Das letzte Stückchen der Sonnenscheibe verschwand hinter den Bergen, als Ravana etwa fünf Meilen weit gegangen war. Schnell schwand das Licht, und etwas besorgt schaute sie sich um. Bis zur Farm würde sie noch einige Stunden laufen müssen, und weit und breit gab es keinen Unterschlupf, den sie zum Schlafen hätte benutzen können.
Sie hoffte, dass nachts nicht irgendwelche Wesen, die das Tageslicht mieden, auftauchten, wickelte den Umhang fester um sich und war bereit, zur Not sofort ihren Säbel ziehen zu können.
Einige Stunden später hatte sie den Großteil des zur Farm hinter sich gebracht, doch sie wurde immer müder. Zwar hatte sie nachmittags an der Schlucht eine Weile geschlafen, doch war sie den ganzen Tag gelaufen. Ravana biss die Zähne zusammen und versuchte, die Schmerzen in ihren Füßen zu ignorieren. Ach, wäre es schön, jetzt ein Feuer anzünden zu können und eine Weile zu schlafen...
Einige Zeit später nahm dieser Wunsch überhand - Ravana suchte sich den erstbesten Felsen und zündete daneben mit Hilfe eines kleinen Magiezaubers, den ihr Zievater ihr beigebracht hatte, ein Feuer an, das schnell anfing, munter zu prasseln. Dann fiel ihr ein, dass sie nichts hatte, mit dem sie das Feuer würde nähren können, Holz gab es hier nicht. Doch das Feuer wurde von selbst größer und hatte sich schnell ausgeweitet. Entsetzt sah Ravana, dass das hohe Gras der Steppe dem Feuer genügend Nahrung gab und es immer schneller um sich griff.
Ravana wich einige Schritte zurück und wusste nicht, wie sie dem Feuer Einhalt geben konnte. Wenn sie jedoch nichts tun würde, würde in kurzer Zeit die ganze Steppe lichterloh brennen!
Schnell streifte sie sich ihren Umhang von den Schultern und breitete ihn über das Feuer. Die Flammen erstickten – das hatte ihr Ziehvater ihr vor langer Zeit beigebracht. Als sie den Umhang wieder vom Boden auf hob, sah er ein wenig schwärzer aus als vorher und er stank, doch er war noch zu verwenden. Am Boden glühten noch ein paar verkohlte Grashalme, doch das Feuer war gelöscht.
Auf diesen Schock hin war Ravanas Müdigkeit wie weggeblasen und sie dachte nicht mehr daran, sich schlafen zu legen. Sie legte sich ihren Umhang wieder um und versuchte, den Gestank des angekokelten Stoffes zu ignorieren, der ihr trotzdem beißend in die Nase stieg. Kurz darauf ging sie wieder mit schnellen Schritten auf die Farm zu.

Eine Stunde später hatte sie den hohen Felsen, auf dem die Farm lag, erreicht, doch sie fand keine Treppe oder Leiter nach oben, also fing sie an, am Felsen entlang zu gehen. Irgendwo musste es ja einen Eingang geben!
Endlich fand sie einen Durchlass. Ein schmaler Weg, grade so noch breit genug für ein Fuhrwerk, führte bergauf in den Felsen hinein. Ravana folgte diesem Weg und erreichte bald die Farm. Im fahlen Licht des Mondes konnte sie zwei Gebäude erkennen, rechts von sich das, wie sie vermutete, Wohnhaus und rechts einen Stall.
Zwischen den beiden Gebäuden ging der Weg weiter und führte vielleicht auf eine Weide oder Koppel.
Nirgends brannte Licht und alles war ruhig. Ravana erinnerte sich, wie ihre Tante erwähnt hatte, dass ein Bote berichtete hatte, dass alle Kühe der Farm unerklärlicherweise umgekommen war.
Sie überlegte, was sie tun sollte. Bestimmt war keiner der Bewohner mehr wach, doch sie konnte sich auch nicht einfach in den Stall schleichen, um dort die Nacht zu verbringen...
So entschied sie sich, einmal laut an der Eingangstür zum Wohnhaus zu klopfen, und wenn keiner aufmachte, würde sie sich irgendwo auf der Farm eine ruhige Ecke zu suchen und dort ihren Schlaf nachzuholen.
Ravana ging zur Tür, horchte nochmal kurz – nichts zu hören – und schlug mit geballter Faust dreimal gegen das Holz.