Milo überraschte sie immer wieder. Wie der kleine Kokiri eiskalt mit seiner Schleuder dieses hässliche, Brocken schießende Wassermonster getötet hatte, beeindruckte sie sehr. Dieser kleine Kerl! Sieht aus wie Kind, ist aber gefährlich wie ein Mann.Sie setzte sich in Bewegung und lief hinter Milo her.

Der Aufstieg das Tal hinauf erwies sich wie erwartet als sehr anstrengend. Mehrmals mussten sie sich an Felskanten hinaufziehen, über Abgründe springen und durch den Fluss waten, während die Sonne ihre letzten orangenen Strahlen über das Land schickte.
Sie hatten auch noch ein paar der Wassermonster getötet, die sie immer wieder angriffen, und Ravana hoffte, dassder Empfang der Zora ihnen gegenüber freundlicher ausfallen würde als der der Wasserwesen.
Hoffentlich schaffen wir es bis zur Dämmerung, dachte Ravana. Ich will nicht wissen, was hier nachts für Monster herumlungern, wenn tagsüber schon solche hässlichen Wesen unterwegs sind...
Schließlich erreichten sie eine hölzerne, durchhängende Brücke, die über den rauschenden Fluss führte. Milo wollte sie schon betreten, doch Ravana hielt ihn zurück. „Sehr fest sieht die nicht aus, pass lieber auf, wenn du runterfällst, trägt der Fluss dich bis in die Steppe zurück...“
Milo nickte ungeduldig und stand gleich darauf schon mitten auf der Brücke. Sie schwang auf und ab und knarrte. Doch Milo gefiel das scheinbar, fröhlich hüpfte er noch auf der Brücke herum, bis er schließlich weiterging und auf der anderen Seite ankam. Während Ravana noch zögerte und die wackelige Brücke ängstlich beäugte, hatte Milo schon einen Blick um die Felswand geworfen, bekam große Augen und lief weiter. Ravana stieß einen Fluch aus und betrat die Brücke, die auch unter ihren Füßen bedenklich schwankte. Vorsichtig und mit klopfendem Herzen setzte sie einen Schritt vor den anderen und war unendlich erleichtert, als sie wieder festen Boden erreichte.
Brücken und hohe Abgründe sind einfach nichts für mich, dachte sie und ging ebenfalls um die Ecke und stand vor einen riesigen Wasserfall. Nicht so hoch wie der im Gerudo-Tal, aber doch beeindruckend.
Doch Milo war nirgends zu sehen. „Milo? Milo! Hey, wo bist du?“ rief Ravana und sah ihn schon irgendwo im Fluss ertrinken, als sie im dämmrigen Licht sah, dass der Weg sich noch auf einer Felsbrücke noch ein wenig nach oben schlängelte. Vorsichtig ging sie nach oben und sah Milo schließlich, wie er in einer kleinen, mit Wasser gefüllten Höhle saß und verträumt in das Wasser starrte.
„Hörst du diese Musik?“ fragte er. „Sie erinnert mich an meine Heimat, an den Wald...“
Tatsächlich, sie konnte leise Musik hören, die scheinbar aus dem Wasser heraus kam. Seltsam. Gab es hier vielleicht einen Durchgang zum Wald?
„Ja, ich hör sie. Aber wir sollten weitergehen, meinst du nicht? Hier irgendwo muss auch der Eingang zum Zora-Reich sein...“ Sie ging auf der Felsbrücke entlang, die sich über dem Fluss spannte.
Ihre Haut war feucht vom spritzenden Wasser und sie verengte ihre Augen zu Schlitzen, damit sie durch das ganze Spritzwasser und der Gischt überhaupt noch etwas erkennen konnte. In der Mitte des Weges über den Fluss, direkt vor dem Wasserfall, sah sie etwas am Boden. Sie ging in die Hocke und sah es sich an. Milo kam zu ihr und bückte sich ebenfalls, und zusammen überlegten sie, was die in den Fels gehauene Platte mit dem Triforce-Symbol zu bedeuten hatte.
„Du hast doch gesagt, du weiß wahrscheinlich, wie wir zu den Zoras kommen,“ sagte Milo.
„Ja, ich hoffe es. Wahrscheinlich müssen wir es hier probieren.“ sagte Ravana und stand auf.
„Was probieren?“ fragte der kleine Kokiri und sah sie mit großen Augen fragend an.
„Komm zu mir, wir stellen uns jetzt auf die Platte und singen ein Lied.“
Milo starrte sie an, als ob sie den Verstand verloren hätte. „Ein Lied singen? Jetzt? Hier? Geht es dir gut?“
„Ja, mach einfach. Ich singe, und du summst laut diese Meldodie, in Ordnung?“ Sie summte ihm die Melodie, an die sie sich im Traum erinnert hatte, vor. Milo sah immer noch sehr skeptisch aus, stellte sich aber neben sie auf die steinerne Platte mit dem Triforce-Symbol. „Also gut, wenn du meinst...“
Er fing an zu summen, erst leise und vorsichtig, dann mit mehr Elan.
Ravana atmete tief ein, wartete auf den richtigen Moment und sang schließlich den Refrain des Liedes, das sie als Kind so oft gesungen hatte. „Schla-fe ein, schla-fe ein, schla-fe ein mein Kind... Schla-fe ein, schla-fe ein, schla-fe ein mein Kind... Schla-fe ...“
Das Rauschen des Wasserfalls ließ nach und das Wasser versiegte schließlich fast völlig. Hinter dem Wasserfall wurde ein Eingang im Fels sichtbar. Milo sah überrascht zu Ravana auf und sie grinste ihn an.
Ohne nach unten zu sehen, sprang Ravana über den Abgrund und drehte sich im Eingang um, um Milo zuzuwinken. Milo sprang ebenfalls und sie betraten nebeneinander das Reich der Zora.