Das Pferd war noch da, hatte Ravana festgestellt, als sie die Taverne verlassen – und in das rötliche Spät-Nachmittagslicht trat.
Doch was sollte sie nun tun? Sie war wieder alleine, Milo würde sie nicht weiter begleiten... Sie könnte mit dem König reden, ob er ihre Hilfe brauchen könnte. Als sie das letzte Mal auf dem Marktplatz gewesen war, hatte sie eine Tafel gesehen, an der mehrere Blätter Papier mit Neuigkeiten und Ausschreibungen befestigt waren. Vielleicht war dort etwas über die Lage des Königreichs zu finden, auf das sie sich dann schließlich beim König um einen Auftrag bewerben könnte.
Ravana humpelte zu Sommerwind, befestigte die Krücken wieder am Sattel und stellte dann fest, dass es wirklich nicht leicht war, mit einem verletzten Bein auf ein Pferd zu steigen. Mit zusamengebissenen Zähnen und Schmerzen, die sich wie Dolche anfühlten, die sich in ihre Knochen bohrten, schaffte sie es schließlich.
Bis zum Marktplatz waren es nur wenige Schritte, und auf dem Rücken des Pferdes hatte sie einen sehr guten Überblick über die Köpfe der vielen Menschen.
Die Tafel stand in der Nähe des Durchgangs, einige Menschen hatten sich vor ihr versammelt und lasen gespannt die Neuigkeiten aus dem Königshaus und die anderen Nachrichten.
Mit Hilfe des Pferdes war es Ravana ein Leichtes, sich einen Weg durch die Menschen zu bahnen und erreichte kurz darauf die Tafel. Ein Plakat sprang ihr direkt ins Auge:
„Ich lade ein zum großen alljährlichen Schießwettbewerb in meiner Taverne "Zur Schießbude" in Kakariko.“ stand dort in fettgedruckten Lettern. Ravana las sich den Rest durch. Ein Wettbewerb? Das wäre sicher interessant...
Nachrichten über den Tod eines weiteren Weisen gab es an der Tafel nicht, und Ravana war noch immer ratlos. Was sollte sie tun?
Der Wettbewerb. In drei Tagen sollte er in Kakariko stattfinden. Dem Datum nach müsste das morgen sein, überlegte Ravana. Morgen musste sie sowieso das Pferd zu William Suffolk bringen – eine gute Gelegenheit, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Ihre Schießkunst hatte sie in der Schlacht zur Genüge trainiert...
Doch heute würde sie es nicht wieder zurück nach Kakariko schaffen. Was also tun, und wo schlafen? Bei dem Gedanken, die Nacht allein in der Steppe zu verbringen, war ihr unwohl, und Geld für eine Taverne wollte sie auch nicht ausgeben..
Das Leben in der Wüste ist so unkompliziert, dachte sie betrübt. Ich habe mich nie gefragt, was ich tun sollte – ich habe einfach gelebt...
Schließlich fasste sie den Entschluss, zum parkähnlichen Schlossgarten zu reiten. Dort könnte sie sich wieder im Gras schlafen legen und musste nicht damit rechnen, von Wegelagerern oder irgendwelchen Raubtieren überfallen zu werden.

Am nächsten Morgen war sie mit schmerzenden Knochen aufgewacht. Sie lag unter dem Baum auf dem Weg zum mit dem Gitter versperrten Durchgang zum Schlossgarten.
Am Abend zuvor hatte sie zwar einiges Gras zusammengetragen, um sich eine möglichst weiche, federnde Matratze zu bauen, doch ein Lager auf dem Gras unter dem Sternenhimmel ist natürlich niemals so angenehm wie eine richtige Strohmatratze. Sommerwind, das Pferd, hatte freudig am trockenen Gras geknabbert. In der Nacht hatte sie die Stute mit einem Strick, der sich in der Satteltasche befand, am Baum festgebunden. Ravana hatte ein schlechtes Gewissen dabei, dem Pferd nicht den Sattel abzunehmen, doch sie wusste nicht, wie das anzustellen war und ob sie es am nächsten Morgen schaffen würde, den Sattel wieder am Körper des Pferdes zu befestigen.
Sie besorgte sich und dem Pferd auf dem Markt für 10 Rubine ein wenig trockenes Brot und ein paar Äpfel und machte sich dann auf den Weg nach Kakariko. Am frühen Mittag würde sie wahrscheinlich eintreffen – wenige Stunden vor Beginn des Wettbewerbes.