jo, geht weiter^^

zweiter teil, wir beginnen einen roten faden zu finden....
jetzt kommt ne menge zeugs....

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Es gibt nichts Neues unter dem Himmel.
Die Bibel.
























Kapitel 1
Die Göttinnen blickten aus dem Fenster auf die Masse der Menschen, die auf der von Neonreklamen und Fahrradscheinwerfern beleuchteten Strasse ihren eigenwilligen Wegen folgten. Dies war die größte Stadt des Planeten, und es gab viel zu tun, und viel zu sehen. Doch die beiden Göttinnen waren im Moment dabei, tatsächlich etwas Neues zu entdecken. Etwas Interessantes.
Beide waren Nackt, und selbst wenn sie sich nicht im Zweiundsechzigsten Stock ihres höchsteigenen Wolkenkratzers befunden hätten, hätten sie wahrscheinlich trotzdem nichts als ihre Haut und ihre Haare getragen, wenn es nicht unbedingt nötig war, nicht aufzufallen. Die beiden Göttinnen waren Zwillinge und glichen einander, wie nichts sonst auf der Welt sich glich. Jedes Haar und jede Pore schien eine direkte Kopie der jeweils anderen zu sein.
In diesem Augenblick schaut Lill direkt in den Kopf ihrer Schwester, die die Menschen auf der Strasse beobachtet, wodurch Lill, die ausgestreckt auf dem riesigen Satinbettlaken liegt, ebenfalls die Menschen beobachtet. Neoni scheint einen Mann, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht und Religiöse Traktate verteilt, besonders ins Auge gefasst zu haben. Lill zoomt etwas heran und sieht einen völlig unscheinbaren Menschen, an dem das einzig auffällige der Religiöse Wahn zu sein scheint, der stetig durch die kalte Winterluft schießt und einzelne Menschen dazu bringt, den Kopf zu senken und sich den Rest des Tages schuldig zu fühlen.
Das eigentlich nicht Interessante, aber doch fesselnde an dieser Sache ist, dass die Traktate, die er verteilt, selbst gedruckt sind und wirre Botschaften vom Ende aller Tage und der Schuld jedes Menschen enthalten. Die beiden Göttinnen haben solches schon so oft gesehen, dass sie nicht mal mehr gelangweilt sind.
Aber diesmal ist da etwas Neues zwischen den Worten und die beiden Spüren es.
Schon bald wird sich etwas tun, schon sehr bald.

George Dion stand auf seinem Angestammten Platz, seinem offensichtlichem Brennpunkt des Streites mit Satan und den Menschen und sprach und las aus seinen Traktaten. Er wusste, dass die meisten Menschen die ihn sahen, nein, wahrscheinlich alle, ihn für einen religiösen Fanatiker hielten. Kein Wunder, mit seinen wilden Augen und dem vom Wind zerzausten Vollbart. Was sie hingegen nicht wussten, war, dass er der einzige Mensch mit klarem Verstand war, den die Erde jemals gesehen hatte. Und das war amtlich bestätigt. Nicht, dass ein Mann wie George etwas auf derart weltliche Auszeichnungen gegeben hätte.
Er zündete sich eine weitere Selbstgedrehte Zigarette an (Er drehte die Zigaretten zu Hause vor und streckte sie mit genug Marijuhana, um selbst den schwärzesten Tabak grün zu färben), und blies mit dem Rauch einen weiteren, die Menschheit verfluchenden Schwall von unsinnigen Anklagen und aus jeglichem Kontext genommenen Wörtern in die Luft.
Gegenüber war ein kleines Mädchen, acht oder allerhöchstens elf, stehen geblieben und blickte ihn direkt an. George lächelte und zwinkerte ihr unauffällig zu, ohne seine Pest-und-Hölle Tirade zu unterbrechen. Er vermutete, sie verstände ihn nicht, aber vielleicht war es auch genau anders herum. Sie lächelte zurück und lief weiter.
George spuckte in den schmutziggrauen Schnee und sah nach oben. In einem der mittleren Stockwerke des Gekay - Gebäudes brannte noch Licht. Alle anderen Stockwerke lagen im Dunkel. George hatte noch nie mehr als ein erleuchtetes Stockwerk in diesem Gigantischen Turm gesehen. Er zog an seiner Zigarette und blies nachdenklich den Rauch aus. Seine Stimme war verklungen. Er glaubte einen schwachen Schatten da oben auszumachen, aber nein, das war nicht möglich. So weit konnte er nicht sehen. Und doch hatte er das Gefühl da stände jemand und beobachte ihn. Er schüttelte den Kopf, räusperte sich, und legte wieder los.
Wunschdenken, schoss es ihm durch den Kopf. Ja genau, das ist es, du alter Blödmann. Und jetzt konzentrier dich auf deine Arbeit. Und das tat er dann auch.

Um halb drei Uhr Morgens packte George seine Sachen zusammen und ging in seine Drei Strassen entfernt liegende Wohnung, um ein wenig zu denken und noch mehr zu schlafen.
Er drehte den Schlüssel in der Tür um und trat ein. Er machte sich einen Kaffee und ließ sich auf das Sofa fallen, aus dem die Kunstfaser Wolle herausquoll. Dann legte er die Schuhe mit den Schweren Stiefeln auf den niedrigen Stahltisch, schubste ein paar Traktate hinunter und legte den Kopf in den Nacken. Er rauchte acht Joints, ehe er gegen halb fünf endlich einschlief. Den nächsten Tag verschlief er und wachte erst auf, als die Sonne bereits unterging.
Er hatte noch genug Zigaretten und konnte sich gleich nach einer lauwarmen Dusche auf den Weg zu seinem Platz machen.

Anna verließ das kleine Schnellrestaurante durch den Hintereingang. Wie jeden Tag blieb der Gestank von Fettigen Pommes und halb durch gebratenem Hackfleisch in ihren langen blauen Haaren hängen und sie fluchte wie jeden Tag über ihre Arbeit, ihre Kollegen und jeden Kunden, den sie je bedient hatte. Zu Hause würde sie ein paar echte Flüche vorbereiten, die ihr morgen früh hoffentlich die Arbeit etwas erleichterten. Wenn auch nur ein Kunde endlich aus irgendwelchen gründen sterben würde (ohne das man ihr etwas nachweisen konnte, natürlich) wäre sie endlich diesen beschissenen Job los, den sie nicht Kündigen konnte. Ihre Eltern hatten ihr nur unter dieser Bedingung erlaubt, von zu Hause auszuziehen: Bekomm einen Job und behalte ihn. Sie war erst sechzehn, und deshalb konnten ihre Eltern sie jederzeit zurückholen lassen. Und wenn sie den Job einfach durch höhere Gewalt (eine fettleibige Kundin, die an einem Stück Draht in ihrem Hamburger erstickte, beispielsweise) verlor, müssten sie abwarten, bis sie einen neuen Job hatte. Doch genau das war ihr gegenwärtiges Dilemma: Wüsste sie, wo sie einen neuen Job bekommen könnte, wäre sie längst dort. Scheiße.
Sie zog eine Zigarette aus ihrer Hosentasche und zündete sie mit dem Feuerzeug an, das sie heute Mittag vor der Arbeit von einem Bastard im Anzug gestohlen hatte. Dann warf sie es in die Gosse. Sie würde ein neues finden. Eines, das ihr gefiel. Der Bastard im Anzug hatte nichts gemerkt. Hatte wahrscheinlich noch einen hochgekriegt, als sie zufällig in der U- Bahn auf seinen Schoß gefallen war. Sie hatte sich gleich wieder erhoben, nicht ohne ihren Arsch noch mal in seinen Schoß zu pressen, und war dann schleunigst ins nächste Abteil gegangen. Sie hatte seine Brieftasche und dieses kleine Feuerzeug erwischt, aber in letzter Zeit schien das Pech sie zu verfolgen. In der Brieftasche war nur eine Kreditkarte gewesen, mit der sie nichts anfangen konnte und das Feuerzeug war nicht genug wert, um es zu verkaufen. So ging das schon seit Monaten. Fast jeder Diebstahl der ihr gelang, ging irgendwie schief. Mal erwischte sie einen Bullen, der nichts außer seiner Marke bei sich trug, dann wieder konnte sie gerade noch so fliehen, als so eine dumme •••••••• mit einem Dackel an der Leine sah, wie sie einer älteren Dame in die Handtasche griff. Scheiße.
Sie musste sich irgendwie abreagieren. Aber erst mal ging sie nach Hause und duschte fast eine Stunde lang, um jeglichen Fettgeruch aus ihrer Haut und ihren Haaren zu bekommen.
Ihre Wohnung war klein und ziemlich leer. Ihr einziger wirklich wichtiger Gegenstand in diesem Loch, war das riesige Bett das sie von zu Hause mitgenommen hatte. Sie konnte Stundenlang darauf liegen und von einem besseren leben träumen. Na ja, meisten fing sie nach einer halben Stunde an, zu masturbieren um danach gleich einzuschlafen, aber was zählte, war, das sie sich in diesem Bett und in dieser Wohnung alles vorstellen konnte. Dieses Bett war so schön, so gemütlich und diese Wohnung so klein und unaufgeräumt. Das Bett war der Punkt, der ihre Träume in einer kalten, hässlichen Welt verkörperte.

Sie kam aus der Dusche, trocknete sich ab und zog sich an.
Dann verließ sie die Wohnung. Sie würde zum Gekay gehen. Vielleicht hatte sie ja diesmal Glück. Am Turm trieben sich alle möglichen Leute herum. Er war der Mittelpunkt der Stadt, auch wenn niemand wusste, warum er eigentlich da war und wem er gehörte.
Vielleicht erwischte sie diesmal einen reichen Bastard im Anzug.

Anna sah sich vorsichtig um. Sie war jetzt seit der Sache mit der •••••••• und dem Dackel nicht mehr hier gewesen, was schon gut zwei Monate her war. Aber es schien niemand hier zu sein, der ihre Anwesenheit bemerken würde.
Sie ging um eine Ecke und direkt auf die Hauptstrasse.

Neoni löste sich aus der Umarmung ihrer Schwester und stand vom Bett auf. Lill schlug die Augen auf und sah ihr nach, während sie zum Fenster ging.
Sie hatten sich etwas nach unten bewegt, ins zwanzigste Stockwerk. Neoni sah wieder den Fanatiker an.
Lill erhob sich ebenfalls vom Bett, strich sich die Haare aus den Augen und stellte sich neben ihre Zwillingsschwester. Sie sah ein paar Sekunden lang auf den Bärtigen Irren, dann drehte sie den Kopf etwas nach links. Irgendetwas beanspruchte ihre Aufmerksamkeit. Sie sah ein Junges Mädchen aus einer Seitenstrasse kommen. Sie trug einen Minirock, einen Pullover und Schwarze Strumpfhosen. Ihre Haare waren Knallblau. Das Mädchen blickte sich verstohlen um und blieb ein paar Sekunden lang stehen. Dann ging sie in Richtung des Traktate Verteilers. Neoni legte ihren Arm um Lill und Lill ihren Kopf an Neonis.

Heute Nacht würde sich etwas tun. Es war Zeit.

George sah zum Licht. Niedriger heute. Und diesmal war er sich ganz sicher. jemanden sehen zu können. Zwei Schatten, wenn er sich nicht täuschte. Plötzlich verspürte er den Drang, zum Haupteingang zu gehen und einfach die Tür zu öffnen. Nein, die war sicher verschlossen. Er schüttelte den Kopf und redete weiter über Tod und Vernichtung.

Anna sah den Mann mit den strahlenden Augen und dem zerzausten Bart das erste Mal. Er musste irgendwann in den letzten Zwei Monaten hier aufgetaucht sein. Es gab viele von diesen religiösen Spinnern in der Stadt, aber sie spürte etwas bei diesem. Sie hörte die Worte nicht, ignorierte sie fast automatisch, aber das war nicht wichtig.
Sie ging jetzt direkt auf ihn zu.

George drehte den Kopf etwas zur Seite und sah ein Mädchen mit blauen Haaren direkt auf sich zu kommen. Sie sah ihm in die Augen. Plötzlich stockte sein routinierter Redefluss. Er sah sie an, den Mund ein Stück geöffnet.

Lill und Neoni sahen weiter zu.

Anna verlangsamte ihre Schritte. Sie sah weiterhin unverwandt in diese strahlenden Augen. Was war er? Ein Mensch? Ein Magier vielleicht? Gab es so etwas noch? Aber die Frage schien ihr geradezu lächerlich vorzukommen, während sie diesen Mann anstarrte.

Und plötzlich schien alles um sie herum zu erstarren. Der Mann (George er heißt George oh mein Gott) wich zurück, (oh mein Gott woher weiß ich das alles es tut ihm immer noch weh es muss fünfzig Jahre zurückliegen aber es tut ihm immer noch weh) nur einen Zentimeter, und dann lief die Welt weiter.
Aber der Mann (George!) war verschwunden.
Anna keuchte. Sie brach auf dem nassen Boden zusammen. Die Menschen herum gingen weiter, als wäre nichts geschehen. Tränen schossen in Annas Augen. Hatten sie denn alle nichts bemerkt? Wie konnte ein Mensch einfach so verschwinden, ohne, dass es jemand bemerkte?
Sie kroch an den Rand des Fußweges und zog schluchzend die Beine an ihren Körper, starrte immer noch auf die Stelle, an der eben noch ein Mann Mitte fünfzig gestanden und Traktate verteilt hatte. Sie stöhnte auf und versuchte die Tränen zurück zu zwingen. War sie verrückt?
Niemand beachtete sie. Sie lag einsam und verlassen auf den kalten Steinen, spürte wie ihr Rock durchweichte und wie ihr immer kälter wurde. Ihre Lippen öffneten sich ein Stück und sie flüsterte: „Hat es denn keiner gesehen?“
„Doch. Du bist nicht verrückt.“ antwortete eine Stimme direkt neben ihr. Sie wendete den Kopf. Eine junge Frau stand dort, vielleicht vier oder fünf Jahre älter als sie selbst, vielleicht aber auch genauso alt wie sie. Sie schluchzte.

Neoni senkte die Augenlieder. Lill redete auf das Mädchen ein und brachte sie dazu aufzustehen. Dann nahm sie sie an der Hand und führte sie fort. Die Göttin, jetzt fast allein in ihrem Turm, öffnete die Augen und beobachtete lächelnd die Schneeflocken, die aus dem dunklen Himmel fielen und an ihrem großen Fenster vorbei schwebten.

Lill brachte die weinende Anna zu einer kleinen gemütlichen Wohnung ganz in der Nähe, die Neoni einrichtete, während Lill und Anna durch den immer stärker werdenden Schnee zogen.
Sie schob den Schlüssel ins Schloss, drehte zweimal herum und zog Anna in die Wohnung. Sie hatte aufgehört zu weinen und wirkte nun nur noch verloren, traurig und verwirrt. Lill schob sie zum großen Sofa an einem Ende des Raumes und sagte: „Ich hol dir schnell ein paar Klamotten.“ Dann verschwand sie aus dem Zimmer und Anna sah sich mit großen Augen in der Wohnung um. Überall hingen Landkarten, Alt aussehende Papiere mit seltsamen Schriftzeichen darauf stapelten sich in allen Ecken und sie konnte nirgendwo einen Fernseher oder ein Radio erblicken. Die Fensterläden waren verschlossen (Es gab richtige Läden hier, wie auf alten Fotos! So etwas hatte sie das letzte Mal bei einer Reise aufs Land mit ihren Eltern gesehen, und das war bereits acht Jahre her.) und der Raum trug einen wagen Duft von Marijuhana und etwas anderem, was ihr gänzlich unbekannt war, in sich.
Sie setzte sich auf das Sofa und hörte das fremde Mädchen im Nebenzimmer herumwühlen.
Dann fielen ihr vor Erschöpfung die Augen zu und sie schlief ein.

Am nächsten Tag erwachte an vom Geruch von frischem Kaffe (sie vermutete das es das war, den sie hatte noch nie einen so gut duftenden Kaffee gerochen. Sie sah an sich herunter. Jemand hatte sie ausgezogen und in ein großes Ehebett gelegt. Sie hörte ein Geräusch, dann öffnete sich die Tür und das Mädchen von gestern Abend trat ein, ein Tablett vor sich tragend.
Anna zog schnell die Decke über ihre Brüste und setzte sich halb auf. Sie wollte etwas sagen aber das Mädchen kam ihr zuvor.
„Du bist gestern Morgen auf dem Sofa eingeschlafen.“
Sie lächelte.
„Ich kam herein und du hattest dich zusammengerollt wie ein Baby. Ich hab dich ins Bett gebracht und deine Klamotten gewaschen. Ich hoffe, das stört dich nicht.“
Sie lächelte wieder, so warm, freundlich und verständnisvoll, dass Anna ein Schluchzen im Hals hoch kroch. Sie versuchte, Danke zu sagen, aber sie brach in Tränen aus. Das Mädchen stellte sofort das Tablett auf den Boden und setzte sich neben sie. Anna war so froh, in die Arme genommen zu werden, sie klammerte sich an sie und weinte, bis sie nicht mehr konnte.
Dann wischte ihr das Mädchen die Tränen aus dem Gesicht, lächelte und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie sagte mit ihrer leisen ruhigen Stimme: „So, jetzt essen wir erst mal was, und dann erklär ich dir alles. OK?“
Anna nickte lächelnd und wischte sich noch eine Träne aus dem Augenwinkel.
Während sie aßen redeten sie sehr wenig, aber das Mädchen verriet ihr ihren Namen und sie lächelte ihr oft zu. Anna lächelte zurück. Nach dem Essen zog Anna sich an, während Lill in der Küche das Geschirr abwusch.

Dann war es plötzlich still.

Anna ging aus dem Schlafzimmer und sah sich in der Küche um.
„Lill?“
Sie ging langsam durch den kleinen, unaufgeräumten Raum und.
Die Tür zum Wohnzimmer stand offen, das Licht war an.
„Lill?“
Sie ging hinein.
„Wo bist du?“
Auch dieser Raum war leer.
„Bitte tu mir das nicht an. Bitte!“
Sie schluchzte.
Die Haustür war zu abgeschlossen. der Schlüssel steckte. Hatte sie noch einen?
Sie schrie:
„LILL! LILL! WO BIST DU?“
Niemand antwortete.
Anna brach in einem Weinkrampf zusammen. Sie war abgehauen. Oder verschwunden. So wie der Mann von gestern Abend. George. George. George.
Oh George, Oh Lill, wo seid ihr?