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Thema: Sammelthread für meinen Kram

  1. #41
    Werde kein Pfaffe, kein Magister,
    In den Lehrjahren sicher kein Philister -
    Zu groß ist der Bruch zur Welt,
    Keine Lehre, die mich fest hält.

    Werde kein Jurist, kein Richter,
    - dann brauch’ ich keinen Henker -
    Kein Lehrer, kein Kinder-Züchter,
    Kein Kopf-Verrenker für Querdenker!

    Wär’ ich Physiker, wie Möbius,
    ich ließ’ mir das Weltengeheimnis nicht stehlen!
    Wär’ ich Kaiser, wie Romulus,
    Würde ich ebenfalls die Germanen wählen!

    Wär’ ich Zarathustra, ich würde schweigen,
    Würde die Wahrheit keinem zeigen.
    Wäre ich Heine, würde ich weiterleiden,
    Doch Lieder nur mit den Lippen schreiben.

    Für mich ist immer achtundsechzig,
    Nichts ist Wahr, alles verdächtig.
    Ich muss den Pragmatismus bannen,
    denn ich bin im Nihilismus gefangen.


    Aus meinem neuen "Werk". Werde das aber hier nicht online stellen, da ich bei einem Literaturwettbewerb neben 11 anderen ausgewählt wurde um unter anderem bei einer Anthologie mitzuwirken. Und da möchte ich den Text nicht hier 'verballern'.

    Geändert von Stan (22.12.2005 um 10:54 Uhr)

  2. #42
    Na dann alles Gute und viel Glück mal! Post mal, wenn sowas rauskommt, mich würde nämlich ernsthaft interessieren, wie sie solche tiefgründigen Dinge in ne Anthologie packen wollen.
    Muss aber so sagen, dass mir das gepostete hier dichterisch nicht wirklich überzeugt, weil die Reime gezwungen klingen. Inhaltlich hats schon was, auch wenn mich das Gefühl beschleicht, jemand wäre in seinen eigenen Überlegungen stecken geblieben und so in den Nihilismus abgerutscht, weil er die Welt zu theoretisch genommen hat, der Allgemeinheitsfehler der großen Geister dieser Zeit.
    Aber was solls, ich bin ja kein Philosoph.

    OK, hier ein paar Verbesserungsvorschläge, in Klammern sind immer noch andere Îdeen. Allgemein, wenn ich was vorschlage, ist es nur ne Idee, letztendlich ist es dein Zeug.


    Ich werd kein Pfaffe, kein Magister,
    Beim Lernen sicher kein Philister - (In Lehrjahren niemals ein Philister)
    Zu mächtig (riesig) ist der Bruch zur Welt, (Zu fatal der Bruch zur Welt)
    Keine Lehre, die fest mich hält.

    Werd kein Jurist und auch kein Richter,
    - denn (so) brauch’ ich auch keinen Henker -
    Kein Lehrer und kein Kinder-Züchter,
    Kein Kopf-Verrenker für Querdenker!
    (Das ist komisch, aber ich weiß nicht, wie mans besser machen könnte, ohne den guten Inhalt zu ändern, das Wort Querdenker ist einfach zu kurz. Vielleicht was Ungewöhnliches wie "Seitwärtsdenker")

    Wär’ ich ein Physiker, wie Möbius,
    ich ließ’ das Weltengeheimnis mir nicht nehmen!
    Wär’ ich Kaiser, wie Romulus,
    Würde ich auch die Germanen wählen!

    (Die ganze Strophe ist komisch, weil du das Reimschema änderst. Dadurch kommt man aus dem Lesefluss.)

    Wär’ ich Zarathustra, würde ich schweigen, (Könnte man ganz hoch auftragen, im Stile von "Wär der Zarathustra ich, ich würd schweigen")
    Würde die Wahrheit keinem zeigen.
    Wäre ich Heine, ich würde einfach leiden,
    Doch Lieder nur mit den Lippen schreiben. (Mal so nebenbei, das ist geil )

    Für mich ist immer achtundsechzig,
    Nichts ist Wahr, alles verdächtig.
    Ich muss den Pragmatismus bannen,
    denn ich bin im Nihilismus gefangen.
    (Wieder hochaufgetragen: "Im Nihilismus ich bin gefangen", hört sich ein wenig ungezwungener an, sonst ist die Letzte auch richtig gut.)

    Geändert von La Cipolla (22.12.2005 um 12:38 Uhr)

  3. #43
    wäre auch am Gesamtwerk interessiert...

    Das Gedicht ist genial, auch wenn die Reime teilweise umständlich,kantig wirken-dann finde ich sie gerade deswegen gut.
    Hab mir cipos Vorschläge mal durchgesehen,und muss sagen dass das Gedicht dann runder,glatter daherkommen würde, die Intention würde auch nicht verloren gehen- trotzdem würde ichs nicht ändern,kann aber nicht wirklich begründen warum,es ist stimmig so wies da steht.
    Poste mal weiter wenn sie sich für das ein oder andere Gedicht nicht erwärmen können.

    Man spürt den Leser aus dem Gedicht heraus,mir gefällt das...

  4. #44
    Wie gesagt, ist nur die "lyrische" Seite, nicht der Stil. Ich hab auch erst überlegt, bin aber dann zu dem Schluss gekommen, dass die "Ecken und Kanten" des Gedichts den Stil mehr stören als bedingen. Aber letztendlich ist es Ansichtssache und zudem nur ein Vorschlag.

    Zitat Zitat
    Man spürt den Leser aus dem Gedicht heraus,mir gefällt das...
    Dat is do der Sinn an sowat.
    Inhaltlich mag ich es übrigens nach mind. 5-maligen Durchlesen jetzt auch, kann mir nur nicht vorstellen, dass es als Bestandteil eines Gesamtwerkes genügend Beachtung finden soll. Irgendwie ist es was für Lehrer, welche den Deutsch-Pöbel mit Interpretationen von scheinbar unwichtigen Stellen quälen wollen. ~.~'

  5. #45
    Ich bin nun nicht mehr geistig umnachtet,
    Hab’ im Gegenteil die Wahrheit gepachtet.
    Schien mir das Geschäft erst ungeheuer
    Und der Preis bei weitem zu teuer,
    So willigte ich letztendlich doch ein.
    Ja: Diese Wahrheit ist nun mein.

    Nach langem irren in meinen dunkelsten Gassen,
    Fand ich diesen listigen Verkäufer:
    Er hatte Wahrheiten in den größten Massen.
    Doch war er ein schneller Läufer.
    Ich folgte ihm, er war mir zum Greifen nah’,
    Doch im letzten Moment wieder unerreichbar.

    Nach wilden Verfolgungsjagden stellte ich ihn,
    Ausgelaugt und voller Wunden,
    Ich weinte, flehte, bettelte, rutschte auf Knien.
    „Diese Wahrheit wird nicht munden,
    Außerdem ist sie teuer“,
    So sprach das Ungeheuer.

    „Ich gebe dir alles was ich habe,
    Scheue keinen Verlust, keine Gabe.
    Gebe dir meinen Besitz, mein Geld,
    Ich tauschte meine ganze Welt,
    Doch gib mir diese Wahrheit, erhör mein Flehen,
    Gib mir diese Wahrheit, ich muss sie sehen!“

    „Ei, sprach er und schaute listig zurück,
    Ich will nicht viel: Nur all dein Glück.“



    Ursprünglich alleine stehend. Vielleicht wird es noch in "Drei", meinem Vielleicht-Anthologie-Werk, eingebunden.

    @ La Cipolla: Danke für die Verbesserungsvorschläge, letztendlich kann ich mich aber nicht durchringen, dass so zu ändern. Mit "Lehrjahren" sind übrigens nicht die Lernjahre, sondern die Lehrjahre im Sinne des Bildungsromans á la Wilhelm Meister gemeint. ^^ (Wenn ich den auch noch ungelesen hier stehen habe.) Dieses abgehackte und kurz-bündige bleibt auch bestehen, soll den Frust und die Ärgernis des Protagonisten ausdrücken. Ins Gesamtwerk passt das Gedicht eigentlich, es dreht sich lange um Nihilismus. Wohl ohne eine adäquate Antwort zu finden.

    @ Schreiberling: Danke für's Lob/Kritik. ^^

    Bei Interesse kann ich "Drei" auch per E-Mail verschicken (Cipo, Schreiberling?).

  6. #46
    Zitat Zitat
    Bei Interesse kann ich "Drei" auch per E-Mail verschicken (Cipo, Schreiberling?).
    *meld*

    Zum alten gedicht:
    OK, ist letztendlich deins und ich weiß ja außerdem nicht, wies in in das Gesamtzwerk passt. Außerdem Ansichtssache, wäre dann ja auch irgendwie ein anderer Stil. Viel Glück denne mal.

    Zum Neuen: Ich finds geil. Aber so richtig. Und wenns um Nihilismus geht, scheint es ja wohl perfekt zu passen. Man muss mal drüber nachdenken, warum sich nicht einfach alle großen Leute umgebracht haben. Musste sowohl ans "Holzscheit" als auch an "Vor dem Gericht" denken. Und stilistisch übrigens richtig verdammt gut, ich würd "irren" nur groß schreiben, hat mich ein wenig verwirrt. ._.

  7. #47
    jap,hätte es auch gern

    das Neue gefällt mir auch gut ("geil"?,cipo,seit wann so umgangssprachlich-vulgär?)

    Zitat Zitat
    Außerdem ist sie teuer“,
    So sprach das Ungeheuer.
    die Stelle halte ich für weniger gelungen,hört sich irgendwie komisch in meinem Ohr an, und Ungeheuer ist doch arg theatralisch...

    Zitat Zitat
    „Ich gebe dir alles was ich habe,
    Scheue keinen Verlust, keine Gabe.
    Gebe dir meinen Besitz, mein Geld,
    Ich tauschte meine ganze Welt,
    Doch gib mir diese Wahrheit, erhör mein Flehen,
    Gib mir diese Wahrheit, ich muss sie sehen!“
    ->genial!man spürt die Verzweiflung, die sich immer weiter steigert, bis er die ganze Welt anbietet

    genauso die letzten Beiden Verse, sehr schön, nur bei dem "Ei" musste ich grinsen...
    erinnert mich an Faust,thematisch gesehen

    wirklich schön

  8. #48
    Die Situation ist bizarr. Man war zu mir gekommen und hatte mir gesagt, ich sei eingeladen. Die Verpflegung ist verschwenderisch, alles ist hochmodern, die Zimmer sind geräumig; alle Bedürfnisse werden befriedigt. Und jetzt schauen sie mich an und erwarten unmögliches von mir. Sie erwarten, dass ich anfange mit den Wörtern zu zaubern. Sie sagen nichts, doch ich lese es in ihren Blicken. „Großer Magier der Wörter“, sagen ihre Augen, „nun beweise uns, dass du ein wahrhaftiger und kein Scharlatan bist.“ Doch habe ich mich nie als Hexenkünstler ausgegeben, im Gegenteil: Ich glaube nicht einmal an Magie! Nun soll ich also vollbringen, woran ich nicht glaube. Ich klopfe mit dem Zeigefinger auf einen Oberschenkel, blicke unruhig in die Augen der vor mir sitzenden. Ich öffne den Mund. Schließe ihn wieder. Ich nehme das vor mir liegende Blatt Papier und wünschte mir, ich wäre es. An das Papier werden keine Erwartungen gestellt. Ich lege es vor mich, nehme den akkurat angespitzten Bleistift und beginne zu schreiben.
    Ich schreibe vorsichtig, Schwung für Schwung, Buchstabe für Buchstabe. In ihre hoffnungsvollen Gesichter blickend, halte ich den Zettel, von dem nun auch alles erwartet wird, hoch:

    „Es gibt keine wahre Kunst,
    Und es gibt keine Magie.
    Es wird sie niemals geben,
    Und es gab sie nie.“

    Und obwohl ich jede ihrer Hoffnung negiert habe, lächeln sie und beginnen wie Affen wild zu klatschen und zu toben.

  9. #49
    Wo der Wind beginnt,
    Wofür Sterne steh’n,
    Was ein Kind ersinnt,
    Wohin wir nur geh’n…

    Was ein Gott wohl denkt,
    Wer im Mond nur thront,
    Was den Atem lenkt,
    Was das Leben lohnt…

    Können wir jemals erfahr’n?
    Können wir jemals das wissen?
    Wissen! Wann kommst du nur?
    Alles vergeht, nur die Sehnsucht, sie bleibt.





    Würde mich freuen, wenn jemand das Metrum durchgeht.

  10. #50
    Metrum:

    Wo der Wind beginnt,
    I o I o I
    Wofür Sterne steh’n,
    I o I o I
    Was ein Kind ersinnt,
    I o I o I
    Wohin wir nur geh’n…
    o I o o I

    Was ein Gott wohl denkt,
    I o I o I
    Wer im Mond nur thront,
    I o I o I
    Was den Atem lenkt,
    I o I o I
    Was das Leben lohnt…
    I o I o I

    Können wir jemals erfahr’n?
    I o o I o o I
    Können wir jemals das wissen?
    I o o I o I o
    Wissen! Wann kommst du nur?
    I o o I o I
    Alles vergeht, nur die Sehnsucht, sie bleibt.
    I o o I o o I o o I

  11. #51
    Der Wind


    In der Ferne heult, so still, der Wind.
    Kann ihn denn nichts stören?
    Schonen wird er nichts, nicht Alte, nicht das Kind.

    Was das nur für Menschen sind?
    Können sie ihn denn nicht hören?
    In der Ferne heult, so still, der Wind.

    Sein so leises Lallen, dass durch Wolken rinnt,
    Es vermag die Dumpfen zu betören.
    Schonen wird er nichts, nicht Alte, nicht das Kind.

    Wie bedacht er seine Macht gewinnt,
    Man vernimmt ihn aus des Himmels Chören.
    In der Ferne heult, so still, der Wind.

    Flüstern wird zu schreien, wo der Wind beginnt.
    Ach! Schon brüllt er lauter - all das wird er leicht zerstören!
    Schonen wird er nichts, nicht Alte, nicht das Kind.

    Warum sich das Dorf der Alten nicht besinnt...
    Wollen sie das Kind dem Tod verschwören?
    In der Ferne heult, so still, der Wind.
    Schonen wird er nichts, nicht Alte, nicht das Kind.




    Meine erste Villanelle.

    Geändert von Stan (02.04.2006 um 17:46 Uhr)

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