-
Ehrengarde
Kakariko
Ravana stand vor einem überdachten Gehege, in dem mehrere Pferde an einer Holzstange angebunden waren.
Sie hatte unter zwei Verletzten ein Gespräch mitbekommen, in dem einer der beiden sagte, dass er dringend zum Labor am Hylia See müsse, wegen seiner Verletzung aber keine so weite Strecke zu Fuß zurücklegen könne. Genau das Problem hatte sie selbst auch. Sie wollte nach Hyrule, um nach Milo zu sehen, aber ihr Bein war verstaucht.
Der andere Verletzte hatte gesagt, dass es in Kakariko einen Mietstall gäbe, in der Nähe des Pfades zum Friedhof. Dort könne man sich ein Pferd mieten.
Ravana war von dieser Idee begeistert gewesen. Sie erinnerte sich gut an das Pferd, das sie im Gerudo-Tal gesehen hatte und wie sie gedacht hatte, dass sie selbst irgendwann auch einmal das Reiten lernen wolle.
Zudem war es eine gute Möglichkeit, ihr Bein zu schonen, und trotzdem nach Hyrule zu kommen.
In der hintersten Ecke des Unterstandes stand ein wunderschönes schwarzes Pferd, mit langen muskulösen Beinen und einem weißen Fleck auf der Stirn. Ravana starrte es mit offenem Mund an. Sie hatte nicht gewusst, dass Pferde so edel aussehen können... Durch ein kleines Loch im Dach drang ein Strahl hellen Sonnenlichts und ließ an einer Stelle das schwarze Fell des Tieres glänzen.
Plötzlich trat hinter dem Pferd ein Mann in edlen Kleidern hervor. Er sah sie, zog seinen Hut und verbeugte sich galant. Ravana war verlegen. Der Mann kam näher und Ravana sah, dass er zwar gutaussehend war – gerade passend zu dem wunderschönen schwarzen Pferd, dachte Ravana – aber auch schon etwas älter war.
„William Suffolk, werte Dame“, sagte der Mann elegant. „Eigentümer des Mietstalls und dieser wunderschönen Rösser. Was kann ich für Euch tun?“ Er musterte sie von oben bis unten, bemerkte, dass Ravana sich auf eine Krücke stützte und hob dann wissend die Brauen. „Ich sehe schon. Ihr habt Euch verletzt und benötigt ein Pferd, um Eure Geschäfte anderswo zu verfolgen, habe ich Recht?“
Ravana verzog ihre Lippen zu einem dünnen Lächeln und nickte. „Ganz Recht, Sir. Mein Name ist Ravana und ich muss nach Hyrule. Sagt, wieviel kostet eines Eurer Pferde? Ich werde es morgen zurück bringen.“
„Oh, keine Sorge – meine Pferde kann sich jeder leisten. Es kostet nur 50 Rubine pro Tag. Mietet es jetzt und bringt es morgen abend zurück – es kostet Euch nur 100 Rubine. Aber ich verlange ein Pfand von Euch, damit ich einen Gegenwert habe, sollte dem Pferd etwas zustoßen.“
Da war es wieder, dachte Ravana. Der allseits zugegene Gedanke, dass eine Gerudo stehle.
William Suffolk konnte wohl Gedanken lesen, denn schnell sagte er: „Oh nein nein, Ihr seid eine Dame, selbstverständlich werdet Ihr gut auf mein Tier aufpassen. Es gibt jedoch auch zwielichtige Gesellen, und aus diesem Grund verlange ich immer ein Pfand. In Eurem Fall würde schon dieser hübsche Anhänger um Euren Hals genügen.“
Der Anhänger? Ravana schüttelte schnell den Kopf. „Nein, diesen Anhänger kann ich nicht hergeben. Aber, dies hier müsste Euch eigentlich auch genügen –„ sie zog den Säbel, den Bumara ihr geschenkt hatte, aus der Scheide und reichte ihn Suffolk. „Bitteschön. Nehmt diesen Säbel. Er ist sehr wertvoll, ich möchte ihn morgen abend unversehrt wieder zurück haben.“
William Suffolk nahm den Säbel entgegen, musterte die feinen Verzierungen auf der Klinge, nickte und sagte: „Ja, dieses Stück ist sehr wertvoll. So sagt mir – seid Ihr schon einmal auf einem Pferd gesessen?“
Ravana schüttelte betrübt den Kopf.
„Sorgt Euch nicht, das macht nichts. Ihr bekommt Sommerwind, das ist diese freundliche Dame dort,“ er deutete auf ein großes rotbraunes Pferd hinter sich, „sie ist sehr zahm und feinfühlig. Mit ihr werdet Ihr kein Problem haben. Ihr dürft ihr nur nicht zeigen, dass Ihr Euch fürchtet – was Ihr natürlich sowieso nicht tut, wenn Ihr in der gestrigen Schlacht gekämpft habt.“
Ravana hinkte zu dem Pferd hin und strich ihm mit der freien Hand über die weichen Nüstern. Ja, dieses Pferd würde sie sicher nach Hyrule tragen.
Nachdem Suffolk das Pferd gesattelt und gezügelt hatte und Ravana ihm 100 Rubine gegeben hatte, half er ihr, in den Sattel zu steigen. Den Krückstock befestigte er am Sattel.
Zuletzt erklärte er ihr freundlich, was sie zu tun habe, damit das Pferd verstehe, was sie von ihm wollte. Es war sehr einfach.
„Und streichelt Sommerwind den Hals, wenn Ihr sie loben wollt, dann freut sie sich und versucht, Euch noch besser zu gehorchen,“ sagte er.
Ravana nickte aufgeregt und stieß Sommerwind ganz leicht die Hacken in den Bauch. Sofort setzte sie sich in Bewegung. Sie ließ sie einige Schritte gehen und zog dann sanft am linken Zügel. Sommerwind kehrte um und ging zu William Suffolk zurück.
„Sehr gut macht Ihr das, Ravana. Ihr habt Talent. Ich wünsche Euch viel Glück bei Euren Erledigungen in Hyrule, und kehrt wohlbehalten wieder zurück!“
Ravana lächelte ihn an und veranlasste das Pferd abermals, anzulaufen.
Diese Art des Reisens war wirklich sehr komfortabel, stellte Ravana fest, als sie eine Stunde unterwegs war. Sie hatte die Stute nur im Schritt laufen lassen, da sie sich noch keine schnellere Gangart zutraute und ihr Bein auch nicht über die Maßen belasten wollte.
Auf dem Rücken des Pferdes wurde sie sanft durchgeschaukelt, und das Pferd ging mindestens so schnell wie ein Mensch. Am späten Nachmittag würde sie Hyrule erreichen.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln