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Thema: Effi Briest (v. Theodor Fontane)

  1. #1

    Effi Briest (v. Theodor Fontane)

    Ein recht bekanntes Werk, da es regelmäßig in den Schulen gelesen wird - so auch bei mir. Allerdings wohl in einem etwas anderem Zusammenhang. In meinem Diff-Kurs (Deutsch-Experimentell) wollte die Lehrerin die Schüler zum Lesen bringen und jeder hat sich ein Buch aus bescheidener Auswahl aussuchen dürfen und muss darüber eine Inhaltsangabe und eine Bewertung schreiben. Des Weiteren muss ich noch ein Plakat zu dem Buch anfertigen, woraus ich das machen soll, weiß ich noch nicht, damit werde ich mich wohl am Wochenende beschäftigen.
    Da das ganze die zweite Klassenarbeit ersetzt, dachte ich mir, wieso nicht meinen Text einfach ins Forum stellen und schauen was die Leute dazu sagen. Und tada. Hier isser:

    Inhaltsangabe:

    Theodor Fontane's 1895 geschriebenes Werk „Effi Briest“ handelt von der jungen Effi, welche mit 17 Jahren von einem ehemals Geliebten ihrer Mutter unerwartet eines Nachmittages einen Heiratsantrag bekommt. Ohne eine Wahl zu haben, nimmt sie den Antrag an und zieht muss sich von ihrer Heimat trennen, um in ein kleines, stilles Dorf in Preußen zu ziehen in welchem sie den Anschluss an das gesellschaftliche Leben nicht findet. Ihr Mann, von Beruf Beamter mit Aussichten auf beruflichen Aufstieg, kümmert sich zwar um Effi und behandelt sie gut, kann ihr letztendlich aber nicht das geben, was ihr die Jugend eigentlich verspricht, Freiheit und Unbeschwertheit. Letzteres wird vollkommen von der Geistererscheinung eines alten Chinesen im alten, unheimlichen Hause ihres Mannes, von Instetten, zerstört. Der junge, wilde Major Crampas, eine ihrer wenigen Bekanntschaften in dem kleinen Dorf, bietet Effi so viel ihrer Jugend, dass sie letztendlich ihren Mann betrügt. Bald 10 Jahre später lebt Effi zufrieden mit ihrem Mann und ihrer Tochter in dem belebten Berlin, durch einen Zufall jedoch erfährt dieser, während Effi auf einer Kur ist, von Effis Ausrutscher mit dem Major und findet sich in einem Dillemma wieder. Einerseits liebt er Effi von ganzem Herzen und der verstrichene Zeitraum lässt ihn nicht einmal wirklich Schmerz empfinden. Andererseits fühlt er sich gezwungen zu handeln, diese Unverschämtheit nicht auf sich sitzen zu lassen. Von Instetten fühlt sich zu einem ehrenvollen Duell, bei dem letztendlich Crampas erliegt, gezwungen, denn dies fordern nun einmal die Regeln der Gesellschaft bei einer solchen erleideten Schande.
    Effi treffen harte Konsequenzen, ihre Eltern wollen sie trotz großem Mitleids nicht aufnehmen, da sie ja sonst ihre Handlung tollerieren würden . Letztendlich wohnt Effi verarmt in Berlin, trifft ein letztes Mal ihre Tochter und darf, nach Flehen ihrer letzten Gehilfin an Effis Eltern, wieder nach Hause zurückkehren. Dort vergibt sie, noch jung auf dem Sterbebett liegend, ihrem Mann und welkt dahin.


    Bewertung:
    Leider sind in etwa die ersten 200 Seiten des Buches wenig unterhaltsam, eher langweilend. Es wird sehr zäh beschrieben, wie Effi in die fremde Stadt ziehen muss und wie sie dort ihr Leben verbringt. Der Leser sympathisiert vielleicht mit dem einen oder anderen Charakter, kann sich letztendlich aber nur sehr langsam in Effis Welt einleben. Dazu kommt auch noch, dass dieses erste Thema der frühen Verheiratung im heutigen Europa einfach unzeitgemäß ist. Heiraten werden inzwischen in fast allen Fällen aus freien Stücken getroffen und sind in solch einem frühen Lebensabschnitt ohne die Zustimmung der Eltern gar nicht möglich. Das kann man Fontane nicht übel nehmen, ein 100 Jahre später lebender Europäer gehörte sicherlich nicht in seine Zielgruppe, aber gerade ein solcher muss sein Werk gerade rezensieren.
    Die ersten 200 Seiten werden also von einem unzeitgemäßen Thema, langweiligen Charakteren deren Rollen sich zu spät entfalten und einer ermüdenden Ereignislosigkeit geprägt. Der Sprachstil, unter anderem mit viel französisch gespickt, ist zwar sehr flüssig, aber das rettet letztendlich nichts, eine Sprache kann noch so schön sein, wenn sie nichts ausdrückt. Die erste Hälfte des Werkes, welches teilweise auf einer realen Begebenheit beruht, ist meiner Meinung nach eher eine Qual als ein Vergnügen.

    Ab der 200ten Seite beginnt man sich dann in die Welt der Effi Briest einzuleben, was bei den Buddenbrooks nach kurzer Zeit geschah, hat hier über die Hälfte des Romanes gekostet. Man beginnt sich für Effi zu interessieren - endlich passiert ja mal etwas - und verfolgt wie sich die Geschichte weiterspinnt. Fontane muss man zu gute halten, wie er das Verhältnis zwischen Effi und Crampas gefühlvoll und unterschwellig darstellt, man ahnt viel, gewissweit verschaffen aber erst späte Monologe Effis. Drei weitere Charaktere, Gieshübler und Effis Eltern, sind ebenfalls sehr lebendig, was man von Effis Gatten allerdings nicht behaupten kann. Bei der ganzen Sensibilität mit der die Charaktere beschrieben werden, kommen von Instetten und sein Sekundant viel zu kurz. Und gerade diese behandeln das Kernthema des Romanes, was diesem, welches eh viel zu wenig Aufmerksamkeit erhält, wiederum einen Dämpfer versetzt. Des Weiteren hat Fontane das Thema, nämlich die Frage ob abstrakte gesellschaftliche Regeln das Leben bestimmen sollten noch viel zu sanft angefasst. Während bei dem Adrenne-Fall, seiner Vorlage, das Verhältnis noch während es andauerte bekannt wurde, verstrichen bei Effi Briest viele Jahre und es geht teilweise nur um die Verjährung, also nicht direkt ob die Handlung korrekt ist, sondern ob die Handlung, des Duells, noch nach so vielen Jahren korrekt ist.
    Außerdem hätte Fontane noch die Chance ergreifen können, Crampas als einen weiteren tragischen Protagonisten darzustellen, der ein Opfer dieses Duells, welches in Schnitzlers "Leutnant Guestl" beispielsweise viel direkter und treffender kritisiert wird, war; aber letztendlich vom Leser weder Mitleid noch große Aufmerksamkeit zugeschrieben bekam. Er verstarb (beschrieben mit der gefühlvollen Schilderung "(...)alles erledigte sich rasch; und die Schüsse fielen. Crampas stürzte. (...) "Wollen sie..." das waren seine letzte Worte. Noch ein schmerzlicher und doch beinah freundlicher Schimmer in seinem Antlitz und dann war es vorbei.) und schon drei Zeilen nach seinen letzten Worten ist er wie vergessen.
    Das Thema der Gültigkeit gesellschaftlicher Regeln und deren Sinnlosigkeit mag zwar sehr gut gewählt sein und besticht auch durch eine gewisse Zeitlosigkeit, dennoch wird es einerseits zu sanft angepackt und andererseits viel zu kurz in einem so zähen Werk angesprochen. Es hätte mehr Aufmerksamkeit und eine offensivere Vorangehensweise verdient, so allerdings ist der Roman letztendlich meiner Meinung nach unverdient so ruhmreich. Er ist langatmig und letztendlich sind die Kernmotive nicht gut genug dargestellt um dem ganzen einen wirklichen Sinn zu verleihen. Ein Buch, mit dem man sich zwar beschäftigen kann, allerdings gibt es viel Literatur die unterhaltsamer und durchdachter zugleich ist.


    Zeit hatte ich für das ganze 3 Wochen (einschließlich dem Lesen des Buches), habe davon noch 9 Tage übrig und bin in der 10ten Klasse. Bin für Verbesserungsvorschläge und Ergänzungen offen, da ich das Werk sehr kritisiere und ich erwarte das meine Lehrerin sehr von dem Werk angetan ist, muss ich ihr schon eine fundierte Beurteilung auf den Tisch knallen.

    Natürlich könnt ihr auch gerne Einzeiler posten und eure eigene Erfahrungen zu Effi Briest oder allgemeiner Theodor Fontane äußern. Dann sieht das ganze nicht so nach Ego-Thread aus. ^^

  2. #2
    was mir nach dem ersten Lesen so aufgefallen ist:

    Zitat Zitat
    Des Weiteren hat Fontane das Thema, nämlich die Frage ob abstrakte gesellschaftliche Regeln das Leben bestimmen sollten noch viel zu sanft angefasst. Während bei dem Adrenne-Fall, seiner Vorlage, das Verhältnis noch während es andauerte bekannt wurde, verstrichen bei Effi Briest viele Jahre und es geht teilweise nur um die Verjährung, also nicht direkt ob die Handlung korrekt ist, sondern ob die Handlung, des Duells, noch nach so vielen Jahren korrekt ist.
    Zitat Zitat
    Es hätte mehr Aufmerksamkeit und eine offensivere Vorangehensweise verdient, so allerdings ist der Roman letztendlich meiner Meinung nach unverdient so ruhmreich.
    Was das "zu sanft angefasst" angeht: Es gibt einen kritischen Ansatz, der Fontane vorwirft, dass er am Ende quasi einen Rückzieher macht; d.h. dass er die Kritik an der Gesellschaftsordnung, die er vorher in ihre Bestandteile zerlegt und analysiert hat, zurücknimmt oder zumindest einschränkt. Effi selbst wirft SICH vor, gegen die Ordnung verstoßen zu haben, von der sie (und auch der Leser) weiß, dass sie verdammt besch...ist (vereinfacht gesagt... ). Dabei wird die Möglichkeit verpasst, Effi mit den neu gewonnenen Erkenntnissen ein neues Leben oder was auch immer beginnen zu lassen.
    Wenn dann noch Effis Mutter ganz am Ende sowas sagt wie "Wir hätten sie härter erziehen sollen"(ungefähr), dann scheint es fast, als wollte Fontane den Lesern sagen:" Nettes Mädchen, diese Effi. Habt Mitleid mit ihr, kauft meine hübsch traurigen Bücher und sorgt dafür, dass eure sicher auch netten Töchter nicht so abrutschen..." Fontane wird also Inkonsequenz zugunsten der Leserfreundlichkeit vorgeworfen.
    Dieser Ansatz ist nicht von mir, sondern von irgendeinem Menschen, dessen Namen ich vergessen hab...war auf jeden Fall von 1971, der Text, vielleicht war der Typ ja Kommunist ...oder Hippie... (oho, sehr schön verallgemeinert...JEDER war 1971 Hippie oder Kommunist... ).
    Wie auch immer, an der Kritik ist zumindest etwas wahres zu finden....vielleicht hilfts...

    Zitat Zitat
    Bei der ganzen Sensibilität mit der die Charaktere beschrieben werden, kommen von Instetten und sein Sekundant viel zu kurz.
    Instetten soll ein Stück weit blass und auch gefühlskalt sein. Er steht für die "alte Ordnung" und hat diese völlig verinnerlicht. Er muss so sein, damit der Unterschied zu Crampas deutlich ist...außerdem wird Innstetten manchmal von Effi charakterisiert...zufällig hab ich hier gerade ein Arbeitsblatt liegen (tatsächlich zufällig! seltsam... ), da sagt sie:"Denn er hatte viel Gutes in seiner Natur und war so edel wie jemand sein kann, der ohne rechte Liebe ist." Überraschend treffend dargestellt von Mrs Naivität...

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