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Ritter
Um mal wieder ein wenig auf die Ausgangsfrage zurückzukommen.
Mathematik ist logischer als die übrigen Naturwissenschaften (Chemie, Bio, Physik), ist aber nicht 100%ig logisch.
Don Cuan, hatte in seinem ersten Post hier das schon dargestellt, auch wenn ich den Vergleich mit der Theologie etwas unpassend finde. Besser wäre der Vergleich mit der Philosophie gewesen, da es dort die "Logik" als Teilgebiet der Wissenschaft gibt.
Das Problem des Threaderstellers, liegt aber nicht in der Unlogik der Mathematik, sondern eher in der Unlogik des menschlichen Verstandes. Unser Verstand arbeitet nicht vollständig logisch, viele unserer "logischen Schlüsse" basieren auf Induktion (ich erklär gleich was das ist), diese ist allerdings nicht logisch, da Logik, ebenso wie die Mathematik deduktiv ist.
Kurze Erläuterung. Deduktion und Induktion sind zwei gegensätzliche Verfahren, wie man bestimmte Aussagen herleitet oder begründet. Letztendlich geht es dabei normalerweise um Allaussagen. Also sowas wie "Alle Blätter sind grün". Die Deduktion ist ein genaues Verfahren. Wenn deduktiv bewiesen wurde, daß nicht alle Blätter grün sind, dann ist an dieser Wahrheit nichts mehr zu rütteln. Eine Möglichkeit dies deduktiv zu beweisen ist, indem man zeigt, daß es durchaus möglich ist, daß es Blätter gibt die nicht grün sind. Gelingt einem dies, ist der Allsatz widerlegt. Zeigt man aber, daß die Existenz eines nicht grünen Blattes mit sich selbst im Widerspruch steht (zB Das Objekt ist sowohl ein Blatt, wie auch nicht ein Blatt), ist der Allsatz bewiesen.
Induktion dagegen, leitet Allsätze aus der Menge bisher gemachter Erfahrungen ab. Weil wir bisher nur grüne Blätter gesehen haben, gehen wir davon aus, daß alle Blätter grün sind. Diese Methode ist aber ungenau, da es ja durchaus möglich ist, daß es nicht-grüne Blätter gibt (und zumindest im Herbst ist dies ja der Fall). Der induktiv bewiesene Allsatz, läßt sich also durchaus noch widerlegen.
Die Mathematik ist wie gesagt deduktiv, wobei sie natürlich auf eine Reihe von nichtbeweisbaren Axiomen oder Definitionen zurückgreift. Das 1+1 = 2 in der üblichen Mathematik wahr ist, ist eine Tatsache, da kann man auch nicht dran rütteln. (Es sei denn man bezweifelt die Wahrheit der Axiome, aber dann bezweifelt man das komplette System)
Die anderen Naturwissenschaften gehen meist induktiv vor. Das es unmöglich ist aus nicht-organischen Stoffen, organische Stoffe herzustellen, war lange Zeit eine unumstößliche Tatsache, bis ein Chemiker dies widerlegte, indem er, aus Zufall, aus nichtorganischen Stoffen den organischen Harnstoff herstellte. Deswegen haben auch alle Erklärungen der Naturwissenschaften, nur Modellcharakter. Sie sind nicht unumstößlich, sondern sie erklären die Welt so gut wie sie eben können.
Unser Verstand arbeitet wie gesagt auch zum größten Teil induktiv, oder warum glaubt ihr, daß morgen die Sonne aufgeht? Ich gehe mal davon aus, daß ihr es für richtig haltet, daß morgen die Sonne aufgeht, aber einen deduktiven Beweis dafür gibt es nicht, nur die Summe bisher gemachter Erfahrungen (bisher ging sie immer morgens auf) und der darauf folgende, induktive Schluss, also ist es logisch, daß sie morgen auch aufgeht.
Jetzt aber zurück zur Mathematik. Die Mathematik ist eine deduktive Wissenschaft, und daher auch eine logische Wissenschaft. Dennoch ist sie nicht 100%ig logisch. Das liegt daran, daß eine bestimmte logische Eigenschaft diesem System fehlt. Und zwar ist dies die Vollständigkeit. Vollständigkeit bedeutet, jeder Satz den ich in einem System formulieren kann, und der wahr ist, läßt sich in diesem System auch beweisen. Den Satz "Eins und eins ergibt zwei." kann ich mathematisch formulieren: "1+1 = 2" und er ist wahr. Also kann ich ihn auch mithilfe der Mathematik beweisen. (Auch wenn das hier trivial ist)
Der Logiker und Mathematiker Kurt Goedel hat aber nun im letzten Jahrhundert bewiesen, daß es Sätze in der Arithmetik gibt, die zwar wahr sind, sich mithilfe der Arithmetik aber nicht beweisen lassen. Daraus folgt deduktiv, daß die Arithmetik nicht vollständig ist.
Das der Mathematik diese Eigenschaft fehlt macht sie aber nicht unnütz. Denn generell gilt, je mehr Eigenschaften ein System besitzt, umso weniger von der Welt, läßt sich mit diesem System erfassen. Die Mathematik kann unheimlich viel von der Welt erfassen, der Preis dafür ist nunmal, daß wir nicht alle Sätze beweisen können, wohl aber die meisten. Insofern ist sie schon praktikabel genug.
(Ich hoffe ich habe hier nicht zuviel wiederholt, und es war einigermaßen verständlich..)
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