Folge 3
Kalenderwoche 50 & 51
Sonnabend, 4.12.2004 bis Freitag, 17.12.2004
ARBEITSVERWEIGERUNG BEI DEN FORENSPIONEN
In dieser Woche blickt die Welt wieder gespannt auf Iehovas Augen, denn auch dieses mal stellt sich die Frage: Wird eine Folge erscheinen, oder werden die Verantwortlichen es nicht schaffen, den festgelegten Termin einzuhalten?
Wie berichtet wurde, scheinen die Forenspione, wie die beiden Führer der weltweit als „seriösestes aller Foren-Nachrichten-Magazine“ bekannten Informationssendung, ihre Untergebenen bezeichnen, in einen kollektiven Arbeitsstreik getreten zu sein. Seltsamerweise existieren bisher keine Forderungen oder angaben zu den Gründen dieser „Verschwörung“.
So bleibt nur zu hoffen, das unsere beiden Lichtgestalten es dieses mal schaffen, durch ihre unermüdliche Kreativität, ihrem Willen zum Erfolg, und ihrem scheinbar nie enden wollenden Einfallsreichtum eine weitere Ausgabe von „Iehovas Augen“ aus dem nichts zu stampfen.
Im Interview: SenseOne
F: Erstmal einen guten Abend, sehr geehrter Herr One, Sie sehen etwas gestresst aus, um gleich mit den Fragen zu beginnen.
A: Nun, das hängt sicher damit zusammen, das ich seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen habe, um das Format am heutigen Samstagabend fertig zu stellen. Ich muss noch einmal deutlich sagen, dass diese Sendung ohne die Intervention meines hochgeschätzten Kollegen Javier nicht möglich gewesen wäre, der nun schon seit drei Tagen versucht, die Mitarbeiter zu überreden, doch wieder aktiv am Geschehen teilzunehmen, und nebenbei auch noch die Hauptverantwortung für den gestalterischen Teil unserer Show trägt. Es ist wahrlich ein harter Job.
F: Zu dem Streik der Forenspione: Wie genau wirkt sich diese Passivität auf Ihr persönliches Leben aus?
A: Als erstes ist natürlich noch einmal zu sagen, das die letzte Sendung nicht stattfinden konnte, weil wir nur einen einzigen Beitrag erhielten, den des Seph, und das einfach zu wenig Material für eine komplette Folge war. Zu den Auswirkungen auf mein Privatleben: Ich habe keines mehr. Ich bin absolut fokussiert und dulde keine Nebenerscheinungen wie Essen oder Schlaf.
F: Ah, und da kommt auch schon Ihr werter Kollege! Herr Javier, hat dieser Streik, neben dem Beruflichen, auch Auswirkungen auf Ihr Privatleben?
A: Ich habe neben meinem beruflichen kein privates Leben. Aus diesem Grunde erschüttert mich dieser Streik durchaus sehr. Er kam ja auch so überraschend. Nach einem Arbeitstag!
F: Ich verstehe, dass Sie enttäuscht sind. Es ist ja auch ein Kreuz mit diesen normalen Arbeitern. Und Ihre verlangen noch nicht einmal eine Gehaltserhöhung!
A: (SenseOne) Richtig! Es tut mir leid, doch ich denke, wir müssen uns nun wirklich wieder an die Arbeit machen!
F: Ich danke ihnen beiden für dieses aufschlussreiche Interview, und wünsche ihnen viel Erfolg für die heutige Sendung!

Javier: „Einen schönen guten Abend wünsche ich ihnen, sehr verehrte Zuschauer und Zuschauerinnen. Vor einer Woche konnten wir leider aufgrund von technischen Schwierigkeiten nicht auf Sendung gehen, was wir sehr bedauern, allerdings besteht kein Grund zur Sorge, es geht weiter wie geplant. Neben mir habe ich wieder meinen Kollegen Sense, der wie immer für die schwerwiegenden Probleme zuständig ist.“
Sense: „Ja, guten Abend, sehr geschätzter Herr Kollege und natürlich auch einen warmen Gruß an unsere Zuschauer. Womit fangen wir heute an?“
Javier: „Wir haben erstmal einen Live-Bericht von unserem Außenreporter.“
Sense: „Ah, Seph. Ein talentierter junger Mann.”
Javier: “Außenreporter Seph bleibt seinem Beruf treu und ist für uns wieder unterwegs, um sich über die Meinung der Leute von Endgegnern in Videospielen zu erkundigen.“

Seph: "Ja Javier, ich bin hier mit meinem Team im Konsolenkaufhaus unterwegs und wir werden uns jetzt mal gemeinsam die Meinungen einzelner Passanten anhören. Hier kommt auch schon der erste! Entschuldigen Sie bitte, dürfte ich Sie kurz fragen, welche Bosse Sie denn nun am meisten zur Verzweiflung gebracht haben?"
one-cool: "Lassen Sie mich bloß damit in Ruhe!"

Seph: "Hey, was machen Sie denn da? Nicht… schon zu spät.

Na dann fragen wir mal weiter. Ah, da kommt auch schon der nächste, offensichtlich vom Militär. Entschuldigen Sie bitte, dürfte ich mal Ihre Meinung zu dem Thema 'schwierige Endgegner' hören?"
General_Zwinger: "Natürlich dürfen Sie das, junger Bursche. Um ehrlich zu sein, habe ich bis heute vor diesem schrecklichen Schmusekater Angst. Wenn ich an ihn denke, bekomme ich Alpträume, wie kann man nur eine so schreckliche Bestie kreieren und auf uns arme Spieler los lassen?!"
Seph: "General, was genau macht Ihnen an diesem Endgegner so zu schaffen?"
General_Zwinger: "Nun ja, damals war ich so ca. 7-8 Jahre alt. Er verfolgte mich sogar im Schlaf, es war schrecklich!"
Seph: "Ja, diese Ängste sind mir wohl bekannt. E.T. jagt mir jetzt noch Schauer über den Rücken. General, möchten Sie unseren Zuschauern zuhause noch etwas mitteilen?"
General_Zwinger: "Sicher doch. Lieber Zuschauer zuhause, the army wants YOU! …und nehmen sie sich vor dem Schmusekater in Acht!"
Seph: "Gut, wir haben nun einige Meinungen dazu gehört. Unser heutiges Fazit: Entweder Endgegner machen seelisch kaputt oder... seelisch kaputt eben. Nehmen Sie sich vor solchen Gestalten in Acht! Vor allem, wenn sie einer Katze ähnlich sehen, könnten sie gefährlich sein. Das war Seph, live aus dem Konsolenkaufhaus. Und damit zurück ins Studio."

Javier: „Ja, danke Seph, für diesen Bericht und wir werden jetzt gleich zum nächsten wichtigen Thema kommen, nicht wahr, Sense?“
Sense: „Absolut, denn es gibt eine Preisverleihung, auf die ich nicht länger warten möchte.“
Javier: „Und ich natürlich auch nicht. Dann schalten wir jetzt also direkt ins Atelier, wo jemand geehrt wird…“

Sprecher: „Ja und furios ging es hier schon los, ein Aufschrei ging durch die Menge, denn die Eröffnung ist einfach atemberaubend, wenn ich das so sagen darf. Der Moderator ist an einem goldenen Seil von der Decke herabgelassen worden und auch wenn er dann abgestürzt ist bevor man erkannte wer es war, ist die Laune des Publikums ins Unermessliche gestiegen, denn Elvis Presley hat hier zusammen mit Johnny Cash die gemeinsame neue Single „dead man walking“ als Eröffnungssong zum Besten gegeben. Der Moderator ist seit dem auch nicht mehr aufgetaucht, aber die Veranstalter sind Profis und die ganze Show läuft bisher reibungslos. Gerade sehen sie die „Chicke Atelier Tanztruppe“, welche sich kürzlich für getrenntes Proben entschlossen hat. Dies verkündete Tanzleiterin Vincent D. Vanderol im Laufe der vergangenen Woche. Ja, Vincent ist ein äußerst männlicher Name, aber wir wissen ja, dass Geschlechtsumwandlungen in diesen Landen eine äußerst beliebte Freizeitbeschäftigung darstellen, auch wenn das geistige Oberhaupt dieser Bewegung, Whitey, derzeit eine Bühnenauszeit nimmt.
…ah, es geht weiter, meine Damen und Herren! Laut Plan wird nun eine Berühmtheit die Bühne betreten und den Preis, die allererste „Goldene Feder“ vergeben…“

Stephen King: „Meine Damen und Herren, es ist mir eine ausgesprochene Ehre heute diesen Preis verleihen zu dürfen. Denn derjenige, dem ich diesen Preis jetzt gleich übergeben darf, hat sich nicht nur jahrelang als Ghostwriter von mir betätigt und über die Hälfte meiner Bücher für mich geschrieben, nein, er ist auch ein Freund. Wenn es jemanden gibt, zu dem ich aufsehe, dann ist er es. Seine Werke haben Schreibende auf der ganzen Welt beeinflusst. Die „New York Times“ schrieb über ihn, er sei „der einzige Grund für einen Amerikaner, Deutschland zu lieben“. Dem kann ich fast nichts mehr hinzufügen. Ich liebe ihn auch.
Danke, Scarecrow!“
Für sein Werk „Der Eiskönig“ wird Scarecrow hiermit offiziell ausgezeichnet.
Scarecrow: „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Diese Auszeichnung erfüllt mich mit großer Freude und ich möchte allen danken, die mir auf meinem Weg nach oben geholfen haben: Danke!“
Sprecher: „Meine Damen und Herren, ich habe Tränen in den Augen. Und damit gebe ich zurück, zu Sense und Javier.“

Javier: „Mein Gott, war das nicht rührend, Sense?“
Sense: „Absolut, ich wüsste nicht, wann ich mein kleines Herz jemals deutlicher gespürt habe. Es war sehr bewegend. Aber das kann auch an der Weihnachtszeit liegen.“
Javier: „Womit du rein zufällig schon das nächste Stichwort gibst. Wir sind wieder mittendrin, in der Zeit des Herzens, bei der man bevorzugt seinen Geldbeutel leert, um sich ein reines Gewissen für die restlichen Monate zu schaffen. Ein Kamerateam hat dich bei deiner Arbeit als Streetworker auf den Straßen von L.A. begleitet, wo du dem einen oder anderen entgegengekommen bist, der gerade jetzt auf Hilfe hofft.“
Sense: „Durchaus, durchaus. Allerdings sollten wir uns jetzt schon von unseren Zuschauern verabschieden, da dies bereits der letzte Beitrag heute ist. Bis zur nächsten Woche.“
Javier: „Bis zur nächsten Woche und dann mit einer Weihnachten Sondersendung. Auf Wiedersehen.“

Heute begleiten wir den Streetworker SenseOne bei seiner sozialen Arbeit in den Randgebieten von Los Angeles. Wie jeden Tag geht SenseOne als erstes mit einigen heißen Suppen und guten Ratschlägen zu einer Gruppe Obdachloser, raucht eine Zigarette mit ihnen und verabschiedet sich dann mit einem Freundschaftlichen Handschlag, der uns zeigt: Dies ist ein Mann, der den Kontakt zu den normalsterblichen nie verloren hat. Ein wehmütiger Schimmer überzieht einen Moment lang seine Augen, als wir uns in ein graues, baufälliges Gebäude begeben, dessen Dach längst von Wind und Regen zerstört wurde. SenseOne bleibt einen Moment lang stehen, diesen sanften, ein wenig traurigen Ausdruck in seinen Augen, dann dreht er sich zu unserer kleinen Gruppe von Reportern und Kameramännern um und spricht die ersten Worte, die er überhaupt an uns richtet, seit wir das Ghetto von L.A. betreten haben:
„Hier leben zwei, die einst eine große Zukunft vor sich hatten…Sie waren einmal mäßige Berühmtheiten, der Typ Star, der einen Monat lang geliebt, dann aber von der Masse verstoßen wird. Ich hatte sie damals gewarnt, sich nicht auf dieses Geschäft mit den großen Männern von Hollywood einzulassen, aber die kleinen wollten nicht hören. Ich gab mein bestes, ihnen zu helfen, nachdem die Fortsetzung von „Lord of the Weed“ kein Erfolg wurde, aber sie hörten nicht auf mich.“
Er dreht sich um, ruft einen seltsam anmutenden Namen in die Dunkelheit der alten Fabrik, und nun hören wir ein Scharren und nach einigen Augenblicken kriecht ein stinkender Lumpenberg aus einer der von Abfall gesäumten Ecken.
Der Reporter eines hiesigen Klatschblattes flüstert. „Das ist doch dieser Blue Kuh…“ und nun sehen wir anderen es auch. Hinter dem fauligen Zahnfleisch und den gelben Augen des Cracksüchtigen sind für einen Moment die Züge des einstigen Massenproduktionslieferanten zu erkennen, welcher sich überschätzte und scheinbar tief fallen musste, um die Realität doch nicht anzuerkennen.
Das Gespräch zwischen dem Heiligen und dem Gefallenen ist kurz, aber intensiv. Blue Kuh hat Tränen der Dankbarkeit in den Augen, als SenseOne ihm eine Zigarette auf die ausgestreckte Handfläche fallen lässt (wer kann ihm verdenken, das er dieses Monstrum, diese abartige Kreatur, nicht berühren will). Wir machen noch einige Fotos, dann verlassen wir tief in Gedanken das baufällige Gebäude…