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Lehrling
Es wird wieder Winter
Nur ein paar Gedanken...
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Es wird wieder Winter
Ich bin aufgestanden, aus dem warmen, durch Schweiß etwas angefeuchteten Bett. Kopfkissen und Decke sind bunt-blau, nicht passend zur Stimmung und nicht passend zu meinem Zimmer. Das Fenster ist offen. Davor die schwarzen Vorhänge, dazwischen Luft und dahinter der Garten, mit grünen Bäumen, grünem Gras und grüner Hecke. Im Hintergrund rankt sich der Wein eine Hauswand hoch, teilweise sind nur noch vertrocknete Flechten zu sehen. Sie haben den letzten Winter nicht überlebt.
Kinder fahren mit ihrem Fahrrad den Weg entlang, ein kaputter Weg. Ich kann sie nur hören, nicht sehen, denn noch bin ich nicht ganz aufgestanden, nicht ganz wach. Obwohl ich nicht geschlafen habe, denn sonst hätte ich die Kinder schon erträumt.
Schlafen an einem Sommernachmittag, während die Welt lebt und munter ist. Wie? Ich bin doch garnicht müde.
Spiegelreflexe des Sonnenlichts auf dem hölzernen Fußboden voller Staub und Dreck. Vielleicht wirkt es nur so, denn vor wenigen Tagen wurde gewischt. Aber ich bin mir sicher, dass er schmutzig ist. Die ganze Luft ist schmutzig und lässt kaum Platz zum Atmen. Irgendetwas zieht an mir, irgendetwas tief in mir drin. Liegt es an dieser Luft, liegt es am Staub? Nein, es liegt an mir, ich bin doch keines von beidem. Und der Rest des Hauses ist leer.
Liegt draußen nicht schon Schnee? Es muss nichts heißen, dass man ihn nicht sieht. Schnee senkt sich leise und sacht herab, unmöglich, ihn zu bemerken. Nicht, wenn man mit den Augen sieht. Ebenfalls - irgendwo ist auch Eis, langsam schleichendes Eis, das um die Ecken kriecht und viele alte Räder zum Stillstand bringt. Nein...
Es ist Sommer, Mitte des Jahres. Nur - warm war es bis jetzt noch nicht. Perfekt passend zu den Gedichten, die man zu lesen bekommt. Gedichte vom Herbst, Gedichte vom September. Es ist September, nur noch nicht Herbst. Jemand hat sich geirrt...
In meiner Vorstellung ist der Weg am Fluss schon wieder zugefroren, der Weg in die Freiheit. Es ist zu kalt um ihn zu befahren, und er ist zu weit um auf ihm zu laufen. Selbst der allmorgendliche kurze Weg, eine andere Richtung, wird kalt sein, obwohl die folgenden Stunden immer warm und schnell vergangen sind. Die Nächte sind es nicht. Und das Warten, die ewig währenden Momente, sie auch nicht. Kurze Töne können nur aufhellen, nicht erwärmen.
Noch als ich darüber nachdachte, aufzustehen, war mir klar, dass bald die weiße Zeit da ist.
Für einen kurzen Moment war mir, als seien einige Kisten mit Eis überzogen.
Ein schönerer Winter als je zuvor.
Geändert von Defeater (04.09.2004 um 09:38 Uhr)
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