-
Provinzheld
Cruentus saß schon eine ganze Weile im Warteraum des Priesters. Er konnte nicht fassen, dass er diesen Auftrag angenommen hatte. In letzter Zeit tat er viel zu oft Dinge, die er gar nicht wollte. Irgendwie verspürte er in letzter Zeit einen starken inneren Drang, Gutes zu tun. Aber wer würde für ganze 500 Rubine nicht dazu neigen, Gutes zu tun? Doch das konnte nicht der einzige Grund sein. Noch vor wenigen Wochen war er ein Außenseiter gewesen, jemand der mehr Morde als Unterhaltungen durchgeführt hatte. Und plötzlich war er nett zu irgendwelchen Horrorkids, die kurz zuvor versucht hatten, ihn umzubringen, gehorchte irgendeinem Heiligen, der ihn hundert Jahre lang von der Außenwelt abgeschnitten hatte und holte alten Männern ihre Schätze zurück. Was war nur in letzter Zeit los mit ihm?
Eine Frage, die ihn auch sehr beschäftigte, war, warum der Priester ausgerechnet ihn für diesen Auftrag ausgewählt hatte. Er hatte es bestimmt nicht nur getan, damit Cruentus endlich seine Rache bekam. Aber warum dann?
Mein Junge, hast du das immer noch nicht verstanden?
Er sprang auf und sah sich im Raum um. Niemand war zu sehen.
Cruentus, du glaubst doch wohl nicht, dass sich meine Macht auf die materielle Anwesenheit beschränkt. Ich beherrsche auch die Wege der Telephatie.´
Cruentus versuchte, seine Gedanken zurückzusenden.
Was wollt Ihr schon wieder, Adiutor?
Ah, du hast also meinen Namen herausgefunden? Das ist gut. Sehr gut. Es zeugt von deiner Intelligenz. Eigentlich ist er ja nur eine Kurzform. In Wirklichkeit heiße ich...
Erpart mir euer Geschwafel. Es reicht, wenn ich Euch Adiutor nennen kann.
Ist ja gut, Junge. Nun, was kann ich für dich tun?
Ich will wissen, warum Ihr mir diesen Auftrag übermittelt habt.
Das willst du wissen? Willst du den Grund wirklich erfahren, Cruentus?
Ja! Natürlich will ich das, alter Mann!
Nun, der Grund ist eigentlich ganz einfach. Du bist der fähigste Mann, den ich kenne. Niemandem sonst würde ich diese Aufgabe anvertrauen.
Das ist doch Unsinn. Ich bin ein landesweit gesuchter Verbrecher. Ich könnte dieses Artefakt, das ihr haben wollt, einfach für mich behalten.
Junge, tief in deinem Herzen weißt du doch, dass das eine Lüge ist. Du würdest das nicht tun.
Cruentus keuchte. Der Alte hatte tatsächlich Recht.
Ja, das stimmt.
Und weißt du, warum du das nicht tun würdest? Weil du das Herz eines wahren Shiekah in deiner Brust trägst.
Das ist Unsinn. Das Volk der Shiekah ist tot. Sie existieren nicht mehr.
Cruentus! Das ist ja schon wieder eine Lüge. Die Shiekah sind nicht tot. Nicht alle. Ihre Anzahl mag zwar stark verringert worden sein, aber es gibt sie noch. Denke doch nur mal an deinen Freund Kiro. Er mag zwar nicht mehr so aussehen, aber dennoch ist er in seinem Herzen noch immer ein Shiekah. Ich vertraue dir, Cruentus. Ich weiß, du wirst mich nicht enttäuschen.
Die Stimme verstummte. Cruentus war wieder allein. Auf einmal sank sein Kopf auf seinen Schoß nieder und er begann zu weinen. Die Diener, die vorbei kamen, sahen ihn erstaunt an. Da saß er, ein Mörder, ein mächiger Shiekah, und weinte seiner Vergangenheit nach. Er hatte gedacht, er könne das alles für immer vergessen. Und dann hatte dieser alte Mann alles wieder hervorgeholt aus den Tiefen seines Gedächtnisses. Doch er wusste, Weinen machte die ganze Sache auch nicht besser. Also wischte er seine Tränen weg und zog sein Schwert. Er übte eine Weile und legte sich dann auf ein Sofa, um eine Weile zu schlafen.
Geändert von König Elessar (01.02.2005 um 12:52 Uhr)
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln