Die Aussicht darauf, noch eine Weile im der schönen wassergefüllten Grotte zu bleiben und die Gesellschaft der Zora zu genießen, hatte Milo und Ravana überredet, und sie hatten sich entschieden, das Angebot des Zorakönigs anzunehmen.
In Windeseile hatten die Zora ein Festmahl vorbereitet und die beiden Fremden im Reich der Zora waren durch eine lange Höhle hinter dem Thronsaal geführt worden. Sie waren der schlanken Gestalt des Zora bereitwillig gefolgt und hatten seine geschmeidigen Bewegungen bewundert. Schließlich waren sie aus der Höhle herausgekommen und hatten eine große Steinterasse, auf der die Zora eine Tafel mit vielen Speisen aufgebaut hatten, betreten. Da sich die Nacht schon über Hyrule herabgesenkt hatte, waren auf der Terrasse viele Fackeln aufgestellt worden, die die Umgebung in flackerndes Licht getaucht hatten.
Der Zora war stehen geblieben und hatte ihnen mit seiner säuselnden Stimme gesagt, dass dies die Quelle des Zora-Flusses war.
Ein lautes, rythmisches Rauschen war zu hören gewesen, und als Milo und Ravana sich auf der Terasse umgesehen hatten, waren sie auf ein paar breite Stufen gestoßen, die auf eine etwas erhöhte Plattform führte – und dahinter, im Wasser des großen Sees, der die Quelle der Zoras war, lag ein riesiger, grauer Fisch.
Ravana hatte vor Schreck über ein so großes Lebewesen leise aufgeschrien, und der Zora war zu ihnen geeilit und hatte ihnen erklärt, dass dieser ‚Wal‘, den er Lord Jabu-Jabu nannte, der Schutzherr der Zora war und über seine kleineren Verwandten wachte.
Dieser Wal hatte auch das laute Rauschen hervorgerufen, sie hörten, wie er Luft holte und sie aus seinem Inneren wieder hinausstieß.
Mit der Zeit hatten sich Milo und Ravana an diese seltsame Gesellschaft gewöhnt und konnten sich auf das Festmahl, an dem auch der König teilnahm, konzentrieren. Es hatte Fisch in allen Variationen, Muscheln und Schnecken, ja sogar Frösche, gegeben. Von Gemüse schienen sie nicht allzuviel zu halten.
Nach der Mahlzeit wurden der Kokiri und die Gerudo wieder zurück in den Thronsaal geführt und von dort aus einen knietief mit Wasser gefüllten Gang entlang geführt. Von dort aus führten weitere kleine Höhlen tiefer in den Fels, und Ravana hatte überrascht festgestellt, dass hier die Zora ohre Schlafgemächer hatten. Auch Milo und Ravana hatten jeder eine kleine, aber vor Blicken abgeschiedene Schlafnische erhalten. Nur leise war von dort aus das Rauschen des nahen Wasserfalls zu hören gewesen, und Ravana war schnell eingeschlafen.

Jetzt, am Morgen nach dem Festmahl, fühlte sich Ravana sehr gut. Sie hatte so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen und das gute Essen am Abend hatte ihr gut getan.
Sie war mit Milo unterwegs zum Thronsaal, um sich beim König für die Gastfreundschaft zu bedanken und sich zu verabschieden.
Milo sah etwas niedergeschlagen aus. „Können wir nicht noch ein paar Tage bleiben? Ich wäre so gerne in dem großen Becken unten geschwommen... Wir sind doch gestern abend erst hier angekommen!“
Vorwurfsvoll sah Ravana ihn an. „Du hast doch gehört, was der Zorakönig gestern gesagt hat. Der Weise des Wassers ist tot, und es ist höchste Zeit, dass unser König davon erfährt, da können wir uns nicht in lauwarmen Wasser räkeln und mit Zoras plaudern!“
Unglücklich sah Milo zu Boden. „Jaja, schon gut,“ murmelte er.
Ravana wäre auch gerne noch ein wenig geblieben. Weniger wegen dem Wasserbecken, sie konnte nicht schwimmen, sondern um sich mit den Zoras zu unterhalten und einfach Ruhe und Frieden im Reich der Zora zu genießen.
Sie erreichten den Thronsaal und stiegen wieder auf das Podest, um mit dem König zu reden. Dieser saß so träge wie am Abend zuvor auf seinem Platz und ließ die hässlichen dünnen Beine im Wasser baumeln.
„Wir danken Euch, Eure Hoheit, für Eure Gastfreundschaft und die Nachricht, die Ihr dem König von Hyrule überbringen lasst,“ sagte Ravana.
Der König nickte erhaben. „Es hat sich noch nie jemand über mangelnde Gastfreundschaft der Zora beschwert, und das soll auch so bleiben. Ihr beiden habt euch unserer Gastfreundschaft würdig erwiesen und seid auch in Zukunft bei uns willkommen.“
Milos Gesicht hellte sich auf. Sie würden später noch einmal herkommen dürfen, auch ohne einen Auftrag des Königs von Hyrule!
Mit seiner hellen Kinderstimme rief er: „Vielen Dank, Eure Hoheit! Wir kommen schon bald wieder, und dann schwimmen wir auch in dem großen Becken!“
Ravana sah entschuldigend zum König hinauf, der jedoch über den vorlaut gesprochenen Satz des Kokiris lächelte.
Die beiden verbeugten sich vor dem König, drehten sich um, stiegen die vielen Stufen hinab und liefen über den schmalen Felsenpfad über der großen Grotte auf den Ausgang zu.

„Oh nein, jetzt müssen wir den ganzen Weg wieder zurück, und womöglich noch mehr von diesen Oktoroks töten“ stöhnte Milo. Einer der Zora hatte ihnen am Abend gesagt, dass diese Wasserwesen Oktoroks hießen und man sich vor ihnen nur schützen könne, indem man sie tötet oder schnell an ihnen vorbeirennt.
Ravana hatte auch wenig Lust auf den Abstieg durch das Tal, um zur Steppe zu gelangen, doch es ging nicht anders, und so machten sie sich seufzend auf den Weg.
Gegen Mittag erreichten sie endlich die Höhle, die zur Steppe führte, und nachdem sie diese hinter sich gelassen hatten, schien ihnen die Sonne direkt in die Augen.
Ravana war wieder überrascht, wie schön die Steppe war – das wundervolle Zusammenspiel der Farben blau, grün, gelb und braun, der leichte Wind, der das Steppengras bewegte und die gute Luft... Und sie war ihren Alpträumen dankbar, die sie veranlasst hatten, die Wüste zu verlassen und das schöne Hyrule zu entdecken.
„Ravana, ich hab keine Lust mehr, so weit zu laufen,“ nörgelte Milo neben ihr und verzog das Gesicht.
Kann ich verstehen, dachte Ravana, ich würde mich am Liebsten auch hinlegen und den Wolken zusehen...
„Sieh mal, der Fluss fließt doch von hier aus an Hyrule vorbei, oder? Wenn wir ein Boot hätten, wären wir ganz schnell in Hyrule und müssten nicht zu Fuß den Umweg durch die Steppe machen....“ Milo war voller Tatendrang, und sah sich um, als ob er hoffte, irgendwo ein Boot hinter einem Felsen hervorspringen zu sehen.
„Gar keine schlechte Idee, wenn du Geld verdienen willst, kannst du das ja mal machen und die Reisenden den Fluss runterfahren,“ sagte Ravana. „Aber ich fürchte, wir müssen doch zu Fuß gehen, denn ich sehe kein Boot.“
„Und wenn wir einfach schwimmen? Dann sind wir immer noch schneller als zu Fuß, der Fluss würde uns ja mitziehen... Sieh doch, wie schnell er fließt!“ überlegte Milo.
„Ich weiß nicht... Wer weiß, was da im Fluss noch für Gefahren sind, von diesen Oktoroks will ich gar nicht reden. Und schwimmen kann ich auch nicht,“ gab sie zu.
Milo starrte sie an. „So alt, und du kannst noch nicht schwimmen? Das ist ja was, sogar ich kann schwimmen!“ sagte er und warf sich in die Brust. Ravana schickte ihm einen bösen Blick, und Milo sagte: „Jaja, ich weiß, in der Wüste gibt es kein Wasser, wo man schwimmen lernen kann. Schon gut, ich habs nicht so gemeint. Aber komm, wir machen das trotzdem. Das Wasser ist bestimmt nicht so tief, und schwimmen ist einfach. Du musst nur die Arme bewegen... siehst du? ... So..“
Er machte ihr die Bewegungen vor, und Ravana seufzte. Wenn Milo sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es schwer, ihn wieder zur Vernunft zu bringen.
„Also gut, aber du schwimmst vor, damit die Oktoroks dich zuerst fressen, klar?“
Milo grinste.