-
Ehrengarde
Gerudo-Tal
Während Ravana noch zaudernd an der Brücke stand, rollte Daru sich kurzerhand zusammen und überquerte die alte Brücke als rollender Stein. Ravana sah, wie manche Balken sich bedenklich bogen und die ganze Brücke ein wenig schwankte und war sich plötzlich sicher, dass Daru die Brücke so endgültig beschädigt hatte und sie unter ihr dann einstürzen würde.
Wieso konnte er sich nicht einfach vorsichtig darüberbewegen, wie jeder normale Mensch auch?
Als Daru die andere Seite erreichte, sich umdrehte und sah, dass sie zögerte, rief er ihr etwas zu, doch durch das Rauschen des Wasserfalls konnte sie die Worte nicht verstehen.
Ängstlich betrat sie die Brücke und versuchte, sich nur auf die sicheren Bretter zu konzentrieren und die an manchen Stellen fehlenden Balken und das grüne tosende Wasser, das man durch diese Lücken sehen konnte, zu ignorieren.
Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, doch schließlich erreichte auch sie die andere Seite der Schlucht.
Überrascht bemerkte sie ein kleines heimeliges, an die Felswand gebautes Haus mit einem leise im Wind schaukelnden Gasthaus-Schild über der Tür. Dieses Haus hatte sie gar nicht gesehen, als sie das erste Mal die Brücke überquert hatte.
Die Sonne stand schon dicht über den Felsen und tauchte die Umgebung in ein rötliches Licht. Bis sie die Gerudo-Festung erreichten, würde es stockduster sein – und eigentlich wollte sie die Gerudo nicht im Schlaf überraschen, so entschied sie, dass es besser war, die Nacht in diesem Gasthaus zu verbringen. Ravanas Füße taten auch schon weh, und als sie diese Entscheidung getroffen – und Daru mitgeteilt hatte, freute sie sich darauf, endlich wieder in einem weichen Bett zu schlafen.
Nachdem Daru und Ravana sich nach einem kleinen Mahl auf ihre Räume zurückgezogen hatten, war es ihr jedoch nicht nach Schlaf zumute, obwohl sie müde war und eine Handvoll Schlaf sicher das Beste wäre.
Die Zimmer waren klein und karg eingerichtet, doch die Betten sahen einladend aus und jedes der Zimmer hatte einen kleinen Balkon, von dem aus man zum Wasserfall hinüber schauen konnte.
Auf diesem Balkon stand Ravana eine Weile und schaute zum sternenklaren Nachthimmel hinauf, während das Rauschen des Wasserfalls gedämpft zu ihr hinüber scholl.
Die Sterne funkelten beruhigend, doch Ravana hatte kein gutes Gefühl. Irgendein dunkler Schatten lag über Hyrule. Sie wusste nicht was, und wie sie auf den Gedanken kam, doch eine gewisse Unruhe war fast mit den Händen zu greifen.
Der Tod des Weisen des Wassers, dann der unerwartete Angriff auf Kakariko, ausserdem die unheimliche Geschichte über den Gerudo-Magier Wüstengeist, die ihr Bumara erzählt hatte...
Irgendwo in Hyrule gab es ein Zentrum des Bösen, das erwacht war und langsam aber sicher auf etwas hinarbeitete, das sicher nichts Gutes verhieß.
Jemand webt ein Leichentuch aus bösen Absichten und unheilvollen Taten, das er über ganz Hyrule decken wird ... dieser Satz schlich sich in Ravanas Gedanken, und sie schauderte.
Die Gerudo waren eng mit der Natur und den Göttinnen verbunden, daher vermutete Ravana, dass sie es spürten, wenn irgendetwas gewaltsam in das friedliche Leben der Bewohner Hyrules eingriff.
Ein seltsames Geräusch kam aus Darus Raum, der direkt neben dem Ihren lag. Aus ihren Gedanken gerissen horchte Ravana auf und glaubte, dass jemand in Darus Zimmer eingedrungen war und dort nach etwas suchte. Ravana schwang sich auf das Geländer des Balkons, machte einen Satz hinüber zu Darus Balkon und betrat leise sein Zimmer durch die wehenden Vorhänge.
Niemand war dort – nur Daru, und dieser redete im Schlaf. Ravana lachte leise. Er erwähnte mehrere Namen, die ihr alle nichts sagten. Außer Rabe, sie konnte sich an einen Teilnehmer am Bogenschießwettbewerb erinnern, der ebenfalls Rabe geheißen hatte. Daru hörte sich besorgt an.
Neugierig wartete, ob Daru nochmal etwas sagen würde, doch dieser blieb ruhig.
Kurz darauf verließ Ravana das Zimmer wieder und fühlte sich inzwischen ebenfalls müde genug, um auch schlafen zu können.
Am nächsten Morgen erwähnte sie Daru gegenüber nicht, dass er im Schlaf geredet hatte, und er sagte von selbst natürlich auch nichts. Vielleicht erinnerte er sich nicht mehr an seinen Traum.
Doch Ravana würde trotzdem gerne wissen, wer diese Leute waren, die er erwähnt hatte, und was mit ihnen war, dass sie Daru bis in den Schlaf verfolgten.
Sie brachen früh auf und legten die letzte Wegstrecke in nur einer Stunde zurück. Ravana freute sich sehr darauf, ihre Leute wieder zu sehen, und auch die Wüste hatte sie sehr vermisst. Vielleicht würde sie Zeit haben für einen Ausflug in ihre frühere Heimat.
Als die beiden die in den Stein gehauene Treppe erreichten, die hinauf zum großen bewachten Platz vor der Festung führte, hielt Ravana Daru kurz zurück.
„Daru, pass auf. Du weißt wahrscheinlich, dass die Gerudo Fremden gegenüber sehr mißtrauisch sind, also überlass mir zuerst das Sprechen. Halte dich einfach zurück, ja? Ich werde ihnen erklären, wer du bist und warum du hier bist, und sobald sie akzeptiert haben, dass du niemanden stören wirst, bist du sicher.“
Unmutig nickte Daru mit dem Kopf.
Das Volk der Goronen war ein sehr offenes und freundliches Volk, wie Ravana inzwischen gehört hatte, und bestimmt kam es ihm sehr seltsam vor, hier auf eine verschlossene und misstrauische Rasse zu stoßen.
Die beiden stiegen die wenigen Stufen hinauf und standen dann vor der riesigen Festung.
Die buntgekleideten Wächterinnen hatten die Besucher schnell entdeckt und kamen auf die beiden zugelaufen.
Ravana erkannte einige von ihnen und lächelte ihnen zu, und auch sie wurde schnell erkannt. Die Gerudo liefen aufgeregt durcheinander – es kam nicht oft vor, dass jemand, den sie kannten und schätzten, das Tal betrat.
Ein lauter Pfiff ertönte, als eine der Wächterinnen auf zwei Fingern pfiff, und kurz darauf strömten weitere Gerudo aus dem dem Haupteingang.
Daru hielt sich im Hintergrund, wie Ravana empfohlen hatte, und wie erwartet wurde er äußerst misstrauisch beäugt. Einen Goronen hatten die wenigsten der Gerudo schon einmal gesehen.
Endlich stand Ravana Bumara, der Anführerin der Gerudo, gegenüber. Sie umarmten sich kurz und Ravana sah, dass ihre Tante sich über ihre Rückkehr freute, obwohl diese es sich nicht wirklich anmerken ließ.
Schließlich fragte Bumara, wer ihr Begleiter.
Ravana stellte Daru vor und sagte: „Er hat in einem Bogenschießwettbewerb eine Eintrittskarte zur Gerudo-Arena gewonnen, und diesen Gewinn möchte er einlösen. Er ist ein netter Kerl, und er wird sich an eure Regeln halten. Lasst ihn nur die Arena betreten und gebt ihm heute abend eine Gästekammer, es wird gar nicht weiter auffallen, dass er da ist.“
Bumara musterte Daru nachdenklich, nickte dann und sagte: „Sei willkommen, Daru vom Volke der Goronen. Es freut uns, dich beherbergen zu können. Möchtest du gleich die Arena betreten?“
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln