Der dritte Tag, der Tag des Festes, brach an und Ravana nahm in ihrer Kammer den Säbel, den Bumara ihr geschenkt hatte, in die Hand und schwang ihn ein paar mal durch die Luft, nahm Haltung an und tauschte einige Schläge mit einem unsichtbaren Gegner aus. Sie fühlte sich bereit für die zunächst letzten Lektionen und den Schaukampf am Abend gegen Bumara, vor dem versammelten Volk.
Sie hörte schon das geschäftige Treiben der Frauen, die im Laufe des Tages Tische und Bänke vor der Festung aufstellen würden, die Mauern der Festung mit bunten Tüchern behängten und ihre Tänze probten. Bumara hatte gesagt, dass einige der Gerudo ein paar traditionelle Tänze aufführen würden und dazu sogar eine Frau eine Laute spielen würde. Ravana hatte noch nie ein Musikinstrument gesehen, geschweige denn gehört und war sehr gespannt darauf.
Sie verließ ihre Kammer und ging durch die Küche und die Treppe zur großen Terrasse hinauf. Bumara wartete bereits mit dem Säbel in der Hand. Karantana würde heute den ganzen Tag in der Küche zu tun haben, um abends auf dem Fest genug Essen für alle zubereitet zu haben, darum würde Ravana heute nur gegen Bumara kämpfen.
Und schon griff Bumara an. Ravana parierte und ging in die Offensive. Ihre Muskeln hatten sich inzwischen an das harte Training gewöhnt und wurden schnell warm. Ravana schaffte es sogar für kurze Zeit, Bumara einige Schritte zurückzudrängen, doch dann änderte Bumara ihre Taktik und holte viel Schwung, um ihre ganze Kraft in die Schläge gegen sie einzusetzen.
So ging es den ganzen Tag weiter, bis zur Nachmittagsmahlzeit, die an diesem Tag wegen des abendlichen Festmahls recht schmal ausfiel.
Ravana war erschöpft, doch glücklich über ihre neuerlernten Fähigkeiten. Natürlich stand sie noch am Anfang ihrer Laufbahn als gute Säbelkämpferin, doch sie kam mit den Grundkenntnissen schon sehr gut zurecht und wusste auch schon einige Tricks zur Ablenkung oder beim Angreifen. Sie würde die nächsten Wochen und Monate viel trainieren müssen, um die Fähigkeit zu erhalten und zu verbessern.
Nach der Mahlzeit half Ravana beim Aufbauen der Tische und ging dann zu Karantana in die Küche, um ihr zur Hand zu gehen.
Als die Sonne langsam orange wurde und sich dem westlichen Horizont näherte, kam Bumara in die Küche und winkte Ravana zu sich. Sie drehte sich um und ging aus dem Raum, Ravana folgte ihr.
Schließlich betraten sie ein sehr geräumiges Schlafgemach – vermutlich das von Bumara, mit einem sehr großen Bett, verhängt mit bunten halbdurchsichtigen Tüchern, in der Mitte. Der leichte Wind, der lau durch eine Fensteröffnung wehte, bewegte die Bettvorhänge leicht.
An einer Wand stand ein großes Möbelstück, ähnlich einem Bett, auf dem man sich lang ausstrecken konnte, das aber auch zum darauf sitzen geeignet war, es hatte eine dicke, mit Kissen verzierte Rückenlehne. Auf diesem Möbelstück lagen zwei fast identische, prächtige Gewänder.
Bumara bedeutete Ravana, sich der Kleider zu entledigen und in eines der beiden Gewänder zu schlüpfen. Es bestand aus einer mit dünnen Goldfäden durchwirkten roten Hose mit nach Gerudo-Art unten sehr weiten Öffnungen, die jedoch am Fuß zusammengeschnürt wurden; einem dünnen, lila-farbenen Übergewand, das so klein war, dass es nicht mal ganz Ravanas Bauch bedeckte und die Arme frei ließ, einem Paar sehr aufwändig verzierten Schuhen mit nach oben zeigenden Spitzen sowie einigen goldenen Ketten, an deren Glieder in kurzen Abständen feine runde Goldplättchen hingen und die um die Hüfte, den Hals und die Arme geschlungen wurden.
Bei den Ketten musste Bumara ihr ein wenig helfen, denn Ravana hatte bisher nie Schmuck getragen. Inzwischen hatte auch Bumara sich umgezogen und wandte sich jetzt Ravanas Haar zu. Mit einem schmalen Lederriemen fasste sie ihr Haar zusammen und band es auf Gerudo-Art am Hinterkpf zusammen. Danach wand Bumara ihr noch ein paar weitere Goldkettchen und zwei mit glitzernden Steinen besetzte Spangen ins Haar.
Mit dem Ergebnis zufrieden, fing Bumara an, sich ihr Gesicht mit Hilfe einer polierten Metallplatte, in der man sein eigenes Spiegelbild sehen konnte, mit den grellen Farben zu schminken. Danach malte sie mit einem schwarzen Kohlestift unter die Augen eine Zickzacklinie, und auf die Wangen jeweils drei Kreise. Ravana schüttelte den Kopf, als Bumara ihr ebenfalls das Gesicht schminken wollte, doch Bumara bestand darauf. Zu solchen Anlässen sind die Traditionen der Gerudo sehr streng, und sie besagten, dass die Kriegerinnen alle in ihren Kampfgewändern erscheinen mussten. Also ließ Ravana die Malerei über sich ergehen, obwohl die Farbe sich seltsam anfühlte und auch ein wenig juckten. Zuletzt hängten sie sich ihre mit Stickereien verzierten Ledergürtel um die Hüfte und befestigten ihre Säbel daran.
Anschließend folgte Ravana Bumara zum Hauptausgang der Festung und sah, dass die anderen Gerudo alle schon versammelt waren. Sie standen alle im Kreis und sahen ihnen entgegen.
Ravana war so aufgeregt, dass sie schon fast Magenschmerzen bekam...