folgen und dort würde er es schon schaffen, Kontakt mit seinen alten Freunden – den Grenzreitern – aufzunehmen.
Er beglückwünschte sich gerade selber zu diesem narrensicheren Plan und robbte zu den beiden Anderen, als Göflington an ihm vorbeigestürmt kam, und laut brüllte: „Diara!! Hier, hier sind wir!!“
„Heilige Einfalt!“, entfuhr es diesmal Repko, der seinen Kameraden ebenso entsetzt ansah wie Vintal.
Kritisch betrachtete der Ritter Daen van der Wall die vor Dreck starrende Decke, die zusammengeknüllt auf dem Bretterboden des kleinen Baumhauses lag, schien sich seufzend dann aber doch gegen eine Mütze voll Schlaf zu entscheiden und ging stattdessen auf eine Art Balkon mit Brüstung und betrachtete fasziniert die riesengroße Lichtung, durch die der kleine Bach Birgel floss und wo sich zahlreiche kleinere Hütten drängten, während sich rund um die Lichtung herum ein feines Netz an Baumhäusern und Wachposten erstreckte, die sich weit oben in den Wipfeln der gewaltigen Bäume befanden und mit Hängebrücken oder einfachen Kletterseilen miteinander verbunden waren.
Im Geiste revidierte Daen die geringschätzige Meinung, die er vor dem Eintreffen in das Lager von dieser Bande an Halsabschneidern hatte, und stellte sich vor, wie erstaunt der Hauptmann der kaiserlichen Armee wäre, würde er erfahren, was die Geächteten und Gesetzlosen dieser Tage aus dem Boden gestampft hatten, wobei er sich ihrer Motive nicht wirklich im Klaren war. „Sicher“ – dachte er bei sich – „sie hatten ihnen da draußen geholfen, doch im Grunde war die Lage unter Kontrolle, wenn sich mein junger Freund nicht soviel Zeit damit gelassen hätte, eine strategisch bessere Artillerieposition zu suchen.“ Und während er sich über den weißen Bart strich, nahm er sich vor, Yoshua zum Sieg über diese Bande von Orks zu beglückwünschen und ihm etwas Exerzieren beizubringen, damit sie sich in weiteren Kämpfen mit militärisch kurzen Kommandos besser verständigen können würden.
„Doch wo steckt dieser kleine Schmutzfink überhaupt und ließ abermals seine alten Augen über das Lager wandern, bis er schließlich eine kleine wackelnde Gestalt erblickte, die mühsam einen großen Korb frisch gegerbter Felle am Uferweg des Birgels entlang schleppte und sich dabei angeregt mit einer Frau unterhielt, deren Identität der alte Ritter schneller erraten als erblicken konnte und er hoffte inständig, das sich Yoshua nur als Kavalier alter Schule erweisen wollte und nicht den Fehler machen würde, sich auf diese Frau einzulassen, denn Vidoria machte ihrem Fay’le’shiemen – ihrem elfischen Seelenamen – „Sturmblüte“ alle Ehre, denn so schnell ein Sturm ganze Landstriche verheeren konnte, so schnell und unsteter Gesinnung konnte sich die hübsche Elfenfrau fanatisch für Dinge begeistern, an denen sie ebenso schnell wieder das Interesse verlor und zurück blieben – wie bei einem Sturm - oftmals nur geknickte Bäume und Zerstörung. „Andererseits,“ rief Daen sich ins Gedächtnis, „ist Yoshua ein erwachsener junger Mann, der durchaus in der Lage war, seine eigenen Erfahrungen zu machen und wenn Diese so schmerzhaft sein sollten, wie die Erfahrungen, die er gezwungen zu machen war, so solle es wohl sein.“ Und dabei griff er unwillkürlich an die Narbe an seiner Seite, die ihn wohl auf ewig an seine ungestüme Kampfgefährtin früherer Tage erinnern würde.
„Verschleiert sie deine Gedanken wieder mit Kummer?“, war eine melodiöse Stimme in seinem Rücken zu hören und eine grazile Elfenhand legte sich auf seine Schulter, wobei durch den dicken Gambeson, das Kettenhemd und den Wappenrock das Gewicht der Hand eher zu Vermuten, denn zu spüren war. Fast verlegen gab Daen sich Mühe, den traurigen Ausdruck auf seinem Gesicht zu verbannen und er drehte sich in Richtung des Neuankömmlings, wobei er gegen seinen Willen lächeln musste. Im Gegensatz zu ihrer wilden Schwester war Falicita Abendtraum ein ruhender Pol aller Dinge. Eine weise Frau mit jugendlichem, doch wunderschönem Antlitz. Sie war Poetin, Dichterin und Denkerin und die einzige Möglichkeit, wahrhaftig Regung auf ihr fein geschnittenes Gesicht zu zaubern, war ein Disput über den Lauf der Welt bei Harfenspiel und schwerem Wein in den lauen Abendstunden des Sommers. Ansonsten schien das sanfte Lächeln ihres Mundes und der warme Glanz ihrer Augen wie für die Ewigkeit in ihr Gesicht gezaubert, umrahmt von goldenem langen Haar ohne jede Flechtzierde, die einen farbenfrohen Kontrast zu dem weinroten Schmuckdiadem bildeten, das ihre Haare in Zaum hielt. Ihre unergründlichen mandelförmigen Augen blickten ihn mit solcher lebensbejahender Liebe an, das ihm angenehm schauderte und freundlich erwiderte er ihr Lächeln. „Du sollst nicht in Träumen des Kummers ertrinken, Ritter der Ehre, wenn dies Träume der Vergangenheit sind. Meine Schwester hat ihren Platz in dieser Welt, wie du den Deinigen hast und es war euch Beiden bestimmt, eine kurze Zeitspanne gemeinsam zu wandeln. Doch ist Zeit wie die wunderbare Natur: Stets im Wandel, wie die Wellen des Meeres oder Bäume im Kreislauf des Werdens und Vergehens.“
Dabei legte sie ihre zweite Hand auf die andere Schulter des alten Ritters und Dieser verwunderte sich wie unzählige Male zuvor, über die Stärke, den Mut und das stärkende Gefühl der Zuversicht, das ihm bei ihren Berührungen überkam und entgegen aller steifen Konventionen seines Ordens oder des Kaiserhofes sprudelte ein Kichern aus der Kehle des Ritters van der Wall und während die Augen Felicitas vor Vergnügen blitzten, steigerte sich Daen in fröhliches Gelächter und völlig losgelöst und von Heiterkeit erfüllt wischte sich der Mann eine Lachträne aus den Augen, unterdrückte ein weiteres Kichern und verneigte sich kurz, während er sich gerührt für den Trost bedankte.
„Doch nun, was führt dich in das Herz der Grenzreiter, Ritter der Tapferkeit?“, fragte die Elfe, während ihr Daen galant den Arm anbot, den sie sanft lächelnd ergriff, als sie auf die Brüstung hinaustraten und die erste Hängebrücke überquerte.
„Nun, das...“, fing Daen van der Wall an, doch kam er nicht weit, denn ein lauter Ruf hallte durch das Lager der Grenzreiter und sie herumfahren.
Unten am Weg war ein junger Mann in erdfarbenen, jedoch blutbesudelten Kleidern erschienen, der noch immer ein Schwert in der Hand hielt. Er schien kaum 25 Sommer alt zu sein, doch seine laute Stimme erreichte den Ritter problemlos: „Wir... haben eine größere Patrouille der Orken gestellt, unten an der Birgelbrücke...“ Er schien Atem zu schöpfen. „Wir haben geringe Verluste, doch was noch wichtiger ist: Wir haben einige orkische Gefangene gemacht, die nach einiger Überredungskunst“ – der junge Mann lächelte grimmig – „nun bereit sind, uns zu erzählen, was sie über die Grenzen treibt!“
Der Ritter blickte in das Gesicht der schönen Elfe an seiner Seite und rannte dann unter den Schmerzen seiner jüngsten Wunden zu einer Strickleiter, die ihn zum Boden bringen würde, wo er unten auch schon von Yoshua begrüßt wurde, der ihm sein Schwert vom Pferd gebracht hatte.
„Endlich!“, stieß Daen zwischen den Zähnen hervor, während sie schnell in Richtung der Birgelbrücke liefen, „finden wir heraus, was diese Mistkerle hier wollen!“
CK-2587:
Unter vollen Segeln hatte die „Nachtfalke“ schließlich die Küste des östlichen Kaiserreiches und damit auch Garmils hinter sich gelassen und strebte schier unaufhaltsam dem Horizont entgegen unter einer rasch aufgehenden Sonne und umgeben vom blauen Ozean. Der Wind stand günstig, wenn man Kapitän SDS glauben konnte, sodass die Fahrt, die das Schiff aufnahm, Astiroth mehr als zufrieden stellte. Jede zurückgelegte Seemeile entfernte sie weiter von den wachsamen Augen, die nach ihren Leben trachteten und näherten sie der Erfüllung ihres aufgezwungenen Auftrages an.
Trigaram jedoch schien das Hochgefühl des Menschen nicht teilen zu wollen- ihm schienen Seereisen sehr zu missfallen und er verbrachte den Großteil des Tages damit, kränklich in einer ruhigen Ecke des Schiffes zu hocken und alles zu beobachten. Immerhin hatte er zuvor seiner Schuldigkeit genüge getan, indem er Kapitän SDS in einer weiteren Gedankenbeeinflussung davon felsenfest überzeugt hatte, dass sie beide nicht einmal mehr Matrosendienste zu absolvieren hatten, um sich der Passage nach Caalador sicher zu sein.
So kam es, dass Astiroth oft gelangweilt an der Reling stand und die halbnackten Matrosen bei ihren waghalsigen Manövern in der Takelage des Zweimasters beobachtete, nachdem SDS befohlen hatte, die Segel aufgrund eines zu starken Windes zu kürzen. Der erfahrene Seebär wollte es anscheinend nicht riskieren, das wertvolle Segeltuch nach einer kräftigen Bö in Fetzen vorzufinden. Der Kapitän schien sich glücklicherweise von Natur aus nicht für die Geschäfte seiner Passagiere zu interessieren, also fragte er auch nicht lange, was Trigaram und Astiroth vorhatten und warum sie einen der unwirtlichsten Kontinente der Welt aufsuchen wollten. Anstatt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, pflegte der verwegen aussehende Seemann zuweilen, Geschichten von weit entfernten Inseln zu erzählen, die einem den Eindruck aufzwangen, SDS habe bereits die gesamte bekannte Welt bereist. Astiroth vergaß den Großteil des in seinen Augen belanglosen Seemannsgarns, doch Trigaram schien wissbegierig. So wissbegierig, dass er SDS an einen Stellen geradezu dazu nötigte, mehr ins Detail zu gehen. Diesen schien das in keiner Weise zu stören, weswegen Astiroth davon absah, Versuche zu unternehmen, es zu unterbinden und stattdessen sich darum bemühte, an einem anderen Ort zu sein, wenn die Zunge des Schiffsobersten einmal mehr durch Rum oder die salbungsvollen Worte Trigarams gelockert wurde. Der Rest der Mannschaft indes war den Passagieren weniger aufgeschlossen- besonders auf dem Dunkelelfen lasteten oft finstere Blicke seitens der Matrosen, die sich scheinbar aus Menschen aller Herren Länder und Sprachen zusammensetzten. Die stiernackigen Bootsmänner verständigten sich zwar mit gebrüllten Befehlen, doch Astiroth bezweifelte, dass auch nur die Hälfte der schwitzenden Männer diese verstand. Trotzdem gab es keinerlei Probleme, da die Männer ihr Handwerk verstanden und, sollten sie doch aus der Reihe tanzen, rasch das dicke Ende eines Taus auf dem Rücken spürten.
Astiroth stand einmal mehr rastlos an der Reling, unruhig ins von kleinen Wellen dominierte Wasser starrend, als hinter ihm polternde Schritte den Kapitän ankündigten, der daraufhin- begleitet durch eine aus Alkohol und Schweiß bestehenden Geruchswolke- neben Astiroth zum stehen kam und diesen kurz musterte. SDS schien das Erscheinungsbild des Menschen nicht zu stören.
„Wind ist gut... zu gut... könnte ein Sturm werden“, brummte der Seemann und kratzte sich gedankenverloren oberhalb seiner Augenklappe. Astiroth zuckte beinahe unmerklich mit den Achseln. Stürme interessierten ihn herzlich wenig, solange Trigaram es zu vermeiden wusste, sich in seiner Gegenwart zu übergeben.
„Ansonsten erreichen wir Caalador schneller als erwartet... das is’ gut. Bringt besseren Preis für die Waren.“
Gedankenverloren strich SDS über den Griff des Säbels, den er stets ei sich trug. Die Waffe war alt, doch Astiroth hatte festgestellt, dass ein erfahrener Schmied sie aus bestem Stahl gefertigt haben musste. Möglicherweise hatte sie SDS vor schlimmeren bewahrt, als er sein Auge verlor.
„Wenn aber ein Sturm kommt... müssen wir ihn abreiten. Das kostet Zeit.“ Unsicher stierte der Kapitän in den Himmel, besonders auf die im Osten aufziehenden Wolken, und polterte dann wieder davon. Astiroth schüttelte beiläufig den Kopf und starrte weiter ins Wasser. Was konnte bloßer Wind schon anrichten?
Schläfrig schien die Hafenstadt Caalador auf dem Kontinent Tareisos unter der erbarmungslos brennenden Sonne zu stöhnen, deren Strahlen nahezu jeden Bewohner in eines der in Leichtbauweise gefertigten Häuser getrieben hatte, die denn auf dem Kontinent Garmil nur soweit ähnelten, dass auch sie eine Tür und gegebenenfalls Fenster besaßen, ansonsten aber vollkommen auf die Bedürfnisse des trockenen, heißen Klimas zugeschnitten waren, welches vorherrschte und den abenteuerlustige Reisende von diesem kahlen Fleckchen Erde fernhielt. Eine Tatsache, mit der die Bewohner der Stadt und die Nomadenstämme außerhalb, die- befähigt durch uralte Geheimnisse- in der Wüste erfolgreich Viehzucht betrieben und ständig mit ihren Herden umherzogen, um dann Tiere bei den Stadtbewohnern gegen andere Utensilien einzutauschen, gut leben konnten. Doch dann waren die ersten Fremden gekommen, mit großen Schiffen, an deren Masten purpurne Flaggen, bestickt mit einer goldenen Sonne, geweht hatten und aus deren Rümpfen ebenso gefärbte Menschen gequollen waren, die die Botschaft und Güte des Dareos verbreiten wollen- zur Not auch mit dem Schwert. Dann waren diese Menschen weiter in die Wüste gezogen und ihre Schiffe hatten abgelegt, doch der Kurze Besuch in Caalador hatte genügt, um die Einheimischen immer noch in geduckter Haltung herumeilen zu lassen, sofern die brütende Hitze es ihnen erlaubte. Lieblos trieb der Wind den Wüstensand vor sich her und ließ jede Gestalt, die sich auf den staubigen Wegen aufhielt, das Gesicht hinter einer Lage hellen, das marternde Sonnenlicht so gut wie möglich reflektierenden Stoffes verbergen. Alle, bis auf eine. Der ungepflegt wirkende Mann in seiner schäbigen Kleidung, die an einen der Nomadenstämme erinnerte, hielt sich leise jammernd an der Ecke eines Hauses fest und versuchte vergeblich, die stechenden Sandkörner eines kräftigen Windstoßes abzuwehren. Schon seit Tagen war er- so erzählten sich die Stadtbewohner- durch die Wege und Gassen geirrt, auf der Suche nach irgendetwas oder irgendjemanden. Aus seinen in fiebrigem Gestammel vorgetragenen Worten konnten die Menschen ebenso wenig Sinn herleiten, wie aus den konfusen Zeichnungen, die er ab und an im Sand hinterließ, ehe der Wind sie wieder mit einer neuen Schicht heißen Sandes überdeckte. Sie waren dazu übergegangen, ihn zu meiden, hatten ihn der Stadtwache- einer spärlich ausgerüsteten Abteilung lustloser Milizionäre- gemeldet, doch er war dem schwindenden Interesse dieser Ordnungshüter stets entwischt.
Nun aber hockte er, der prallen Sonne ausgesetzt, erneut im Sand und ließ seine rot glühenden Arme fahrige Bewegungen vollführen, während seinem ausgetrockneten Munde leise Worte entrannen.
„Glühende Eisen... glühende Eisen... heiß wie die Sonne am Mittag...“ Er zitterte, doch es war ein leises Kichern, das seinem Leib diese Bewegung aufzwang.
„Die Sonne... ja... die Sonne... brennt heiß, gebunden am Pfahl, heiß.... ja...“ Seine zittrigen Bewegungen stoppten urplötzlich und er sah sich aus erloschenen Augen aufmerksam um.
„Kommen sie... kommen die Schiffe? Muss es wissen... muss es weitersagen...muss...“ Er schrak hoch.
„Doch darf nichts verraten, nein... kenne keine Krieger in prächtigen Mänteln... weiß nichts, habe nichts gesehen, nichts gehört. Nichts.“
Die tastenden Finger legten sich wieder an die Wand des Hauses, ehe die Gestalt sich langsam in eine aufrechte Position emporzog und dabei schnüffelnd durch die Nase Luft einsog.
„Ist jetzt Spürhund... mit neuem Namen... gibt keinen Rewa mehr...“ Urplötzlich zogen die Augen des Mannes sich zu kleinen, berechnenden und grausamen Schlitzen zusammen.
„Stey... Stey Greal...“
Mehrere Meilen tiefer im Herzen der Wüste, geschützt nur durch ein purpurnes Zeltdach, bedachte der sein prächtiges Exekutorengewand tragende Drath Vedar den ihm gegenüber stehenden, kleineren Mann mit einem nachdenklichen Blick.
„Seit Ihr Euch bezüglich dieser Angelegenheit absolut sicher, Inquisitor?“, durchbrach seine befehlsgewohnte Stimme die im Zelt vorherrschende Stimme. Der andere Mann- klein, mit ausgemergelten Gesichtszügen und grausam leuchtenden Augen- nickte bestätigend.
„Vollkommen sicher... mein Exekutor.“
Vedar nickte und wandte sich nachdenklich ab, beiläufig nach einem mit Wein gefülltem Becher greifend, der für ihn bereitstand, selbst hier, in der tiefsten Wüste.
„Meine Informanten irren sich nicht“, fuhr der hinter ihm stehende Mann fort. „Mit einem der nächsten Schiffe, die in Caalador eintreffen, kommt auch die Lösung auf Euer Problem. Dann werdet ihr dem Rat der Vollstrecker Berichte erstatten können, die Eure Operation in angemessenes Licht rücken.“
„Das will ich hoffen, Raelaz... wie ich ebenso hoffen will, dass Eure Methoden der Willensbrechung unseren kleinen Spion nicht allzu wahnsinnig gemacht haben, um seinen Auftrag zu erfüllen.“
„Fürwahr, der Geist jener, die von Dareos verlassen sind, ist schwach“, stimmte Raelaz Vedar mit einem affektierten Seufzer zu. „Doch seid ohne Sorge... er ist nun Euer verlängerter Arm in Caalador. Er wird finden, was Ihr benötigt.“
Vedar lachte trocken.
„Natürlich... und ich bin Euch dann etwas schuldig, was? Denkt Ihr, ich durchschaue Eure Pläne nicht, Inquisitor?“
Raelaz verzog kurz das Gesicht, hatte sich jedoch schnell wieder unter Kontrolle.
„Wie auch der Hochinquisitor in Cirmalot diene ich den Vollstreckern, Exekutor Vedar. Und damit Euch, schließlich befehligt ihr diese Legion, die erste, die die ehrenvolle Aufgabe hat, Dareos’ Botschaften über Garmils Grenzen hinaus zu verkünden. Reicht Euch das nicht?“
„Doch...“ Vedar nahm missmutig einen Schluck seines Weines. Er schmeckte leicht säuerlich... wie so einiges in letzter Zeit.
DJ n
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