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Ehrengarde
Villon, der immer noch Schmerzen in den Glieder verspürte, versuchte sich ein weiteres Mal aufzurappeln. Die Tränen waren weggewischt und der Stecken erwies sich als große Hilfe beim Aufstehen. Wieder blickte er an sich herunter und konnte nur schwer glauben, was mit ihm passiert war. Nun befand er sich in einem Körper wieder, der seinem alten in keinster Weise glich und doch merkwürdig vertraut war. Am deprimierendsten war jedoch seine Größe. Unbewusst war er immer sicherer gewesen, als er noch über die meisten Menschen hinweg sehen konnte. Doch nun fühlte er sich nicht nur klein, sondern im höchste Maße unwohl. Der Stecken, der für den erwachsenen Villon bereits sehr groß gewesen war, konnte in der zierlichen Kinderhand kaum gehalten werden, und so sah sich Villon gezwungen, ihn zurückzulassen. Er suchte eine geeignete Stelle und versteckte ihn unter Moosen, Blätter und Zweigen. Hoffentlich würde ihn niemand finden und mitnehmen... Villon fühlte sich plötzlich noch schwächer, als der vertraute Stab nun verdeckt auf den Boden lag, in der Kenntnis, dass er dort eine Weile verbleiben musste. Villon seufzte und erschrak dabei. Auch seine Stimme hatte sich verändert, und er getraute sich nicht, sie weiter auszuprobieren.
Und da kam ihm ein Gedanke, der ihn zusammenzucken lies. Was, wenn die Verwandlung nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte? Würde er dann die Höllen des Erwachsenwerdens wieder durchlaufen müssen? Villon schauderte bei den Gedanken, und unangenehme Erinnerung brandeten auf ihn ein. Für viele Menschen waren die Jahre der Jugend angenehm, ja sogar die besten ihres Lebens, wie sie selber sagen würden, doch für andere, wie Villon, waren solchen Jahre etwas sehr unerfreuliches gewesen. Wie hatte er den Tag verflucht, als seine Stimme anfing zu brechen und die Gerudokriegerinnen plötzlich einen anderen Effekt auf ihn hatten, als zuvor. Seine Zähne knirschten, als er an die peinlichen Momente dieser Zeit zurückdachte, die ihn wohl sein ganzes Leben lang verfolgen würden, wie er damals dachte.
Doch die Momente verblieben nicht ewig, sie verfolgten ihn nicht sein Leben lang. Es waren eben nur Momente gewesen und als sein magisches Talent ans Licht kam, wurde selbst diese Zeit erträglich. Endlich konnte er sich in Arbeiten stürzen, die, die volle Konzentration des Geistes benötigten. Er erforschte Welten, die jenseits der Materie lagen und den Körper hinter sich ließen. Dennoch, manche Sachen konnte kein Zauber der Welt aus dem Geist eines jungen Mannes tilgen.
Nun, wie dem auch sei. Diese Zeit ging auch vorüber, wie es Zeit eben so an sich hat und irgendwann konnte Villon wieder in die Gesichter der Gerudo blicken, ohne zu erröten. Jedoch hatte es auch etwas gutes, dass er diese Zeit durchgemacht hatte. Immerhin war er seitdem selten eine Nacht allein gewesen.
Und dennoch graute es ihm vor der Vorstellung alles wieder durchmachen zu müssen.
Er fasste sich an den Kopf und rieb sich die ansteigenden Tränen aus den Augen. Wieder etwas, was Villon nicht gefiel. Obwohl er noch den Geist eines erwachsenen Mannes besaß, so war ein Teil davon doch wieder ein Kind. Und dieser Teil schwächte ihn mehr, als es selbst dieser Körper vermag.
„Also gut... Ruhig Blut, ich bin mir sicher, dass das, was mich verwandelte, mich auch wieder in meinen Ursprungszustand bringen kann...“
... seine kindliche Stimme zitterte nur leicht, doch wage Zweifel keimten in ihm auf, als er sich das Dreieck ein weiteres Mal ansah. Die Tätowierungen waren alle gegangen, seine Haut hatte einen normalen Teint und auch seine Augen strahlten in einem matten Saphirblau, doch das Dreieck blieb. Es war zwar kleiner, was an der Größe der Hand lag, doch es war immer noch da, pulsierte leicht und verströmte eine angenehme Wärme. Bei dem Anblick des Dreiecks, legte Villon die Stirn in Falten. Er wusste nicht warum, doch nun sah er etwas, was er noch nie zuvor bemerkt hatte. Das Dreieck, welches über Nacht auftauchte und völlig schwarz schien, wies Linien im innern auf. Bei näherer Betrachtung erkannte Villon etwas, was wie eine Schrift aussah, kleine, nein, winzige Buchstaben zogen sich in Kreisen und Bahnen durch das Dreieck, verliehen ihm die Färbung und mussten mit der dünnsten Feder geschrieben worden sein, die sich Villon vorstellen konnte. Fasziniert folgte er den Buchstaben Reihe um Reihe, obgleich er sie nicht zu entziffern vermochte, übten sie einen unglaublichen Reiz auf ihn aus. Seine Augen überflogen jede Zeile einzeln und wurden immer schneller. Zu schnell, wie sich Villon bewusst wurde. Außerdem merkte er, wie er die Kontrolle verlor und seine Augen sich selbstständig machten. Sein Blick raste über die Zeichen. Mal hierhin, mal dorthin, verweilten niemals länger als einen Bruchteil einer Sekunde auf einem Wort du setzten ihre Reise ohne Sinn weiter. Villon wurde schwindelig und er versuchte sich dagegen zu wehren, stellte jedoch mit wachsender Panik fest, dass er überhaupt keine Kontrolle über seinen Körper hatte. Schweiß perlte auf seiner Stirn als er sich selbst beobachtete, wie seine Augen das Dreieck abtasteten, als ob sie etwas suchen würden...
Nur was?
Endlich hielten seine Augen an. Sie hatten gefunden, was sie suchten und konzentrierten ihren Fokus auf ein bestimmtes Wort. Villons Bewusstsein konnte kein bestimmtes Zeichen ausmachen, doch seine Augen waren sich sicher. Und da tauchte es auf. Wie aus schwarzer Tiefe eines Ozeans tauchte ein einzelnes Wort auf, schob die anderen beiseite und lies sie verblassen. Es schien mit schwarzer Tinte geschrieben zu sein, war jedoch dunkler als die Nacht. Zu allem Überfluss leuchteten die Linien auch noch...
Der kindliche Teil in Villons Geist wandte sich, versuchte mit allen Mitteln den Blick zu wenden, doch nichts passierte. Villon gab einem inneren Druck nach, öffnete den Mund und schickte sich an, das Wort zu sagen, welches nun unheilerkündend leuchtete.
„Ka... Kataris…”
Mit der plötzlichkeit eines Blitzschlages war Villon wieder Herr seiner Sinne und seines Körpers. Erschrocken blickte er sich um, auf der Suche nach dem Koloss. Doch er war verschwunden. Villon schüttelte den Kopf, versuchte seine Gedanken zu ordnen und fokussierte sein Ziel. Der Waldtempel lag vor ihm, und er musste ihn erreichen, komme was da wolle. Somit betrat Villon den Wald der Kokiri.
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