Ich bin nun nicht mehr geistig umnachtet,
Hab’ im Gegenteil die Wahrheit gepachtet.
Schien mir das Geschäft erst ungeheuer
Und der Preis bei weitem zu teuer,
So willigte ich letztendlich doch ein.
Ja: Diese Wahrheit ist nun mein.

Nach langem irren in meinen dunkelsten Gassen,
Fand ich diesen listigen Verkäufer:
Er hatte Wahrheiten in den größten Massen.
Doch war er ein schneller Läufer.
Ich folgte ihm, er war mir zum Greifen nah’,
Doch im letzten Moment wieder unerreichbar.

Nach wilden Verfolgungsjagden stellte ich ihn,
Ausgelaugt und voller Wunden,
Ich weinte, flehte, bettelte, rutschte auf Knien.
„Diese Wahrheit wird nicht munden,
Außerdem ist sie teuer“,
So sprach das Ungeheuer.

„Ich gebe dir alles was ich habe,
Scheue keinen Verlust, keine Gabe.
Gebe dir meinen Besitz, mein Geld,
Ich tauschte meine ganze Welt,
Doch gib mir diese Wahrheit, erhör mein Flehen,
Gib mir diese Wahrheit, ich muss sie sehen!“

„Ei, sprach er und schaute listig zurück,
Ich will nicht viel: Nur all dein Glück.“



Ursprünglich alleine stehend. Vielleicht wird es noch in "Drei", meinem Vielleicht-Anthologie-Werk, eingebunden.

@ La Cipolla: Danke für die Verbesserungsvorschläge, letztendlich kann ich mich aber nicht durchringen, dass so zu ändern. Mit "Lehrjahren" sind übrigens nicht die Lernjahre, sondern die Lehrjahre im Sinne des Bildungsromans á la Wilhelm Meister gemeint. ^^ (Wenn ich den auch noch ungelesen hier stehen habe.) Dieses abgehackte und kurz-bündige bleibt auch bestehen, soll den Frust und die Ärgernis des Protagonisten ausdrücken. Ins Gesamtwerk passt das Gedicht eigentlich, es dreht sich lange um Nihilismus. Wohl ohne eine adäquate Antwort zu finden.

@ Schreiberling: Danke für's Lob/Kritik. ^^

Bei Interesse kann ich "Drei" auch per E-Mail verschicken (Cipo, Schreiberling?).