Kommunikation
Er steht auf und läuft zur Haustür, dort greift er in den Postschlitz und zieht mit einem Ruck die Zeitung aus der Klappe, die darauf laut scheppernd zufällt. Ohne auf den Kommentar des ärgerlichen Briefschlitzes Rücksicht zu nehmen dreht er sich um, während die Augen schon über die großen Schlagzeilen des Tages fliegen, läuft er langsam ins stille Ess-/Wohnzimmer der 1 1/2 Zimmerwohnung. Die Schlappen klopfen dabei auf dem Boden, so dass die Nachbarn unter ihm merken, es gibt Herrn Schmidt.
Er lässt sie vor dem kleinen Tisch der Singlewohnung nieder, gießt sich einen neuen Kaffee in die Tasse und schlägt die Zeitung auf der leeren Tischplatte auf. So hockt er eine Stunde vor seiner abonnierten Zeitung, die er alle zehn Minuten mal laut raschelnd umschlägt, manchmal seufzt er stumm. Dann drückt er sich an der Tischkante hoch, faltet die Zeitung wieder ordentlich zusammen, so als ob noch keiner sich über die neusten Nachrichten informiert hätte und schmeißt sie in den Müll unter der Spüle, den er pünktlich einmal die Woche leert.
An der Haustür, hinter der sich Herrn Schmidts Wohnung befindet, hängt mit Tesa angeklebt ein kleines Schild. Auf dem ist in gutleserlicher Schrift zu lesen: " Er ist blind und taubstumm."
Dies haben die Nachbarn aufgehängt um nicht immer die monatlich auftauchenden Vertreter verärgert darauf hinweisen zu müssen, dass er doch nicht öffnet nach zehnminütigem Klingeln.