Hiho,
wie man vielleicht gemerkt hat, konnte ich aufgrund dessen dass wir umgezogen sind lange Zeit nicht ins I-Net. Nun kann ich immerhin ab und zu rein.
Hier eine Geschichte, die vielleicht weniger ins Forum passt. Sie kommt in unsere künftige Abiturzeitung rein und richtet sich eigentlich an Schüler unseres Gymnasiums. Der Humor basiert auf vielen Insidern, also befürchte ich, man wird sie hier nicht so lustig finden. Was solls, lesen schadet ja nicht, viel Spaß:
Die Suche nach dem heiligen Discman
Folgende Geschichte ist frei erfunden (hoffe ich) und könnte unter dem Einfluss verschiedenster Drogen entstanden sein (weiß ich nicht mehr).
Ähnlichkeiten zu lebenden Personen sind gewollt, oder auch nicht, wer weiß (ich nicht).
So begab es sich, dass ich zu früher Stund mein geliebtes Heim verließ, um mich auf den strapaziösen Weg zum Tempel der Gelehrten zu machen. Als die Sonne sich gemächlich gen Firmament streckte befand ich mich schon im Flure vor der geweihten Kammer des Gelehrten. Ich erhob die Hand zum Gruße meiner Kameraden. Diese Geste blieb jedoch ob allgemeiner Müdigkeit unerwidert.
Schon kam der Gelehrte herbei und öffnete, wie von Zauberhand, die Tore zum Land wo Milch und Honig fließen.
Meine Augen erblickten architektonische Wunderwerke von unvergleichlicher Schönheit: In vollendeter mathematischer Perfektion waren drei parallele Reihen von hölzernen Platten aufgestellt.
Sogleich beschlossen mein getreuer Banknachbar Marvin und ich uns an des Tisches Rund niederzulassen. Wir stellten unsere Taschen erwürdig auf den geheiligten Grund und präparierten unsere, die aufgehende Morgensonne reflektierende, Holzplatte mit sakralen Utensilien.
Urplötzlich vernahm mein Gehör den sirenengleichen Gesang der Schuluhr.
Ich erkannte die göttliche Vorsehung in diesem Zeichen, das direkt vom Olymp zu kommen schien und erinnerte mich an die eigenen, in meiner Tasche ruhenden, sphärischen Melodien, die ich, gleich Pandoras Dose, entfesseln wollte. So griff ich mit beherzter Vorfreude in der Tasche Schlund, fand aber nicht, wonach es mich begehrte.
Ein dunkles Schaudern durchzog meine Seele und brannte wie die Feuer Neros in meinem Herzen. Sollte ich etwa das unentbehrliche Werkzeug in des Heimes warmer Stube zurückgelassen haben? Bekräftigt von der Gewissheit, ich hätte es sicherlich mit mir geführt, ließ ich meinen Blick durch des Raumes Leere schweifen.
Vor seinem Podium stehend tat der Gelehrte bereits sein Anliegen für die kommenden zwei Stunden kund. Meine armen Ohren vernahmen garstige Wörter wie „Partnerarbeit“ und „Klausurvorbereitungen“, die mich von neuem erschaudern ließen und mir vor Augen führten, dass meine Glückseeligkeit umso mehr vom baldigen Fund des heiligen Werkzeugs abhing.
Ich hoffte der Gelehrte würde im Ungewissen über meine Pein bleiben und frage mit leiser Zunge in die Klasse:
„Der heil’ge Schein meines Discmans ist verglommen
hat ihn jemand an sich genommen?
Derjenige in Gold bald badet,
der ihn zurückbringt unbeschadet.“
Doch mein Anliegen drang nur zu wenigen vor, denn ein böser Zauber schien selbst die stärksten Frauen und Männer niedergestreckt zu haben und ließ sie auf ihren hölzernen Platten schlummern. Bar jeder Hoffnung wendete ich mich meinem treuen Marvin zu und sah, was ich befürchtete nie wieder erblicken zu können: In der Sonne Glanz strahlte das heilige Werkzeug in des Freundes Hand. Darauf sprach er:
„Eine Probe der Musik wollte ich nur,
hier hast du ihn wieder,
halte deinen Schwur!“
So gab ich Marvin einen Sack gefüllt mir prächtigem Gold, lauschte zufriedenen Mutes den magischen Melodien meines Schatzes und entschwebte alsbald dem irdischen Dasein.