Das Zimmer hat kein Fenster
Das Zimmer ist schlicht. Drei Wände sind weiß und eine schwarz, Fenster sind überflüssiger Schnickschnack. Als Einrichtungsgegenstände dienen ein Bett, zwei Schreibtische mit Stühlen und jeweils einer kaputten Lampe und ein alter Teppich. Neben dem Schreibtisch an der schwarzen Wand steht ein Müllkorb in welchem sich ein einzelnes, zerknülltes Stück Papier befindet. Auf dem anderen Schreibtisch liegt ein weiß strahlendes Blatt.
In dem Bett liegen zwei Personen, der Mann schaut zusammengerollt den geraden Rücken der Frau an. Ihre Augen sind offen, wünschen sich ein Fenster.
„Es tut mir leid.“ Seine Stimme durchbricht den Augenblick.
„Es ist okay. Mir macht das nichts.“
„Ich weiß, ich tue dir damit weh, aber… ich kann nicht anders, verstehst du? Ich brauche das. Ich möchte es nicht, aber wenn du das nicht für mich tust, werde ich schon nach ein paar Tagen ganz unruhig, gereizt, werde aggressiv.“ Sie muss sich umdrehen.
„Schatz. Alles ist okay. Mach dir keinen Kopf, ich tue das für dich. Es stört mich nicht. Mach die Augen zu und schlaf jetzt.“
„Danke.“
Die Sonne geht von Wolken bedroht auf. Als er aufsteht, hat er das Gefühl noch zu schlafen. In der Küche trifft er sie am vorbereiteten Frühstückstisch mit einer Zeitung sitzend und einen Croissant essend. Die Zeitung wird geschlossen und ihm gegeben, er setzt sich hin, macht sich ein Brot und blättert in ihr.
„Ich hasse diese Pädophilen! Kranke Arschlöcher sind das! Nie können sie ihren Drang nach armen Kindern stillen! Wegsperren sollte man sie, nein, am besten hängen!“
Aufwachen.
Kein Pädophiler hat sich ausgesucht pädophil zu sein. Stell dir vor du bist verliebt in eine 12 Jährige. Warum weißt du nicht. Du willst es nicht einmal. Aber du kannst nichts dagegen tun. Vielleicht bist du nicht einmal sexuell an ihr interessiert. Kein falscher Blick darf bemerkt werden, keine Geste darf auffällig wirken. Man könnte dich verdächtigen, du könntest falsch reagieren und plötzlich weiß jeder, dass du ein Kind liebst. Du bist für alle nur noch der Kinderficker. Du bist der Dreck der Gesellschaft. Hilfe? Vergiss es. Jeder hasst Kinderficker. Egal was für ein Mensch du bist, weil du eine Vorliebe hast, für die du nichts kannst, deren Bekämpfung jeden Tag aufs Neue beginnt, wirst du von jedem verabscheut. Irgendwann findest du dein Gesicht im Internet auf einer Seite auf der Kinderficker angeprangert werden wieder und erhältst täglich Drohbriefe. Fremde beschimpfen dich, weil sie dein Bild irgendwo gesehen habe. Deine Mutter weint am Telefon und fragt, warum du denn nicht normal bist. Selbstmord.
Aufwachen!