Und weiter geht es im Text (nach einer zugegeben recht langen Blaupause) mit einer Episode vom Chronistenmeister Daen vom Clan und mir selbst.
Viel Spass beim Lesen und bitte, bitte gebt uns Kritik

Die Chronisten der Unterwelt

Daen vom Clan:
Genüsslich schmatzend lehnte sich der Ritter Daen van der Wall gegen einen Baum und genoss für einen kurzen Moment das wohlige Gefühl weichen und duftenden Mooses, ehe er sich wieder seiner Aufgabe des Wachehaltens bewusst wurde und sich abermals kerzengerade aufrichtete.
Er war nachdenklich diesen heutigen Abend und sein Blick richtete sich oft in den Sternenhimmel, wo er die leuchtenden Juwelen des nächtlichen Firmamentes miteinander im Geiste mit Linien verband und sich neue Formen und Zeichen erdachte.
Ein kleines Ziehen in seiner Magengegend aber zeugte ihm noch weitaus mehr von seiner eher schlechteren Laune und noch ehe er sich genauer überlegen konnte, woher dieses nagende Gefühl kam, wurde ihm bewusst, das es ihm einen Funken Leid tat, wie er heute mit seinem neuen Begleiter umgesprungen war, doch knurrend wischte er diese Bedenken beiseite und erinnerte sich an seine eigene, harte Schule und die Strapazen und Erniedrigungen in jüngster Kindheit an der Akademie und den Demütigungen und Kraftakte seines damaligen Herren, der ihm jedoch ein guter Ausbilder war, denn obschon Daen mit Sicherheit Bescheidenheit zu seinen Tugenden zählte, wusste er doch, das er in den langen Jahren des Krieges und dem Kampfes zu einem weisen Mann gereift war und er wollte sein Wissen mit Yoshua teilen - er würde diesen jungen Mann unter seine Fittiche nehmen und ihn zu anständigem Leben erziehen! Dieses kleine und geschickte Balg hatte besseres als den Galgen verdient, an dem er früher oder später landen würde und er würde ihm helfen, einen rechtschaffenen, götterfürchtigen und anständigen Bürger aus ihm zu machen - und wenn er ihm jeden dummen Gedanken eigenhändig aus dem verlausten Kopf würde prügeln müssen.
"Ja, der Junge braucht eine starke Hand!", grollte Daen halb leise, doch konnte er den grimmigen Blick kaum aufrecht erhalten, als er sah, wie Yoshua im Schlaf die Decke halb weggestrampelt hatte und tief in sein Herz hineinseufzend deckte Daen ihn wieder warm zu und schalt sich ob seiner Narretei seines Planes.
"Ich bin wohl weich geworden, auf meine alten Tage!", seufzte Daen und begann, abermals über den Sinn seines Lebens nachzudenken.

"Wir müssen uns beeilen, hier wegzukommen!", flüsterte Vintal erregt und berief sich dabei auf seine Kriegerinstinkte, die ihn ihm sämtliche Alarmglocken zum Klingen brachten, doch Diara bestand aus irgendeinem Grunde darauf, den Auftrag zu Ende zu führen und so musste Vintal entsetzt mit ansehen, wie Diara sich an dem kleinen Fenster des Hauses zu schaffen machte, Dieses leicht öffnete und angestrengt einen Blick nach drinnen warf um dann befriedigt zu seufzen, kurz die Augen zu schließen und abermals vor den Augen Vintals auf unnatürliche Art und Weise mit der Wand zu verschmelzen und Diese zu durchqueren.
"Ich hasse es, wenn sie das macht!", murmelte Vintal und beugte sich zu dem Mann herunter, der tot in der Gasse lag und unter seinen offensichtlich nur zu Zwecken der Tarnung angelegten Lumpen ein purpurfarbenes Wappenhemd trug, das Vintal allerdings in keinster Weise bekannt vorkam. Was er jedoch wusste, war die Tatsache, das Purpur nur schwer zu färben war und das Wappenhemd ihm somit ein kleines Vermögen einbringen könnte und während er seine geflügelten Ahnen ob der Leichenschönderei um Verzeihung bat, zückte er sein Messer und schnitt die Lumpen schnell auf.
Im Haus drinnen währenddessen schlich Diara leichtfüßig wie eine Katze durch die dunklen Zimmer und stöhnte leise wegen der rasenden Kopfschmerzen, die sie immer ereilten, wenn sie Eins wurde mit dem Element Stein und somit gewöhnliche Mauern durchschreiten konnte, sofern sie sich sicher sein konnte, was sich hinter einer Mauer befand, denn auch sie kannte Geschichten von Druiden und Hexen, die Eins wurden mit ihrem Element und sich buchstäblich in großen Felsen verlaufen haben, aus Welchen sie bis zu ihrem schrecklichen Hungertode Niemals wieder ans Tageslicht raus gefunden haben.
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie ein sehr helles und mehr als wohlhabendes Zimmer betrat, in dem sich zahlreiche Statuen und Ritterrüstungen, sowie teure Wandteppiche und Gobelins befanden und obschon sie über den Mann, dessen Gedanken sie zu lesen hatte, Nichts wusste, so schien der Mann jedoch es weit gebracht zu haben und sich einen gewissen Wohlstand erarbeitet haben. Leise ein Hexenlied summend strich sie gedankenverloren über einige Möbel und erstarrte dann, als sie einen Zettel auf dem Tisch liegen sah, auf dem eine Reihe von Namen standen.
Sie konnte gerade noch ihren eigenen Namen entziffern, da hörte sie schon Schritte aus dem Nebenraum, griff panisch nach dem Pergament und sprang mit höllischen Kopfschmerzen gegen die Wand, die sie sofort durchschritt, doch spürte sie schon bei der Transformation in Mutter Stein, das sich ihre Konzentration kaum aufrecht erhalten ließ und entsetzt stellte sie fest, das sie nicht nur einige Haare hinter der Wand zurückgelassen hatte, sondern auch einen kleinen Beutel mit Kräutern. Doch konnte sie sich nicht lange grämen, denn sie stürzte auf der gegenüberliegenden Seite sofort gegen einen Mann, der sich mit schnellen Reflexen zu Boden fallen ließ, Diara die Beine wegzog und ihren Körper mit dem Seinen in feste Umklammerung nahm.

Vintal ging nervös auf und ab und kontrollierte immer wieder die alten Lumpen, unter denen er die Leiche versteckt hatte, als er Schritte hörte, die rasch näher kamen und immer wieder leise "Psssst, Blutsaugerin!", flüsterten.
Seine Sinne waren auf das Schärfste gespannt und langsam griff er nach seiner Lanze, als urplötzlich und vollkommen überraschend eine Gestalt aus der Wand sich schälte und binnen Augenblicken direkt vor ihm stand, mehr noch direkt in ihn sprang! Schnell warf Vintal sich zu Boden und schlug mit seinen Klauen nach der Gestalt, die erschrocken keuchend auf ihn fiel und schnell schlang er seine kräftigen Arme um ihren Hals, als er auch schon am betörenden Duft des Haares seine Begleiterin erkannte und fast verlegen seinen Arm wegzog, der geradewegs auf eine ihrer Brüste zu Liegen gekommen war.
Beide grinsten sich verlegen an und waren im Begriff, aufzustehen, als sich eine weitere Gestalt in die Gasse schob und ein vollkommen verschwitzter und abgerissener Mann keuchte: "Mein....Na....me ist Gö....argh...flington, ihr seid Beide in Todesgefahr!!!"
Vintal sah den Mann nur verständnislos an, doch Diara zog das Pergament aus ihrer Tasche und sagte ernst: "Ich weiß!"


DJ n:
Ein stechender Schmerz in der Seite ließ Göflington nur schwer wieder zu Kräften kommen. Er hatte sich eine Hand in die Seite gestemmt und lehnte mit dem anderen Arm gegen die Wand, um so besser Luft zu bekommen. Noch nie in seinem Leben war er so schnell gelaufen, wie an diesem Tage; doch es hatte sich gelohnt: er hatte die richtigen Personen gefunden. Den unheimlichen großen Mann mit den Flügeln und… als Göflington, noch immer stark außer Atem und mit kleinen schwarzen Punkten vor den Augen, den Blick hob, sah er in das, halb im Dunkeln gehaltene Gesicht der unbekannten schönen Maid, welche das Blut ihrer Widersacher trank. Mit einem Male schien jegliche Erschöpfung von ihm abgefallen und seine Seele befand sich in den schönsten Ebenen der Glückseligkeit. Allein ihre Augen schienen im Halbdunkeln der schmalen Gasse wie unheilvolle, jedoch wunderschöne Sterne zu funkeln. Göflington wäre am liebsten sofort vor der Maid auf den Boden gesunken und hätte zu ihren Knien seine Sehnsucht und Liebe zu ihr herausgeschrieen, doch hinderten zwei Umstände ihn an diesem Vorhaben: Umstand eins war die offensichtliche Todesgefahr seiner Angebeteten und der zweite war ihr großer Begleiter mit den Flügeln, welcher sich auch in selbiger Todesgefahr befand, wie die wunderschöne, Blut saugende Maid seines Herzens.
Langsam hatte sich Göflington wieder erholt und konnte nun wieder, ohne sich an der Wand abzustützen, aufrecht halten. „Kommt!“ sagte er nun mit deutlich ruhigerem Atem als bei seiner Vorstellung. „Wenn wir uns länger hier aufhalten, werden sie euch finden!“. Göflington sah die Maid eindringlich an. Diese erwiderte seinen Blick direkt – Göflington durchzog ein wohliger, kalter Schauer der Erregung – und antwortete: „Ihr habt Recht!“.
Nun schaltete sich Vintal in die Szene ein. Er räusperte sich mit einiger Theatralik und schob sich, mehr oder minder unbewusst, zwischen Diara und den Mann, der sich als Göflington vorgestellt hatte und sah diesen stechend an; Vintal waren die offenkundig huldigenden Blicke des Kerls nicht verborgen geblieben und aus einem Grund, den er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingestehen wollte, störten ihn diese Blicke ungemein. „Woher sollen wir wissen, dass ihr die Wahrheit sprecht?“ sagte Vintal und hatte wieder den kalten Tonfall angeschlagen, wie zuvor bei ihrem Angreifer; nur war es diesmal eine echte Kälte, die in seiner Stimme hing.
„Das würde… zu lange dauern“ sagte Göflington und versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen; der Spurt hatte ihn doch mehr ausgelaugt, als er dachte, doch wenigstens waren die Punkte vor seinen Augen verschwunden. „Aber wenn ihr mir nicht glaubt…“ fuhr er fort und sprach wieder Diara direkt an „dann wartet hier, denn in Kürze wird es hier nur so von Purpurroben so wimmeln und die…“. Barsch fiel Vintal Göflington ins Wort. „Purpurroben?“. Er kramte in seinem Umhang und holte ein Stück Stoff hervor. Es war purpurn. „Genau solche Roben meinte ich!“ staunte Göflington und setzte misstrauisch hinzu: „Woher habt ihr die?“. Vintal sah verlegen zu Boden; es war ihm mehr als unangenehm, in Gegenwart Diaras von seiner „Leichenfledderei“ zu sprechen. Doch an dem leicht missbilligenden Blick, den Diara ihm zuwarf, erkannte Vintal, dass sie mal wieder seine Gedanken gelesen hatte und es von daher nichts brachte, lange um den heißen Brei herum zu reden. „Der Kerl da“ sagte Vintal und zeigte auf die Leiche, weiter hinten in der Gasse „hat diese Robe getragen. Er hat versucht, uns von hinten anzugreifen, doch er hat Bekanntschaft mit meiner Faust gemacht.“ Vintal grinste überlegen; in Einschüchterung war er gut, das wusste er. Doch es war, zu Vintals Bestürzung, Diara, die sein Vorhaben zunichte machte, in dem sie einwarf: „Und danach hat er Selbstmord begangen.“. „Schön und gut, holdes Wesen..“ begann Göflington und hätte sich am liebsten sofort im Boden versinken lassen; die Anrede „holdes Wesen“ war ihm herausgerutscht, er hatte nie vorgehabt, sie im Beisein ihres seltsamen Begleiters so zu nennen. Doch um sich nicht noch mehr in eine vertrackte Lage zu bringen, fuhr er schnell fort: „… aber wir sollten lieber nicht so lange hier verweilen, bis wir wissen, wer denn nun jene seltsamen Menschen in den purpurnen Roben sind. Kommt mit, ich führe euch unerkannt aus der Stadt.“. Göflington wandte sich zum Gehen, als Diara sagte: „Wir können bei Gabriele untertauchen; sie… ist recht begabt und kann uns sicher Schutz bieten.“. Göflington wirbelte wie vom Blitz getroffen herum. Sie konnten nicht zu dieser Gabriele gehen, denn das wäre ihr Tod. „Nein, wir müssen aus der Stadt raus!“ beharrte er; den Umstand, dass er den Namen der alten Frau aufgeschnappt hatte, wollte er erstmal für sich behalten. „Sie werden die Stadt durchkämmen und früher oder später finden sie euch dort! Folgt mir!“. Diara sah Göflington lange und eindringlich an; sie las seine Gedanken und stellte fest, dass es nicht nur in seinem Gesicht, sondern auch in seinen Gedanken der pure Schrecken und die aufrichtige Angst um ihr Leben war, die ihn so sprechen ließ. Daher nickte die schöne Frau und folgte Göflington. Vintal bildete die Nachhut und durchbohrte Göflington mit mürrischen und, was er aber vor sich abstritt, eifersüchtigen Blicken…

Krachend flog die hölzerne Tür aus den Angeln und schlug mit einem ohrenbetäubenden Getöse auf dem Boden auf. Die alte Frau schrie laut vor Schrecken auf und ihre Augen weiteten sich zu einer beinahe unmenschlichen Größe, als sie sah, wie Eiskendaran, flankiert von einigen düster wirkenden Männern in purpurnen Roben durch ihre aufgebrochene Tür ins Haus kamen. Eiskendaran sah die alte Frau kalt und erbarmungslos an, während er sagte: „Und nun, Hexe, verratet uns bitte, wo sich die Bluttrinkende Frau und ihr geflügelter Begleiter sich aufhalten.“…

„Aufwachen, Faulpelz!“ grollte Daen van der Wall seinen Knappen an und zog diesem barsch die Decke vom Körper. Ein unwilliges Murren und leichte Strampelbewegungen waren die Reaktion Yoshuas und wieder sagte der alte Ritter: „Los, beweg dich! Wir haben nicht das ganze Jahrhundert zeit!“. Nun war Daen offenkundig ungeduldiger und sollte sich der junge Kerl dazu erdreisten, auch diese Aufforderung nicht nachzukommen, so würde er als nächstes den gepanzerten Schuh Daens in seinem Hintern spüren. Doch so weit kam es nicht, da sich Yoshua, wenn auch mit einer gewissen Gemächlichkeit, aufsetzte und seinen Herrn blinzelnd ansah. „Schon morgen?“ murmelte er verschlafen, rieb sie die Augen und fuhr sich mit der Hand durch das platt gelegene Haar. „Natürlich ist schon Morgen!“ rief Daen mit gespielter Verzweiflung aus. „Die Sonne hat bereits den halben Horizont überstiegen! Der halbe Tag ist schon fast rum!“. Yoshua schien nun vollkommen wach. Den halben Horizont erst? Halber Tag schon rum? Was war das nur für ein Unmensch? Tief seufzend erhob sich Yoshua und rollte seine Decke wieder zusammen. „Bereit für einen neuen Tag voller Taten, für den Glanz und die Glorie der Götter?“ fragte Daen, nun sichtlich vergnügter und band sein Pferd vom Baum los, welches dabei wieder versuchte, nach ihm zu schnappen, es aber nicht schaffte, da Daen seine Hand rechtzeitig weggezogen hatte. „Sei nett.“ Rügte Daen das Tier freundlich und schwang sich auf dessen starken Rücken, während Yoshua seinen Herrn fragend ansah. „Was ist denn noch, junger Freund?“ wandte sich Daen freundlich an den Knappen. „Was ist mit dem Frühstück?“ fragte dieser. Daen sah den jungen Mann kurz an, kratzte sich am Bart und holte dann aus einer Satteltasche einen faustgroßen, roten Apfel hervor und warf ihn Yoshua zu. „Und jetzt komm! Wir haben einen weiten Weg vor uns.“. Fassungslos den Apfel in seiner Hand anstarrend, folgte Yoshua seinem Herrn aus der kleinen Baumgruppe heraus auf die Straße…


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