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Ehrengarde
Ziek blickte wieder betrübt in seinen Krug und dachte über seine Lage nach. Ganz so rosig war sie nicht und was er brauchte war eine fette Beute. Leise fluchte er vor sich hin und bemerkte so nicht, wie die Tür der Taverne aufging und ein weiterer Besucher die Schenke betrat. Niemand hielt ihn auf, niemand beachtete ihn. Er schien durch den Raum zu schweben und keiner wollte auf die Tür achten, die sich wie von Geisterhand schloss. Die blaue Robe raschelte, der Stab klackte bei jedem Schritt und doch wollte keiner der Gäste seine Aufmerksamkeit dem neuen Besucher widmen. Der Mann suchte sich einen leeren Tisch in der Mitte der Schenke, rümpfte über die Beschaffenheit der Kneipe die Nase und setzte sich schließlich doch. Er legte seinen Stecken auf dem Boden und schlug die Kapuze zurück. Stechende braune Augen blickten sich im Raum um und schienen etwas zu suchen. Der Mann rieb sich seinen Bart und fuhr sich einmal durch die dunkel blonden Haare. Wieder seufzte er und klopfte sich den Staub von seiner Robe. Endlich schien ihn jemand bemerkt zu haben, denn die Kellnerin kam mit einem verfüherischen Lächeln auf ihn zu. Er bestellte sich etwas zu Essen und zu Trinken und lies durchblicken, dass es ein saftiges Trinkgeld geben würde, wenn es gutes Essen sei. Mit einem freundlichen Nicken kehrte die Kellnerin zum Tresen und der Mann sah ihr hinterher. Das dritte Seufzen folgte. Die Krise hatte auch ihn überrascht. Die Reise von Amn nach Baldurs Tor war kein leichtes Unterfangen, auch ohne diese ständigen Unterbrechungen wie Räuber, Wegelagerer und diverse Monster, die sich auf leichte Beute freuten und doch bitter enttäuscht worden. Aber am meisten ärgerte ihn die Tatsache, dass seine Reise nach Amn völlig Ergebnislos war. Ebenso gut hätte er in seinem Turm bleiben und dort weiterforschen können. Aber eigentlich war die Reise nicht schlecht gewesen. Die Stadt quoll zur Zeit über und nichts hasste der Magier sosehr wie Menschenmassen, die dichtgedrängt auf einen Haufen standen und sich der allgegenwärtigen Gefahr nicht bewusst waren. Vorsichtig lugte der Mann in seine Robe um festzustellen, ob sein Goldbeutel noch an seinem Platz war. Zufrieden stellte er fest, dass er noch fröhlich an seinem Gürtel schaukelte und so entspannte er sich etwas. Die Flammende Faust war zwar überall präsent, aber dennoch waren ihm Geschichten von heimtückischen Überfällen und Meucheleien zu Ohren gekommen. Die Stimmung in der Taverne war prächtig. Jeder beglückwünschte sich zu seinen Kämpfen gegen die Ankhegs. Der Mann verzog sein Gesicht bei der Erwähnung dieser Monster. Sein schnellstes Pferd hatten sie ihm genommen und dafür mit ihrem Leben bezahlt.
Konsum Drachenklaue. Einst Verhüllter Magier von Athkalta, wohnte er nun in der Metropole Baldurs Tor. Die Geschichte der Stadt zog ihn an diesen Ort und die Korruption hielt ihn. Als Hexenmeister schlug er sich nun durch den Tag und hatte jedoch nur ein Ziel. An Macht zu wachsen und irgendwann der mächtigste Magier von ganz Fearûn in den Geschichtsbüchern einzugehen. Sein Hunger nach mehr trieb ihn in die dunkelsten Ecken der Arkanen Gesellschaft und wurde schließlich sein Verhängnis. Eines Nachts erwischte man ihn, als er verbotene Bücher der Verhüllten Magier las, sie gierig verschlang und langsam dem Wahnsinn verfiel. Zu seinem Glück, wie er heute sagen muss, überwältigte und schmiss man ihn in eine der feuchtesten Zellen die Amn zu bieten hatte. Verflucht für ein Jahr zu schweigen und nur manchmal das Tageslicht zu sehen, schafften es die Heiler seinen Geist wieder dem Wahnsinn zu entreißen. Anscheinend geläutert entlies man ihn nach abgesessener Strafe und gab ihm die Fähigkeit zu sprechen wieder. Weitere drei Monate dauerte es, bis er sich wieder sicher in der Magie fühlte und seine Suche nach sauberen Wegen zu mehr Macht, aufnahm. So verschlug es ihn nach Baldurs Tor. Um über die Runden zu kommen stellte er sich in die Dienste der Flammenden Faust und sorgte eine Zeit lang für Ruhe und Ordnung. Doch irgendwann hatten der ehrbare Orden keine Verwendung mehr für ihn und entlies den Hexenmeister mit einer ordentlichen Abfindung. Konsum Leben lief wieder geregelt und mit Gelegenheitsarbeit verdiente er sich einiges dazu.
Doch eines Tages, änderte ein unbedeutender Fund für ihn alles. Ein kleines Büchlein fiel aus den Händen eines Betrunkenen Bettlers in seine. Für eine Flasche Honigmet hatte der arme Narr eines der mächtigsten Bücher hergegeben, die je ein Magier geschrieben hatte. Und nun war es weg. Die Suche nach dem Dieb gestaltete sich immer schwieriger und langsam musste Konsum einsehen, dass er alleine nicht weiterkam. Bei seinen einstigen Brüdern in der Feste der Verhüllten Magier hatte er um Hilfe gebeten, doch keiner wollte sich bereit erklären zu helfen.
Konsum hörte weiter zu und lächelte die Bedienung freundlich an, als sie sein Essen servierte und ein großzügiges Trinkgeld einsteckte. Konsum entging nicht, an welch delikater Stelle sie sein Gold verwahrte. Das Getränk war kühl und schmeckte ausgezeichnet und auch das Essen war nicht ohne. Mit dem Fuß rollte er den Stecken hin und her, wie er es immer machte, wenn er aß. Vielleicht war es dieses Geräusch was den Dieb ein paar Tische weiter aufhorchen lies, vielleicht waren es aber auch die Goldmünzen, die kurz glitzerten, bevor sie den Besitzer wechselten. Auf alle Fälle richtete Ziek seinen Blick unbemerkt auf den Magier und schätzte etwa seine mögliche Beute aus. Nach kurzer Zeit gefielen ihm die Stellen der Summe und in seiner Lage musste man Risiken eingehen. Außerdem waren seine Dolche schnell bei der Hand und die Flammende Faust mied den Hafen. Was heißen soll: sie schicken nur eine Truppe in den Hafen. Plötzlich trafen sich Konsums und Zieks Blicke. Ziek blinzelte überrascht als ihn die stechenden Augen des Magiers fixierten und die rechte Hand des Mannes ihn zu sich winkte. Vorsichtig stand Ziek auf, nahm seinen Bierkrug in die Hand und wartete, dass sich Spinnen oder anderes Getier manifestierten und sich auf ihn stürzten. Er ging langsam auf den Magier zu und hielt eine Hand nahe seines Dolches.
Konsum lächelte den Mann vor sich an und bot ihn einen Stuhl an, auf dem er sich nur zögernd setzte. „Nur keine Angst. Ich werde Euch nichts tun.“ sagte Konsum freundlich und lächelte weiterhin. Ziek entspannte sich nicht, lächelt aber auch. „Versteht mich nicht falsch, Meister der arkanen Künste, aber ich traue Magier nur soweit, wie ich sie werfen kann.“ antwortete Ziek und ging dabei das Risiko ein, in einen Rettich verwandelt zu werden. Doch Konsum lachte nur leise und Ziek fand sich in seinem Verdacht bestätigt, dass er dem Magier noch wichtig oder zumindest brauchbar erschien. „Nun, mir entging nicht, dass Ihr mich mit einem Interesse gemustert habt, dass mir gar nicht behagt.“ sagte Konsum und sah amüsiert das schwache Lächeln auf Zieks Gesicht. „Aha, wie ich mir dachte, gehört Ihr der Diebesgilde an...“ „Da muss ich Euch leider enttäuschen. Ich gehöre keiner Gilde an.“ „Ah, dann seid Ihr ein... wie nennt sich das noch gleich? Ah, ein Sträuner.“ Ziek erwiderte nichts und lies Konsum kurz in seine Gedanken versinken. „Dann braucht Ihr aber einiges an Geld um euer Leben hier rechtfertigen zu können... Und so wie es sah, ist es draußen kein leichtes, an genügend Beute ran zu kommen, bei all den Flammenden Fäusten, habe ich recht?“ Entweder wollte ihn der Magier dazu bringen irgendetwas falsches zu sagen, oder es kam noch etwas von Nutzen für den Dieb. Ziek nickte nur leicht. Zu seiner Verwunderung strahlten Konsums Augen regelrecht und er beugte sich etwas vor. „Hätten Sie vielleicht Interesse, eine kleine Aufgabe für mich zu erledigen? Sie werden auch reich entlohnt werden.“ Ziek wurde plötzlich ganz Ohr. Ziek musste an Geld kommen, wenn er weiterhin in der Stadt seinem Hobby nachgehen und nicht irgendwo in einem Graben gefunden werden wollte. „Unter Umständen. Wie sieht die Bezahlung aus?“ „Nun, sie wird Ihnen gefallen, das verspreche ich Ihnen. Aber wieso gehen wir nicht in meinem Turm? Hier sind mir einfach zu viele Ohren, die lauschen können.“ Ziek dachte kurz darüber nach. Sollte der Magier ihn doch reinlegen wollen, so würde der Turm des Mannes bestimmt Zieks Grab werden. Allerdings war die Woche bald um und sein Goldbeutel war ernüchternd leicht. Wie gesagt: manchmal musste man eben ein Risiko eingehen.
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