Ravana hatte den zur Heimat gewordenen Wüstenkoloss gestern verlassen und konnte noch immer nichts anderes sehen als fliegenden Sand, und hin und wieder einen der lästigen, jedoch verzehrbaren Sandkriechern.
Die letzte Nacht hatte sie sich neben einen kniehohen Stein gelegt und versucht zu schlafen.
Obwohl sie sehr müde war nach einem langen Tag in der Wüste, konnte sie keinen richtigen Schlaf finden, das stetige Prickeln auf dem Gesicht durch den Sand ließ keine Ruhe zu.
Kurz vor Morgengrauen – die Wüste war nicht mehr schwarz, sondern grau – raffte sie sich auf, trank sparsam nur wenige Schluck Wasser und machte sich wieder auf den Weg.

Eigentlich hatte sie keine Ahnung, in welche Richtung sie gehen sollte. Sie hatte ihr ganzes Leben in der Wüste verbracht und hatte gelernt, in ihr zu überleben, aber nicht, wie sie aus der Wüste heraus finden könnte.
So versuchte sie einfach, immer in östliche Richtung zu laufen, da sie durch die Hylianischen Legenden wusste, dass die Wüste das westlichste Gebiet von Hyrule ist.

Doch nach einem und einem halben Tag in der Wüste nahm ihre Erschöpfung zu, und sie wusste nicht, wie groß die Wüste überhaupt ist. Ravana versuchte, nicht an die Möglichkeit zu denken, dass ihre Wasservorräte zu Ende gehen könnten, ehe sie die Wüste hinter sich gelassen hatte, aber dieser Gedanke ließ sich nicht verdrängen. Von ihrem anfänglichen Mut, die Wüste zu verlassen und ein neues Leben zu beginnen – und vor allem etwas über das Schloss ihres immer wieder kehrenden Alptraumes herauszufinden – blieb nicht mehr viel übrig, und sie wünschte sich fast, den Wüstenkoloss nie verlassen zu haben, obwohl sie sich in letzter Zeit in der Umgebung des Kolosses nicht mehr besonders wohl gefühlt hatte.

Eine oder zwei Stunden vor Einbruch der Dämmerung dieses langen zweiten Tages in der Wüste glaubte sie plötzlich, einige hundert Schritt entfernt zu ihrer linken Seite etwas Großes sehen zu können, vielleicht ein sehr großer Fels – aber ein Fels in der Wüste? – oder womöglich sogar ein Gebäude. Wegen des pausenlos tosenden Sandsturm konnte sie es nicht erkennen.
Obwohl sie nicht wusste, was sie erwarten könnte, bekam Ravana neuen Mut, der ihr ein wenig ihrer Lebensfreude zurück gab. Sie raffte sich auf und ging auf den Umriss zu. Als sie näher kam, erkannte sie ein einstöckiges, flaches Steingebäude, umgeben von einigen kreisförmig angeordneten Holzmasten, an deren Spitzen rote Stofffahnen im Wind flatterten.
Sie ging auf das Gebäude zu und fand auch gleich den Eingang, nicht einmal eine vor dem Sand und Wind schützende Tür besaß. Von dort aus führte eine Leiter hinunter in die Tiefe. Und unten flackerte unstet ein helles Licht.
Ravana war unschlüssig. Einerseits müde, hungrig, des Sandes satt und froh, einen Unterschlupf für die Nacht gefunden zu haben, andererseits wusste sie nicht, ob sie nicht auf etwas gestoßen war, das sie nicht hätte sehen dürfen – wer weiß denn schon, ob nicht unten Wegelagerer ihr Quartier aufgeschlagen hatten.

Sie zögerte, doch letzendlich siegte die Neugierde und sie stieg die Leiter hinab. Als sie unten ankam, fand sie jedoch nur einen leeren Raum vor, mit zwei brennenden Fackeln auf einem Sockel und dazwischen eine leere Kiste, deren Deckel hochgeklappt war. Ravana wusste nicht, was sie davon halten sollte. Brennende Fackeln, und kein Mensch in der Nähe? Eigentlich sollte sie wieder nach oben steigen und sich einen anderen Platz zum Übernachten suchen, aber noch während sie diesen Gedanken zu Ende dachte, hatte sie sich schon auf den Boden gesetzt, ein paar modrige Bissen eingelegte Palmwedel gegessen und sich dann in ihren Umhang eingewickelt. Kurz darauf war sie schon eingeschlafen.