Der Weihnachtsmann bringt keine Tiere

„Wieso nicht?“ Wütend stampfte er mit dem Fuß auf.
„Weil der Weihnachtsmann nun einmal keine Tiere bringt. Das hab ich dir
doch schon gesagt.“
„Ich will aber einen Hund haben! Und das schreibe ich ihm auch!“ Mit
Tränen in den Augen stürmte er hinaus.

„Sind wir nicht etwas zu hart zu ihm? Ich weiß noch, dass ich mir in dem
Alter auch immer einen Hund gewünscht habe.“
„Du weißt genau, dass ein Hund zu viel Arbeit bedeutet. Und in einer
Woche spielt er vielleicht nicht mal mehr mit ihm, weil er ihn dann
langweilig findet.“
„ Ich weiß ja, aber wenn er zu Weihnachten keinen Hund kriegt, wird er
sicher ziemlich enttäuscht sein.“
„Da kann man nichts machen. Er bekommt zu Weihnachten die CD, die er
sich schon seit einer Weile wünscht, und damit basta.“

Er saß mit seiner Familie an einem Lagerfeuer und sie grillten sich
Würstchen. Vom Feuer stieg ein Geruch nach Rauch auf, und es war
angenehm warm. Plötzlich fing es an zu regnen, sein Gesicht war mit
einem Mal wasserüberströmt und er...
setzte sich mit einem Ruck im Bett auf. Ihm war zwar sofort klar, dass
er geträumt hatte, dennoch schienen ihm einige Elemente des Traumes
hinüber in die Realität gefolgt zu sein. Es roch immer noch nach Rauch,
und auch sein Gesicht fühlte sich noch nass an. Zumindest für letzteres
entdeckte er den Grund schnell. Neben dem Bett saß ein Hund, der ihm
anscheinend das Gesicht abgeleckt hatte. In der Dunkelheit war zwar
nicht viel zu erkennen, dennoch schien es, als ob er eine weiße Stelle
auf der Stirn hätte, und sehr groß war.
Der Hund und die Frage, woher er überhaupt kam, trat jedoch sofort in
den Hintergrund, als er laut Husten musste. Da fiel ihm ein, dass noch
ein Sinneseindruck ihn aus seinem Traum begleitet hatte.
Plötzlich öffnete der Hund den Mund, nahm ein Stück von seinem
Schlafanzug in den Mund, und begann ihn in Richtung der Schlafzimmertür
zu ziehen. Plötzlich beunruhigt folgte er dem Tier willenlos. Als er im
Flur das Licht an machte, sah er auch endlich den Grund für den
Rauchgeruch: Rauch, der unter der Decke entlang zog.
Entsetzt sah er, dass offenbar das halbe Wohnzimmer in Flammen stand,
und das Feuer sich weiter ausbreitete. Er drehte sich um, stürmte ins
Schlafzimmer zurück, und rüttelte seine Frau an der Schulter. „Was ist
denn, ist es schon morgen...“.
„Schnell, wach auf, die Wohnung brennt!“
Mit einem genuschelten „Was..“ richtete sie sich auf, wobei ihr langsam
klar zu werden schien, was ihr Mann gesagt hatte. Plötzlich riss sie die
Augen auf. „Es brennt?“
„Ja, jetzt mach schon, steh auf.“ Er lies sie sitzen, und wandte sich
dem jüngsten Familienmitglied zu. Auch er war schnell wachgerüttelt,
aber da er keine Zeit mit Erklärungen vergeuden wollte, nahm er ihn
einfach auf den Arm, und rannte in Richtung Ausgang. Im Flur stand seine
Frau, immer noch im Schlafanzug, aber mit ihren Jacken auf dem Arm. „Was
ist denn los?“, kam es plötzlich vom Sprössling. „Alles in Ordnung, wir
gehen jetzt nur ein bisschen raus.“, was sie dann auch prompt taten.
Erst als sie auf der Straße standen, fiel ihm ein, dass er, seit er
zurück ins Schlafzimmer gegangen war, den Hund nicht mehr gesehen hatte.
Anscheinend war er auf die gleiche seltsame Art verschwunden, auf die er
auch gekommen war.
Froh, sein Handy immer in der Jackentasche zu haben, zog er es heraus,
und wählte 112. Nachdem er von dem Feuer erzählt hatte, konnte er nichts
weiter tun, als darauf zu warten, dass die Helfer eintrafen

Es war hart für ihn, nur auf der Straße zu stehen, und zu sehen, wie das
Feuer im inneren des Hauses wütete, aber was hätte er schon tun sollen?
Bereits nach 2 Minuten traf die Feuerwehr ein, und nachdem er versichert
hatte, dass niemand mehr im Haus sei, begannen endlich die
Löscharbeiten.
Nach der Löschung des Brandes, besprach er sich noch mit einem der
Feuerwehrmänner. „Sie hatten Glück, das Feuer so früh zu bemerken. Der
erste Stock ist zwar ausgebrannt, aber in den anderen Etagen sind nur
kleiner Schäden entstanden. Überhaupt hatten sie ziemliches Glück, in
vielen Brandfällen bei Nacht sterben die Menschen am Rauch, ohne dass
sie überhaupt aufwachen.“
Er dachte an einen Hund mit einem weißen Fleck auf der Stirn, und kam zu
dem Schluss, dass es wohl nicht nur etwas mit Glück zu tun gehabt hatte.
„Haben sie schon eine Ahnung, woher das Feuer gekommen sein könnte?“
„Nee, weiß ich nicht, aber soweit ich das Beurteilen kann, würde ich
sagen, dass das Ganze nach einem Versicherungsfall aussieht. Sie sind
doch versichert?“
„Ja.“ Er nahm an, dass ihm die Erleichterung deutlich anzusehen war.
Doch gleich darauf zeigte sich wieder sein trauriges Gesicht „Ist
trotzdem schlimm, dass es gerade jetzt vor Weihnachten sein muss.“
„Kann man nichts machen. Ich muss den Jungs jetzt beim Aufräumen helfen.
Sie kommen ohne mich klar?“
Auf sein Nicken hin setzte sich der Feuerwehrmann in Bewegung.

„So, und jetzt die Geschenke auspacken.“
Gut, dass seine Schwiegereltern ein großes Haus mit Gästezimmer hatten,
sonst hätten sie Weihnachten wahrscheinlich in irgendeinem Hotel
verbringen müssen. Da die Versicherung zu dem Schluss gekommen war, dass
der Brand „ohne Eigenverschulden“ zustande gekommen war, und gerade
dabei war, die Höhe des Schadens auszurechnen, hatten sie wohl alle das
Recht, sich ein paar ungestörte Festtagsmomente zu gönnen.
„Das hier solltest du als erstes auspacken.“
„Oh das ist aber groß!“ Und schon rissen ungeduldige Kinderhände das
Papier von der großen Schachtel. Im inneren der Schachtel lag ein Hund,
(den er natürlich erst kurz zuvor hineingesetzt hatte. Man war ja
schließlich kein Tierquäler.)
„Oh, ist der süüüß. Und ganz groß. Der ist total toll.“
„Und er wird sogar noch größer. Das ist eine ziemlich große Rasse, und
dieser hier ist, glaube ich, erst ein Welpe.“ Er hatte sogar eine
ziemlich genaue Vorstellung davon, wie groß er einmal werden würde. Doch
den kleinen schien das nicht zu interessieren. Er war viel zu sehr damit
beschäftigt, das neue Familienmitglied zu streicheln-
„Wieso hast du ihm jetzt eigentlich doch einen Hund gekauft?“, flüsterte
ihm plötzlich eine Stimme ins Ohr. „Gerade jetzt halte ich das nicht für
so eine gute Idee.“
„Ich hatte einfach plötzlich das Gefühl, dass ein Hund genau das
richtige für unsere Familie ist. Und als ich diesen im Tierheim gesehen
habe, konnte ich ihm einfach nicht widerstehen.“
Den Grund dafür hatte sein Sohnemann gerade entdeckt: „Schaut mal, auf
der Stirn hat er einen weißen Fleck.“ Und in den Bewusstsein, wieder
einmal alles besser gewusst zu haben, als die Erwachsenen, setze er
hinzu: „ Ich wusste doch, dass der Weihnachtsmann uns auch einen Hund
bringt, wenn ich ihm schreibe.“
Mit einem Lächeln im Gesicht dachte er, dass das vielleicht auf eine
andere Weise zutraf, als der kleine Spross das im Moment glauben mochte.