Zitat Zitat von Rübe
Die Familienzusammengehörigkeit, wie du sie geschildert hast ist eine evolutionäre Entwicklung, ich stimme mit dir überein. Nur konstruieren wir uns "neue Familien". Die Nationalstaatliche Bewegung ist erst etwas mehr als 200 Jahre alt, vorher gab es kein Einheitsgefühl. Dieses Gefühl haben wir uns konstruiert. Wir suchen uns also das Familiengefühl in einer grösseren Gruppe und das tun wir wiederum um uns besser zu fühlen.
Ich würde diese Handlungsweise unter deiner Theorie nicht so ausschließlich auf psychische Aspekte zu konzentrieren, wie du es in diesem Abschnitt zu machen scheinst. Aus meiner Sicht ist eine Erweiterung des familiären Bereichs von nahen Verwandten über das persönliche Umfeld bis hin zu einer in gewisser Hinsicht abstrakten Gruppe (abstrakt, weil die Mitglieder untereinander keinen persönlichen Bezug mehr teilen) eine Form der Anpassung gegenüber anderen, da sich im Zusammenschluss eigene Schwächen durch fremde Stärken ausgleichen lassen. Von daher führt ein Einheitsgefühl zu einer Art des Sicherheitsempfindens, nämlich vor schädlichen Einflüssen im Verbund geschützter zu sein. Dass diese Verbünde sich von tribalen Strukturen bis zu komplexen Gesellschaftsformen entwickeln konnten, enstand aus der Notwendigkeit (oder scheinbaren Notwendigkeit), sich an immer größere äußere Einflüsse ausreichend anzupassen. Das Streben nach Sicherheit führt damit zur Schaffung von Institutionen, unter denen sich dieses Bedürfniss erfüllen lässt. Der Anfang dieses Strebens ist jedoch nicht mit der Entstehung einer nationalen Bewegung verbunden, auch die Schaffung von fest organisierten Religionen oder, um noch weiter zurückzugehen, die bereits weiter oben erwähnten tribalen Zusammenschlüsse enstanden aus sehr ähnlichen Motiven und waren nur in ihrem Umfang beschränkter.
Es wird schwer, das Verhalten der Gemeinschaftsbildung deinen Formen des Egoismus zuzuordnen, da es gleichzeitig in allen Bereichen wirksam werden kann. Sie kann sowohl materielle Bedürfnisse befriedigen, da sie die Produktion von Gütern erleichtert, als auch psychische, da erst in einer Gemeinschaft die Selbstverwirklichung einen höheren Stellenwert einnehmen und somit für den Menschen bedeutend werden kann. Familiär-egoistisches Verhalten wäre hier dann gegeben, wenn durch die Integration in eine größere Gruppe gleichzeitig das Überleben einer kleineren gesichert werden soll.

Und um die IMHO absurde Trennung zwischen Menschen und Tieren abzustreifen: Zumindest die zuletzt von mir genannte Form der "Gesellschaftsbildung" wird auch im Tierreich in der Bildung von Herden bzw. Rudeln praktiziert, wobei sich über die Motive, ob nun Instinkt oder Verstand, sicher streiten lässt.
Wenn wir schon dabei sind, kennt irgendjemand von euch Insekten- oder allgemeiner Gliedertierarten, die sich im Gegensatz zu etwa Ameisen, Termiten und Bienen in einem breiterem Zusammenschluss organisieren, der jedoch nicht auf der Basis der gemeinsamen Abstammung von einer Königin o.ä. basiert? Bei diesen ließen sich Verstand und Instinkt recht klar unterscheiden, da ihr Nervensysteme weitaus geringer ausgebildet sind als bei Wirbeltieren, sie aber dennoch Staatenbildung betreiben.
Ich muss dabei eingestehen, dass ich mich nicht sehr eingehend mit Insekten beschäftigt und dieses Thema nur eingeschränkt in der Schule besprochen wurde. Zumal ich Biologie und Chemie dank unseres Kurssystems vor anderthalb Jahren abwählen musste.


Zitat Zitat
Aufstieg und Freundschaften sind keine instinktive Handlungen. Auch Gerechtigkeit nicht. Instinke lassen sich recht einfach entlarven, wenn man bei TIeren ähnliche Verhaltensmuster findet. Während Aufstieg ein Grenzfall ist (es gibt keine Aristokratien im Tierreich d.h. keine Gruppen von Herrschern, wie wir sie heute kennen, jedoch aber "Dikaturen") ist Freundschaft nicht unbedingt nötig. Man kommt auch alleine ganz gut zurecht, ist zwar anstrengend, aber möglich. Und Gerechtigkeit ist eine Menschliche Erfindung, die aus Ethik heraus resultiert. Instinkte kennen aber keine Ethik. Natürlich gibt es noch instinktive Grundmuster, aber die Fallen unter die selbe Kategorie wie Angst. Ausserdem können wir sie umgehen (ein Sprung vom Brett im Hallenbad ist ein ziemlich nettes Beispiel, wie die Ratio, eine ganz und gar Menschliche Eigenschaft, den Instinkt umgeht).
Über die Instinktgebundenheit der von Lysandros genannzen Handlungen lässt sich wie oben schon gesagt streiten, aber der Vergleich mit Tieren hinkt schon von daher, dass wir selbst eine Form von Tieren darstellen. Und wenn die Psychologie schon daran versagt, die Handlungen von Menschen auf ihren Ursprung zurückzuführen (diese "Wissenschaft" basiert immer noch ausschließlich auf Hypothesen und wertlosen Beobachtungsberichten).
BTW, wie hast du die Kurve von der Ethik ins Hallenbad hinbekommen? Das könnte sich durchaus als nützlich erweisen, wenn wir im Ethik-Unterricht wieder endlose Diskussionen führen, obwohl jeder seinen Standpunkt schon nach fünf Minuten dargestellt hat und das weitere Gespräch nur noch der Wiederholung von Thesen und der langsamen Ablösung vom eigentlichen Thema dient.